Einkünfteerzielungsabsicht bei anschließender Selbstnutzung

Aufwendungen für eine Wohnimmobilie, die nach vorheriger (auf Dauer angelegter) Vermietung leersteht, können auch während der Zeit des für die Dauer notwendiger Renovierungsarbeiten bestehenden Leerstandes als Werbungskosten abgezogen werden, solange der Steuerpflichtige den ursprünglichen Entschluss zur Einkünfteerzielung im Zusammenhang mit dem Leerstand der Wohnung nicht endgültig aufgegeben hat.

Die Art, der Umfang und die zeitliche Abfolge von Renovierungsarbeiten können im Einzelfall den Schluss zulassen, dass der Steuerpflichtige von vorneherein nach Abschluss der Arbeiten eine Selbstnutzung des Objektes geplant und mithin seine Einkünfteerzielungsabsicht schon mit Beginn der Renovierungsphase aufgegeben hat. Ein dahin gehender Schluss erfordert hinreichende Feststellungen zu der Frage, ob vom Steuerpflichtigen nachgewiesene Vermietungsbemühungen nur zum Schein unternommen wurden.

BFH Urteil vom 11.12.2012 – IX R 15/12 BFHNV 2013 S. 720

Begründung:

Die Revision ist begründet und führt nach § 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das FG.

Nach § 9 Abs. 1 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) in der in den Streitjahren geltenden Fassung sind Werbungskosten Aufwendungen zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung von Einnahmen; sie sind nach § 9 Abs. 1 Satz 2 EStG bei der Einkunftsart Vermietung und Verpachtung abzuziehen, wenn sie bei ihr erwachsen, und das heißt, durch sie veranlasst sind. Fallen Aufwendungen mit der beabsichtigten Vermietung eines (leerstehenden) Wohngrundstücks an, bevor mit dem Aufwand zusammenhängende Einnahmen erzielt werden, können sie als vorab entstandene Werbungskosten berücksichtigt werden, wenn ein ausreichend bestimmter wirtschaftlicher Zusammenhang zwischen den Aufwendungen und der Einkunftsart besteht, in deren Rahmen der Abzug begehrt wird. Die Berücksichtigung von Aufwand als (vorab entstandene) Werbungskosten bei der Einkunftsart Vermietung und Verpachtung setzt voraus, dass der Steuerpflichtige sich endgültig entschlossen hat, aus dem Objekt durch Vermieten Einkünfte nach § 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG zu erzielen und diese Entscheidung später nicht aufgegeben hat.

Danach sind Aufwendungen für eine Wohnung, die nach vorheriger (auf Dauer angelegter) Vermietung leersteht, auch während der Zeit des Leerstands als Werbungskosten abziehbar, solange der Steuerpflichtige den ursprünglichen Entschluss zur Einkünfteerzielung im Zusammenhang mit dem Leerstand der Wohnung nicht endgültig aufgegeben hat. Die Einzelfallumstände, aus denen sich der endgültige Entschluss zu vermieten ergibt, sind in erster Linie ernsthafte und nachhaltige Vermietungsbemühungen des Steuerpflichtigen. Für die Ernsthaftigkeit und Nachhaltigkeit der Vermietungsbemühungen als Voraussetzungen einer (fort-)bestehenden Einkünfteerzielungsabsicht, deren Feststellung und Würdigung im Wesentlichen dem FG als Tatsacheninstanz obliegt, trägt der Steuerpflichtige die Feststellungslast. Das FG entscheidet nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung, ob im Einzelfall eine Einkünfteerzielungsabsicht vorliegt; es ist bei seiner tatrichterlichen Würdigung nicht an starre Regeln für das Gewichten einzelner Umstände gebunden.

Nach diesen Grundsätzen sind die Aufwendungen des Klägers für sein leerstehendes, vormals dauerhaft vermietetes Wohnhaus auch während der Zeit des –insbesondere für die Dauer notwendiger Renovierungsarbeiten bestehenden– Leerstands dem Grunde nach als Werbungskosten abziehbar. Das FG ist von anderen Grundsätzen ausgegangen, indem es die vorangegangene Vermietung als unerheblich angesehen und nicht geprüft hat, ob der Kläger seine –in der Leerstandszeit indiziell zunächst weiterbestehende– Vermietungsabsicht im Streitjahr selbst endgültig aufgegeben hat. Das angefochtene Urteil kann schon aus diesem

Dabei wird das FG insbesondere zu entscheiden haben, ob im Streitfall die Art, der Umfang und die zeitliche Abfolge der vom Kläger vorgenommenen Renovierungsarbeiten den möglichen Schluss zulassen, dass der Kläger von vorneherein nach Abschluss der Arbeiten eine Selbstnutzung des Objekts geplant und mithin seine Einkünfteerzielungsabsicht schon mit Beginn der Renovierungsphase aufgeben hat. Ein solcher Schluss wäre etwa dann zulässig, wenn anhand objektiver Umstände feststeht, dass der Kläger die von ihm nachgewiesenen Vermietungsbemühungen nur zum Schein unternommen hätte. In diesem Zusammenhang ist zu berücksichtigen, dass es dem Steuerpflichtigen grundsätzlich freisteht, die im Einzelfall geeignete Art und Weise der Platzierung des von ihm angebotenen Mietobjekts am Wohnungsmarkt und ihrer Bewerbung selbst zu bestimmen.

