Ort der Lieferung in ein Konsignationslager

Für die Lieferortbestimmung nach § 3 Abs. 6 UStG muss der Abnehmer bereits bei Beginn der Versendung feststehen. Eine Versendungslieferung kann dann auch vorliegen, wenn der Liefergegenstand nach dem Beginn der Versendung für kurze Zeit in einem Auslieferungslager gelagert wird.
Vereinbaren die an einem Leistungsaustausch Beteiligten rechtsirrtümlich die Gegenleistung ohne Umsatzsteuer, ist der vereinbarte Betrag in Entgelt und darauf entfallende Umsatzsteuer aufzuteilen.
BFH v. 16.11.2016 – V R 1/16, BFH/NV 2017, 860,

Sachverhalt:
Die Klägerin des Ausgangsverfahren ist eine in den Niederlanden ansässige Kapitalgesellschaft niederländischen Rechts (Bv.), Gegenstand ihres Unternehmens ist der Entwurf, die Herstellung und der Vertrieb von Computern, der Handel mit Computern, elektronischen Produkten, Zubehör und Peripheriegeräten sowie die Erteilung von Dienstleistungen in diesem

Zusammenhang.
Streitig zwischen der Klägerin und der deutschen Finanzverwaltung ist die Behandlung von Lieferungen, die über ein sog. Konsignationslager in Deutschland an ein anderes deutsches Unternehmen erfolgten. Die Klägerin lieferte Bildschirme an dieses Unternehmen aus dem Konsignationslager. Die Waren wurden dabei durch die Klägerin aus den Niederlanden in das Lager verbracht. Es befand sich auf dem Gelände des anderen deutschen Unternehmens in Deutschland.

Grundlage dafür war eine Vereinbarung im Rahmen eines “Consignment Distribution Agreement” (CDA). Das andere Unternehmen war danach verpflichtet, den von der Klägerin angelieferten Konsignationsbestand in einem gesonderten von ihr betriebenen Lager zu lagern. Zugang zu dem Lager hatte allein das deutsche Unternehmen. Die Klägerin war nur nach einer angemessenen Vorankündigung berechtigt, das Lager zum Zwecke einer Inventur zu betreten.

Das deutsche Abnehmerunternehmen war berechtigt, den Konsignationsbestand im Rahmen des üblichen Geschäftsbetriebs an ihre Kunden zu veräußern. Die Klägerin blieb solange Eigentümerin des Konsignationsbestandes, bis das deutsche Unternehmen ihr – einmal wöchentlich – eine Aufstellung des in der Vorwoche an ihre Kunden verkauften Konsignationsbestandes übermittelt hatte. Der Verkaufspreis der Waren richtete sich nach dem Tagespreis zum Zeitpunkt der Veräußerung der Waren.

Der jeweilige Konsignationsbestand wurde durch das deutsche Unternehmen auf Grundlage der gemeinsam vereinbarten Einlagerungsrichtlinien bestellt. Die Klägerin war verpflichtet, den Konsignationsbestand mindestens drei Wochen im Lager zu belassen. Nach Beendigung dieses Zeitraumes war das deutsche Unternehmen berechtigt, den gesamten Bestand oder einen Teil davon an die Klägerin zurückzusenden.

Die Klägerin ging davon aus, dass die Warenlieferungen an das deutsche Unternehmen nicht steuerbar seien. Sie behandelte die Lieferungen in den Niederlanden als steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferungen. Das deutsche Unternehmen versteuerte folgerichtig in Deutschland innergemeinschaftliche Erwerbe. Das Finanzamt ging demgegenüber davon aus, dass die
Lieferungen der Klägerin in Deutschland steuerbar und steuerpflichtig seien.
Begründung:
Nach Auffassung des BFH handelt es sich bei den Umsätzen um steuerbare und steuerpflichtige Lieferungen ‘der Klägerin in Deutschland. Der Ort der Lieferung bestimmt sich hier nach § 3 Abs.7 UStG und nicht nach § 3 Abs.6 UStG. Wird der Gegenstand der Lieferung nicht befördert oder versendet, wird die Lieferung dort ausgeführt, wo sich der Gegenstand zur Zeit der Verschaffung der Verfügungsmacht befindet (§ 3 Abs. 7 Satz 1 UStG).

