Zahlung eines Minderwertausgleichs wegen Schäden am Leasingfahrzeug nicht steuerbar

Verpflichtet sich der Leasingnehmer im Leasingvertrag, für am Leasingfahrzeug durch eine nicht vertragsgemäße Nutzung eingetretene Schäden nachträglich einen Minderwertausgleich zu zahlen, ist diese Zahlung beim Leasinggeber nicht der Umsatzsteuer zu unterwerfen.

BFH Urteil vom 31.03. 2013XI R 6/11

Begründung (BFH):

Leistet der Leasingnehmer an den Leasinggeber vereinbarungsgemäß nach der Rückgabe des Fahrzeugs einen Ausgleich für den durch nicht vertragsgemäße Nutzung entstandenen Minderwert des Fahrzeugs, unterliegt die Zahlung beim Leasinggeber nicht der Umsatzsteuer. Dies hat der Bundesfinanzhof (BFH) mit Urteil vom 20. März 2013 (XI R 6/11) entschieden.

Die Klägerin verleast Geschäftsfahrzeuge. Ihre Kunden verpflichten sich vertraglich, das Fahrzeug nach Ablauf des Vertrags in einem dem Alter und der vertragsgemäßen Fahrleistung entsprechenden Erhaltungszustand, frei von Schäden sowie verkehrs- und betriebssicher zurückzugeben, wobei normale Verschleißspuren nicht als Schäden gelten. Wenn das Fahrzeug bei Rückgabe dem vereinbarten Zustand nicht entspricht, muss der Leasingnehmer für den Minderwert einen entsprechenden Ausgleich an die Klägerin leisten. Im Streitfall wies das Fahrzeug bei Rückgabe u.a. Lackschäden, eine fehlende Funktion der Lenkhilfe sowie eine Beschädigung des Panzerrohres auf. Der Leasingnehmer leistete den vereinbarten Minderwertausgleich an die Klägerin.

Die Klägerin war der Meinung, dass dieser Betrag nicht der Umsatzsteuer zu unterwerfen sei und teilte dies dem Finanzamt (FA) mit. Das FA behandelte demgegenüber den sog. Minderwertausgleich als eine leasingtypische vertragliche Gegenleistung für die Überlassung des Leasinggegenstands durch den Leasinggeber und erhöhte die Umsatzerlöse der Klägerin entsprechend.

Der BFH bestätigte das Urteil des Finanzgerichts, wonach der leasingtypische Minderwertausgleich nicht der Umsatzsteuer zu unterwerfen ist. Es fehlt der für einen Leistungsaustausch im umsatzsteuerrechtlichen Sinne erforderliche unmittelbare Zusammenhang zwischen Leistung und Gegenleistung bezogen auf den vom Leasingnehmer gezahlten Minderwertausgleich, weil diesem objektiv keine eigenständige Leistung des Leasinggebers gegenübersteht. Der Leasingnehmer schuldet insofern kein Entgelt für eine vereinbarte Leistung, sondern er leistet Ersatz für einen Schaden, der seine Ursache in einer nicht mehr vertragsgemäßen Nutzung des Fahrzeugs hat.

Der BFH folgt damit der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, der bereits entschieden hat, dass der Minderwertausgleich ohne Umsatzsteuer zu berechnen ist (vgl. z.B. BGH-Urteil vom 18. Mai 2011 VIII ZR 260/10, HFR 2011, 1156). Der entgegengesetzten Auffassung der Finanzverwaltung ist der BFH nicht gefolgt.

 

Gilt die 1%-Regel für Leasingfahrzeuge?

Gilt die 1%-Regel für Leasingfahrzeuge?

Leitsatz

Die betriebliche Verwendung eines geleasten Kraftfahrzeugs führt auch in Wirtschaftsjahren, die bis zum 31.Dezember 2005 geendet haben, jedenfalls dann nicht zu einer nach § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG zu bewertenden Nutzungsentnahme, wenn der betriebliche Nutzungsanteil nicht mehr als 50 % beträgt und der Steuerpflichtige nicht wirtschaftlicher Eigentümer des Leasingfahrzeugs ist.

BFH Urteil vom 20.11.2012 – VIII R 31/09 BFHNV 2013 S.527

Begründung:

Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des vorinstanzlichen Urteils und zur Abweisung der Klage. Das Urteil hält einer revisionsrechtlichen Prüfung nicht stand.

