Zur Frage der Anwendung der sog. Mindestbemessungsgrundlage bei steuerpflichtiger Verpachtung

Die sog. Mindestbemessungsgrundlage ist bei Leistungen an einen zum vollen Vorsteuerabzug berechtigten Unternehmer jedenfalls dann nicht anwendbar, wenn der vom Leistungsempfänger in Anspruch genommene Vorsteuerabzug keiner Vorsteuerberichtigung i.S. des § 15a UStG unterliegt.

Weist der leistende Unternehmer in einer berichtigten Rechnung über eine steuerpflichtige Leistung (Nachberechnung) einen höheren Steuerbetrag aus, als er nach dem Gesetz schuldet, entsteht die nach § 14c Abs. 1 UStG geschuldete Mehrsteuer nicht vor Ablauf des Voranmeldungszeitraums, in dem die berichtigte Rechnung erteilt worden ist (entgegen Abschn. 13.7. Satz 2 UStAE).

BFH  Urteil vom 5.6.2014, XI R 44/12

Begründung:

Nach § 10 Abs. 5 Nr. 1 UStG unterliegen entgeltliche Leistungen, die Körperschaften, Personenvereinigungen sowie Gemeinschaften im Rahmen ihres Unternehmens an ihre Anteilseigner, Gesellschafter, Mitglieder, Teilhaber oder diesen nahestehende Personen ausführen, der sog. Mindestbemessungsgrundlage. Gegenüber nahestehenden Personen –wie dem S– erfolgt die Besteuerung dann nicht auf der Grundlage des vereinbarten Entgelts, sondern nach den Bemessungsgrundlagen des § 10 Abs. 4 UStG.

§ 10 Abs. 5 UStG stellt eine abweichende Sondermaßnahme i.S. des Art. 27 Abs. 1 der Richtlinie 77/388/EWG –nunmehr Art. 395 Abs. 1 der MwStSystRL– dar. Die Vorschrift ist als abweichende nationale Maßnahme zur Verhütung von Steuerhinterziehungen und -umgehungen eng auszulegen und darf nur angewandt werden, soweit dies hierfür unbedingt erforderlich ist. Gemessen daran kommt die Mindestbemessungsgrundlage- in den Streitjahren nicht zur Anwendung; wenn der Empfänger zum vollen Vorsteuerabzug berechtigt ist.

 

 

Mindestbemessungsgrundlage bei verbilligten Abgaben von Tageszeitungen an Mitarbeiter eines Verlagshauses

Die verbilligte Abgabe von Abonnements einer Tageszeitung an die Mitarbeiter der herausgebenden Verlagsgesellschaft führt zur Anwendung der umsatzsteuerlichen Mindestbemessungsgrundlage.

Als Selbstkosten sind bei Tageszeitungen neben den Herstellungskosten auch die Gemeinkosten zu berücksichtigen.

Niedersächsiches Finanzgericht, Urteil vom 19. Februar 2009 5 K 291/04 Revision eingelegt EFG 2009 S. 883 ff.

Überlassung von Arbeitskleidung unterliegt nicht der Mindestbemessungsgrundlage

Die verbilligte Überlassung von Arbeitskleidung unterliegt nicht der Mindestbemessungsgrundlage nach § 10 Abs. 5 Nr. 2 UStG 1999, wenn sie durch betriebliche Erfordernisse bedingt ist (Anschluss an BFH-Urteil vom 27. Februar 2008 XI R 50/07, BFH/NV 2008, 1086).

BUNDESFINANZHOF Urteil vom 29.5.2008, V R 12/07

Begründung:
Der Bundesfinanzhof (BFH) hat in den Urteilen vom 29. Mai 2008 V R 12/07 und vom 27. Februar 2008 XI R 50/07 zur Umsatzsteuer bei verbilligter Überlassung von Arbeitskleidung entschieden.

Der Ansatz einer Mindestbemessungsgrundlage ist u.a. nach § 10 Abs. 5 Nr. 2 Umsatzsteuergesetz geboten bei Leistungen, die ein Unternehmer an sein Personal aufgrund des Dienstverhältnisses ausführt, wenn das vom Arbeitnehmer tatsächlich entrichtete Entgelt hinter den Ausgaben des Arbeitgebers zurückbleibt.
Der BFH entschied: Die verbilligte Überlassung von Arbeitskleidung unterliegt nicht der Mindestbemessungsgrundlage, wenn sie – wie in den Streitfällen – durch betriebliche Erfordernisse bedingt ist.
Ein Metzger und ein Metallbauunternehmer hatten ihren Arbeitnehmern die im Betrieb zu tragende einheitliche, mit Schriftzug versehene Arbeitskleidung zur Verfügung gestellt. Die private Nutzung war ausgeschlossen. Um die Arbeitnehmer zum sorgsamen Umgang mit der Arbeitskleidung anzuhalten und wegen ersparter Bekleidungsaufwendungen, wurden sie mit einem Monatsbetrag an den Gesamtkosten (Leasing und Reinigung der Arbeitskleidung) beteiligt. Die tatsächlichen Kosten des Arbeitgebers waren wesentlich höher. Das Finanzamt hatte deshalb – zu Unrecht – die Mindestbemessungsgrundlage angesetzt.