Veräußerung eines Betriebs gegen Kaufpreisraten.

Wird ein Betrieb gegen der Höhe nach gleichbleibende Kaufpreisraten mit einer Laufzeit von nicht mehr als zehn Jahren veräußert, dann ist der Barwert der Kaufpreisraten als Veräußerungspreis i.S. des § 16 EStG im Jahr der Verschaffung des (rechtlichen oder wirtschaftlichen) Eigentums an dem Betrieb anzusetzen. Eine Behandlung als nachträgliche betriebliche Einnahmen wegen des Vorliegens wagnisbezogener Bezüge ist nicht deshalb gestattet, weil abstrakt die Gefahr besteht, dass die geschuldeten Raten vom Verpflichteten zum Teil nicht erbracht werden.

BFH Urteil vom 15.06.2010 – X R 36/08, BFH Beschluss vom 21.07.2016 – X R 36/08 BFH NV 2017 S. 4 ff
Begründung:

Die Revision ist begründet. Das angefochtene Urteil wird aufgehoben und die Klage abgewiesen (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung –FGO–). Auf das Vorliegen eines zu Lasten des FA begangenen Verfahrensfehlers kommt es daher nicht an (unter 1.). Das FG hat zu Recht erkannt, dass der Kläger einen begünstigten Gewinn i.S. des § 16 Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes in der im Streitjahr 1998 geltenden Fassung (EStG) erzielt hat (unter 2.). Zu Unrecht hat das FG aber angenommen, der Kläger habe lediglich sein Betriebsgrundstück veräußert und das übrige Betriebsvermögen verpachtet. Vielmehr ist von einer Veräußerung des gesamten Betriebsvermögens auszugehen (unter 3.). Der hierbei erzielte Gewinn ist in vollem Umfang im Streitjahr der Besteuerung zu unterwerfen (unter 4.).
Ein Gewinn i.S. des § 16 Abs. 1 Nr. 1 EStG ist dann gegeben, wenn ein Betriebsinhaber alle wesentlichen Betriebsgrundlagen seines Unternehmens an einen Erwerber veräußert und er seine bisherige gewerbliche Tätigkeit beendet (Schmidt/Wacker, EStG, 29. Aufl., § 16 Rz 90, m.w.N. aus der Rechtsprechung). Ein Aufgabegewinn, der nach § 16 Abs. 3 Satz 1 EStG als Gewinn i.S. des § 16 Abs. 1 Nr. 1 EStG gilt, wird dann erzielt, wenn der Betriebsinhaber seinen Betrieb (endgültig) einstellt und er die wesentlichen Betriebsgrundlagen in engem zeitlichem Zusammenhang an verschiedene Erwerber veräußert oder er sie, soweit er sie nicht veräußert, ins Privatvermögen überführt (Schmidt/Wacker, a.a.O., § 16 Rz 173, m.w.N. zur BFH-Rechtsprechung).
Die Voraussetzungen des § 16 Abs. 1 Nr. 1 EStG sind im Streitfall erfüllt. Der Kläger unterhielt im Streitjahr noch einen Gewerbebetrieb im steuerlichen Sinn. Auch sind in diesem Jahr alle Wirtschaftsgüter dieses Gewerbebetriebs veräußert worden.
Der Kläger unterhielt bis zur Veräußerung seines Betriebsgrundstücks im Jahr 1998 einen Gewerbebetrieb. Zwar hat er bereits im Jahr 1993 sein Unternehmen an die A-GmbH verpachtet. Da Gegenstand der Verpachtung alle bereits zuvor vorhandenen wesentlichen Betriebsgrundlagen waren und der Kläger gegenüber dem FA auch keine Aufgabeerklärung abgegeben hat, bestand sein Betrieb einkommensteuerrechtlich fort (vgl. Schmidt/Wacker, a.a.O., § 16 Rz 709). Dem steht nicht entgegen, dass der im Jahr 1993 abgeschlossene Pachtvertrag nach dem Vortrag der Revisionsbeklagten bis zum Tod des Klägers durch die Vertragsbeteiligten nicht gekündigt werden konnte. Das Verpächterwahlrecht entfällt nicht bereits dann, wenn feststeht, dass der Verpächter angesichts seines hohen Alters oder aus anderen Gründen den verpachteten Betrieb nicht selbst fortführen wird. Entscheidend ist allein, dass weiterhin alle wesentlichen Betriebsgrundlagen vorhanden sind und daher entweder er selbst oder sein Erbe bzw. ein anderer unentgeltlicher Rechtsnachfolger die betriebliche Tätigkeit im Wesentlichen unverändert fortsetzen können (Senatsurteil vom 20. Februar 2008 X R 13/05, BFH/NV 2008, 1306).

Mit der Veräußerung seines Betriebsgrundstücks an M im Jahr 1998 hat der Kläger seine betriebliche Betätigung endgültig beendet. Denn ab diesem Zeitpunkt stellt er der A-GmbH nicht mehr alle wesentlichen Grundlagen seines Betriebs zur Verfügung. Dass das veräußerte Grundstück zu den wesentlichen Betriebsgrundlagen gehört, steht zwischen den Beteiligten nicht im Streit.

Sofern -wie vom Kläger behauptet- das veräußerte Betriebsgrundstück die einzige wesentliche Betriebsgrundlage darstellte, war der Tatbestand der Betriebsveräußerung i.S. des § 16 Abs. 1 Nr. 1 EStG erfüllt. Sofern noch weitere wesentliche Betriebsgrundlagen in Gestalt des Geschäftswerts, des Warenzeichens und/oder des sonstigen Anlagevermögens vorhanden waren, ist der Tatbestand einer begünstigten Betriebsaufgabe gegeben (Schmidt/Wacker, a.a.O., § 16 Rz 185).