Vereinbarkeit von Ausgleichszahlungen an außenstehende Aktionäre mit körperschaftsteuerrechtlicher Organschaft

Die Vereinbarung von Ausgleichszahlungen des beherrschenden Unternehmens an einen außenstehenden Aktionär der beherrschten Gesellschaft steht der körperschaftsteuerrechtlichen Anerkennung eines Gewinnabführungsvertrages entgegen, wenn neben einem bestimmten Festbetrag ein zusätzlicher Ausgleich in jener Höhe vereinbart wird, um die der hypothetische Gewinnanspruch des Außenstehenden ohne die Gewinnabführung den Festbetrag übersteigen würde.

BFH Urteil vom 4. März 2009 I R 1/08

Begründung:

Die steuerliche Anerkennung eines Ergebnisabführungsvertrages setzt nach § 14 KStG 1991 voraus, dass die Organgesellschaft ihren ganzen Gewinn an den Organträger abführt. Gemäß § 14 Nr. 4 Satz 2 KStG 1991 muss der Gewinnabführungsvertrag während seiner gesamten Geltungsdauer ausgeführt werden. Diesen Voraussetzungen werden die Vertragsbeziehungen zwischen der Klägerin und der S-GmbH aufgrund der Vereinbarung der Ausgleichszahlungen  nicht (mehr) gerecht.

Grundsätzlich stehen allerdings Ausgleichszahlungen an außenstehende Minderheitsgesellschafter, wie sie in § 304 AktG gesellschaftsrechtlich für Beherrschungs- und Gewinnabführungsverträge vorgeschrieben sind, die mit einer Aktiengesellschaft als beherrschter Gesellschaft abgeschlossen werden, der steuerlichen Anerkennung der Unternehmensverträge nicht entgegen. Die vereinbarten Zahlungen an den Minderheitsgesellschafter geht indes über das nach § 304 AktG Gebotene hinaus und hebt aus wirtschaftlicher Sicht die Wirkungen der Gewinnabführung wieder auf. Sie steht deshalb der steuerlichen Anerkennung des Organschaftsverhältnisses entgegen.

Vorsteuerabzug aus Eingangsleistungen der Organgesellschaft bei Wechsel des Organträgers

Wechselt der Organträger infolge einer Veräußerung der Anteile an der Organgesellschaft zeitlich nach dem Bezug einer Leistung durch die Organgesellschaft, aber noch vor Erhalt der Rechnung, steht das Recht zum Vorsteuerabzug aus diesem Leistungsbezug nicht dem neuen Organträger zu.

Die Berechtigung des Organträgers zum Vorsteuerabzug aus Eingangsleistungen der Organgesellschaft richtet sich nach den Verhältnissen im Zeitpunkt des Leistungsbezugs, nicht der Rechnungserteilung

BFH Urteil vom 13. Mai 2009 XI R 84/07

Beendigung der umsatzsteuerlichen Organschaft bei angeordneter Zwangsverwaltung und Zwangsversteigerung eines Grundstücks

Die wirtschaftliche Eingliederung aufgrund der Vermietung eines Grundstücks, das die räumliche und funktionale Grundlage der Geschäftstätigkeit der Organgesellschaft bildet, entfällt, wenn für das Grundstück Zwangsverwaltung und Zwangsversteigerung angeordnet wird.

BFH Urteil vom 29. Januar 2009 V R 67/07

Begründung:

Der Kläger hat ein bebautes Grundstück an die T-GmbH vermietet und somit entgeltliche Leistungen gegenüber der T-GmbH erbracht. Ob diese Leistungen nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG steuerbar sind oder ob es sich aufgrund der Organschaft um nicht steuerbare Innenleistungen handelt, ist für die zur Begründung einer Organschaft erforderliche Unternehmerstellung des Organträgers unerheblich.

Der Kläger hat seine durch die Vermietung an die T-GmbH begründete Unternehmerstellung nicht dadurch verloren, dass das an die T-GmbH vermietete Grundstück der Zwangsverwaltung nach §§ 146 ff. ZVG unterlag. Denn nach der Rechtsprechung des Senats lässt der Übergang der Verwaltungsbefugnis auf den Zwangsverwalter Eigentumsrecht und Unternehmereigenschaft des Grundstückseigentümers und Vollstreckungsschuldners (Grundstückseigentümer) unberührt.

