Rückstellung in der Steuerbilanz

Eine Rückstellung ist in der Steuerbilanz auch dann zu bilden, wenn sie in der Handelsbilanz zu Unrecht nicht gebildet worden ist.

Ein unrichtiger Bilanzansatz ist grundsätzlich in derjenigen Schlussbilanz zu korrigieren, in der er erstmals aufgetreten ist. Eine Nachholung der Korrektur nach dem Grundsatz des “formellen Bilanzenzusammenhangs” kommt nur in Betracht, wenn und soweit die Schlussbilanzen für vorangegangene Jahre Grundlagen für Steuerbescheide sind, die aus verfahrensrechtlichen Gründen nicht mehr geändert werden dürfen.

BFH Beschluss vom 13. Juni 2006 I R 58/05

Gemäß § 8 Abs. 1 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG) richtet sich die Einkommensermittlung bei einer Kapitalgesellschaft im Grundsatz nach den Vorschriften des Einkommensteuergesetzes (EStG). Deshalb ist in diesem Zusammenhang namentlich § 4 Abs. 1 EStG anwendbar. Dort wird der Gewinn als der Unterschiedsbetrag zwischen dem Betriebsvermögen am Schluss des Wirtschaftsjahres und dem Betriebsvermögen am Schluss des vorangegangenen Wirtschaftsjahres definiert. Daraus folgt, dass eine Verringerung des Betriebsvermögens sich in der steuerlichen Gewinnermittlung für ein bestimmtes Wirtschaftsjahr grundsätzlich nicht gewinnmindernd auswirkt, wenn sie schon im vorangegangenen Wirtschaftsjahr eingetreten ist.

Im Streitfall geht es um den bilanziellen Ausweis einer Verbindlichkeit, die auf einer im Vorjahr vereinbarten Erhöhung der dem X erteilten Pensionszusage beruht. Deshalb ist im Revisionsverfahren davon auszugehen, dass die Klägerin schon zum 31. Dezember 96 mit einer entsprechend erhöhten Pensionsverpflichtung belastet war. Diese erhöhte Verpflichtung musste gemäß § 249 Abs. 1 des Handelsgesetzbuchs (HGB) in der Handelsbilanz der Klägerin auf den 31. Dezember 96 berücksichtigt werden. Eine Passivierung der erhöhten Verpflichtung entsprach vielmehr den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung und war deshalb auch steuerrechtlich geboten (§ 5 Abs. 1 Satz 1 EStG). Daraus folgt, dass die streitigen Zuführungsbeträge das auf den 31. Dezember 1996 auszuweisende Betriebsvermögen der Klägerin i.S. des § 4 Abs. 1 EStG gemindert haben und deshalb im Rahmen der Steuerfestsetzung für 1997 nicht gewinnmindernd berücksichtigt werden können.

Dieser Beurteilung steht nicht entgegen, dass die Erhöhung der Pensionsverpflichtungen in der Handelsbilanz der Klägerin auf den 31. Dezember 96 tatsächlich nicht berücksichtigt worden ist. Denn § 5 Abs. 1 Satz 1 EStG verweist nicht auf den Inhalt der im konkreten Fall erstellten Handelsbilanz, sondern nur auf die handelsrechtlichen GoB. Ein Ansatz in der Handelsbilanz ist deshalb nur dann für die Besteuerung maßgeblich, wenn er diesen Grundsätzen entspricht.

Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) ist allerdings, wenn ein fehlerhafter Bilanzansatz in einem bestandskräftig gewordenen Steuerbescheid berücksichtigt worden ist und jener Bescheid aus verfahrensrechtlichen Gründen nicht geändert werden kann, bei der Steuerfestsetzung für ein nachfolgendes Jahr als “Betriebsvermögen zum Schluss des vorangegangenen Wirtschaftsjahres” i.S. des § 4 Abs. 1 EStG das der früheren Veranlagung zu Grunde gelegte Betriebsvermögen zu berücksichtigen. Dieser Grundsatz des “formellen Bilanzenzusammenhangs” kann der Revision im Hinblick auf das Streitjahr 97 jedoch ebenfalls nicht zum Erfolg verhelfen. Denn er greift im Streitfall deshalb nicht ein, weil die Steuerbescheide für die Vorjahre nicht bestandskräftig geworden sind.