Nachträgliche Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen

Schuldzinsen für die Anschaffung einer im Privatvermögen gehaltenen wesentlichen Beteiligung, die auf Zeiträume nach der Veräußerung der Beteiligung entfallen, können ab dem Veranlagungszeitraum 2009 gemäß § 20 Abs. 9 Satz 1 EStG nicht als nachträgliche Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen abgezogen werden. § 52a Abs. 10 Satz 10 EStG 2009 steht dem nicht entgegen.
Eine Option zur Regelbesteuerung gemäß § 32d Abs. 2 Nr. 3 EStG ist nicht eröffnet, wenn keine Kapitalerträge aus der Beteiligung mehr fließen und ein Auflösungsverlust i.S. des § 17 Abs. 2 und 4 EStG auf Antrag des Steuerpflichtigen nicht erst im Zeitpunkt des Abschlusses der Liquidation festgestellt wird, sondern bereits zu einem zeitlich davor liegenden Zeitpunkt.
BFH Urteil vom 21.10.2014, VIII R 48/12

Begründung:

Die Auffassung des FG, § 20 Abs. 9 EStG, welcher den Abzug der tatsächlichen Werbungskosten ausschließe, komme nicht zur Anwendung, da der Kläger wirksam gemäß § 32d Abs. 2 Nr. 3 Buchst. a EStG zur Regelbesteuerung optiert habe, hält der revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand.

Zwar hat der Bundesfinanzhof (BFH) seine bisherige Rechtsprechung zum Abzug von Schuldzinsen im Zusammenhang mit der Anschaffung einer im Privatvermögen gehaltenen Kapitalanlage –darunter fallen auch Beteiligungen i.S. des § 17 Abs. 1 EStG– geändert. Schuldzinsen für die Anschaffung einer im Privatvermögen gehaltenen wesentlichen Beteiligung, die auf Zeiträume nach der Veräußerung der Beteiligung oder Auflösung der Gesellschaft entfallen, können danach wie nachträgliche Betriebsausgaben als Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen i.S. des § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG geltend gemacht werden. Das gilt entsprechend für Finanzierungskosten im Zusammenhang mit der Inanspruchnahme eines Gesellschafters aus einer eigenkapitalersetzenden Gesellschafterbürgschaft.

So lag die Situation im Streitfall. Der Kläger war seit 2002 mit 37,5 % an der GmbH beteiligt. Damit hat er die für § 17 EStG erforderliche Wesentlichkeitsgrenze erfüllt. Die nach Auflösung der GmbH im Februar 2007 in späteren Jahren anfallenden Schuldzinsen stehen nach wie vor in wirtschaftlichem Zusammenhang mit der Beteiligung.

Trotz dieser Änderung der Rechtsprechung kann der Kläger die ihm in den Streitjahren 2009 und 2010 tatsächlich erwachsenen Schuldzinsen nicht mehr als Werbungskosten im Rahmen des § 20 EStG geltend machen. Denn mit der Einführung einer Abgeltungsteuer für private Kapitalerträge durch das Unternehmensteuerreformgesetz 2008 vom 14. August 2007 (BGBl I 2007, 1912, BStBl I 2007, 630) hat der Gesetzgeber ein umfassendes Abzugsverbot für Werbungskosten angeordnet: Nach § 20 Abs. 9 Satz 1 EStG können Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen ab dem Veranlagungszeitraum 2009 grundsätzlich nicht mehr abgezogen werden.