Dem Grundstückseigentümer sind die mit dem unter Zwangsverwaltung stehenden Grundstück ausgeführten Vermietungsumsätze weiter als Unternehmer zuzurechnen, da ihm durch die Anordnung der Zwangsverwaltung nach § 148 Abs. 2 ZVG lediglich Verwaltung und Benutzung des Grundstücks entzogen werden. Durch die Zwangsverwaltung kommt es weiter nicht zu einer Aufteilung des durch die gesamte gewerbliche und berufliche Tätigkeit des Unternehmers gebildeten Unternehmens, so dass sich z.B. der Vorsteuerabzug aus den vom Zwangsverwalter bezogenen Leistungen nach der Verwendung durch Zwangsverwalter und Grundstückseigentümer richtet.

Eine Beendigung der unternehmerischen Tätigkeit des Klägers ergab sich auch nicht aus der Einstellung der Pachtzahlung durch die T-GmbH. Denn nach der Rechtsprechung des Senats endet die unternehmerische Tätigkeit nicht bereits dadurch, dass der Unternehmer vorübergehend keine entgeltlichen Leistungen erbringt oder auf das Entgelt für diese Leistungen verzichtet. Es müssen vielmehr besondere Umstände für die Aufgabe der unternehmerischen Tätigkeit vorliegen.

Das Gericht hat entschieden, dass die T-GmbH nicht nach § 2 Abs. 2 Nr. 2 Satz 1 UStG in das Unternehmen des Klägers eingegliedert war. Allerdings scheitert die nach dieser Vorschrift erforderliche Eingliederung nicht am Merkmal der organisatorischen Eingliederung, sondern an der wirtschaftlichen Eingliederung.

Die finanzielle Eingliederung setzt voraus, dass der Organträger seinen Willen in der Organgesellschaft durch Mehrheitsbeschluss durchsetzen kann.  Diese Voraussetzungen hat das FG im Streitfall zu Recht bejaht, da der Kläger Alleingesellschafter der T-GmbH war.

Die organisatorische Eingliederung setzt voraus, dass die mit der finanziellen Eingliederung verbundene Möglichkeit der Beherrschung der Organgesellschaft durch den Organträger in der laufenden Geschäftsführung der Organgesellschaft wirklich wahrgenommen wird. Es kommt darauf an, dass der Organträger die Organgesellschaft durch die Art und Weise der Geschäftsführung beherrscht oder aber zumindest nach den zwischen Organträger und Organgesellschaft bestehenden Beziehungen sichergestellt ist, dass eine vom Willen des Organträgers abweichende Willensbildung bei der Organtochter nicht möglich ist. Deshalb steht z.B. regelmäßig die Bestellung eines vorläufigen Insolvenzverwalters der Annahme der organisatorischen Eingliederung nicht entgegen, wenn der Organträger weiterhin als Geschäftsführer der von der Insolvenz bedrohten Organgesellschaft tätig und die Verwaltungsbefugnis und Verfügungsbefugnis über das Vermögen der Organgesellschaft noch nicht auf den vorläufigen Insolvenzverwalter übergegangen ist.

Für die wirtschaftliche Eingliederung genügt es, dass zwischen der Organgesellschaft und dem Unternehmen des Organträgers ein vernünftiger wirtschaftlicher Zusammenhang im Sinne einer wirtschaftlichen Einheit, Kooperation oder Verflechtung vorhanden ist. Die Tätigkeiten von Organträger und Organgesellschaft müssen lediglich aufeinander abgestimmt sein und sich dabei fördern und ergänzen. Hierfür reicht das Bestehen von mehr als nur unerheblichen Beziehungen zwischen Organträger und Organgesellschaft aus; insbesondere braucht die Organgesellschaft nicht wirtschaftlich vom Organträger abhängig zu sein.

So genügt z.B. die Vermietung eines Betriebsgrundstücks, wenn dieses für die Organgesellschaft von nicht nur geringer Bedeutung ist, weil es die räumliche und funktionale Grundlage der Geschäftstätigkeit der Organgesellschaft bildet.