Das FG ist von einer vollständigen Berücksichtigung der Kfz-Aufwendungen als Betriebsausgaben ausgegangen und hat im Gegenzug eine den Gewinn erhöhende Entnahme in Gestalt der privaten Nutzung der Kfz angenommen, die nach § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG zu bewerten sei. Der Kläger hat jedoch in den Streitjahren durch die Nutzung der geleasten Kfz für private Zwecke keinen Entnahmetatbestand verwirklicht.

Entnahmen sind alle Wirtschaftsgüter einschließlich Nutzungen und Leistungen, die der Steuerpflichtige für sich, für seinen Haushalt oder für andere betriebsfremde Zwecke im Lauf des Wirtschaftsjahres aus dem Einkünfte generierenden Betrieb herausgelöst hat (vgl. § 4 Abs. 1 Satz 2 EStG). Die auf die betriebsfremde Verwendung betrieblicher Wirtschaftsgüter entfallende Wertabgabe darf den betrieblichen Gewinn nicht mindern. Bei der Gewinnermittlung durch Betriebsvermögensvergleich hat deshalb eine Hinzurechnung der Entnahmen zum Gewinn zu erfolgen (§ 4 Abs. 1 Satz 1 EStG). Ihre Bewertung erfolgt nach den Regelungen in § 6 Abs. 1 Nr. 4 EStG. Auch bei der Überschussrechnung nach § 4 Abs. 3 EStG muss wegen des Postulats der Totalgewinngleichheit im Ergebnis eine ausgewiesene Gewinnminderung aufgehoben werden, soweit sie auf eine Entnahme entfällt.

Grundvoraussetzung der (Nutzungs-)Entnahme eines Wirtschaftsguts ist dessen Zugehörigkeit zum. Die Zugehörigkeit zum Betriebsvermögen erfordert, dass das Wirtschaftsgut dem Betriebsinhaber zuzurechnen ist, d.h. bei materiellen Wirtschaftsgütern, dass er darüber als zivilrechtlicher oder wirtschaftlicher Eigentümer verfügen kann.

Ohne die Grundvoraussetzung einer Entnahme ist § 6 Abs. 1 Nr. 4 EStG –sowohl in der Grundregelung des Satzes 1 wie auch in der Ausnahmevorschrift des Satzes 2– nicht anwendbar. Die Vorschrift regelt (nur) die Bewertung der Entnahmen; sie schafft keinen eigenen, gesonderten Entnahmetatbestand

Im Streitfall gehörten die Kfz nicht zum Betriebsvermögen des Klägers, weil er weder zivilrechtlicher noch wirtschaftlicher Eigentümer war. Im Zusammenhang mit der Prüfung des wirtschaftlichen Eigentums hat das FG festgestellt, dass die Grundmietzeit erheblich kürzer war als die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer, weder ein Recht auf Vertragsverlängerung noch ein Kaufoptionsrecht bestand und schließlich die Beteiligung des Klägers an einem etwaigen Verkaufserlös über dem zugrunde gelegten Marktpreis regelmäßig nicht zu einem nennenswerten Ertrag geführt hätte. Auf der Grundlage dieser den BFH nach § 118 Abs. 2 FGO bindenden Tatsachenfeststellungen hat das FG wirtschaftliches Eigentum des Klägers zutreffend verneint. Darüber besteht zwischen den Beteiligten auch kein Streit.

Entgegen der Auffassung des FG führt auch das jeweilige obligatorische Nutzungsrecht des Klägers aus den Leasingverträgen  nicht zur Anwendung des § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG.

Der Abschluss eines zivilrechtlichen Vertrags, der ein obligatorisches Nutzungsrecht an einem fremden Wirtschaftsgut begründet, kann dem Betrieb des Nutzungsberechtigten nur bei betrieblicher Veranlassung zugeordnet werden. Dient der Vertragsabschluss –wie im Streitfall– sowohl betrieblichen wie auch außerbetrieblichen Zwecken, ist eine aus dem Veranlassungszusammenhang folgende Zuordnung des Vertrags zum Betrieb oder aber zur außerbetrieblichen Sphäre davon abhängig, ob der Zweck der betrieblichen oder aber der außerbetrieblichen Nutzung des Nutzungsgegenstands überwiegt. Überwiegt wie hier –ungeachtet der Bezeichnung der geleasten Kfz als "Geschäftsfahrzeuge"– der private Nutzungszweck, können Rechte aus dem Vertrag jedenfalls nicht notwendiges Betriebsvermögen sein, da dies erst bei einem betrieblichen Nutzungsanteil von mehr als 50 % angenommen wird.  