Einkünfteerzielungsabsicht bei der Vermietung von Gewerbeobjekten

Bei Gewerbeimmobilien ist stets im Einzelfall festzustellen, ob der Steuerpflichtige beabsichtigt, auf die voraussichtliche Dauer der Nutzung einen Überschuss der Einnahmen über die Werbungskosten zu erzielen.

Aufwendungen für ein nach Anmietung leerstehendes Gewerbeobjekt können als vorab entstandene Werbungskosten abziehbar sein, wenn der Steuerpflichtige z.B. als gewerblicher Zwischenmieter, die Einkünfteerzielungsabsicht hinsichtlich dieses Objekts erkennbar aufgenommen und sie später nicht aufgegeben hat.

Ist dem Steuerpflichtigen von Anfang an bekannt oder zeigt sich später aufgrund bislang vergeblicher Vermietungsbemühungen, dass für ein seit Jahren leerstehendes Objekt, so wie es baulich gestaltet ist, kein Markt besteht und es deshalb nicht vermietbar ist, muss der Steuerpflichtige zielgerichtet darauf hinwirken, u.U. auch durch bauliche Umgestaltungen einen vermietbaren Zustand des Objekts zu erreichen.

BFH Urteil vom 19.2.2013, IX R 7/10

Begründung:

Nach § 9 Abs. 1 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) sind Werbungskosten Aufwendungen zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung der Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung. Sie sind nach § 9 Abs. 1 Satz 2 EStG bei der Einkunftsart Vermietung und Verpachtung abzuziehen, wenn sie durch sie veranlasst sind. Fallen Aufwendungen mit der beabsichtigten Vermietung eines (leerstehenden) Gewerbegrundstücks an, bevor mit dem Aufwand zusammenhängende Einnahmen i.S. des § 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG erzielt werden, können sie zwar grundsätzlich als vorab entstandene Werbungskosten berücksichtigt werden, wenn ein ausreichend bestimmter wirtschaftlicher Zusammenhang zwischen den Aufwendungen und der Einkunftsart besteht, in deren Rahmen der Abzug begehrt wird. Allerdings ist bei Gewerbeimmobilien stets im Einzelfall festzustellen, ob der Steuerpflichtige beabsichtigt (hat), auf die voraussichtliche Dauer der Nutzung einen Überschuss der Einnahmen über die Werbungskosten zu erzielen.

Ist dem Steuerpflichtigen von Anfang an bekannt oder zeigt sich später aufgrund bislang vergeblicher Vermietungsbemühungen, dass für das Objekt, so wie es baulich gestaltet ist, kein Markt besteht und die Immobilie deshalb nicht vermietbar ist, muss der zielgerichtet darauf hinwirken, unter Umständen auch durch bauliche Umgestaltungen einen vermietbaren Zustand des Objekts zu erreichen. Bleibt er untätig und nimmt den Leerstand auch künftig hin, spricht dieses Verhalten gegen den endgültigen Entschluss zu vermieten oder für deren Aufgabe.-

Das FG ist im Rahmen seiner Gesamtwürdigung zu Recht zu dem Schluss gekommen, dass die Klägerin in den Streitjahren nicht beabsichtigt hat, auf die voraussichtliche Dauer der Nutzung des Grundstücks einen Überschuss der Einnahmen über die Werbungskosten zu erzielen und mithin die für die Berücksichtigung von Werbungskostenüberschüssen bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung erforderliche, im Streitfall originär festzustellende Einkünfteerzielungsabsicht nicht vorliegt.

Zwar können Aufwendungen für ein nach Anmietung leerstehendes Gewerbeobjekt als vorab entstandene Werbungskosten abziehbar sein, wenn der Steuerpflichtige (als gewerbliche Zwischenmieterin) die Einkünfteerzielungsabsicht hinsichtlich dieses Objekts erkennbar aufgenommen und sie später nicht aufgegeben hat. Die Einzelfallumstände, aus denen sich der endgültige Entschluss zu vermieten ergibt, sind in erster Linie ernsthafte und nachhaltige Vermietungsbemühungen des Steuerpflichtigen.

Im Streitfall fehlt es indes schon am Nachweis dahin gehender (ausschließlicher) Vermietungsbemühungen der Klägerin. Denn das Anbringen einer Tafel mit dem Hinweis auf die Vermietungsabsicht, die Schaltung von Vermietungsanzeigen und die Kontaktaufnahme mit etwaigen Interessenten reichen für die Aufnahme der Einkünfteerzielungsabsicht jedenfalls dann nicht aus, wenn das Objekt nach bisherigem Leerstand gleichzeitig über eine Immobilienverwaltungs- und Vermittlungs-GmbH in regionalen Tages- und Wochenzeitungen   auch   zum   Verkauf   angeboten wird.