Erdienbarkeit des Pensionsanspruchs eines Gesellschafter-Geschäftsführers

Nach ständiger Rechtsprechung des BFH kann ein Pensionsanspruch nicht mehr erdient werden, wenn der Gesellschafter-Geschäftsführer im Zeitpunkt der Pensionszusage das 60. Lebensjahr überschritten hat. Ob es sich um einen beherrschenden oder einen nicht beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführer handelt, ist insoweit nicht von Belang.

Diese typisierende Betrachtungsweise führt nicht zu einer gegen Art. 3 Abs. 1 GG verstoßenden Altersdiskriminierung. Dass eine Pensionszusage bei fortschreitendem Alter nicht mehr erdient werden kann, ist ein sachliches Kriterium, das die Ungleichbehandlung rechtfertigen kann.

Die Anhebung der Regelaltersgrenze auf 67 Jahre gebietet jedenfalls dann keine Modifizierung der bisherigen Rechtsprechung, wenn der Gesellschafter-Geschäftsführer, dem die Pensionszusage erteilt worden ist, vor dem 1. Januar 1947 geboren ist und zudem im Zeitpunkt der Erteilung der Pensionszusage das 60. Lebensjahr bereits um mehr als zwei Jahre überschritten hat.

BFH Urteil vom 11.09.2013 – IR 26/12 BFHNV 2014 S. 728

Begründung:

Unter einer vGA ist bei einer Kapitalgesellschaft eine Vermögensminderung (verhinderte Vermögensmehrung) zu verstehen, die durch das Gesellschaftsverhältnis (mit-)veranlasst ist, sich auf die Höhe des Unterschiedsbetrags gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG 2002) i.V.m. § 8 Abs. 1 KStG 2002 auswirkt und in keinem Zusammenhang zu einer offenen Ausschüttung steht. Für den größten Teil der entschiedenen Fälle hat der Senat die Veranlassung durch das Gesellschaftsverhältnis angenommen, wenn die Kapitalgesellschaft ihrem Gesellschafter oder einer diesem nahe stehenden Person einen Vermögensvorteil zuwendet, den sie bei der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters einem Nichtgesellschafter nicht gewährt hätte (ständige Rechtsprechung des Senats).

Entgegen der Auffassung der Klägerin ist die durch die Pensionsrückstellung bewirkte Vermögensminderung nach diesen Maßstäben durch das Gesellschaftsverhältnis mitveranlasst. Der Begünstigte A war im Zeitpunkt der Erteilung der Pensionszusage Gesellschafter der Klägerin; einem Gesellschaftsfremden wäre unter sonst vergleichbaren Umständen keine entsprechende Zusage erteilt worden.

Ob einem gesellschaftsfremden Dritten unter sonst vergleichbaren Umständen eine vergleichbare Zusage erteilt worden wäre, unterliegt vorrangig der Würdigung durch das FG anhand aller Umstände des jeweiligen Einzelfalls. Hierbei muss das FG insbesondere prüfen, ob im Zeitpunkt der Zusage nach allgemeiner Lebenserfahrung noch von einer Dienstzeit auszugehen ist, in der der Versorgungsanspruch erdient werden kann.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats stellt es ein starkes Indiz für die fehlende Erdienbarkeit dar, wenn der Gesellschafter-Geschäftsführer im Zeitpunkt der Pensionszusage das 60. Lebensjahr bereits vollendet hat. Dies gilt unabhängig davon, ob der Begünstigte ein beherrschender oder nicht beherrschender Gesellschafter ist. Hat der Gesellschafter-Geschäftsführer das 60. Lebensjahr vollendet, kommt es für die Frage der Erdienbarkeit nicht mehr auf eine etwaige Parallelwertung zu den Fristen für den Eintritt der Unverfallbarkeit nach dem Gesetz zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung (Betriebsrentengesetz) an.

Wird nämlich eine Pensionszusage erst nach Vollendung des 60. Lebensjahres erteilt, kann der Arbeitgeber nach allgemeiner Lebenserfahrung nur noch mit einer zeitlich eng begrenzten Tätigkeit des Arbeitnehmers rechnen; auch ein rüstiger Arbeitnehmer wird die Pension wegen nachlassender Arbeitsfähigkeit möglicherweise nicht mehr erdienen können.

An dem Kriterium der Erdienbarkeit ist trotz der in der Literatur zuweilen geäußerten Kritik festzuhalten. Es ist insbesondere nicht entbehrlich, weil die Pensionszusagen auch in die Beurteilung der Angemessenheit der Gesamtausstattung einbezogen werden. Die Frage der Erdienbarkeit ist von der Frage der Angemessenheit der Gesamtausstattung zu unterscheiden. Soweit es an der Erdienbarkeit fehlt, ist die Pensionszusage bereits dem Grunde nach steuerrechtlich nicht anzuerkennen; ob die Gesamtausstattung der Höhe nach angemessen ist, spielt dann keine Rolle mehr. Die betriebliche Altersvorsorge ist eine –neben dem eigentlichen Gehalt gewährte– freiwillige Maßnahme des Arbeitgebers in Anerkennung einer langjährigen Betriebszugehörigkeit und in Erwartung weiterer Betriebstreue.

