Drittaufwendungen als vorweggenommene Werbungskosten aufgrund eines Studiums

Zur Abziehbarkeit von Dritten getragener Kosten für eine Unterkunft am Studienort.

Niedersächsisches Finanzgericht Urteil vom 25.02.2016, 1 K 169/15

Begründung:

Die vom Vater der Klägerin getätigten Aufwendungen für die Maklerprovision sind bei den Einkünften der Klägerin aus nichtselbstständiger Arbeit als Werbungskosten zu berücksichtigen.

Bei Werbungskosten handelt es sich gem. § 9 Abs. 1 Satz 1 Einkommensteuergesetz (EStG) um Aufwendungen zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung von Einnahmen. Unter den Begriff Werbungskosten fallen dabei alle Aufwendungen, die durch die Erzielung steuerpflichtiger Einnahmen veranlasst sind. Der Begriff “Aufwendungen” wird im allgemeinen Sinn von Ausgaben verstanden. Hierunter fallen Vermögensabflüsse nicht nur in Geld, sondern auch in Geldeswert, die im Rahmen einer gesetzlichen Einkunftsart eintreten. Es können nur solche Aufwendungen als Werbungskosten im Sinne des § 9 Abs. 1 EStG abgezogen werden, welche die persönliche Leistungsfähigkeit des Steuerpflichtigen mindern.

Drittaufwand kann nicht bei den Werbungskosten berücksichtigt werden. Dieser liegt vor, wenn ein Dritter Kosten trägt, die durch die Einkunftserzielung des Steuerpflichtigen veranlasst sind.

Nicht erfüllte Unterhaltsansprüche sind kein Bezug

Erhält das verheiratete Kind eines Kindergeldberechtigten von seinem getrennt lebenden Ehegatten keine Unterhaltszahlungen, so darf der Unterhaltsanspruch nicht als Bezug i.S. von § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG berücksichtigt werden.

BFH Beschluss vom 22.12.2011, III R 8/08

Begründung:

Für ein volljähriges Kind, das einen der Tatbestände des § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 und Nr. 2 EStG erfüllt, wird gemäß § 63 Abs. 1 Sätze 1 und 2 EStG Kindergeld gewährt, wenn seine Einkünfte und Bezüge nach § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG einen Grenzbetrag nicht übersteigen, der sich im Jahr 2003 auf 7.188 EUR belief.

Zu den Bezügen eines verheirateten Kindes gehören auch die Unterhaltsleistungen des Ehegatten. Allerdings besteht nach der Eheschließung des Kindes grundsätzlich kein Kindergeldanspruch der Eltern mehr, weil ab diesem Zeitpunkt in erster Linie der Ehepartner dem Kind zum Unterhalt verpflichtet ist (§ 1608 Satz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuches –BGB– i.V.m. §§ 1360, 1360a BGB). Die Eltern sind nur noch nachrangig unterhaltsverpflichtet. Ausnahmsweise müssen Eltern gegenüber ihrem verheirateten Kind Unterhaltsleistungen erbringen, wenn das Einkommen des Ehepartners so gering ist, dass er zum vollständigen Unterhalt nicht in der Lage ist (sog. Mangelfall). Ein Mangelfall ist bei kinderlosen Ehen anzunehmen, wenn die eigenen Einkünfte und Bezüge des Kindes einschließlich der Unterhaltsleistungen des Ehepartners den Jahresgrenzbetrag des § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG nicht überschreiten.