Diese Voraussetzungen einer wirtschaftlichen Eingliederung lagen im Streitfall bis zur Anordnung der Zwangsverwaltung und Zwangsversteigerung zunächst vor. Das Gericht kann offenlassen, ob bereits die Anordnung der Zwangsverwaltung über das der Organgesellschaft überlassene Grundstück das Ende der Organschaft bewirkt hat. Denn aufgrund der gleichzeitigen Anordnung der Zwangsversteigerung stand zu diesem Zeitpunkt bereits fest, dass das Grundstück in Zukunft nicht mehr dauerhaft für Zwecke der Organgesellschaft zur Verfügung stehen und deren Tätigkeit nicht mehr fördern konnte. Das genügt.

 

 

 

Ende der Organschaft bei Bestellung eines vorläufigen Insolvenzverwalters

Die Verfügungs- und Verwaltungsbefugnis des Organträgers bleibt trotz der gemäß § 283 StGB strafbewehrten Verbote und Einschränkungen bestehen.

Die Inanspruchnahme des Organträgers als Schuldner der Umsatzsteuer führt nicht zu einer Benachteiligung der Gläubiger der Organgesellschaft.

BFH Beschluss vom 10.03. 2009  – XI B 66/08 BFH NV 2009 S. 977

Vorsteuerberichtigung bei Organschaftsbeendigung

Ist das Entgelt für eine während des Bestehens einer Organschaft bezogene Leistung erst nach Beendigung der Organschaft uneinbringlich geworden, richtet sich der Vorsteuerberichtungsanspruch gegen das (frühere) Organ. Ist die Uneinbringlichkeit jedoch vor der Organschaftsbeendigung eingetreten oder erfolgt gleichzeitig durch die Insolvenzeröffnung sowohl die Organschaftsbeendigung als auch die Uneinbringlichkeit, richtet sich der Vorsteuerberichtungsanspruch gegen den (vormaligen) Organträger.

BFH Beschluss vom 05.12.2008 – V B 101/07 (BFHNV 2009 S. 432 f.)

Begründung:

In der Entscheidung ist der BFH von dem Rechtssatz ausgegangen, dass eine Vorsteuerberichtigung nicht gegenüber dem bisherigen Organträger, sondern gegenüber dem früheren Organ durchzuführen ist, wenn das Entgelt für eine während des Bestehens einer Organschaft bezogene Leistung erst nach Beendigung der Organschaft uneinbringlich geworden ist.

Dieser Entscheidung lag ein Sachverhalt zugrunde, in der die Organschaft durch Übertragung einer Beteiligung mehrere Jahre vor der Insolvenz der (früheren) Organgesellschaft beendet worden war. Etwas anderes gilt jedoch dann, wenn, wie im Streitfall, die Uneinbringlichkeit vor der Organschaftsbeendigung eingetreten ist oder durch die Insolvenzeröffnung sowohl die Organschaftsbeendigung als auch die Uneinbringlichkeit gleichzeitig erfolgen. Hier richtet sich nach ständiger Rechtsprechung der Vorsteuerberichtigungsanspruch gegen den Organträger

Auflösung von passiven Ausgleichsposten bei Organschaft

Veräußert der Organträger seine Beteiligung an der Organgesellschaft, ist ein bei ihm vorhandener besonderer passiver Ausgleichsposten erfolgsneutral aufzulösen (entgegen Abschn. 59 Abs. 5 KStR 1995; R 63 Abs. 3 KStR 2004).

BUNDESFINANZHOF Urteil vom 7.2.2007, I R 5/05

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat mit Urteil vom 7. Februar 2007 I R 5/05 entschieden, dass ein Organträger, der seine Beteiligung an der Organgesellschaft veräußert, einen bei ihm vorhandenen besonderen passiven Ausgleichsposten erfolgsneutral aufzulösen hat. Mit dieser Entscheidung ist der BFH der Auffassung der Finanzverwaltung entgegengetreten, nach der in diesen Fällen der passive Ausgleichsposten gewinnerhöhend zu erfassen ist.

