Einkünfteerzielungsabsicht bei langjährigem Leerstand von Wohnungen

Aufwendungen für eine Wohnung, die nach vorheriger (auf Dauer angelegter) Vermietung leersteht, können auch während der Zeit des Leerstands als Werbungskosten abgezogen werden, solange der Steuerpflichtige den ursprünglichen Entschluss zur Einkünfteerzielung im Zusammenhang mit dem Leerstand der Wohnung nicht endgültig aufgegeben hat.

Von einer endgültigen Aufgabe der Einkünfteerzielungsabsicht darf im Einzelfall ausgegangen werden, wenn sich der Steuerpflichtige nicht (mehr) ernsthaft und nachhaltig um eine Vermietung bemüht.

BFH Urteil vom 11.12.2012 – IX R 39/11 BFHNV 2013 S.540

Begründung:

Die Revision ist unbegründet und nach § 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zurückzuweisen. Die Entscheidung des FG, wonach der Kläger bezüglich der Einliegerwohnung in den Streitjahren nicht mit Einkünfteerzielungsabsicht gehandelt habe, ist im Ergebnis revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.

Nach § 9 Abs. 1 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) in der in den Streitjahren geltenden Fassung sind Werbungskosten Aufwendungen zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung von Einnahmen; sie sind nach § 9 Abs. 1 Satz 2 EStG bei der Einkunftsart Vermietung und Verpachtung abzuziehen, wenn sie bei ihr erwachsen, und das heißt, durch sie veranlasst sind. Fallen Aufwendungen mit der beabsichtigten Vermietung eines (leerstehenden) Wohngrundstücks an, bevor mit dem Aufwand zusammenhängende Einnahmen erzielt werden, können sie als vorab entstandene Werbungskosten berücksichtigt werden, wenn ein ausreichend bestimmter wirtschaftlicher Zusammenhang zwischen den Aufwendungen und der Einkunftsart besteht, in deren Rahmen der Abzug begehrt wird. Die Berücksichtigung von Aufwand als (vorab entstandene) Werbungskosten bei der Einkunftsart Vermietung und Verpachtung setzt voraus, dass der Steuerpflichtige sich endgültig entschlossen hat, aus dem Objekt durch Vermieten Einkünfte nach § 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG zu erzielen und diese Entscheidung später nicht aufgegeben hat.

Danach sind Aufwendungen für eine Wohnung, die nach vorheriger (auf Dauer angelegter) Vermietung leersteht, auch während der Zeit des Leerstands als Werbungskosten abziehbar, solange der Steuerpflichtige den ursprünglichen Entschluss zur Einkünfteerzielung im Zusammenhang mit dem Leerstand der Wohnung nicht endgültig aufgegeben hat. Die Einzelfallumstände, aus denen sich der endgültige Entschluss zu vermieten ergibt, sind in erster Linie ernsthafte und nachhaltige Vermietungsbemühungen des Steuerpflichtigen. Für die Ernsthaftigkeit und Nachhaltigkeit der Vermietungsbemühungen als Voraussetzungen einer (fort-)bestehenden Einkünfteerzielungsabsicht, deren Feststellung und Würdigung im Wesentlichen dem FG als Tatsacheninstanz obliegt, trägt der Steuerpflichtige die Feststellungslast. Das FG entscheidet nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung, ob im Einzelfall eine Einkünfteerzielungsabsicht vorliegt; es ist bei seiner tatrichterlichen Würdigung nicht an starre Regeln für das Gewichten einzelner Umstände gebunden. Der Senat verweist zur weiteren Begründung und zur Vermeidung von Wiederholungen auf sein Urteil vom 19. Dezember 2012 IX R 14/12.

Zwar hat das FG die genannten Grundsätze, nach denen die höchstrichterliche Rechtsprechung das Vorliegen einer Einkünfteerzielungsabsicht nach vorangegangener dauerhafter Vermietung beurteilt, nicht zutreffend angewandt; danach kann die Würdigung des FG über das (Nicht-)Vorliegen einer Einkünfteerzielungsabsicht des Klägers keinen Bestand haben. Der Senat kann die im Streitfall erforderliche Würdigung auf der Grundlage der vom FG hinreichend getroffenen Feststellungen indes selbst vornehmen; sie führt dazu, dass die vom Kläger geltend gemachten Werbungskostenüberschüsse in den Streitjahren mangels Vorliegen einer Einkünfteerzielungsabsicht nicht zu berücksichtigen sind.