Die Höhe der als Bezüge i.S. von § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG anzusetzenden Unterhaltsleistungen lässt sich bei Ehegatten, die in einem gemeinsamen Haushalt leben, in der Regel nur rechnerisch ermitteln, da sich die tatsächlichen Zu- und Abflüsse von Geldmitteln oder von Gütern in Geldeswert (vgl. § 8 Abs. 1 EStG) innerhalb einer bestehenden ehelichen Lebensgemeinschaft zumeist nicht nachvollziehen lassen. Die Unterhaltsleistungen des zum Unterhalt verpflichteten Ehepartners sind deshalb regelmäßig zu schätzen. Bei einer kinderlosen Ehe, in der ein Ehepartner allein verdient und ein durchschnittliches Nettoeinkommen erzielt, entspricht es der Lebenserfahrung, dass dem nicht verdienenden Ehepartner in etwa die Hälfte des Nettoeinkommens in Form von Geld- und Sachleistungen als Unterhalt zufließt. Verfügt das Kind auch über eigene Mittel, so ist zu unterstellen, dass sich die Eheleute ihr verfügbares Einkommen teilen. Unterhaltsleistungen sind daher in Höhe der Hälfte der Differenz zwischen den Einkünften des unterhaltsverpflichteten Ehepartners und den geringeren eigenen Mitteln des Kindes anzunehmen. Bei Prüfung der Frage, in welcher Höhe dem geringer verdienenden Ehegatten Unterhaltsleistungen seitens des höher Verdienenden als Bezüge zuzurechnen sind, ist somit in der Regel nicht auf den tatsächlichen Zufluss von Unterhaltsleistungen abzustellen.

Unterhaltsleistungen eines getrennt lebenden Ehegatten sind demnach nur dann als Bezüge i.S. von § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG anzusetzen, wenn sie dem unterhaltsberechtigten Ehegatten auch tatsächlich zugeflossen sind, sofern dieser nicht auf die Geltendmachung seines Unterhaltsanspruchs verzichtet hat (§ 32 Abs. 4 Satz 9 EStG).

 

Ausbildungsfreibetrag verfassungskonform

Die Frage, ob der Mehrbedarf für ein auswärtig zu Ausbildungszwecken untergebrachtes, volljähriges Kind in ausreichendem Maße steuerlich berücksichtigt wird, ist nicht isoliert am Maßstab des Ausbildungsfreibetrags nach § 33a Abs. 2 EStG zu prüfen. Die Prüfung der Verfassungskonformität ist vielmehr unter Zusammenrechnung der Freibeträge nach § 32 Abs. 6 EStG sowie des Freibetrags nach § 33a Abs. 2 EStG vorzunehmen.

BFH Urteil vom 25.11.2010, III R 111/07

Erläuterung:

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat im Urteil vom 25. November 2010 III R 111/07 entschieden, dass der Mehrbedarf, der Eltern für den Unterhalt eines auswärtig zu Ausbildungszwecken untergebrachten volljährigen Kindes entsteht, in ausreichendem Maße steuerlich berücksichtigt wird.

Ein Ehepaar, dessen Tochter auswärts an einer Universität studierte, machte in einem finanzgerichtlichen Verfahren gegen den Einkommensteuerbescheid 2003 erfolglos verfassungsrechtliche Bedenken geltend gegen die Höhe des in § 33a Abs. 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) vorgesehenen Freibetrags von 924 €, der den Sonderbedarf für auswärts studierende Kinder abgelten soll.

Nach Auffassung des BFH darf der Ausbildungsfreibetrag jedoch nicht isoliert betrachtet werden; vielmehr sind bei Prüfung einer ausreichenden steuerlichen Entlastung auch der Kinderfreibetrag sowie der ebenso für Kinder zu gewährende Freibetrag für den Betreuungs- und Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf nach § 32 Abs. 6 EStG einzubeziehen. Die Summe dieser für ein Ehepaar anzusetzenden Freibeträge belief sich im Jahr 2003 einschließlich des Ausbildungsfreibetrags auf 6.732 €. Dies ist nach Ansicht des BFH ausreichend, wie auch ein Vergleich mit den nach dem BAföG vorgesehenen Sätzen zeigt. Die BAföG-Förderung für einen auswärts studierenden Studenten betrug im Jahr 2003 monatlich 433 €, somit jährlich 5.592 €, und lag damit unter den steuerlich anzusetzenden Beträgen. Die Rechtslage entspricht nach Ansicht des BFH den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts, das in einem Beschluss vom 26. Januar 1994 1 BvL 12/86 entschieden hatte, dass als Vergleichsregelung, zu der die zur verfassungsrechtlichen Prüfung gestellten steuerlichen Höchstbeträge in Beziehung zu setzen sind, auch die Sätze nach dem BAföG in Betracht kommen.

