Erstmalige Bilanzaufstellung für einen “nicht erkannten Gewerbebetrieb” in einem Wirtschaftsjahr nach der Betriebseröffnung







Im Fall eines "nicht erkannten Gewerbebetriebs", für den erst in einem späteren Wirtschaftsjahr nach der Betriebseröffnung mit der Bilanzierung begonnen wird, sind bei erstmaliger Bilanzaufstellung die Grundsätze des formellen Bilanzenzusammenhangs unbeachtlich. Der erste Bilanzansatz eines zuvor nicht bilanzierten Wirtschaftsguts des notwendigen Betriebsvermögens bemisst sich nach dem Wert, mit dem es bei von Beginn an richtiger Bilanzierung zu Buche stehen würde. Die Einbuchung in die Anfangsbilanz erfolgt gewinnneutral.

 BFH Urteil vom 26. November 2008 X R 23/05

Begründung

Wenn der Steuerpflichtige einen gewerblichen Grundstückshandel betrieben hat und er gemäß § 4 Abs. 1 EStG zur Bilanzierung verpflichtet war, ergeben sich im Streitjahr folgende steuerlichen Folgen:

Nach ständiger Rechtsprechung des BFH zählen bei Vorliegen eines gewerblichen Grundstückhandels die zur Veräußerung bestimmten Grundstücke oder die Anteile an Grundstücksgesellschaften zum Umlaufvermögen. Wird ein zum Umlaufvermögen zählendes Grundstück oder ein GbR-Anteil bei einem bilanzierenden gewerblichen Grundstückshändler mit Darlehensmitteln erworben, sind sowohl die Kreditaufnahme als auch der Anschaffungsvorgang gewinnneutrale Geschäftsvorfälle. Kommt es zum Verkauf des Grundstücks oder GbR-Anteils, realisiert der Grundstückshändler mit der Veräußerung erfolgswirksam einen laufenden Gewinn oder Verlust i.S. des § 15 Abs. 2 EStG.

Existieren Bilanzen sowohl eines Berichtigungsjahres als auch des Vorjahres, ist ein unrichtiger Bilanzansatz grundsätzlich in derjenigen Schlussbilanz zu korrigieren, in der er erstmals aufgetreten ist. Kommt eine Änderung des für das Fehlerjahr ergangenen Steuerbescheids wegen Festsetzungsverjährung nicht in Betracht, ist die Richtigstellung grundsätzlich in der ersten, verfahrensrechtlich noch "offenen” Schlussbilanz vorzunehmen. Dabei sind fehlerhafte Bilanzansätze im Rahmen einer Bilanzberichtigung grundsätzlich erfolgswirksam zu korrigieren, wenn der Bilanzierungsfehler sich erfolgswirksam ausgewirkt hat.

Der BFH hat aber für den Fall eines "nicht erkannten Gewerbebetriebs", in dem –wie im Streitfall– für ein späteres Wirtschaftsjahr nach Eröffnung mit der Bilanzierung begonnen wird, entschieden, dass bei erstmaliger Bilanzaufstellung mangels einer vorhergehenden Schlussbilanz im ersten noch offenen Jahr die Grundsätze des formellen Bilanzenzusammenhangs unbeachtlich sind. Für den ersten Bilanzansatz eines Wirtschaftsguts des notwendigen Betriebsvermögens in der erstmals aufzustellenden Anfangsbilanz gelten damit die Grundsätze des formellen Bilanzenzusammenhangs ebenfalls nicht. Der Bilanzansatz für das zuvor nicht bilanzierte Wirtschaftsgut bemisst sich nach dem Wert, mit dem es bei von Anfang an richtiger Bilanzierung zu Buche stehen würde. Die nachträgliche Einbuchung des Wirtschaftsguts in die Anfangsbilanz selbst ist eine berichtigende gewinnneutrale Einbuchung über das Kapitalkonto und keine Einlage.

Diesen Grundsätzen folgend wäre zum 1. Januar eine Anfangsbilanz aufzustellen, in der die dem Gewerbebetrieb zuzuordnenden Verbindlichkeiten über das Kapitalkonto zum Buchwert (hier: Nennwert) einzubuchen wären. In der Schlussbilanz des Streitjahres ergäbe sich keine Änderung des Buchwerts der Verbindlichkeiten und damit keine Gewinnauswirkung aus deren bilanzieller Erfassung. Die von den Klägern begehrte Gewinnminderung, welche allein darauf beruht, dass sie die Einbuchung der Verbindlichkeiten nach den Grundsätzen des Bilanzenzusammenhangs nur in der Schlussbilanz des Streitjahres vornehmen, um dadurch zu einer Erhöhung der Passivposten und einer Betriebsvermögensminderung zu gelangen, kann folglich nicht eintreten, weil eine Bilanzberichtigung nach den Grundsätzen des formellen Bilanzenzusammenhangs nicht vorzunehmen wäre.