Passivierung einer Verpflichtung aus einer Rückverkaufsoption bei KFZ Händlern

Für die Verpflichtung eines Kraftfahrzeughändlers, verkaufte Kraftfahrzeuge auf Verlangen des Käufers zurückzukaufen, ist eine Verbindlichkeit in Höhe des dafür vereinnahmten –ggf. zu schätzenden– Entgelts auszuweisen (Anschluss an das BFH-Urteil vom 11. Oktober 2007 IV R 52/04, BFHE 219, 129, BStBl II 2009, 705).

BFH Urteil vom 17.11.2010, I R 83/09

Begründung:

Gemäß § 8 Abs. 1 des Körperschaftsteuergesetzes i.V.m. § 4 Abs. 1, § 5 Abs. 1 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG 1997) hatte die GmbH als Rechtsvorgängerin der Klägerin in ihren Bilanzen das Betriebsvermögen anzusetzen, das nach den handelsrechtlichen Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung (GoB) auszuweisen ist.

Zu den handelsrechtlichen GoB gehört die Pflicht des Kaufmanns, in seiner Bilanz für den Schluss eines Geschäftsjahres seine Verbindlichkeiten (Schulden) vollständig auszuweisen (§ 240 Abs. 2 i.V.m. Abs. 1, § 242 Abs. 1, § 246 Abs. 1 Satz 1 HGB). Verbindlichkeiten folgen aus dem Anspruch des Gläubigers auf ein bestimmtes Handeln (§ 194 des Bürgerlichen Gesetzbuchs) und verkörpern eine dem Inhalt und der Höhe nach bestimmte Leistungspflicht, die erzwingbar ist und eine wirtschaftliche Belastung darstellt.

Nach den nicht mit zulässigen und begründeten Verfahrensrügen angefochtenen und damit für den erkennenden Senat bindenden Feststellungen des FG (§ 118 Abs. 2 FGO) räumte die GmbH beim Verkauf eines Fahrzeugs ihrem Vertragspartner eine Rückverkaufsoption ein, aufgrund derer der Vertragspartner zeitlich befristet den Rückerwerb des zuvor verkauften Fahrzeugs von der GmbH verlangen konnte.

In der Einräumung einer Option ist nach der Rechtsprechung des Senats eine wirtschaftlich und rechtlich selbständige Leistung zu sehen, die losgelöst von dem nachfolgenden (Rück-)Übertragungsgeschäft zu beurteilen ist. Aus diesem Grund kann –entgegen dem BMF-Schreiben (Nichtanwendungserlass) vom 12. August 2009 (BStBl I 2009, 890)– ein wirtschaftlicher Vorteil in Form des Anspruchs auf Übertragung des betroffenen Wirtschaftsguts nicht mit der wirtschaftlichen Belastung aus der Option "saldiert" werden. Das vom Optionsverkäufer für die erzwingbare Erfüllung seiner Verpflichtung bezogene Entgelt dient vielmehr der Entschädigung für die Bindung und die Risiken, die er durch die Begebung des Optionsrechts eingeht. Die Verpflichtung des Optionsverkäufers als "Stillhalter", die Ausübung der Option zu dulden und sich zur Erfüllung der Abnahmepflicht bereitzuhalten, entfällt erst mit der Ausübung oder dem Verfall der Option. Zuvor hat er seine auf der Option beruhende Verpflichtung nicht erfüllt. Der Ausweis einer entsprechenden Verbindlichkeit dem Grunde nach wird demzufolge von dem Gebot vollständiger Bilanzierung gefordert und unterliegt weder einer passiven Rechnungsabgrenzung noch dem Verbot der Bilanzierung schwebender Geschäfte.

Nach diesen Bilanzierungsgrundsätzen ist auch für die Verpflichtung aus einer Option, zuvor verkaufte Fahrzeuge nach Ablauf einer bestimmten Zeit zu einem verbindlich festgelegten Preis zurückzukaufen, eine Verbindlichkeit in Höhe des dafür vereinnahmten Entgelts auszuweisen und erst bei Ausübung oder Verfall der Option auszubuchen. Der Pflicht zur Passivierung kann nicht entgegengehalten werden, die Einräumung der Rückverkaufsoption stelle einen unselbständigen Teil des ursprünglichen Fahrzeugkaufs dar, der eine Bilanzierung ausschließe. Die Einräumung einer Rückverkaufsoption –als Übertragung eines eigenen Wirtschaftsguts– war nicht zwangsläufig mit einem Neuwagenverkauf verbunden. Sie wurde, wie der Vertrag mit X zeigt, gesondert vergütet und setzte die GmbH, über etwaige Gewährleistungsansprüche hinaus, dem Risiko nicht vorhersehbarer Wertminderungen aus. Dies rechtfertigt die gesonderte Passivierung der auf der Option beruhenden Verbindlichkeit der GmbH, mit der Folge, dass die entgeltliche Einräumung der Option ergebnisneutral ist.