Das Nutzungsrecht aus dem Leasingvertrag gehört auch nicht zum gewillkürten Betriebsvermögen. Zwar kann das Nutzungsrecht als immaterielles Wirtschaftsgut grundsätzlich möglicher Gegenstand einer Sacheinlage wie auch eines originären Erwerbs sein. Dies setzt jedoch voraus, dass es sich um ein Wirtschaftsgut handelt, das bei der Gewinnermittlung durch Betriebsvermögensvergleich nach § 4 Abs. 1 EStG nach den handelsrechtlichen Grundsätzen ordnungsmäßiger Bilanzierung in der Bilanz angesetzt werden darf; dazu muss ein fassbarer Wert des immateriellen Wirtschaftsguts feststellbar sein. Hiervon ausgehend ist ein obligatorisches Nutzungsrecht grundsätzlich nicht bilanzierbar, wenn dem ein schwebendes Geschäft zugrunde liegt.

Dies gilt insbesondere bei fortlaufend zeitraumbezogen verwirklichten Dauerschuldverhältnissen, solange das bestehende Gleichgewicht zwischen Rechten und Pflichten nicht durch Vorleistungen oder Zahlungsrückstände gestört ist. Ein fortlaufend gezahltes Leistungsentgelt kann folglich nicht als Anschaffungskosten eines immateriellen Wirtschaftsguts "Nutzungsrecht" aktiviert werden. Das nicht bewertungsfähige Nutzungsrecht als solches ist dann auch nicht als Gegenstand einer Entnahme anzusehen und zu bewerten. Das gilt gleichermaßen bei Betrieben, deren Gewinn –wie im Streitfall– nach § 4 Abs. 3 EStG ermittelt wird.

Auch im Streitfall ist nicht ersichtlich, dass das Nutzungsrecht einen über die fortlaufend ermöglichte und vom Kläger fortlaufend entgoltene Nutzung des jeweiligen Kfz hinausgehenden eigenen, fassbaren Wert gehabt hätte. Nach alledem kommt ihm für die Gewinnermittlung keine Bedeutung zu.

§ 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG regelt die Bewertung der Privatnutzung eines betrieblichen Kfz. Die Vorschrift regelt nach Wortlaut und systematischem Zusammenhang weder die private Nutzung eines Kfz, das nicht Betriebsvermögen ist, noch die Privatnutzung von Wirtschaftsgütern, die keine Kfz sind, wie etwa ein Recht zur Nutzung eines (fremden, überwiegend nicht betrieblich genutzten) Kfz.

Eine analoge Anwendung des § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG in der Fassung, die für bis 31. Dezember 2005 endende Wirtschaftsjahre galt (EStG a.F.), auf Fälle der vorliegenden Art (Nutzungsrecht an fremden Kfz mit weniger als 50 % eigenbetrieblicher Nutzung und ohne wirtschaftliches Eigentum in vor 2006 beginnenden Wirtschaftsjahren) scheidet aus.. Eine Regelungslücke, die Voraussetzung einer gesetzesanalogen Rechtsanwendung wäre, besteht nicht. Soweit Rechtsprechung und Verwaltung § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG a.F. auch auf Leasingfahrzeuge angewandt haben, die nicht im wirtschaftlichen Eigentum des Leasingnehmers standen, betraf dies ausdrücklich nur Sachverhalte mit einer mehr als 50 %igen betrieblichen Nutzung. Über die Frage, ob der vorgenannten Auffassung zur Erstreckung der 1 %-Regelung auf Leasingfahrzeuge bei einer mehr als 50 %igen betrieblichen Nutzung zu folgen ist, ist im Streitfall nicht zu entscheiden.

Leasingfahrzeuge, die kein wirtschaftliches Eigentum des Leasingnehmers sind, unterfallen nicht dem Wortlaut des § 6 Abs. 1 Nr. 4 EStG a.F. (s. unter II.1.a aa und bb dieses Urteils). Soweit nach der Verwaltungsauffassung Leasingfahrzeuge gleichwohl einzubeziehen sind, soll dies nur für Fahrzeuge mit mehr als einer 50 %igen betrieblichen Nutzung gelten. An diese norminterpretierenden Verwaltungsanweisungen sind die Gerichte nicht gebunden.

Im Übrigen kann die Verwaltungsauffassung indes als sachlichen Rechtfertigungsgrund für sich in Anspruch nehmen, dass die 1 %-Regelung jedenfalls typischerweise weniger subventionierend wirkt, je höher der betriebliche Nutzungsanteil eines Fahrzeugs ist.

Im Ergebnis bleibt es deshalb bei der Steuerfestsetzung durch das FA, wonach nur die auf die vorübergehende betriebliche Nutzung der geleasten Kfz entfallenden Selbstkostenals Betriebsausgaben zu berücksichtigen sind.