Lohnzufluss durch Nachentrichtung von Sozialversicherungsbeiträgen

Bei Nachentrichtung hinterzogener Arbeitnehmeranteile zur Gesamtsozialversicherung führt die Nachzahlung als solche zum Zufluss eines zusätzlichen geldwerten Vorteils (Fortentwicklung der Rechtsprechung).

Bei Vereinbarung sog. Schwarzlöhne kommt der Schutzfunktion der Verschiebung der Beitragslast gemäß § 28g SGB IV grundsätzlich kein Vorrang gegenüber dem objektiv bestehenden Zusammenhang der Nachentrichtung der Arbeitnehmeranteile mit dem Arbeitsverhältnis zu.

Dem Lohnzufluss steht nicht entgegen, dass der Arbeitgeber beim Arbeitnehmer gemäß § 28g SGB IV keinen Rückgriff mehr nehmen kann.

BFH Urteil vom 13. September 2007 VI R 54/03

Durch die Nachentrichtung der Arbeitnehmeranteile zur Sozialversicherung haben die Arbeitnehmer der Klägerin einen geldwerten Vorteil erlangt.

Nach der ständigen Rechtsprechung des BFH sind auch die Arbeitnehmeranteile zur Arbeitslosen-, Kranken- und Rentenversicherung (Gesamtsozialversicherung) als Gegenleistung für die Erbringung der Arbeitsleistung und damit als Arbeitslohn anzusehen.

Zwar hat der Arbeitgeber als alleiniger Schuldner den Gesamtsozialversicherungsbeitrag an die Einzugsstelle zu zahlen und durch Lohnabzug beim Arbeitnehmer einzubehalten; wirtschaftlich hat aber der Arbeitnehmer die Beiträge zur Gesamtsozialversicherung zur Hälfte (Arbeitnehmeranteil) aus dem ihm zustehenden Bruttoentgelt zu tragen. Der einbehaltene Arbeitnehmeranteil zur Sozialversicherung ist danach ein dem Arbeitnehmer verschaffter Vermögensvorteil; daher sind die Arbeitnehmerbeiträge –bei eigenem Rechtsanspruch des Arbeitnehmers gegen die Versorgungseinrichtung– als Arbeitslohn mit ihrer Abführung durch den Arbeitgeber gegenwärtig zugeflossen.

Nachentrichtung wird der Arbeitnehmer hinsichtlich seines Sozialversicherungsschutzes nachträglich so gestellt, als wenn der hälftige Gesamtsozialversicherungsbeitrag bereits durch Abzug von dem ihm zustehenden Bruttoentgelt vom Arbeitgeber einbehalten und abgeführt worden wäre. Indem der Arbeitgeber im Fall der Nachentrichtung zusätzlich zu dem nicht dem Beitragsabzug nach § 28g SGB IV unterworfenen Arbeitsentgelt auch den Arbeitnehmeranteil zur Sozialversicherung finanziert, wendet er dem Arbeitnehmer über den Bruttolohn hinaus einen zusätzlichen geldwerten Vorteil zu.

Auf den Zeitpunkt der Beitragslastverschiebung (§ 28g Satz 3 SGB IV) kommt es nicht an, selbst wenn man davon ausgeht, dass zu diesem Zeitpunkt ein gesetzlicher Anspruch des Arbeitnehmers auf Nachentrichtung des Arbeitnehmeranteils ohne Regressmöglichkeit des Arbeitgebers entsteht. Nach dem die Überschusseinkünfte beherrschenden Realisierungsprinzip fließen Einnahmen nicht bereits beim Entstehen eines dem Arbeitnehmer vom Arbeitgeber eingeräumten Anspruchs, sondern erst bei dessen Erfüllung z. Das gilt auch für Ansprüche gegen den Arbeitgeber, die mit Leistungen an Dritte verbunden sind, die dem Arbeitnehmer zugute kommen. Soweit es im Sozialrecht und steuerrechtlich beim Betriebsvermögensvergleich auf das Entstehen von Ansprüchen und nicht auf deren Erfüllung ankommt, wird hierdurch das Zuflussprinzip nicht berührt.

Diese Betrachtungsweise deckt sich auch mit der Nachholung eines unterbliebenen Lohnsteuerabzugs. Ergeht ein Haftungsbescheid für Lohnsteuer, die der Arbeitgeber hätte einbehalten und abführen müssen (§ 42d Abs. 1 Nr. 1 EStG), wendet der Arbeitgeber erst Lohn zu, wenn er die Haftungsschuld ohne Regress entrichtet Entsprechend ist auch bei Vorliegen einer gesetzlichen Beitragslastverschiebung der Zeitpunkt der tatsächlichen Nachentrichtung entscheidend.