Absenkung der Altersgrenze für die Berücksichtigung von Kindern verfassungsgemäß

Die Absenkung der Altersgrenze für die Berücksichtigung von Kindern in der Berufsausbildung oder einer Übergangszeit oder Wartezeit durch das StÄndG 2007 war ebenso wie die dazu getroffene Übergangsregelung mit dem GG vereinbar .

BFH Urteil vom 17.6.2010, III R 35/09

Erläuterungen:

Der III. Senat des Bundesfinanzhofs (BFH) hat mit Urteil vom 17. Juni 2010 III R 35/09 entschieden, dass die Absenkung der Altersgrenze für die Berücksichtigung von Kindern verfassungsgemäß ist.

Für Kinder, die sich in Ausbildung befinden, werden Kindergeld und Freibeträge nur bis zur gesetzlich geregelten Altersgrenze gewährt, die durch das Steueränderungsgesetz 2007 von der Vollendung des 27. auf die Vollendung des 25. Lebensjahres abgesenkt wurde. Die niedrigere Altersgrenze genügt dem verfassungsrechtlichen Gebot der steuerlichen Verschonung des Familienexistenzminimums, da Eltern ihre tatsächlichen Unterhaltsleistungen für ältere Kinder als außergewöhnliche Belastung abziehen können (§ 33a Abs 1 des Einkommensteuergesetzes – EStG -). Sie enthält nach Ansicht des BFH auch keine verfassungsrechtlich unzulässige Rückwirkung hinsichtlich derjenigen Kinder, die im Vertrauen auf die bisherige Altergrenze eine langwierige Ausbildung begonnen haben.

Wenn Kinder wegen Überschreitung der Altersgrenze nicht mehr berücksichtigt werden, entfallen dadurch auch andere steuerliche Vorteile wie z. B. der Entlastungsbetrag für Alleinerziehende (§ 24b EStG) und der Freibetrag zur Abgeltung des Sonderbedarfs wegen auswärtiger Unterbringung des Kindes (§ 33a Abs. 2 EStG); Nachteile können sich auch bei der Förderung der Altersvorsorge der Eltern oder bei der Beamtenbesoldung und -beihilfe ergeben. Ob diese Folgen verfassungsgemäß sind, hat der BFH nicht entschieden.

Es ist zu erwarten, dass im Streitfall oder einem der zugleich entschiedenen Parallelfälle Verfassungsbeschwerde eingelegt wird.

Ausbildung durch Vorbereitung auf die Wiederholungsprüfung während einer Krankheit des Kindes

Der Zeitraum von der Beendigung des betrieblichen Ausbildungsverhältnisses bis zur Wiederholungsprüfung kann als Ausbildungszeit zu berücksichtigen sein, wenn sich das volljährige Kind in geeigneter Weise auf die Wiederholungsprüfung vorbereitet hat. Dies gilt auch dann, wenn es die Wiederholungsprüfung nicht besteht.

War das Kind in dieser Zeit krank, so hat es währenddessen gleichwohl die ihm angesichts der Krankheit möglichen und zumutbaren Anstrengungen zur Prüfungsvorbereitung zu unternehmen (insb. Selbststudium).

BFH Urteil vom 24.09.2009 – III R 70/07 BFHNV 2010 S. 617 f.

Eine Vollzeiterwerbstätigkeit schließt die Berücksichtigung als Kind nicht aus

Die Vollzeiterwerbstätigkeit eines Kindes schließt seine Berücksichtigung als Kind, das sich in einer Übergangszeit befindet (§ 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b EStG) oder auf einen Ausbildungsplatz wartet (§ 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. c EStG) nicht aus (Änderung der Rechtsprechung) .

