Die Inanspruchnahme einer Sonderabschreibung wird nicht dadurch ausgeschlossen, dass für das betreffende Wirtschaftsgut in früheren Jahren eine AfA in fallenden Jahresbeträgen vorgenommen wurde.
Eine Bilanz kann auch dann gemäß § 4 Abs. 2 Satz 1 EStG berichtigt werden, wenn ein darin enthaltener Ansatz nicht gegen Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung, sondern nur gegen steuerrechtliche Vorschriften verstößt.
Kann eine Bilanz auf verschiedenen Wegen berichtigt werden, so obliegt die Auswahl des Korrekturwegs dem Unternehmer.
BFH Urteil vom 14. März 2006 I R 83/05
Die Klägerin hat zulässigerweise die streitige Sonderabschreibung in Anspruch genommen. Dem steht nicht entgegen, dass sie in ihrer ursprünglichen Bilanz für das Streitjahr die Anlage nach Maßgabe einer degressiven AfA bewertet hat.
Die Klägerin durfte die Anlage in ihrer Bilanz des Streitjahres in der Weise bewerten, dass sie eine lineare AfA i.S. des § 7 Abs. 1 EStG und daneben eine Sonderabschreibung nach § 1 i.V.m. § 4 FördG berücksichtigte. Dass im Streitfall die gesetzlichen Voraussetzungen für die Sonderabschreibung vorliegen, zieht das FA nicht in Zweifel.
§ 7 Abs. 3 EStG lässt den Übergang von der degressiven zur linearen AfA ausdrücklich zu. Nach dieser Vorschrift kann mithin ein Wirtschaftsgut, das im Jahr der Anschaffung –und ggf. auch in Folgejahren– nach Maßgabe des § 7 Abs. 2 EStG abgeschrieben wurde, im weiteren Verlauf der AfA in gleichen Jahresbeträgen (§ 7 Abs. 1 EStG) unterworfen werden. Die Entscheidung darüber obliegt allein dem Steuerpflichtigen.
Nach § 4 Abs. 2 Satz 1 EStG darf der Steuerpflichtige seine Bilanz auch nach der Einreichung beim Finanzamt ändern, soweit sie den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung unter Befolgung der Vorschriften des Einkommensteuergesetzes nicht entspricht.
Die hierdurch eröffnete Möglichkeit der Bilanzkorrektur (“Bilanzberichtigung”) knüpft ausschließlich an die materiell-rechtliche Fehlerhaftigkeit der ursprünglichen Bilanz an; weiterer Voraussetzungen bedarf es in diesem Zusammenhang nicht. Insbesondere ist § 4 Abs. 2 Satz 2 EStG, der die Korrektur einer nicht fehlerhaften Bilanz (“Bilanzänderung”) in bestimmter Weise begrenzt, insoweit nicht anwendbar.
Im Streitfall liegen die Voraussetzungen für eine Bilanzberichtigung vor. Die ursprünglich von der Klägerin eingereichte Bilanz war i.S. des § 4 Abs. 2 Satz 1 EStG fehlerhaft. In ihr wurde die in Rede stehende Anlage in der Weise bewertet, dass für das Streitjahr sowohl degressive AfA als auch die Sonderabschreibung nach § 4 FördG berücksichtigt waren. Es mag dahingestellt bleiben, ob diese Bewertung gegen Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung verstieß. Jedenfalls verstieß sie gegen § 7a Abs. 4 EStG. Angesichts der klaren Gesetzeslage war dieser Verstoß zudem für die Klägerin erkennbar. Das reicht für das Vorliegen eines fehlerhaften Bilanzansatzes und damit für die Anwendung des § 4 Abs. 2 Satz 1 EStG aus.
Vor diesem Hintergrund durfte die Klägerin ihre ursprüngliche Bilanz gemäß § 4 Abs. 2 Satz 1 EStG dahin berichtigen, dass sie von der kumulativen Inanspruchnahme von degressiver AfA und Sonderabschreibung Abstand nahm. Das FA war nicht berechtigt, die Klägerin auf die Fortführung der degressiven AfA zu verweisen und ihr die Sonderabschreibung zu versagen. Denn selbst wenn man annimmt, dass eine dahin gehende Bilanzberichtigung ebenfalls rechtlich zulässig war, standen der Klägerin zwei Berichtigungsmöglichkeiten zur Verfügung. Die Auswahl zwischen diesen beiden Möglichkeiten muss dann ihr überlassen bleiben. Nachdem sich die Klägerin für die Sonderabschreibung und gegen eine Fortsetzung der degressiven AfA entschieden hat, besteht keine Rechtsgrundlage dafür, die Besteuerung an einer hiervon abweichenden Bilanzierung auszurichten.