Zuwendungen aus Anlass einer zentralen Betriebsveranstaltung in einem Konzern

Zuwendungen aus Anlass einer Betriebsveranstaltung, sofern die Freigrenze von 110 € übersteigen, sind als Arbeitslohn zu erfassen. 

In die Schätzungsgrundlage zur Bemessung des dem Arbeitnehmer zugewandten Vorteils sind jedoch nur solche Kosten des Arbeitgebers einzubeziehen, die geeignet sind, beim Arbeitnehmer einen geldwerten Vorteil auszulösen.

BFH Urteil vom 16.5.2013, VI R 93/10

Begründung:

Die Nachforderung von Lohnsteuer beim Arbeitgeber durch Steuerbescheid kommt in Betracht, wenn die Lohnsteuer vorschriftswidrig nicht angemeldet worden ist und es sich um eine eigene Steuerschuld des Arbeitgebers handelt. Eine eigene Steuerschuld des Arbeitgebers liegt auch vor, wenn die Voraussetzungen für eine Pauschalierung der Lohnsteuer nach § 40 EStG gegeben sind.

Nach § 40 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 EStG kann der Arbeitgeber die Lohnsteuer mit einem Pauschsteuersatz von 25 % erheben, wenn er Arbeitslohn aus Anlass von Betriebsveranstaltungen zahlt. Maßgeblich ist insoweit § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG.

Nach ständiger Rechtsprechung können auch Zuwendungen des Arbeitgebers aus Anlass von Betriebsveranstaltungen im ganz überwiegend eigenbetrieblichen Interesse des Arbeitgebers liegen. Betriebsveranstaltungen sind Veranstaltungen auf betrieblicher Ebene mit gesellschaftlichem Charakter, bei denen die Teilnahme grundsätzlich allen Betriebsangehörigen offensteht. Das eigenbetriebliche Interesse des Arbeitgebers an der Durchführung solcher Veranstaltungen ist in der Förderung des Kontakts der Arbeitnehmer untereinander und in der Verbesserung des Betriebsklimas zu sehen. Insbesondere zur Wahrung einer einheitlichen Rechtsanwendung hat der BFH jedoch typisierend festgelegt, ab wann den teilnehmenden Arbeitnehmern geldwerte Vorteile von solchem Eigengewicht zugewendet werden, dass von einem ganz überwiegend eigenbetrieblichen Interesse des Arbeitgebers nicht mehr ausgegangen werden kann. Danach sind bei Überschreiten einer Freigrenze von 110 EUR die Zuwendungen des Arbeitgebers in vollem Umfang als steuerpflichtiger Arbeitslohn zu qualifizieren.

Die Bewertung der Leistungen bestimmt sich nach § 8 Abs. 2 Satz 1 EStG. Bei diesem Wert, der im Schätzungsweg ermittelt werden kann, handelt es sich um den Betrag, den ein Fremder unter gewöhnlichen Verhältnissen für Güter gleicher Art im freien Verkehr aufwenden muss. Rechtsprechung und Verwaltung (R 72 Abs. 4 LStR für die Streitjahre) beanstanden es jedoch grundsätzlich nicht, den Wert der dem Arbeitnehmer durch den Arbeitgeber anlässlich einer Betriebsveranstaltung zugewandten Leistungen anhand der Kosten zu schätzen, die dem Arbeitgeber dafür seinerseits erwachsen sind. Denn es kann im Regelfall davon ausgegangen werden, dass auch ein Fremder diesen Betrag für die Veranstaltung hätte aufwenden müssen. Sofern sich ein Beteiligter für die Bewertung auf eine abweichende Bestimmung beruft, muss er grundsätzlich konkret darlegen, dass eine Schätzung des üblichen Endpreises am Abgabeort anhand der vom Arbeitgeber aufgewandten Kosten dem objektiven Wert der Veranstaltung nicht entspricht.

In die Schätzungsgrundlage zur Bemessung des dem Arbeitnehmer zugewandten Vorteils sind jedoch nur solche Kosten des Arbeitgebers einzubeziehen, die geeignet sind, beim Arbeitnehmer einen geldwerten Vorteil auszulösen. Dem entsprechend hat der Senat Leistungen, die nicht in unmittelbarem Zusammenhang mit der Betriebsveranstaltung stehen und durch die der Arbeitnehmer deshalb nicht bereichert ist, nicht als Lohn beurteilt und folglich auch nicht bei der Prüfung, ob die Freigrenze überschritten ist, einbezogen; so hat er etwa Kosten der Buchhaltung oder für die Beschäftigung eines Eventmanagers ausgenommen (Senatsurteil in BFHE 240, 44, m.w.N.). Dies gründet darin, dass Arbeitgeber, insbesondere, wenn sie mit mehreren Hundert Besuchern rechnen, häufig nicht in der Lage sind, selbst eine Betriebsveranstaltung auszurichten; sie müssen sich daher der Hilfe eines Eventmanagers bedienen, der diese gestaltet. Die Organisation einer Betriebsfeier durch ein fremdes Unternehmen erhöht zwar die Kosten des Arbeitgebers hierfür, nicht aber den Vorteil, der dem Arbeitnehmer zufließt und der allein Gegenstand der Einkommensbesteuerung ist.

Gleiches gilt im Grundsatz für Mietkosten. Ein Unternehmen, das eine übliche Betriebsfeier veranstaltet oder sein Firmenjubiläum mit den eigenen Arbeitnehmern und –wie im Streitfall– den Arbeitnehmern von Tochterunternehmen begeht, wird regelmäßig auf eigenem Firmengelände nicht über ausreichende Raumkapazitäten verfügen, sodass es eine Örtlichkeit mieten muss, in der sämtliche Arbeitnehmer Platz finden. Allein das Abhalten einer Betriebsveranstaltung in gemieteten statt in eigenen Räumen des Arbeitgebers begründet jedoch für sich betrachtet regelmäßig noch keinen geldwerten Vorteil des Arbeitnehmers. Nur wenn hierbei Leistungen an die Arbeitnehmer erbracht werden, die einen marktgängigen Wert haben, kann bei den Arbeitnehmern eine objektive Bereicherung und damit Arbeitslohn angenommen werden. Zu einer objektiven Bereicherung führen typischerweise nur solche Leistungen, die die teilnehmenden Arbeitnehmer unmittelbar konsumieren können, also vor allem Speisen, Getränke und Musikdarbietungen. Aufwendungen des Arbeitgebers, die die Ausgestaltung der Betriebsveranstaltung selbst betreffen, etwa Mietkosten und Kosten für die organisatorischen Tätigkeiten eines Eventveranstalters, bewirken bei den Teilnehmern dagegen keinen unmittelbaren Wertzugang; sie bleiben daher bei der angesprochenen Gesamtkostenermittlung grundsätzlich außer Betracht.

Zwar hat der Senat die Auffassung vertreten, dass auch Ausgaben für den "äußeren Rahmen" von Betriebsveranstaltungen zu berücksichtigen seien. Soweit dies jedoch so verstanden werden konnte, dass sämtliche Aufwendungen eines Arbeitgebers für eine Betriebsveranstaltung im Rahmen der Gesamtkostenermittlung zu berücksichtigen und auf die teilnehmenden Arbeitnehmer umzulegen seien, hält der Senat daran nicht mehr fest. Denn Arbeitslohn i.S. des § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG liegt nur vor, wenn der Arbeitnehmer durch die Leistung des Arbeitgebers einen unmittelbaren geldwerten Vorteil erlangt.