 BFH Urteil vom 17.06.10   III R 34/09

 Erläuterung:

 Nach dem Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 17. Juni 2010 III R 34/09 ist ein Kind, das auf einen Ausbildungsplatz wartet oder sich zwischen zwei Ausbildungsabschnitten befindet, auch für die Monate beim Kindergeldberechtigten als Kind zu berücksichtigen, in denen es einer Vollzeiterwerbstätigkeit nachgeht. Bei der Ermittlung der kindergeldschädlichen Einkünfte und Bezüge des Kindes sind daher dessen Einkünfte aus der Vollzeiterwerbstätigkeit einzubeziehen.

Anspruch auf Kindergeld besteht nur für ein Kind, das nach § 32 des Einkommensteuergesetzes (EStG) steuerlich zu berücksichtigen ist. Ein volljähriges Kind wird z. B. berücksichtigt, wenn es für einen Beruf ausgebildet wird, sich in einer Übergangszeit von höchstens vier Monaten zwischen zwei Ausbildungsabschnitten befindet oder eine Berufsausbildung mangels Ausbildungsplatzes nicht beginnen oder fortsetzen kann (§ 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a bis c EStG). Zudem dürfen die Einkünfte und Bezüge des Kindes in den Monaten, in denen diese Voraussetzungen vorliegen, einen bestimmten Betrag den sog. Grenzbetrag (z. Zt. 8.004 € im Kalenderjahr) nicht übersteigen (§ 32 Abs. 4 Sätze 2 und 6 EStG).

Nach bisheriger Rechtsprechung war ein Kind, das in der Übergangszeit zwischen zwei Ausbildungsabschnitten oder während des Wartens auf einen Ausbildungsplatz einer Vollzeiterwerbstätigkeit nachging, für die Monate der Vollzeiterwerbstätigkeit nicht als Kind zu berücksichtigen. Der BFH war der Auffassung, das Kind habe sich in diesen Monaten wegen der eigenen Einkünfte nicht in einer für eine Berufsausbildung typischen Unterhaltssituation befunden, die eine Entlastung der Eltern durch Kindergeld rechtfertige. Diese Rechtsprechung hatte zur Folge, dass dem Kindergeldberechtigten zwar für die Monate der Vollzeiterwerbstätigkeit kein Kindergeld zustand, das Kindergeld aber möglicherweise für die übrigen Monate zu gewähren war, wenn die in diesen Monaten erzielten Einkünfte und Bezüge den (anteiligen) Grenzbetrag nicht überschritten.

Diese Rechtsprechung hat der BFH aufgegeben. Zwar soll Kindergeld nur in den Fällen gewährt werden, in denen Eltern wie für ein Kind in Ausbildung typischerweise Unterhaltsaufwendungen entstehen. Ob ein Kind wegen eigener Einkünfte typischerweise nicht auf Unterhaltsleistungen der Eltern angewiesen ist, hängt aber nach der gesetzlichen Regelung nicht von der finanziellen Situation des Kindes im jeweiligen Monat ab. Vielmehr nimmt der Gesetzgeber eine typische Unterhaltssituation dann an, wenn die Einkünfte und Bezüge des Kindes im Kalenderjahr den am Existenzminimum eines Erwachsenen ausgerichteteten Jahresgrenzbetrag nicht übersteigen bzw. den anteiligen Betrag, wenn das Kind z. B. nur während eines Teils des Jahres zu berücksichtigen ist. Bei der Grenzbetragsprüfung sind daher alle Einkünfte des Kindes in dem maßgebenden Zeitraum anzusetzen unabhängig davon, ob sie aus einer Vollzeit- oder ein Teilzeiterwerbstätigkeit stammen. Dies kann wie im Streitfall dazu führen, dass kein Anspruch auf Kindergeld besteht, wenn das Kind während der Monate, in denen es auf einen zugesagten Ausbildungsplatz wartet, noch berufstätig ist und seine Einkünfte wegen der Einbeziehung des Arbeitslohns für diese Monate insgesamt über dem Grenzbetrag liegen. Entsprechend hat der BFH bislang auch schon die Fälle entschieden, in denen das Kind neben einer Ausbildung einer Vollzeiterwerbstätigkeit nachgeht.

