Aufforderung zur Datenträgerüberlassung

Bei einer digitalen Betriebsprüfung dürfen die überlassenen Daten auch außerhalb des Prüfungsortes verarbeitet werden.

FG Baden Württemberg Urteil vom 7.11.2012, 14 K 554/1

Begründung

Entgegen der Auffassung des Kl ist die Anordnung der Herausgabe der Daten nicht im Hinblick darauf ermessensfehlerhaft, dass die Daten mit der Übergabe des Datenträgers an den Bekl den Machtbereich des Kl verlassen. Gegenstand einer Ap nach §§ 193 ff. AO ist vor allem die Prüfung der Buchführung. Der Kl hat infolge der Prüfungsanordnung die Ap zu dulden, bei der Feststellung der Sachverhalte mitzuwirken und die Finanzbehörde bei Ausübung ihrer Befugnisse nach § 147 Abs. 6 AO zu unterstützen   (§ 200 Abs. 1 S. 1 und S. 2 AO). Er hat nach § 200 Abs. 2 AO am von dem Bekl festgelegten Prüfungsort seine Unterlagen vorzulegen. Zu Recht geht der Kl davon aus, dass in der Prüfungsanordnung seine Geschäftsräume genannt sind und er dort die erforderlichen Unterlagen vorzulegen hat. Entgegen den Ausführungen des Kl schließt diese Regelung indes nicht aus, dass er gespeicherte Unterlagen und Aufzeichnungen auf einem maschinell verwertbaren Datenträger dem Bekl auch außerhalb seiner Geschäftsräume zur Verfügung zu stellen hat. § 200 Abs. 2 AO normiert weder, dass die Unterlagen in den Geschäftsräumen zu verbleiben haben, noch schränkt die Norm die allgemeinen Mitwirkungspflichten von Stpfl. ein.

Der Bekl hält mit seinem Herausgabeverlangen auch die gesetzlichen Grenzen seines Ermessens ein. § 147 Abs. 6 S. 2 AO ermöglicht mit seiner Formulierung „zur Verfügung gestellt werden“ dem Bekl, zu verlangen, dass ein maschinell verwertbarer Datenträger zur Nutzung überlassen wird. Diese Auslegung ist mit dem Wortlaut vereinbar. Der Begriff des „Zurverfügungstellens“ umfasst die Mitnahme der Daten aus der Sphäre des Prüfungsbetroffenen (FG Baden-Württemberg, Urteil vom 16. November 2011 4 K 4819/08, EFG 2012, 577). Diese Auslegung entspricht ferner dem Willen des Gesetzgebers, wonach die gesetzliche Formulierung „zur Verfügung stellen“ ein umfassendes Bestimmungsrecht und damit auch ein Recht der Finanzbehörde normiert, die auf Datenträger erhaltenen Daten in die Diensträume der Finanzbehörde mitzunehmen.

Die Überlassung eines maschinell verwertbaren Datenträgers setzt nach dem Wortlaut des § 147 Abs. 6 S. 2 AO -entgegen der Ansicht des Kl- nicht voraus, dass der Bekl die Rückgabe des Datenträgers bzw. dessen Löschung zugesagt hat. Eine schriftliche Löschungsbestätigung ist keine Vorbedingung. Aus den genannten Gründen kann dahin gestellt bleiben, ob sich aus den im BMF-Schreiben vom 16. Juli 2001 (IV D 2 – S 0316 – 136/01, BStBl. I 2001, 415) genannten GDPdU ein Anspruch des Kl auf Rückgabe seines Datenträgers und Löschung seiner Daten spätestens nach Bestandskraft der aufgrund der Ap ergangenen Bescheide infolge einer Selbstbindung der Verwaltung. Es kann ferner dahin gestellt bleiben, dass der Bekl dem Kl mit Schreiben vom 12. August 2011 mitgeteilt hat, überlassene Datenträger dem Eigentümer schnellstmöglich zurückzugeben, spätestens nach Bestandskraft der aufgrund der Ap ergangenen Bescheide.

 

Ort der Prüfung

Das für eine Außenprüfung nach § 193 Abs. 2 Nr. 2 AO erforderliche Aufklärungsbedürfnis liegt jedenfalls dann vor, wenn dem Steuerpflichtigen im Prüfungszeitraum aufgrund außerordentlich hoher Einkünfte (“Einkunftsmillionär”) erhebliche Beträge zu Anlagezwecken zur Verfügung standen und der Steuerpflichtige nur Kapitaleinkünfte in geringer Höhe erklärt sowie keine substantiierten und nachprüfbaren Angaben zur Verwendung der verfügbaren Geldmittel gemacht hat .

Die Entscheidung des FA über die Zweckmäßigkeit einer Außenprüfung nach § 193 Abs. 2 Nr. 2 AO ist ermessensfehlerfrei, wenn eine Vielzahl von Belegen zu überprüfen und insoweit mit zahlreichen Rückfragen zu rechnen ist .

Die Außenprüfung nach § 193 Abs. 2 Nr. 2 AO kann auch in den Räumen des FA durchgeführt werden. Sie ist insoweit von einer Prüfung an Amtsstelle durch Maßnahmen der Einzelermittlung i.S. der §§ 88 ff. AO zu unterscheiden.

Die Entscheidung des FA, die Außenprüfung in den eigenen Amtsräumen durchzuführen, ist ermessensfehlerfrei, wenn der Steuerpflichtige weder über Geschäftsräume noch über einen inländischen Wohnsitz verfügt. Eine Wohnung des Steuerpflichtigen im Ausland kann das FA bei der Festlegung des Prüfungsortes unberücksichtigt lassen.

BFH Urteil vom 26.7.2007, VI R 68/04

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat mit Urteil vom 26. Juli 2007 VI R 68/04 zur Rechtmäßigkeit der Anordnung einer Außenprüfung nach § 193 Abs. 2 Nr. 2 der Abgabenordnung (AO) gegenüber einem Steuerpflichtigen mit außerordentlich hohen Einkünften (“Einkunftsmillionär”) Stellung genommen. Das nach § 193 Abs. 2 Nr. 2 AO erforderliche Aufklärungsbedürfnis ist danach gegeben, wenn dem Steuerpflichtigen erhebliche Beträge zu Anlagezwecken zur Verfügung standen und deren Verwendung mangels plausibler und nachprüfbarer Angaben des Steuerpflichtigen unklar geblieben ist. Die Durchführung einer Außenprüfung ist zweckmäßiger als Einzelermittlungen an Amtsstelle, wenn eine Vielzahl von Belegen zu überprüfen und insoweit mit zahlreichen Rückfragen zu rechnen ist. Das Betriebsprüfungsfinanzamt (FA) kann die Außenprüfung auch in den eigenen Amtsräumen durchführen, wenn der Steuerpflichtige weder über Geschäftsräume noch über einen inländischen Wohnsitz verfügt.

Kläger war im Streitfall ein angestellter Geschäftsführer, der im Prüfungszeitraum Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit von mehr als einer Million DM bezogen hatte. Das FA stufte ihn daraufhin als sogenannten Einkunftsmillionär ein und ordnete bei dem inzwischen ins Ausland verzogenen Kläger eine Außenprüfung an. Der BFH sah (ebenso wie die Vorinstanz) die Prüfungsanordnung als rechtmäßig an. Zugleich billigte er die Entscheidung des FA, die Außenprüfung in den eigenen Amtsräumen durchzuführen und den ausländischen Wohnsitz des Klägers bei der Festlegung des Prüfungsortes nicht zu berücksichtigen.