Keine Anwendung des Halbabzugsverbots auf Substanzverluste von Darlehensforderungen

Teilwertabschreibungen auf Gesellschaftsdarlehen unterfallen mangels wirtschaftlichen Zusammenhangs mit in § 3 Nr. 40 EStG genannten Einnahmen nicht dem Halbabzugsverbot des § 3c Abs. 2 EStG. Gleiches gilt für den Aufwand aus dem Verzicht auf den nicht mehr werthaltigen Teil einer Darlehensforderung.

BFH Urteil vom 11.10.2012 – IV R 45/10 BFHNV 2013 S.518

Begründung:

Das FG hat im Ergebnis zu Recht entschieden, dass das Halbabzugsverbot des § 3c Abs. 2

Zwischen den Beteiligten besteht kein Streit, dass der Klägerin aus dem im April 2002 ausgesprochenen Verzicht auf den wertlosen Teil einer Darlehensforderung im Nennbetrag von 600.000 EUR und aus der in der Bilanz zum 31. Dezember 2002 vorgenommenen Teilwertabschreibung auf eine weitere Darlehensforderung im Nennbetrag von 502.176,31 EUR insgesamt ein Aufwand in Höhe von 969.915,15 EUR entstanden ist. Der Senat teilt diese Rechtsauffassung und sieht insoweit von weiteren Ausführungen ab.

Entgegen der Auffassung des FA unterliegt dieser Aufwand jedoch nicht dem Halbabzugsverbot des § 3c Abs. 2 Satz 1 EStG. Nach § 3c Abs. 2 Satz 1 EStG dürfen Betriebsvermögensminderungen, Betriebsausgaben, Veräußerungskosten oder Werbungskosten, die mit den dem § 3 Nr. 40 EStG zu Grunde liegenden Betriebsvermögensmehrungen oder Einnahmen in wirtschaftlichem Zusammenhang stehen, unabhängig davon, in welchem Veranlagungszeitraum die Betriebsvermögensmehrungen oder Einnahmen anfallen, bei der Ermittlung der Einkünfte nur zur Hälfte abgezogen werden.

Nach dem Normzweck des § 3c Abs. 2 Satz 1 EStG sollen alle Ausgaben, die mit nach § 3 Nr. 40 EStG nur hälftig besteuerten Einnahmen in Zusammenhang stehen, ebenfalls nur hälftig steuerlich berücksichtigt werden, um eine inkongruente Begünstigung auszuschließen. Aus dem Wortlaut des § 3c Abs. 2 Satz 1 EStG ergibt sich, dass ein rechtlicher Zusammenhang nicht erforderlich ist und –im Gegensatz zu § 3c Abs. 1 EStG– auch ein nur mittelbarer wirtschaftlicher Zusammenhang für das Eingreifen des Abzugsverbots ausreicht

Wie der X. Senat des BFH dargelegt hat, ist der danach erforderliche wirtschaftliche Zusammenhang mit den in § 3 Nr. 40 EStG genannten Einnahmen bei Substanzverlusten von Darlehensforderungen, wie bei Teilwertabschreibungen oder Forderungsverzichten, nicht gegeben. Dieser Auffassung schließt sich der erkennende Senat an.

Darlehensforderungen sind selbständige Wirtschaftsgüter, die von der Beteiligung als solcher zu unterscheiden sind; dies gilt auch für sog. eigenkapitalersetzende Darlehen, die –unbeschadet ihrer Veranlassung durch das Gesellschaftsverhältnis– eigenständige Schuldverhältnisse und damit von der Beteiligung zu unterscheidende Wirtschaftsgüter darstellen. Wegen dieser Selbständigkeit von Darlehensforderung einerseits und Beteiligung andererseits sind auch Substanzverluste getrennt nach den für das jeweilige Wirtschaftsgut zur Anwendung kommenden Vorschriften zu beurteilen.

§ 3c Abs. 2 Satz 1 EStG bezieht sich auf § 3 Nr. 40 EStG. Die Vorschriften des § 3 Nr. 40 Satz 1 Buchst. a bis c und j EStG, die insbesondere Einnahmen aus der Verwertung der Substanz des Kapitalanteils betreffen, verknüpfen die Anwendung der hälftigen Steuerbefreiung ausweislich ihres Wortlauts nur mit dem Kapitalanteil als solchem. Substanzgewinne aus einer Wertsteigerung oder Veräußerung einer Darlehensforderung sind von § 3 Nr. 40 Satz 1 Buchst. a bis c und j EStG nicht erfasst und damit voll steuerpflichtig. Umgekehrt kann das Abzugsverbot des § 3c Abs. 2 Satz 1 EStG nicht Substanzverluste von Darlehensforderungen erfassen. Gleichermaßen scheidet ein wirtschaftlicher Zusammenhang von Teilwertabschreibungen auf Gesellschafterdarlehen bzw. von Aufwand aus Forderungsverzichten mit den in § 3 Nr. 40 Satz 1 Buchst. d bis i EStG bezeichneten laufenden Einnahmen aus. Bei Substanzverlusten der Darlehensforderung ist nicht erkennbar, dass damit zukünftige Beteiligungserträge angestrebt werden

Gegen einen wirtschaftlichen Zusammenhang zwischen Beteiligungserträgen und Teilwertabschreibungen auf Gesellschafterdarlehen spricht außerdem, dass eine spätere Wertaufholung nach vorgenommener Teilwertabschreibung in voller Höhe steuerpflichtig wäre, da die Anwendung des Halbeinkünfteverfahrens für einen solchen Fall nicht vorgesehen ist. Gleiches gilt für den Fall des Forderungsverzichts unter Besserungsvorbehalt. Auch in diesem Fall wäre das Wiederaufleben der Forderung in vollem Umfang gewinnwirksam, obwohl die Forderung nur zur Hälfte aufwandswirksam ausgebucht worden wäre. Damit begründet der eigenkapitalersetzende Charakter des Darlehens –auch im Anwendungsbereich des § 3c Abs. 2 Satz 1 EStG– allenfalls einen Zusammenhang zwischen Darlehen und Beteiligung, nicht jedoch zwischen der substanzbezogenen Wertminderung des Darlehens aufgrund einer Teilwertabschreibung oder eines Verzichts auf den nicht mehr werthaltigen Teil der Darlehensforderung einerseits und nach § 3 Nr. 40 EStG hälftig steuerbefreiten Beteiligungserträgen andererseits.

Unterliegt danach der Aufwand der Klägerin aus dem Forderungsverzicht und der Teilwertabschreibung schon deshalb nicht dem Halbabzugsverbot des § 3c Abs. 2 Satz 1 EStG, weil es an dem erforderlichen wirtschaftlichen Zusammenhang dieses Aufwands mit etwaigen Beteiligungserträgen fehlt, kann dahinstehen, ob im Streitfall, wie das FG meint, eine einnahmelose Beteiligung gegeben ist, die der Anwendung des Halbabzugsverbots des § 3c Abs. 2 Satz 1 EStG entgegenstehen könnte.