Schuldenübernahme durch die Eltern

Schulden eines erwachsenen Kindes keine außergewöhnliche Belastungen für die zahlenden Eltern.

FG Rheinland-Pfalz Urteil zur Einkommensteuer vom 3. November 2009 (Az.: 6 K 1358/08)

Begründung:

Das FG Rheinland-Pfalz führte u. a. aus, eine rechtliche Verpflichtung der Kläger für die Steuerschulden ihrer Tochter aufzukommen, habe nicht bestanden. Eltern hätten ihren Kindern gegenüber zwar angemessenen Unterhalt zu zahlen. In der familiengerichtlichen Rechtsprechung werde jedenfalls dann, wenn ein volljähriges Kind eine selbständige Lebensstellung erreicht habe, eine Unterhaltspflicht der Eltern ganz überwiegend verneint. Auf die Frage, ob Steuerschulden zum Lebensbedarf des Unterhaltsberechtigten gehörten, komme es daher nicht mehr an. Nach Ansicht des FG Rheinland-Pfalz bestand zur Übernahme der Verbindlichkeit auch keine sittliche Verpflichtung im Sinne einer außergewöhnlichen Belastung. Sittlich zu billigende oder besonders anerkennenswerte Gründe allein genügten nicht; es reiche vor allem nicht aus, dass die Leistung menschlich verständlich sei. Eine Zwangsläufigkeit sei nicht schon gegeben, wenn sich der Steuerpflichtige subjektiv verpflichtet fühle. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs sei eine Zwangsläufigkeit aus sittlichen Gründen nur anzunehmen, wenn die sittliche Verpflichtung so unabdingbar sei, dass sie einer Rechtspflicht gleichkomme. Diese Voraussetzung sei im Streitfall nicht gegeben.

 

Nachweis der tatsächlichen Arbeitsleistung bei Aushilfstätigkeiten

Wird zwischen Eltern und Kindern für Aushilfstätigkeiten eine pauschale monatliche Vergütung vereinbart, so hält diese Vereinbarung einem Fremdvergleich grundsätzlich auch ohne Nachweis der Erbringung einer ent-sprechenden Arbeitsleistung stand.
Auf den Nachweis der erbrachten Arbeitsleistung (Stundenzettel) kann allerdings nicht verzichtet werden, wenn die gezahlte Pauschalvergütung nicht nur geringfügig ist und der zeitliche Umfang der geleisteten Arbeit nicht anhand objektiver Kriterien schätzbar ist.

Finanzgericht Nürnberg, Urteil vom 3. April 2008 VI 140/2006 – rechtskräftig EFG 2008 S. 1013ff

Begründung:
Ein Arbeitsvertrag liegt vor, wenn sich die Vertragsbeteiligten über die für diesen Vertragstyp wesentlichen Rechte und Pflichten einig sind. Das sind die Arbeitsbedingungen, d. h. die zeitliche Dauer der Arbeitsleistung (tägliche, wöchentliche oder monatliche Arbeitszeit) und das für diese Arbeitsleistung geschuldete Entgelt.

