Unternehmereigenschaft im kommunalen Bereich

Eine juristische Person des öffentlichen Rechts ist nur dann Unternehmer, wenn sie eine wirtschaftliche Tätigkeit im Sinne einer nachhaltigen Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen gemäß § 2 Abs. 1 UStG ausübt, die sich innerhalb ihrer Gesamtbetätigung heraushebt.
Fehlt es hieran, kann sie nicht gemäß § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG Organträger sein.
BFH v. 15.12.2016 – V R 44/15,
Sachverhalt:
Eine juristische Person des öffentlichen Rechts ist nur dann Unternehmer, wenn sie eine wirtschaftliche Tätigkeit im Sinne einer nachhaltigen Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen gem. § 2 Abs.1 UStG ausübt, die sich innerhalb ihrer Gesamtbetätigung heraushebt.

Die Klägerin ist eine Gemeinde, welche Alleingesellschafterin der K-GmbH ist, die ihrerseits Alleingesellschafterin der A-GmbH ist. Sie errichtete im Zeitraum 2001 bis 2008 ein Sportzentrum und vermietete dieses an die A-GmbH. Diese sollte den Betrieb des Sportzentrums übernehmen. Für die Festsetzung der Eintrittspreise bedurfte es der Zustimmung durch den Stadtrat der Klägerin. Die Klägerin verpflichtete sich ihrerseits zum Ausgleich der handelsrechtlichen Verluste.
Bei dem Verlustausgleich sollte es sich um einen nicht rückzahlbaren Zuschuss handeln. Das Nutzungsentgelt unter Berücksichtigung von beweglichem Anlagevermögen betrug monatlich ca. 5.970 €. Aufgrund der vertraglichen Vereinbarungen leistete die Klägerin Verlustausgleichszahlungen im Jahr 2008 i. H.v. 350.400€, im Jahr 2009 i. H.v. 663.582,69€ und im Jahr 2010
i. H. v. 639.084,95 €. Für die Errichtung des Sportzentrums machte die Klägerin für die Jahre 2006 bis 2010 einen Vorsteuerabzug von insgesamt ca. 1,8 Mio. € geltend. Die Mieten behandelte sie als Entgelt für umsatzsteuerpflichtige Leistungen.

Das Finanzamt berücksichtigte im Ergebnis den Vorgang umsatzsteuerrechtlich nicht. Die Klägerin habe nur geringe Pachteinnahmen (im Jahr 2008 i. H.v. 15.874€, im Jahr 2009 i. H.v. 71.694€ und im Jahr 2010 i. H.v. 71.684€) vereinnahmt. Der geleistete Verlustausgleich und die Pachtzahlungen seien miteinander zu saldieren, da es auf eine wirtschaftliche Betrachtungs- weise ankomme. Danach unterhalte die Gemeinde keinen Betrieb gewerblicher Art. Nur unter diesen Voraussetzungen sei aber die Gemeinde nach § 2 Abs. 3 UStG i. d. F. bis zum 31.12.2015gewerblich oder beruflich und damit unter den übrigen Voraussetzungen des § 2 Abs.l UStG unternehmerisch tätig.

Das Finanzgericht folgte der Auffassung des Finanzamtes nicht. Die Klägerin habe mit der Verpachtung des Sportzentrums einen Betrieb gewerblicher Art unterhalten. Dem stehe der Verlustausgleich nicht entgegen, da er weder zu einem Entfallen der Einnahmeerzielungsabsicht noch zu einer Unentgeltlichkeit geführt habe.

Der BFH verweist die Streitsache an das Finanzgericht zur erneuten Entscheidung zurück. Die Gemeinde sei in richtlinienkonformer Auslegung von § 2 Abs.3 UStG i.V. m. § 4 KStG nur dann Unternehmer, wenn sie eine wirtschaftliche Tätigkeit im Sinne einer nachhaltigen Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen gemäß § 2 Abs.l UStG ausübt, die sich innerhalb ihrer Gesamtbetätigung heraushebe. In Anlehnung an die EuGH-Entscheidung vom 12.5.2016 fehle es an einer wirtschaftlichen Tätig-keit, wenn eine Gemeinde über die von ihr vereinnahmten Beiträge nur einen kleinen Teil ihrer Kosten deckt. Werden, wie in dem dort zu Grunde liegenden Sachverhalt, die Kosten nur zu 3 aus Einnahmen und im Übrigen mit öffentlichen Mitteln finanziert, deute dieses Ungleichgewicht zwischen den Betriebskosten und den als Gegenleistung erhaltenen Beträgen darauf hin, dass kein Leistungsentgelt und auch keine wirtschaftliche Tätigkeit vorliege.

Für alle Wirtschaftsgebilde ist zunächst entscheidend, dass sie grundsätzlich den Tatbestand des § 2 Abs.l UStG erfüllen und damit eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit zur Einnahmeerzielung nachhaltig und selbständig ausüben. Das Finanzgericht hat im vorinstanzlichen Verfahren lediglich über die Voraussetzungen des § 2 Abs. 3 UStG entschieden, jedoch nach Ansicht des BFH verkannt, dass vor dem Hintergrund des § 2 Abs. UStG zumindest Zweifel an einer wirtschaftlichen Tätigkeit der Gemeinde bestehen. In einem zweiten Rechtsgang werde nach An- sicht des BFH daher zu prüfen sein, ob entsprechend dem EuGH-Urteil von einer Asymmetrie zwischen den Pachteinnahmen und den Kosten, für die die Gemeinde den Vorsteuerabzug geltend macht, auszugehen ist und ob diese miteinander zu saldieren sind. Dann scheitere die Annahme einer Unternehmereigenschaft der Klägerin bereits daran, dass der Nutzungsüberlassung an die A-GmbH keinerlei Entgelt gegenübersteht, so dass von einer unentgeltlichen Überlassung an die A-GmbH auszugehen wäre.
Zusammenfassung:

Fraglich ist, ob die Frage der Unternehmereigenschaft als solches an einer “kostendeckenden” Tätigkeit festgemacht werden kann. Die erneute Entscheidung im zweiten Rechtsgang durch das Finanzgericht bleibt daher zunächst abzuwarten. Sollte eine Saldierung von Einnahmen und Ausgaben tatsächlich ausschlaggebend für die Beurteilung der “wirtschaftlichen Tätigkeit” sein, wäre sicherlich in einer Vielzahl von Fällen eine erneute Überprüfung der Unternehmereigen-
schaft erforderlich.

Unternehmereigenschaft im kommunalen Bereich

Eine juristische Person des öffentlichen Rechts ist nur dann Unternehmer, wenn sie eine wirtschaftliche Tätigkeit im Sinne einer nachhaltigen Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen gemäß § 2 Abs. 1 UStG ausübt, die sich innerhalb ihrer Gesamtbetätigung heraushebt.
Fehlt es hieran, kann sie nicht gemäß § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG Organträger sein.
BFH Urteil vom 15.12.2016, V R 44/15