Keine Geschäftsveräußerung im Ganzen beim Verkauf einzelner Unternehmensteile durch mehrere Veräußerer an verschiedene Erwerber

Beim Verkauf verpachteter Altenheime von einer Unternehmensgruppe an eine andere Unternehmensgruppe liegt keine Geschäftsveräußerung im Ganzen vor, wenn die Fortführung der Verpachtungstätigkeit die Übertragung von Grundbesitz, Inventar und Gesellschaftsanteilen erfordert und diese Übertragungen von verschiedenen (selbständigen) Veräußerern an verschiedene (selbständige) Erwerber erfolgen.

BFH Urteil vom 4.2.2015, XI R 14/14

Begründung:

Das FG hat zu Unrecht entschieden, dass im Streitfall hinsichtlich der Veräußerung des Inventars unter Einbeziehung der Übertragungen des Grundbesitzes und der Gesellschaftsanteile die Voraussetzungen einer nicht steuerbaren Geschäftsveräußerung im Ganzen nach § 1 Abs. 1a UStG vorliegen.

Wer Leistender ist, kann regelmäßig den zivilrechtlichen Rechtsbeziehungen entnommen werden. Leistender ist grundsätzlich derjenige, der im eigenen Namen Lieferungen oder sonstige Leistungen gegenüber einem anderen selbst oder durch einen Beauftragten ausführt. Ob eine Leistung dem Handelnden oder einem anderen zuzurechnen ist, hängt grundsätzlich davon ab, ob der Handelnde im Außenverhältnis gegenüber Dritten im eigenen Namen oder im Namen des anderen aufgetreten ist.

Entgegen der Auffassung des FG ist die Steuerbarkeit der Lieferung des Inventars nicht wegen des Vorliegens einer Geschäftsveräußerung im Ganzen nach § 1 Abs. 1a UStG ausgeschlossen. Nach § 1 Abs. 1a UStG unterliegen die Umsätze im Rahmen einer Geschäftsveräußerung an einen anderen Unternehmer für dessen Unternehmen nicht der Umsatzsteuer. Eine Geschäftsveräußerung liegt vor, wenn ein Unternehmen oder ein in der Gliederung eines Unternehmens gesondert geführter Betrieb im Ganzen entgeltlich oder unentgeltlich übereignet oder in eine Gesellschaft eingebracht wird (§ 1 Abs. 1a Satz 2 UStG). Der erwerbende Unternehmer tritt an die Stelle des Veräußerers (§ 1 Abs. 1a Satz 3 UStG).

Der Erwerber muss dabei beabsichtigen, den übertragenen Geschäftsbetrieb oder Unternehmensteil zu betreiben. Nicht begünstigt ist die sofortige Abwicklung der übernommenen Geschäftstätigkeit. Der Begriff des Teilvermögens bezieht sich nicht auf einen oder mehrere lose Bestandteile eines Unternehmens, sondern auf eine Kombination von ihnen, die zur Ausübung einer wirtschaftlichen Tätigkeit ausreicht, auch wenn diese Tätigkeit nur Teil eines größeren Unternehmens ist, von dem sie abgespalten wurde.

Im Rahmen einer Gesamtwürdigung ist es für die Annahme einer Geschäftsveräußerung entscheidend, ob das übertragene Unternehmensvermögen als hinreichendes Ganzes die Ausübung einer wirtschaftlichen Tätigkeit ermöglicht  und ob die vor und nach der Übertragung ausgeübten Tätigkeiten übereinstimmen oder sich hinreichend ähneln . Es kommt insoweit nicht darauf an, ob beim Veräußerer eine eigenständige betriebliche Organisation vorlag, sondern vielmehr darauf, ob ein Teilvermögen übertragen wird, das vom Erwerber als selbständiges Unternehmen fortgeführt werden kann ; die organisatorischen Verhältnisse beim Veräußerer sind damit unmaßgeblich.

Ausgehend von diesen Grundsätzen hat das FG unzutreffend angenommen, die Voraussetzungen einer Geschäftsveräußerung im Ganzen lägen vor. Es hat zu Unrecht bei dem streitbefangenen Verkauf des Inventars auch die Veräußerungen des Grundbesitzes und der Gesellschaftsanteile berücksichtigt und dabei als unmaßgeblich angesehen, dass mehrere Veräußerer und mehrere Erwerber mehrere Veräußerungen vorgenommen haben.