Einkommensteuernachzahlung bei Nettolohnvereinbarung

Leistet der Arbeitgeber bei einer Nettolohnvereinbarung für den Arbeitnehmer eine Einkommensteuernachzahlung für einen vorangegangenen Veranlagungszeitraum, wendet er dem Arbeitnehmer Arbeitslohn zu, der dem Arbeitnehmer als sonstiger Bezug im Zeitpunkt der Zahlung zufließt.

Der in der Tilgung der persönlichen Einkommensteuerschuld des Arbeitnehmers durch den Arbeitgeber liegende Vorteil unterliegt der Einkommensteuer. Er ist deshalb auf einen Bruttobetrag hochzurechnen.

BFH Urteil vom 3.9.2015, VI R 1/14

Beweis einer Nettolohnvereinbarung

Da die Nettolohnvereinbarung einen Sonderfall des Lohnsteuerregelabzugs mit der aus § 42d Abs. 3 Satz 4 EStG abgeleiteten Tilgungsannahme darstellt, darf der Arbeitnehmer von einem vorschriftsmäßigen Lohnsteuereinbehalt nur ausgehen, wenn er dem Arbeitgeber die für den Lohnsteuerregelabzug erforderliche Lohnsteuerkarte ausgehändigt hat.

Wegen der Außergewöhnlichkeit der Nettolohnabrede und ihrer Folgen muss der Abschluss einer Nettolohnvereinbarung klar und eindeutig feststellbar sein. Die Feststellungen sind insoweit vom FG als Tatsacheninstanz zu treffen. Denjenigen, der sich auf den Abschluss einer Nettolohnvereinbarung beruft, trifft eine erhöhte Nachweispflicht sowohl hinsichtlich des Abschlusses als auch des Inhalts der Vereinbarungen.

BFH Beschluss vom 25.10.2013 – VI B 144/12 BFHNV 2014 S. 181

Begründung:

Unter einer Nettolohnvereinbarung ist eine Abrede zwischen den Parteien eines Dienstverhältnisses des Inhalts zu verstehen, dass der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer zusätzlichen Lohn zuwendet, indem er auch die im Lohnsteuerabzugsverfahren zu erhebende Lohnsteuer trägt. Folge einer derartigen Vereinbarung ist, dass der Arbeitgeber mit der Auszahlung des Nettolohns aus der Sicht des Arbeitnehmers die Lohnsteuer vorschriftsmäßig einbehalten hat (§ 42d Abs. 3 Satz 4 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes –EStG–).

Im Falle einer Nettolohnvereinbarung gilt die abzuführende Lohnsteuer für den Bruttolohn, der sich aus der Hochrechnung des Nettolohns ergibt, auch dann als entrichtet, wenn Lohnsteuer nicht abgeführt worden ist, es sei denn, der Arbeitnehmer hat gewusst, dass der Arbeitgeber die Lohnsteuer nicht vorschriftsmäßig angemeldet hat (§ 42d Abs. 3 Satz 4 Nr. 2 EStG). Da die Nettolohnvereinbarung einen Sonderfall des Lohnsteuerregelabzugs mit der aus § 42d Abs. 3 Satz 4 EStG abgeleiteten Tilgungsannahme darstellt, darf der Arbeitnehmer von einem vorschriftsmäßigen Lohnsteuereinbehalt nur ausgehen, wenn er dem Arbeitgeber die für den Lohnsteuerregelabzug erforderliche Lohnsteuerkarte ausgehändigt hat. Wegen der Außergewöhnlichkeit der Nettolohnvereinbarung und ihrer Folgen muss der Abschluss einer Nettolohnvereinbarung klar und eindeutig feststellbar sein. Die Feststellungen sind insoweit vom Finanzgericht (FG) als Tatsacheninstanz zu treffen. Denjenigen, der sich auf den Abschluss einer Nettolohnvereinbarung beruft, trifft eine erhöhte Nachweispflicht sowohl hinsichtlich des Abschlusses als auch des Inhalts der Vereinbarungen.