Aufwendungen für eine Wohnung, die –wie die Einliegerwohnung des Klägers und seiner Ehefrau– nach vorheriger, auf Dauer angelegter Vermietung leersteht, sind auch während der Zeit des vorübergehenden Leerstands als Werbungskosten abziehbar, solange der ursprüngliche Entschluss zur Einkünfteerzielung im Zusammenhang mit dem Leerstand des Objekts nicht endgültig aufgegeben wurde. Von einer endgültigen Aufgabe der Einkünfteerzielungsabsicht darf im Einzelfall jedoch ausgegangen werden, wenn sich der Steuerpflichtige nicht (mehr) ernsthaft und nachhaltig um eine Vermietung bemüht.

Der Kläger hat im Zeitraum zwischen Mitte 2001 –dem Beginn des Leerstands– und Mitte 2007 –der ersten Bewerbung des Objekts in Zeitungsannoncen– zwar pauschal (mündliche) Werbemaßnahmen im Bekanntenkreis sowie bei Firmen und Institutionen behauptet, jedoch –im Rahmen der ihm obliegenden Feststellungslast– keinerlei Nachweise über Art, Umfang und Intensität dieser Bemühungen oder über die Identität angeblicher Interessenten bzw. Gesprächspartner erbracht. Auch ist nicht dargetan, dass eine Bewerbung des Objekts aufgrund erforderlicher Renovierungsarbeiten oder aus anderen Gründen nicht möglich gewesen wäre. Zudem haben die Eheleute mit ihrem Schreiben vom 28. März 2007 zum Ausdruck gebracht, dass ihnen –zu diesem Zeitpunkt– an einer künftigen Vermietung des Objekts schon nicht (mehr) gelegen war.

Aufgrund dieser Umstände, die den Anforderungen der Rechtsprechung an den Nachweis der Ernsthaftigkeit und Nachhaltigkeit der vom Steuerpflichtigen zu entfaltenden Vermietungsbemühungen offensichtlich nicht genügen, kommt der Senat zu der Überzeugung, dass der Kläger seine Vermietungsabsicht mit Beginn des Leerstands selbst aufgegeben hat. Dieser Schluss wird durch den Umstand bestätigt, dass sich der Kläger erst unter dem Eindruck der Nichtanerkennung geltend gemachter Werbungskostenüberschüsse durch Bewerbung des Objekts in Zeitungen an den allgemein zugänglichen Wohnungsmarkt gewandt hat. Dabei kann offenbleiben, ob diese in den Jahren 2007 und 2011 nachweislich entfalteten Bemühungen zu einer erneuten Aufnahme der Einkünfteerzielungsabsicht führen könnten, da sich dies nicht auf die Streitjahre auswirken kann.

 

Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung

Die Kläger haben die Vermietungsabsicht für die Obergeschosswohnung hinreichend dargelegt.

Niedersächsisches Finanzgericht 3. Senat, Urteil vom 23.04.2012, 3 K 445/10

Begründung:

Zu den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung gehören gem. § 21 Abs. 1 Nr. 1 EStG die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung von unbeweglichem Vermögen, insbesondere von Grundstücken und Gebäuden. Soweit der Steuerpflichtige auf das Vermietungsobjekt Aufwendungen zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung der Einnahmen leistet, kann er diese nach § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG als Werbungskosten abziehen.

Auch wenn der Steuerpflichtige im konkreten Veranlagungszeitraum keine Vermietungseinnahmen erzielt, kann er für das Vermietungsobjekt angefallene Aufwendungen dennoch als vorweggenommene Werbungskosten abziehen, wenn ein ausreichend bestimmter wirtschaftlicher Zusammenhang zwischen den Aufwendungen und der Einkunftsart besteht, in deren Rahmen der Abzug begehrt wird.

