Trennungsbedingte Umgangskosten als außergewöhnliche Belastung

Trennungsbedingte Umgangskosten sind durch die Regelungen des Familienleistungsausgleichs abgegolten und stellen keine außergewöhnliche Belastung dar. Dabei kommt der Rechtsfrage, ob dies auch dann gilt, wenn der zum Barunterhalt verpflichtete Elternteil mit-sorgeberechtigt ist, keine grundsätzliche Bedeutung zu.

Nicht klärungsbedürftig ist auch, ob trennungsbedingte Umgangsaufwendungen, die während eines Rechtsstreits um das Aufenthaltsbestimmungsrecht des Kindes entstehen, abziehbar sind. Anders als die Kosten für die Durchsetzung des Umgangsrechts, sind die Kosten für den Umgang mit den Kindern selbst nicht als außergewöhnliche Belastung abziehbar.

BFH Beschluss vom 11.01.2011 – VI B 60/10 BFHNV 2011 S. 786 ff.

Begründung:

Nach ständiger Rechtsprechung des BFH, sind Aufwendungen außergewöhnlich i.S. des § 33 EStG, wenn sie nicht nur ihrer Höhe, sondern auch ihrer Art und dem Grunde nach außerhalb des Üblichen liegen. Die typischen Aufwendungen der Lebensführung sind dagegen ungeachtet ihrer Höhe im Einzelfall aus dem Anwendungsbereich des § 33 EStG ausgeschlossen. Sie werden in Höhe des Existenzminimums durch den Grundfreibetrag (§ 32a Abs. 1 Satz 2 EStG) berücksichtigt. Familienbedingte Aufwendungen sind ab 1996 durch die Regelungen des Familienleistungsausgleichs (Freibeträge oder Kindergeld, vgl. § 31, § 32 Abs. 6 und X. Abschnitt EStG) abgegolten.

Durch die Regelungen des Familienleistungsausgleichs sind nach höchstrichterlicher Rechtsprechung auch die Kosten eines alleinstehenden Elternteils für Wochenendfahrten zu einem von ihm getrennt lebenden Kind in Erfüllung der elterlichen Pflicht zur Personensorge abgegolten hat der BFH Aufwendungen eines geschiedenen, nicht sorgeberechtigten Vaters für Fahrten zu seinem Kind aufgrund seines Besuchsrechts nach § 1634 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) a.F. ebenfalls als typische –nicht nach § 33 EStG steuermindernd zu berücksichtigende– Kosten der Lebensführung behandelt.

Soweit der III. Senat des BFH an den Grundsätzen jener Entscheidung auch für nachfolgende Veranlagungszeiträume festgehalten hat, kann daraus jedoch –entgegen dem Vorbringen des Klägers– nicht gefolgert werden, dass der BFH lediglich für den Fall des geschiedenen, nicht sorgeberechtigten Elternteils entschieden habe, dass Umgangsaufwendungen durch den Familienleistungsausgleich abgegolten und damit den typischen Kosten der Lebensführung zugeordnet sind. Denn der BFH begründet seine Entscheidungen im Wesentlichen damit, dass die aufgrund der Trennung der Eltern entstehenden Kosten für den Umgang mit den Kindern nicht außergewöhnlich seien, weil eine räumliche Trennung zwischen Eltern und Kindern auch bei zusammenlebenden Eltern nicht unüblich sei. In dieser Kernaussage stellt der BFH danach auch erkennbar nicht darauf ab, ob der zum Barunterhalt verpflichtete Elternteil nicht sorgeberechtigt ist oder mitsorgeberechtigt. Diese Unterscheidung hat nur im Rahmen der Vorschriften des familienrechtlichen Umgangsrechts in § 1634 BGB a.F. eine Bedeutung. Steuerrechtliche Folgerungen hinsichtlich der durch den Umgang mit den Kindern entstehenden Kosten leitet der BFH jedoch aus den Vorschriften des familienrechtlichen Umgangsrechts gerade nicht ab. Denn im Ergebnis kann sich eine Umgangspflicht des zum Barunterhalt verpflichteten Elternteils nach familienrechtlichen Vorschriften nur hinsichtlich des Tatbestandsmerkmals der Zwangsläufigkeit auswirken, nicht aber hinsichtlich des Tatbestandsmerkmals der Außergewöhnlichkeit.

Soweit der Kläger sinngemäß die Rechtsfrage formuliert, ob Aufwendungen für den Umgang mit einem mehrere hundert Kilometer entfernt lebenden Kleinkind (Fahrtkosten, Kosten für ein Kinderzimmer und einen Kindergartenplatz) jedenfalls dann nicht durch die Regelungen des Familienleistungsausgleichs abgegolten werden und damit als außergewöhnliche Belastung gemäß § 33 EStG abgezogen werden können, wenn sie einem mit-sorgeberechtigten Elternteil während eines Rechtstreits um das Aufenthaltsbestimmungsrecht entstehen und dazu dienen, einer faktischen Präjudizierung des Sorgerechtsstreits entgegenzuwirken, ist auch diese Rechtsfrage durch die Rechtsprechung des BFH entschieden und damit nicht klärungsbedürftig.

Prozesskosten sind nach der Rechtsprechung des BFH in der Regel nicht zwangsläufig, es sei denn, der Rechtsstreit berührt einen existentiell wichtigen Bereich des Steuerpflichtigen. Das Recht auf Umgang mit den eigenen Kindern hat der BFH als einen solchen Bereich angesehen und deshalb bei einer grundlosen –nach altem Recht möglichen– Verweigerung des Umgangsrechts durch die sorgeberechtigte Mutter angenommen, dass die Kosten des Vaters für einen Prozess zur Durchsetzung des Umgangs mit seinen Kindern aus tatsächlichen Gründen zwangsläufig seien. Der BFH hat in dieser Entscheidung die Aufwendungen für den Familienrechtsstreit auch als außergewöhnlich beurteilt, weil das die Aufwendungen auslösende Ereignis –die Verweigerung des Umgangs mit den Kindern– nur wenige Steuerpflichtige betreffe und somit nicht durch die allgemeinen Freibeträge abgegolten.