Inhaltliche Bestimmtheit von Gewerbesteuermessbescheiden bei mehreren Betrieben eines Steuerschuldners

Bei der Abgrenzung, ob gewerbesteuerlich ein oder mehrere Betriebe vorliegen kommt es auch auf die Gleichartigkeit an.

BFH Urteil vom 20.3.2013, X R 38/11

Begründung:

Hinsichtlich der rechtlichen Maßstäbe für die Beurteilung der Frage, ob ein Steuerschuldner mehrere Steuergegenstände unterhält, erfordert died die  Zusammenfassung mehrerer Betätigungen zu einem einzigen Gewerbebetrieb im Sinne des GewStG einen wirtschaftlichen, organisatorischen und finanziellen Zusammenhang zwischen den Betätigungen. Die Gewichtung der genannten Merkmale ist von den Umständen des Einzelfalls abhängig. Eine besondere Bedeutung kommt aber der Gleichartigkeit der Betätigungen,  bzw. bei ungleichartigen Betätigungen der Möglichkeit einer Ergänzung der verschiedenen Tätigkeiten zu. Damit gewinnt das Merkmal des "wirtschaftlichen Zusammenhangs" besonderes Gewicht für die Gesamtbeurteilung.

Ein wirtschaftlicher Zusammenhang zwischen den Betätigungen –dieses Merkmal ist in Gestalt der Gleichartigkeit bzw. zumindest eines ergänzenden Charakters der einen für die andere Betätigung von besonderem Gewicht– ist, wie das FG selbst zu Recht ausgeführt hat, nicht vorhanden. Die Betätigungen waren nicht gleichartig. Hinsichtlich der Heilpflanzen übte der Kläger eine klassische Großhandels-Importtätigkeit aus. Er erwarb größere Partien der Ware im Ausland und veräußerte sie in unverändertem Zustand an seinen inländischen Abnehmer weiter. Demgegenüber stellte die Fleischerei einen typischen handwerksmäßigen Produktionsbetrieb dar. Dort erzeugte der Kläger Bratwürste unter Einsatz entsprechender Rohstoffe und Zutaten. Er veräußerte diese zum einen an Lebensmittelhändler, zum anderen –über eigene Imbissstände– direkt an Endkunden.

Auch die Kunden- und Lieferantenkreise wiesen keinerlei Überschneidungen auf. Bei den Lieferanten der Heilpflanzen handelte es sich um afrikanische Farmbetriebe; die Rohstoffe und Zutaten für seinen Fleischereibetrieb bezog der Kläger hingegen von anderen Unternehmen. Kunde des Heilpflanzen-Großhandels war ein inländisches Pharmaunternehmen, während die Fleischereierzeugnisse an Endkunden sowie Lebensmittelhändler verkauft wurden. Es ist weder vom FG festgestellt noch sonst erkennbar, dass eine der beiden Tätigkeiten geeignet gewesen wäre, die andere zu fördern.

Soweit jedoch die vom FG verwendete Formulierung, der Großhandel habe zur Fleischerei in einem Verhältnis der Unterordnung gestanden, auf eine solche Förderung –und damit auf einen wirtschaftlichen Zusammenhang– abheben sollte, könnte der Senat dem nicht folgen. Angesichts des Umsatz- und Gewinnverhältnisses zwischen den beiden Tätigkeiten –der Umsatz des Großhandels überstieg den der Fleischerei um mehr als das Doppelte; auch der Gewinn des Klägers stammte allein aus dem Großhandel– liegt die Annahme fern, die deutlich umsatz- und gewinnträchtigere Tätigkeit könnte der anderen untergeordnet sein. Zu einem anderen Ergebnis führt auch nicht der Ansatz des Klägers, für die Beurteilung der Über- und Unterordnung auf die Erkennbarkeit nach außen abzustellen. Denn bei objektiver Betrachtung haben der Lieferant und der Abnehmer des Heilpflanzen-Großhandels des Klägers angesichts der dort getätigten –und diesen Personen erkennbaren– Umsätze nicht den Eindruck gewinnen können, diese Tätigkeit sei dem Fleischereibetrieb untergeordnet.

Indes hat die Prüfung des für eine Zusammenfassung mehrerer Betätigungen erforderlichen Zusammenhangs sich vorrangig an objektiven Merkmalen zu orientieren. Dem Willen des Unternehmers und seiner Rechtsauffassung –die sich an der Gestaltung seiner Buchhaltung und seines Jahresabschlusses dokumentieren kann– kommt hingegen nur nachrangige Bedeutung zu. Vor allem darf der subjektive Wille –wenn er für die Gesamtwürdigung berücksichtigt werden soll– nicht in Widerspruch zu den objektiven äußeren Merkmalen stehen.