Im Streitfall ist das FG von der Beweispflicht des Klägers und Beschwerdeführers (Kläger) ausgegangen und hat die vorgelegten Unterlagen (Geschäftsführervertrag; Schreiben der X-GmbH vom 16. März 2009) gewürdigt. Es ist zu dem Ergebnis gekommen, dass sich daraus nichts ergebe, was auf die behauptete Nettolohnvereinbarung schließen lasse. Zudem hat das FG die Vorentscheidung darauf gestützt, dass der Kläger weder dargelegt noch nachgewiesen habe, dass er seinem Arbeitgeber die Lohnsteuerkarte ausgehändigt habe.

 

Rückfluss von Arbeitslohn bei Nettolohnvereinbarung

Maßgeblich für den Lohnsteuereinbehalt vom laufenden Arbeitslohn bei einer Nettolohnvereinbarung ist der Arbeitslohn, der vermindert um die übernommenen Lohnabzüge den arbeitsvertraglich vereinbarten Nettobetrag ergibt. Damit ist die steuerliche Ausgangsgröße des Lohnsteuerabzugs auch im Fall der Nettolohnabrede ein Bruttobetrag.

Ein Einkommensteuererstattungsanspruch, den der Arbeitnehmer im Rahmen einer Nettolohnvereinbarung seinem Arbeitgeber abgetreten hat, ist deshalb im Rahmen des Lohnsteuereinbehalts nur durch einen Abzug vom laufenden (Brutto)Arbeitslohn und nicht durch eine Verminderung des laufenden Nettolohns zu berücksichtigen. Eine Hochrechnung der Steuererstattung auf einen fiktiven Bruttobetrag ist nicht möglich.

BFH Urteil vom 30. Juli 2009 VI R 29/06

Begründung:

Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) hat mit ihren japanischen Arbeitnehmern Nettolohnvereinbarungen abgeschlossen. Auf deren Grundlage zahlt sie den Angestellten den vereinbarten Nettolohn aus und übernimmt die auf diesen Nettolohn anfallenden Steuern als Arbeitgeberin. Kommt es im Rahmen von Einkommensteuerveranlagungen der Arbeitnehmer zur Erstattung von Einkommensteuer, werden die Erstattungsbeträge auf der Grundlage der getroffenen Nettolohnabreden von den Arbeitnehmern an die Klägerin abgeführt. Dies erfolgt regelmäßig dadurch, dass die im Rahmen der Einkommensteuerveranlagungen entstehenden Steuererstattungsansprüche an die Klägerin abgetreten werden. Die Klägerin berücksichtigte die Einkommensteuererstattungen als negative Einnahmen der Arbeitnehmer. Sie kürzte in Höhe dieser negativen Einnahmen den laufend ausgezahlten Nettolohn, den sie ihrer Lohnsteueranmeldung zu Grunde legte. Die Einkommensteuererstattungen waren auf den Lohnsteuerkarten der Arbeitnehmer nicht als Werbungskosten oder negative Einnahmen eingetragen.

Das Gericht vertrat wie das Finanzamt die Auffassung, die negativen Einnahmen seien nicht vom Nettolohn abzuziehen, sondern minderten nur den Bruttolohn.

Rechtsweg über die Berichtigung einer Lohnbescheinigung

Die Lohnbescheinigung ist ein Beweispapier über den Lohnsteuerabzug, so wie er tatsächlich stattgefunden hat.

Im Streitfall ist das Arbeitsgericht zuständig, wenn um Bestehen und Inhalt einer Nettolohnvereinbarung gestritten wird. In diesem Fall liegt eine Forderung nach zusätzlichem Lohn vor.

BFH Beschluss vom 04.09.2008 – VI B 108/07 BFH NV 2009 S. 175 f