Aufwendungen für eine leerstehende Wohnung können als vorab entstandene Werbungskosten abziehbar sein, wenn der Steuerpflichtige sich endgültig entschlossen hat, daraus durch Vermieten Einkünfte nach § 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG zu erzielen und diese Entscheidung später nicht wieder aufgegeben hat. Der endgültige Entschluss zu vermieten – die Einkünfteerzielungsabsicht – ist eine innere Tatsache, die wie alle sich in der Vorstellung von Menschen abspielenden Vorgänge nur anhand äußerlicher Merkmale beurteilt werden kann. Aus objektiven Umständen muss auf das Vorliegen oder Fehlen der Absicht geschlossen werden. Daher muss sich der endgültige Entschluss des Steuerpflichtigen zur Vermietung anhand objektiver Umstände belegen lassen. Derartige Umstände, aus denen sich der endgültige Entschluss zu vermieten ergibt, sind ernsthafte und nachhaltige Vermietungsbemühungen des Steuerpflichtigen.

Nach der Rechtsprechung des BFH entfaltet jedoch eine vorangegangene, auf Dauer angelegte Vermietung allerdings eine Indizwirkung dahingehend, dass das betreffende Haus selbst während Leerstandzeiten der Erzielung von Vermietungseinkünften diente.

Nach diesen Maßstäben und zur Überzeugung des Gerichts hatten die Kläger im Streitjahr 2008 die ernsthafte Absicht, mit der Obergeschosswohnung Vermietungseinkünfte zu erzielen. Für die Vermietungsabsicht streitet schon das oben genannte Indiz der vorherigen auf Dauer angelegten Vermietung. Die Kläger haben die Obergeschosswohnung nach Erwerb von den Eheleuten M zunächst langfristig bis einschließlich 2002 vermietet. Seither ist es ihnen zwar nur noch gelungen, für kürzere Zeiträume Mieter (wie beispielsweise W) zu finden. Es gibt jedoch keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass die Kläger ihre einmal bestehende und durch die Vermietungen dokumentierte Vermietungsabsicht aufgegeben hätten, zumal sich nach den konkreten Verhältnissen des Einzelfalls sich eine andersartige Nutzung der Immobilie auch nicht anbietet. Eine Veräußerung der Obergeschosswohnung dürfte angesichts der engen baulichen Verknüpfung mit der Untergeschosswohnung und der Lage in einer dörflichen Gemeinde mit vorherrschender Einfamilienhausbebauung nahezu aussichtslos sein. Die Kinder der Kläger hatten den elterlichen Haushalt gerade verlassen, so dass diese kein Interesse an der Nutzung der Wohnung hatten; Anhaltspunkte dafür, dass schon damals feststand, dass die Eltern des Klägers in die Wohnung einziehen sollen, was aktuell für die nähere Zukunft geplant ist, bestehen nicht. Schließlich hatte die gewerbliche Tätigkeit der Klägerin, die sie ohnehin nur in den drei Jahren von 2007-2009 ausgeübt hat, einen so geringen Umfang, dass die Klägerin den einen im Obergeschoss genutzten Raum im Zweifel geräumt hätte, wenn sich ein Mieter gefunden hätte, der die vollständige Obergeschosswohnung hätte anmieten wollen.

Vor allem aber haben die Kläger ihre Vermietungsabsicht dadurch auch nach außen hin dokumentiert, dass sie die Wohnung im Obergeschoss in lokalen Anzeigenzeitungen zur Vermietung annonciert haben. Es erschließt sich dem Gericht nicht, warum, wer eine Wohnung in einer Zeitung zur Vermietung anbietet, dennoch keine Vermietungsabsicht haben soll, wie der Beklagte offensichtlich meint. Jedenfalls gibt es keinerlei Hinweise darauf, dass die Anzeigen nur zum Schein aufgegeben worden sind. Ob es sinnvoll gewesen ist, die Wohnung nur in den beiden lokalen Anzeigeblättern anzubieten oder ob nicht mit anderen Maßnahmen bessere Erfolge bei der Vermietung hätten erzielt werden können, ist für die Frage des Vorliegens einer Vermietungsabsicht nicht erheblich.