§ 3 Abs.6 UStG setzt eine Versendung an den Abnehmer voraus. Dieser muss da-
her im Zeitpunkt der Versendung feststehen (vgl. BFH v. 20.10.2016 – V R 31/15, BFH/NV 2017, 411,). Nach diesen Grundsätzen befand sich der Ort der streitigen
Lieferungen am Ort des Konsignationslagers im Inland, weil bei Versendung der Waren der Abnehmer noch nicht feststand. Erst mit der Entnahme der Waren aus dem Konsignationslager war sicher, dass das deutsche Abnehmerunternehmen die Gegenstände behalten werde und bereit war, hierfür den Kaufpreis zu entrichten.

Nach den zwischen den Beteiligten in dem (DA getroffenen Regelungen wurde ein verbindlicher Kaufvertrag zwischen den Vertragsbeteiligten erst nach der Einlagerung der Waren geschlossen. Die deutsche Abnehmerin war nicht von vornherein dazu verpflichtet, die von der Klägerin in das Lager verbrachten Waren abzunehmen. Außerdem war sie auch erst nach der Entnahme der Waren aus dem Konsignationslager zur Zahlung verpflichtet. Anders als in der Entscheidung v. 20.10.2016 führte daher die Einlagerung in das Konsignationslager nicht lediglich zu einer nur kurzen Unterbrechung der begonnenen Versendung an den bereits feststehenden Abnehmer.

Die Bemessungsgrundlage für die betreffenden Lieferungen richtet sich hier nach § 10 Abs.1 Satz 1 und 2 UStG. Das Entgelt ist in diesem Fall alles, was der Leistungsempfänger aufwendet, um die Leistung zu erhalten, jedoch abzüglich der Umsatzsteuer (§ 10 Abs.1 Satz 2 UStG). Das gilt auch, wenn die Beteiligten rechtsirrtümlich die Gegenleistung ohne Umsatzsteuer vereinbaren. Der vereinbarte Betrag ist danach, in Entgelt und darauf entfallende Umsatzsteuer aufzuteilen. Die Umsatzsteuer ist daher aus dem vereinbarten Nettopreis herauszurechnen.

Anders als im Urteil v. 20.10.2016 kommt hier der BFH zu steuerbaren und steuerpflichtigen Lieferungen im Inland. In diesem Verfahren war aber der entscheidende Unterschied zum dem vorliegenden Sachverhalt, dass der Abnehmer grundsätzlich zur Abnahme der eingelagerten Gegenstände verpflichtet war. Durch die Rückgabemöglichkeit in diesem Verfahren kommt es zu einer unbewegten Lieferung im Inland nach § 3 Abs. 7 UStG.

Zusammenfassung:
Die umsatzsteuerrechtliche Beurteilung eines Konsignationslagers lässt sich nicht pauschal vornehmen. Vielmehr kommt es auf die Details der vertraglichen Vereinbarungen an. Zu steuerpflichtigen Inlandsumsätzen und damit zu einer Registrierungspflicht kommt es grundsätzlich dann, wenn der Warenbestand aus dem Lager zurückgegeben werden kann. Dies sollte bei den
Vereinbarungen berücksichtigt werden.

In anderen EU-Mitgliedstaaten wird den Betreibern eines solchen Konsignationslagers das Registrierungsrisiko weitestgehend abgenommen. Im Rahmen einer Vereinfachungsregelung wird des ungeachtet der konkreten rechtlichen Ausgestaltung nicht beanstandet, wenn der Lieferant
die Umsätze in seinem Ausgangsmitgliedstaat als innergemeinschaftliche Lieferung behandelt.