Erfolgreiche Klage wegen überlanger Dauer eines finanzgerichtlichen Verfahrens

Wird ein FG in einem einfach gelagerten Klageverfahren zwischen dem Eingang des letzten Schriftsatzes eines der Beteiligten und der Anberaumung der mündlichen Verhandlung fünfeinhalb Jahre lang –abgesehen von einer Aktenanforderung und einer kurzen Anfrage an den Kläger– nicht tätig, ist die Verfahrensdauer als unangemessen anzusehen.

 War die finanzgerichtliche Klage unschlüssig, d.h. bereits nach dem eigenen Tatsachenvortrag des Klägers erkennbar unbegründet, hatte das verzögerte Verfahren für den Entschädigungskläger objektiv keine besondere Bedeutung. In einem solchen Fall genügt für die erforderliche Wiedergutmachung die Feststellung der Verfahrensverzögerung durch das Entschädigungsgericht; der Zuerkennung einer Geldentschädigung für immaterielle Nachteile bedarf es nicht.

Das Entschädigungsgericht kann eine Verfahrensverzögerung auch dann feststellen, wenn eine Verzögerungsrüge gar nicht oder –in den Übergangsfällen des Art. 23 Satz 2 ÜberlVfRSchG– nicht unverzüglich erhoben worden ist.

Hat der Kläger die Zuerkennung einer Geldentschädigung beantragt, beschränkt sich das Entschädigungsgericht aber auf die bloße Feststellung einer unangemessenen Verfahrensdauer, ist dem Beklagten gleichwohl der weitaus überwiegende Teil (75 %) der Kosten des Entschädigungsklageverfahrens aufzuerlegen, wenn tatsächlich eine erhebliche Verfahrensverzögerung gegeben ist, deren Größenordnung weitgehend mit derjenigen Zeitspanne deckungsgleich ist, die der Kläger seiner monetären Entschädigungsforderung zugrunde gelegt hat, und der Kläger die Höhe seiner Entschädigungsforderung auf den gesetzlichen Regelbetrag des § 198 Abs. 2 Satz 3 GVG beschränkt hat.

Eine Entschädigungsklage wegen der Dauer eines Verfahrens vor dem FG Berlin-Brandenburg ist gegen das Bundesland zu richten, gegen dessen Verwaltungshandeln sich der spätere Entschädigungskläger in dem von ihm eingeleiteten finanzgerichtlichen Verfahren gewandt hat. Die Anordnung, dass das beklagte Bundesland in Entschädigungsklageverfahren durch den Präsidenten des FG vertreten wird, bedarf keiner Regelung durch ein Gesetz.

BFH Urteil vom 17.04.13, X K 3/12

Begründung:

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat mit Urteil vom 17. April 2013 X K 3/12 festgestellt, dass die Dauer eines Verfahrens vor dem Finanzgericht (FG) Berlin-Brandenburg unangemessen lang war.

Seit dem Inkrafttreten des Gesetzes über den Rechtsschutz bei überlangen Gerichtsverfahren und staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsverfahren im Dezember 2011 haben die Beteiligten die Möglichkeit, die unangemessene Dauer eines solchen Verfahrens zu rügen und hierfür Wiedergutmachung, ggf. auch in Form einer Geldentschädigung, zu erlangen (§ 198 des Gerichtsverfassungsgesetzes). Für Entschädigungsklageverfahren aus dem Bereich der Finanzgerichtsbarkeit ist in erster und letzter Instanz der BFH zuständig.

Der BFH hat nun eine erste Sachentscheidung auf der Grundlage dieser neuen gesetzlichen Regelungen getroffen und im konkreten Fall eine Verfahrensverzögerung festgestellt, dem Kläger allerdings nicht die beantragte Geldentschädigung zugesprochen. Das – eher einfach gelagerte – Ausgangsverfahren war mehr als sechs Jahre beim FG anhängig. Während eines Zeitraums von fünfeinhalb Jahren war das FG weitestgehend untätig geblieben.

Für die Entscheidung dieses Verfahrens konnte sich der BFH auf die Feststellung beschränken, dass die Verfahrensverzögerung durch das FG sich „in der Nähe“ des vom Kläger genannten Zeitraums von vier Jahren bewegt hat. Nähere Festlegungen zu der im Regelfall noch als angemessen anzusehenden Dauer finanzgerichtlicher Verfahren brauchte der BFH noch nicht zu treffen, da er von der Festsetzung einer Geldentschädigung abgesehen und die Entschädigungsklage insoweit abgewiesen hat. Dies beruhte darauf, dass der Kläger vor dem FG in seiner eigenen, zu Beginn des dortigen Verfahrens eingereichten Klagebegründung Tatsachen vorgetragen hatte, aus denen sich zweifelsfrei ergab, dass seine Klage unbegründet war. Steht die Erfolglosigkeit eines Verfahrens für jeden Rechtskundigen von vornherein fest, ist dessen Verzögerung für den Beteiligten objektiv nicht von besonderer Bedeutung. Dies rechtfertigt es, statt der begehrten Geldentschädigung Wiedergutmachung im Wege einer entsprechenden feststellenden Entscheidung zu leisten.

 

 

 

Wirksamkeit einer Klage mit eingescannter Unterschrift

Eine Klage kann mit eingescannter Unterschrift wirksam sein.

BFH Urteil vom 22.06.10   VIII R 38/08

Erläuterungen:

Der Bundesfinanzhof hat mit Urteil vom 22. Juni 2010 VIII R 38/08 entschieden, dass Klagen mit eingescannter Unterschrift des Bevollmächtigten jedenfalls dann den Schriftformanforderungen des § 64 Abs. 1 FGO entsprechen, wenn sie von dem Bevollmächtigten an einen Dritten mit der tatsächlich ausgeführten Weisung gemailt werden, sie auszudrucken und per Telefax an das Gericht zu senden.

Zwar wird in der Rechtsprechung unterschiedlich beurteilt, ob eine nur eingescannte Unterschrift dem Schriftformerfordernis bestimmender Schriftsätze entspricht. Ungeachtet dieses Streits muss aber eine solche Klageschrift ebenso wie eine nicht unterschriebene Klage als wirksam angesehen werden, wenn ihr trotz fehlender oder formal unzureichender Unterschrift nach den objektiven Gesamtumständen aus der maßgeblichen Sicht des Gerichts deren Inhalt sowie der Erklärende und dessen unbedingter Erklärungswille entnommen werden kann. Es reicht auch aus, wenn die Erklärung und ihr Inhalt durch Einschaltung Dritter ersichtlich wird. Denn der ausschließliche Zweck des Schriftlichkeitsgebots ist es, den Erklärungsinhalt sowie die erklärende Person und ihren unbedingten Willen zur Absendung zuverlässig feststellen zu können.