Kein ermäßigter Steuersatz für die Lieferung von Holzhackschnitzeln

Aus Rohholz gewonnene Holzhackschnitzel sind zolltariflich –je nach Holzart– entweder in die Unterpos. 4401 21 KN (Nadelholz in Form von Schnitzeln) oder in die Unterpos. 4401 22 KN (anderes Holz in Form von Schnitzeln) und somit nicht als Brennholz in “ähnlicher Form” (ähnlich wie in Form von Rundlingen, Scheiten, Zweigen oder Reisigbündeln) in die Unterpos. 4401 10 KN einzureihen, selbst wenn die Holzhackschnitzel als Brennstoff verwendet werden. Ihre Lieferung unterliegt deshalb nicht dem ermäßigten Steuersatz gemäß Nr. 48 Buchst. a der Anlage 2 zu § 12 Abs. 2 Nr. 1 UStG.
Der ermäßigte Steuersatz für die Lieferung von Spänen, Holzabfällen und Holzausschuss gemäß Nr. 48 Buchst. b der Anlage 2 zu § 12 Abs. 2 Nr. 1 UStG findet keine Grundlage in der MwStSystRL.
Da auf die Lieferung von Holzhackschnitzeln –gleich aus welchem Holz gewonnen– der ermäßigte Steuersatz unionsrechtlich nicht anzuwenden ist, kann seine Anwendung auf aus Rohholz gewonnene Holzhackschnitzel auch nicht auf den Grundsatz der steuerlichen Neutralität der Umsatzsteuer gestützt werden.

BFH Urteil vom 26.6.2018, VII R 47/17

Begründung:
Die Lieferung der streitgegenständlichen Holzhackschnitzel unterliegt nicht dem ermäßigten Steuersatz gemäß Nr. 48 der Anlage 2 zu § 12 Abs. 2 Nr. 1 UStG.
12 Abs. 2 Nr. 1 UStG schreibt i.V.m. Nr. 48 Buchst. a der vorgenannten Anlage für die Lieferung von “Brennholz in Form von Rundlingen, Scheiten, Zweigen, Reisigbündeln oder ähnlichen Formen” der Unterpos. 4401 10 00 KN den ermäßigten Steuersatz vor. Nach dem klaren und eindeutigen Wortlaut dieser Vorschrift werden Holzhackschnitzel hiervon nicht erfasst. Da “Holz in Form von Schnitzeln” in die Unterpos. 4401 21 oder 4401 22 KN einzureihen ist, verbietet sich die Annahme, Holzhackschnitzel könnten als Brennholz “in ähnlicher Form” wie Rundlinge, Scheite etc. der Unterpos. 4401 10 00 KN angesehen werden. Einer Auslegung dieser Tarifvorschrift unter Heranziehung der Erläuterungen zur KN, die –anders als das FG meint– nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) sowie des erkennenden Senats nicht verbindlich, sondern lediglich wichtige Hilfsmittel für die Auslegung der KN sind, bedarf es daher nicht. Ebenso wenig kommt es in Betracht –wie das FG München meint (Urteil vom 19. Dezember 2017 2 K 668/16, EFG 2018, 509)–, die Unterpos. 4401 10 00 KN mit Blick auf das Tatbestandsmerkmal “ähnliche Formen” im (vermeintlichen) Sinn der MwStSystRL auszulegen, denn die Frage der Einreihung von Gegenständen in Positionen oder Unterpositionen ist –wie ausgeführt– ausschließlich nach zolltariflichen Vorschriften und Begriffen zu beantworten.

Die von der Klägerin gelieferten Holzhackschnitzel gehören auch nicht zu den in Nr. 48 Buchst. b der Anlage 2 zu § 12 Abs. 2 Nr. 1 UStG beschriebenen Gegenständen. Zu diesen gehören “Sägespäne, Holzabfälle und Holzausschuss, auch zu Pellets, Briketts, Scheiten oder ähnlichen Formen zusammengepresst” der Unterpos. 4401 30 KN, die in der im Streitjahr geltenden Fassung der KN hinsichtlich der Warenbeschreibung –allerdings unter Verlust ihrer bisherigen Positionsnummer– inhaltlich unverändert geblieben ist, wie das FG zutreffend erkannt hat, so dass sie für die Anwendung des ermäßigten Steuersatzes weiterhin herangezogen werden kann. Die Holzhackschnitzel des Streitfalls wurden nach den Feststellungen des FG jedoch nicht aus Sägespänen, Holzabfällen oder Holzausschuss hergestellt, sondern aus bei Waldarbeiten angefallenem Schnitt- und Kronenholz, bei dem es sich nicht um Abfälle oder Ausschuss, sondern um Rohholz der Pos. 4403 KN handelt (vgl. Erläuterungen zum Harmonisierten System –ErlHS– zu Pos. 4403 Rz 01.0).

Es bedarf deshalb keiner Entscheidung, ob aus Holzabfällen oder Holzausschuss gewonnene Holzhackschnitzel zolltariflich überhaupt in die Unterpos. 4401 30 KN (jetzt 4401 31 KN) einzureihen sind oder ob nicht auch insoweit den Unterpos. 4401 21 oder 4401 22 KN (jedenfalls gemäß Nr. 3 Buchst. a Satz 1 i.V.m. Nr. 6 der Allgemeinen Vorschriften für die Auslegung der Kombinierten Nomenklatur –AV–) der Vorrang zukommt.