Eine Kapitalgesellschaft kann sich handelsrechtlich verpflichten, ihren gesamten Gewinn an ein anderes Unternehmen abzuführen. Ein derartiger Ergebnisabführungsvertrag wird unter weiteren Voraussetzungen auch steuerlich anerkannt, was zur Folge hat, dass der Gewinn dieser Gesellschaft (Organgesellschaft) dem Mutterunternehmen (Organträger) in voller Höhe zugerechnet wird. Allerdings unterscheidet sich die handelsrechtliche von der steuerrechtlichen Gewinnermittlung in mancher Hinsicht. Dem Organträger wird dann steuerlich entweder ein höheres oder ein niedrigeres Einkommen zugerechnet, als tatsächlich von der Organgesellschaft abgeführt wurde. Diese sogenannten Mehr- oder Minderabführungen werden gewinnneutral in der Steuerbilanz festgehalten (aktive und passive Ausgleichsposten). Wird die Beteiligung an der Organgesellschaft veräußert, behandelt die Finanzverwaltung einen im Zeitpunkt der Veräußerung vorhandenen aktiven Ausgleichsposten als gewinnmindernd und einen passiven Ausgleichsposten als gewinnerhöhend.

Der BFH hat nun entschieden, dass es für die gewinnerhöhende Auflösung des Ausgleichspostens an einer Rechtsgrundlage fehle. Die entgegenstehende jahrelange Verwaltungsübung habe sich auch nicht gewohnheitsrechtlich verfestigt.

Vorsteuerberichtigung nach Auflösung einer Organschaft

Wird das Entgelt für eine während des Bestehens einer Organschaft bezogene Leistung nach Beendigung der Organschaft uneinbringlich, ist der Vorsteuerabzug nicht gegenüber dem bisherigen Organträger, sondern gegenüber dem im Zeitpunkt des Uneinbringlichwerdens bestehenden Unternehmen –dem früheren Organ– zu berichtigen .

BUNDESFINANZHOF Urteil vom 7.12.2006, V R 2/05

Die Umsatzsteuerberichtigung nach § 17 UStG greift daher gegenüber dem bisherigen Organträger nicht ein, wenn die Uneinbringlichkeit des Entgelts erst nach Beendigung der Organschaft eingetreten ist. (vgl. Klenk in Sölch/Ringleb, a.a.O., Rz 126 zu § 17 UStG; Fröschl, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung 2002, 1118; in diesem Sinne auch BFH-Beschluss vom 6. Juni 2002 V B 110/01, BFHE 199, 55, BFH/NV 2002, 1267). Verwaltungsvereinfachungszwecke, wie sie den Organschaftsregelungen zugrunde liegen können es nicht rechtfertigen, den früheren Organträger für Steueransprüche als Steuerschuldner in Anspruch zu nehmen, deren tatsächliche Voraussetzungen durch ein selbständiges Unternehmen verwirklicht werden und diesem umsatzsteuerrechtlich auch zuzurechnen sind. Dass umsatzsteuerrechtlich aus “Vereinfachungsgründen” während des Bestehens der Organschaft die Umsätze und Vorsteuerbeträge zusammengefasst und nur gegenüber dem Organträger festgesetzt werden, ändert nichts daran, dass der betreffende Steueranspruch tatsächlich durch die Tätigkeit der Organgesellschaft verwirklicht worden ist und mit dem Ende der Organschaft die umsatzsteuerrechtliche “Vereinfachungsregelung” nicht mehr gilt.

Voraussetzung der Organschaft

Die für die Annahme einer Organschaft erforderliche finanzielle Eingliederung einer juristischen Person in das Unternehmen eines Organträgers setzt voraus, dass der Organträger über die Mehrheit der Stimmrechte aus Anteilen an der juristischen Person als Organgesellschaft verfügt. Sie muss über 50 v.H. der gesamten Stimmrechte betragen.

Die finanzielle Eingliederung einer juristischen Person in das Unternehmen eines Organträgers ist nicht gegeben, wenn dieser die notwendige qualifizierte Stimmenmehrheit in der juristischen Person nur mit Hilfe eines Minderheitsgesellschafters erreichen kann.

(BFH Urteil vom 22. November 2001 V R 50/00).