EuGH-Vorlage zur Personalgestellung von Pflegefachkräften an stationäre und ambulante Pflegeeinrichtunge

1. Zur Auslegung von Art. 132 Abs. 1 Buchst. g MwStSystRL:

a) Kann ein Mitgliedstaat das ihm eingeräumte Ermessen zur Anerkennung als Einrichtung mit sozialem Charakter dahingehend ausüben, dass er zwar Personen anerkennt, die ihre Leistungen an Sozialkassen und Pflegekassen erbringen, nicht aber auch staatlich geprüfte Pflegekräfte, die ihre Leistungen unmittelbar an Pflegebedürftige erbringen?

b) Falls staatlich geprüfte Pflegekräfte als soziale Einrichtung anzuerkennen sind:

Ergibt sich die Anerkennung einer Zeitarbeitsfirma, die staatlich geprüfte Pflegekräfte an anerkannte Pflegeeinrichtungen (Zieleinrichtungen) verleiht, aus der Anerkennung des verliehenen Personals?

2. Zur Auslegung von Art. 134 Buchst. a MwStSystRL:

Ist die Gestellung von staatlich geprüften Pflegekräften für die Erbringung von Pflegeleistungen der Zieleinrichtung (Entleiher) als eng mit der Sozialfürsorge und der sozialen Sicherheit verbundener Umsatz unerlässlich, wenn die Zieleinrichtung ohne Personal nicht tätig werden kann?

BFH Entscheidung vom 21.8.2013, V R 20/12

 

Keine Steuerfreiheit von Personalgestellungs- und Beratungsleistungen einer Spielbank

Von der Spielbankabgabe unbelastete Umsätze einer Spielbank aus Personalgestellung und Beratung sind nicht nach § 4 Nr. 9 Buchst. b Satz 1 UStG in der bis zum 5. Mai 2006 geltenden Fassung steuerfrei.

BFH Urteil vom 19.10.2011, XI R 20/09

Begründung:

Danach waren die Umsätze der öffentlichen Spielbanken, die "durch den Betrieb der Spielbank bedingt" waren, umsatzsteuerfrei. Nach dem Sinn und Zweck des § 4 Nr. 9 Buchst. b Satz 1 UStG a.F. sind nach dieser Vorschrift nur solche Umsätze öffentlicher Spielbanken von der Umsatzsteuer entlastet, die zugleich mit der Spielbankabgabe belastet sind. Dies trifft auf die streitigen Leistungen nicht zu.

In seinem Gutachten führte der BFH aus, die Befreiung betreffe alle Umsätze, "die durch den Betrieb der Spielbank bedingt" seien, nicht aber z.B. Umsätze, die mit einem Gaststättenbetrieb in Zusammenhang stünden. Die Befreiung von der Umsatzsteuer stelle mithin kein Privileg der Spielbankunternehmer dar, sondern vermeide eine Doppelbesteuerung. Der Grund für die in dieser Vorschrift vorgesehene Steuerbefreiung war auch hier die Vermeidung einer Doppelbesteuerung, weil die zugelassenen öffentlichen Spielbanken nach Maßgabe des Spielbankenrechts der einzelnen Bundesländer einer Spielbankabgabe in der Regel von 80 % der Bruttoerträge unterlagen.

Die streitigen Leistungen sind ferner nicht als Nebenleistungen zu der nach § 4 Nr. 9 Buchst. b Satz 1 UStG a.F. umsatzsteuerfreien Hauptleistung der Klägerin, dem Veranstalten von Glücksspielen, zu behandeln. Dies trifft auf die von der Klägerin gegenüber anderen Spielbankbetreibern erbrachten Personalgestellungen und Beratungsleistungen nicht zu. Denn für die Teilnehmer an den von der Klägerin veranstalteten Glücksspielen macht es keinen Unterschied, ob derartige Leistungen gegenüber anderen Unternehmen erbracht werden. Die Bedingungen, unter denen diese Leistungsempfänger die Hauptleistung –das von der Klägerin veranstaltete Glücksspiel– in Anspruch nehmen, werden durch Leistungen an andere Spielbanken nicht optimiert.

Personalgestellung durch Gesellschafter als Teil des Entgelts für die durch die Gesellschaft erbrachte Leistung

§ 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG setzt für den Leistungsaustausch einen unmittelbaren, nicht aber einen inneren Zusammenhang zwischen Leistung und Entgelt voraus. Dies gilt auch für Tausch und tauschähnliche Umsätze (§ 3 Abs. 12 UStG)    .

Ein tauschähnlicher Umsatz mit Baraufgabe liegt auch dann vor, wenn

– eine Gesellschaft auf schuldrechtlicher Grundlage an ihre beiden Gesellschafter Leistungen gegen Entgelt erbringt und

– ihr die beiden Gesellschafter in unmittelbarem Zusammenhang hiermit auf gesellschaftsrechtlicher Grundlage Personal zur Verfügung stellen      .

Um eine Beistellung anstelle eines tauschähnlichen Umsatzes handelt es sich nur, wenn das vom jeweiligen Gesellschafter überlassene Personal ausschließlich für Zwecke der Leistungserbringung an den jeweiligen Gesellschafter verwendet wird .

BFH Urteil vom 15.4.2010, V R 10/08

Begründung:

Nach ständiger Rechtsprechung des EuGH, der sich der Bundesfinanzhof (BFH) angeschlossen hat, erbringt der Unternehmer (Steuerpflichtige) eine Leistung gegen Entgelt, die nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 des Umsatzsteuergesetzes 2005 (UStG) steuerbar ist und die gemäß Art. 2 Nr. 1 der Richtlinie 77/388/EWG dem Anwendungsbereich der Steuer unterliegt, wenn zwischen dem Unternehmer und dem Leistungsempfänger ein Rechtsverhältnis besteht, das einen unmittelbaren Zusammenhang zwischen Leistung und Entgelt begründet, so dass das Entgelt als Gegenwert für die Leistung anzusehen ist.

Wie zwischen den Beteiligten unstreitig ist, erbrachte die Klägerin auf der Grundlage der Dienstleistungsrahmenverträge Leistungen an beide Kommanditisten gegen Kostenübernahme und damit gegen Entgelt.

Im Rahmen eines tauschähnlichen Umsatzes gehörten nicht nur die durch die Kommanditisten erbrachten Zahlungen, sondern auch die durch beide Kommanditisten erfolgte Gestellung von Personal zum Entgelt für die Leistungen der Klägerin.