Entstehen eines Auflösungsverlusts bei nachträglichen Anschaffungskosten

Das Entstehen eines Auflösungsverlusts setzt u.a. voraus, dass die Höhe der nachträglichen Anschaffungskosten feststeht, so auch die Höhe der Inanspruchnahme eines Gesellschafters aus einer Höchstbetragsbürgschaft zugunsten der insolventen Gesellschaft.

BFH Urteil vom 02.12.2014 – IX R 9/14 BFH/NV 2015, 666

Sachverhalt:

Die Kläger und Revisionskläger (Kläger), zusammenveranlagte Eheleute, erzielten im Streitjahr Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit und aus Vermietung und Verpachtung. Der Kläger war Geschäftsführer einer GmbH und an dieser seit Dezember 2000 zu 50 % beteiligt. Im April 2010 wurde das Insolvenzverfahren über das Vermögen der GmbH eröffnet; im Mai 2010 wurden alle Aktiva (der gesamte Betrieb) veräußert. Das Insolvenzverfahren war im Zeitpunkt der finanzgerichtlichen Entscheidung noch nicht abgeschlossen.

Der Kläger hatte im Juli 2009 eine Höchstbetragsbürgschaft in Höhe von 450.000 EUR für Verbindlichkeiten der GmbH gegenüber einer Bank übernommen. Im August 2010 teilte die Bank dem Kläger mit, dass sie nach Verwertung des Sicherungsgutes noch eine Forderung in Höhe von 1.366.693,57 EUR gegen die GmbH habe, und nahm den Kläger aus der Bürgschaft auf Zahlung in Anspruch.

Entscheidungen:

Die Revision ist unbegründet und daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung –FGO–). Im Ergebnis zutreffend hat das FG auf der Grundlage seiner Feststellungen angenommen, dass der streitbefangene Verlust i.S. von § 17 EStG im Streitjahr noch nicht entstanden ist.

Das Entstehen eines Auflösungsverlusts i.S. von § 17 Abs. 2 und 4 EStG setzt –neben anderen, vorliegend nicht problematischen Anforderungen– voraus, dass die Höhe der nachträglichen Anschaffungskosten feststeht.

Das FG hat auf der Grundlage seiner nicht mit Verfahrensrügen angegriffenen und so den Senat bindenden (§ 118 Abs. 2 FGO) Feststellungen im Ergebnis zutreffend angenommen, dass im Streitjahr die nachträglichen Anschaffungskosten des Klägers aus der streitbefangenen Höchstbetragsbürgschaft noch nicht feststanden und deshalb der Auflösungsverlust des Klägers noch nicht entstanden war.

Das FG hat die –ex ante bestehende– Unsicherheit hinsichtlich der Höhe der Inanspruchnahme des Klägers aus der Bürgschaft und damit der Höhe seiner nachträglichen Anschaffungskosten –in schlüssiger Weise– maßgeblich damit begründet, dass im Streitjahr sowie noch im Jahr 2011 schriftliche und telefonische Verhandlungen über die Höhe der Inanspruchnahme des Klägers geführt worden seien, so dass im Streitjahr noch nicht abzusehen gewesen sei, dass der Kläger nur in Höhe von 60.000 EUR in Anspruch genommen würde. Soweit die Kläger in ihrer Revisionsbegründung vortragen, der Kläger sei zu einer Leistung von mehr als 60.000 EUR nach seinen bereits 2010 bekannten Vermögensverhältnissen nicht in der Lage gewesen, so dass deshalb auch die Höhe seiner Inanspruchnahme schon im Streitjahr festgestanden hätte, konnte das FG dies nicht feststellen.

Ohne Erfolg berufen sich die Kläger auch auf die Entscheidungen des FG Münster. Erstgenanntes Urteil stellt auf die Besonderheiten bei einer Ablehnung eines Konkursverfahrens mangels Masse ab, zweitgenanntes betrifft keinen Fall, in dem über die Höhe der Inanspruchnahme aus einer Bürgschaft verhandelt worden wäre.