Der Klägerin ist ferner nicht darin beizupflichten, die Rechtsprechung des Senats führe zu einer gegen Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes verstoßenden Altersdiskriminierung. Da die Pensionszusage eine zusätzliche Vergütung für geleistete und noch zu erbringende Arbeitsleistungen darstellt, stellt die Annahme, dass eine Pensionszusage bei fortschreitendem Lebensalter nicht mehr erdient werden kann, ein sachliches Kriterium dar, das die Ungleichbehandlung rechtfertigen kann, zumal der Senat die Altersgrenze nie als ein fixes, sondern nur als ein gewichtiges Kriterium im Rahmen einer Gesamtbeurteilung des konkreten Einzelfalls begriffen und angewandt hat, von dem in besonders gelagerten Fällen abgewichen werden kann.

Von diesen Maßgaben ausgehend hat das FG in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise aus den Umständen des Streitfalls den Schluss gezogen, dass die dem A gewährte Pensionszusage nicht mehr erdient werden konnte. Dies hat das FG aus dem Umstand gefolgert, dass A zum Zeitpunkt der Pensionszusage bereits 62 Jahre und fünf Monate alt war und daher nach nur vier Jahren und sieben Monaten ein Anspruch auf Zahlung der vollen Pension bestand. Unter Hinnahme von Kürzungen war es A zudem bereits drei Jahre nach der Erteilung der Pensionszusage möglich, die Rente in Anspruch zu nehmen. Die Würdigung des FG, diese Umstände deuteten auf eine fehlende Erdienbarkeit und damit auf eine gesellschaftsrechtliche Veranlassung der Pensionszusage hin, kann revisionsrechtlich nur auf verfahrensrechtlich einwandfreies Zustandekommen und auf Verstöße gegen Denkgesetze oder gegen allgemeine Erfahrungssätze überprüft werden.

 

Verzicht auf verfallbare Pensionsansprüche eines Geschäftsführers

Verzichten Gesellschafter-Geschäftsführer im Zuge einer Anteilsübertragung unter Beendigung ihrer Dienstverhältnisse auf bislang nicht unverfallbare Ansprüche aus Pensionszusagen, führt dies zu einer Einkommenserhöhung bei der Kapitalgesellschaft. Der diese Einkommenserhöhung ausgleichende Ansatz einer verdeckten Einlage kommt nicht in Betracht: Entweder weil man den Einlagebegriff als nicht erfüllt ansieht (kein einlagefähiges Wirtschaftsgut oder keine Veranlassung durch das Gesellschaftsverhältnis) oder weil eine Einlagebewertung mit Null erfolgt.

BFH Urteil 08.06.2011 – I R 62/10 BFHNV 2011 S. 2117

Begründung:

Der im Zuge der Anteilsübertragungen eingetretene Fortfall der Verpflichtungen aus den noch nicht unverfallbaren Pensionszusagen ist bei der Klägerin ertragswirksam (einkommenserhöhend) anzusetzen.

Das FG hat darauf abgestellt, dass im Zuge der Anteilsübertragungen (und der damit einhergehenden Aufhebung der Anstellungsverträge mit den Altgesellschaftern) die Verpflichtungen der Klägerin aus den Versorgungsversprechen, die als Pensionsrückstellungen im Jahresabschluss der Klägerin zum 31. Dezember 2001 erfasst worden waren, entfallen sind. Dabei hat das FG offengelassen, ob diesem Fortfall der Verpflichtungen –wie die Klägerin vorträgt– ein Erlassvertrag zwischen den Altgesellschaftern und der Klägerin zugrunde lag (in der Form eines negativen Schuldanerkenntnisses i.S. des § 397 Abs. 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs) oder er aus der Aufhebung der Anstellungsverträge zu einem Zeitpunkt vor dem Eintritt des Unbedingtwerdens des Versorgungsanspruchs (dies entsprechend der Versorgungsvereinbarung nach Maßgabe des § 1 BetrAVG a.F.) folgt. In beiden Fällen sei der Fortfall der Verpflichtungen durch eine Auflösung der Rückstellungen ertragswirksam (einkommenserhöhend) zu berücksichtigen.

Dem ist jedenfalls im Ergebnis beizupflichten. Die Auflösung der Pensionsverpflichtungen ist bei der Klägerin ertragswirksam geworden.

 

Denn entweder fehlt es bereits an einer Einlage der Altgesellschafter, sei es, weil die Versorgungsanwartschaften im Zeitpunkt der Verzichte noch verfallen konnten –sie also lediglich einen aufschiebend bedingten Anspruch auf Pensionszahlungen bei Eintritt des Versorgungsfalls repräsentierten– und damit zu diesem Zeitpunkt mangels vorherigen Zuflusses beim Anwartschaftsberechtigten nicht einlagefähig waren , sei es, weil man annähme, dass die mit den Verzichten einhergehende Beendigung der Anstellungsverhältnisse als Geschäftsführer im Zuge der Veräußerung der Geschäftsanteile nicht durch das Gesellschaftsverhältnis (mit-)veranlasst gewesen ist.

Oder aber man sieht zwar die Voraussetzungen einer Einlage der –hier: aufgrund ihrer gleichgelagerten Interessen beherrschenden– Altgesellschafter als erfüllt an, sei es, weil die Verzichte Gegenstand der vertraglichen Vereinbarung zur Anteilsübertragung waren, sei es, weil die Altgesellschafter aus diesem Grunde einer vorzeitigen Auflösung ihrer Anstellungsverträge zugestimmt haben, was wiederum verhinderte, dass die Pensionsanwartschaften unverfallbar werden konnten. Für diesen Fall einer Einlage wären die noch verfallbaren Pensionsanwartschaften, auf die verzichtet worden ist, indes als wertlos anzusehen und mit null zu bewerten.