Ist die vom Arbeitnehmer zu erbringende Arbeitsleistung im Vertrag nicht im Einzelnen festgelegt, so steht dies der steuerlichen Anerkennung des Vertrags dann nicht entgegen, wenn die Leistung bestimmbar ist, insbesondere wenn der Stpfl. sie gegenüber der Finanzbehörde näher erläutert. Die Zulässigkeit mündlicher Absprachen zum Einsatz des Arbeitnehmers im Falle fehlender schriftlicher Fixierung der Modalitäten des Arbeitseinsatzes folgt daraus, dass ein Arbeitsvertrag weder unter fremden Dritten noch unter Angehörigen schriftlich abgeschlossen werden muss, um wirksam zu sein, bzw. anerkannt zu werden; die Schriftform ist lediglich zwecks leichteren Nachweises des Vertragsinhalts empfehlenswert (keine Schriftformerfordernis).
Dies entspricht auch der Rechtslage im Arbeitsrecht, wonach der Arbeitsvertrag grundsätzlich formfrei abgeschlossen werden kann und für seinen Abschluss schon die Einigung über die entgeltliche Verwendung des Arbeitnehmers im Betrieb des Arbeitgebers ausreicht.
Die näheren Arbeitspflichten können vom Arbeitgeber in diesem Fall mittels seines Direktionsrechts festgelegt werden.
So erkennt die Rspr. es z. B. an, dass eine Unklarheit bei der Wochenarbeitszeit eines vom Stpfl, beschäftigten Angehörigen für die steuerliche Anerkennung des Arbeitsverhältnisses nicht schädlich ist, wenn die Arbeitszeit von den betrieblichen oder beruflichen Erfordernissen des Stpfl, abhängt, deshalb letztlich unbestimmt und nur in Schätzwerten anzugeben ist. Die Unklarheit ist in einem solchen Fall auf die Eigenart des Arbeitsverhältnisses zurückzuführen
und nicht auf eine unübliche Gestaltung.

Gerade bei einem Arbeitsverhältnis, das nur eine Teilzeitbeschäftigung zum Gegenstand hat, werden das Aufgabengebiet und der zeitliche Einsatz des Arbeitnehmers auch in Arbeitsverträgen unter fremden Dritten nicht stets in allen Einzelheiten festgelegt, sondern der Weisungsbefugnis des Arbeitgebers überlassen. Zum Nachweis der vom Arbeitnehmer erbrachten Arbeitsleistung können dann aber Belege (z. B. Stundenzettel) üblich sein.

Generell gilt, dass Umstände des Einzelfalls zwar die Besonderheiten bei der Gestaltung und Durchführung des Arbeitsvertrags erklären können und sogar, bei vergleichbarer Sachlage, unter fremden Dritten denkbar sein mögen.
Solche besonderen Umstände machen jedoch bei Rechtsverhältnissen zwischen nahen Angehörigen, aus den eingangs dargelegten Gründen, nicht den Nachweis entbehrlich, dass die Vertragsparteien die geschuldeten Leistungen vereinbarungsgemäß erbracht haben und diesen Leistungen tatsächlich der angegebene Rechtsgrund zu Grunde liegt.

Zur Überzeugung des Gerichts steht fest, dass der „pauschalierte Arbeitslohn” in der geltend gemachten Höhe gezahlt wurde, dass zwischen der Klin. und ihrem Sohn eine mündliche Vereinbarung geschlossen worden war, wonach der Sohn in seiner Freizeit verschiedene Arbeiten in der Praxis erledigen sollte (putzen, Telefondienst, Terminsverwaltung) und, dass der Sohn auf Grund dieser Vereinbarung tatsächlich Putzleistungen erbracht, Telefondienst geleistet und Behandlungstermine mit Patienten vereinbart hat. Eine Zeugenbefragung hierzu erübrigt sich deshalb.

Allein das Fehlen von Regelungen zur Art der vom Sohn der Kl. zu erbringenden Arbeitsleistungen und konkreter Angaben zu den Arbeitszeiten (Verteilung der Arbeitsstunden auf die einzelnen Wochentage) rechtfertigt ohne weitere Feststellungen zur tatsächlichen Durchführung des Vertrags noch nicht den Schluss, dass die strittigen Zahlungen nicht betrieblich veranlasst sind.
Ein Vertrag ohne diese Regelungen ist insbesondere bei Aushilfstätigkeiten unter Fremden nicht unüblich. Solche Verträge werden häufig nur mündlich geschlossen. Die inhaltliche Ausgestaltung obliegt weitgehend dem Weisungsrecht des Arbeitgebers.