Selbst getragene Pflegekosten als außergewöhnliche Belastungen abziehbar

Aufwendungen wegen Pflegebedürftigkeit sind nur insoweit als außergewöhnliche Belastungen zu berücksichtigen, als die Pflegekosten die Leistungen der Pflegepflichtversicherung und das aus einer ergänzenden Pflegekrankenversicherung bezogene Pflege(tage)geld übersteigen.

 BFH Beschluss vom 14.4.2011, VI R 8/10

 Erläuterungen (BFH):

Mit Beschluss vom 14. April 2011 VI R 8/10 hat der Bundesfinanzhof (BFH) entschieden, dass Aufwendungen wegen Pflegebedürftigkeit nur insoweit als außergewöhnliche Belastungen zu berücksichtigen sind, als die Pflegekosten die Leistungen der Pflegepflichtversicherung und das aus einer ergänzenden Pflegekrankenversicherung bezogene Pflege(tage)geld übersteigen.

Im Streitfall lebte der pflegebedürftige (Pflegestufe III) Kläger in einem Pflegeheim. Die Aufwendungen hierfür wurden ihm teilweise durch die Beihilfe und die Pflegepflichtversicherung ersetzt. Er hatte außerdem eine private Pflegezusatzversicherung abgeschlossen. Aus dieser Versicherung bezog er in den Streitjahren ein monatliches Pflegegeld. Das Finanzamt (FA) berücksichtigte die Pflegeaufwendungen als außergewöhnliche Belastungen, zog jedoch entgegen der von den Klägern durchgeführten Berechnung das von der Pflegezusatzversicherung erhaltene Pflegegeld ab. Die hiergegen erhobene Klage war erfolglos.

Der BFH bestätigte die Entscheidung des Finanzgerichts und wies die Revision des Klägers zurück. Das FA habe die Leistungen aus der ergänzenden Pflegekrankenversicherung zu Recht auf die als außergewöhnliche Belastungen geltend gemachten Pflegekosten des Klägers angerechnet. Pflegekosten seien ebenso wie Krankheitskosten eine außergewöhnliche Belastung im Sinne von § 33 des Einkommensteuergesetzes. Aufwendungen für die krankheitsbedingte Unterbringung in einem Altenpflegeheim könnten deshalb als außergewöhnliche Belastungen geltend gemacht werden. Außergewöhnliche Belastungen seien jedoch nur insoweit abziehbar, als der Steuerpflichtige die Aufwendungen endgültig selbst trage. Deshalb müssten Vorteile oder Kostenerstattungen, die der Steuerpflichtige als Ausgleich für die eingetretene Belastung erhalte, abzugsmindernd angerechnet werden.

Heimkosten des nicht pflegebedürftigen Ehegatten keine außergewöhnlichen Belastungen

Aufwendungen des nicht pflegebedürftigen Steuerpflichtigen, der mit seinem pflegebedürftigen Ehegatten in ein Wohnstift übersiedelt, erwachsen nicht zwangsläufig i.S. des § 33 Abs. 2 Satz 1 EStG .

Eine Zwangsläufigkeit aus tatsächlichen Gründen ist ausgeschlossen, weil der Umzug in das Pflegeheim auf einer freien Entschließung beruht. Eine tatsächliche Zwangslage i.S. des § 33 Abs. 2 Satz 1 EStG kann aber nur durch ein unausweichliches Ereignis tatsächlicher Art begründet werden, nicht durch eine maßgeblich vom menschlichen Willen beeinflusste Situation .

Die Verpflichtung zu ehelicher Gemeinschaft gemäß § 1353 Abs. 1 Satz 2 BGB begründet keine Rechtspflicht des Steuerpflichtigen i.S. des § 33 Abs. 2 Satz 1 EStG, seinen pflegebedürftigen Ehegatten in ein Pflegeheim zu begleiten. Eine unausweichliche sittliche Verpflichtung hierzu besteht ebenfalls nicht .

Werden Kosten einer Heimunterbringung dem Grunde nach als außergewöhnliche Belastung (Krankheitskosten) berücksichtigt, sind sie nur insoweit gemäß § 33 Abs. 1 EStG abziehbar, als sie die zumutbare Belastung (§ 33 Abs. 3 EStG) sowie die sog. Haushaltsersparnis übersteigen. Dies gilt selbst dann, wenn durch die Heimunterbringung zusätzliche Kosten der Lebensführung entstanden sind

BFH Urteil vom 15.4.2010, VI R 51/09

Erläuterung

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat mit Urteil vom 15. April 2010 VI R 51/09 entschieden, dass Aufwendungen des nicht pflegebedürftigen Steuerpflichtigen, der mit seinem pflegebedürftigen Ehegatten in ein Wohnstift übersiedelt, nicht als außergewöhnliche Belastung bei der Einkommensteuer abziehbar sind.

Entstehen einem Steuerpflichtigen zwangsläufig größere Aufwendungen als der überwiegenden Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommensverhältnisse, gleicher Vermögensverhältnisse und gleichen Familienstands, können die Aufwendungen als sog. außergewöhnliche Belastungen gemäß § 33 Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) von der Bemessungsgrundlage der Einkommensteuer abgezogen werden, soweit eine vom Gesetz festgelegte Zumutbarkeitsgrenze überschritten wird.

Im Urteilsfall hatten Ehegatten die Wohn-, Verpflegungs- und Betreuungskosten in Höhe von rund 51.000 € geltend geamacht. Der Ehemann, der auf einen Rollstuhl angewiesen war (Grad der Behinderung 90, Merkzeichen "aG"), war in die Pflegestufe 1 eingeordnet. Die nicht pflegebedürftige Ehefrau war ihrem Ehemann ins Wohnstift gefolgt. Das Finanzamt ließ von den geltend gemachten Kosten nur die auf den Ehemann entfallenden Aufwendungen als außergewöhnliche Belastungen gekürzt um eine sogenannte Hauhaltsersparnis zum Abzug nach § 33 EStG zu, nicht jedoch die auf die Ehefrau entfallenden Kosten.

Der BFH bestätigte diese Handhabung. Er entschied, dass Aufwendungen des nicht pflegebedürftigen Steuerpflichtigen, der mit seinem pflegebedürftigen Ehegatten in ein Wohnstift übersiedelt, nicht zwangsläufig i. S. des § 33 Abs. 2 Satz 1 EStG erwachsen. Allein der Umstand, dass die Ehefrau ihrem pflegebedürftigen Ehemann in das Heim gefolgt sei, begründe noch keine unausweichliche Zwangslage. Darin liege auch kein Verstoß gegen Art. 6 Abs. 1 des Grundgesetzes.

Die Kürzung der auf den Ehemann entfallenden Heimkosten um eine sog. Haushaltsersparnis beanstandete der BFH ebenfalls nicht. Denn ein Steuerpflichtiger habe nach Auflösung seines normalen Haushalts nur zusätzliche Kosten durch die Heimunterbringung. Entsprechend seien die Unterbringungskosten um eine Haushaltsersparnis, die der Höhe nach den ersparten Verpflegungs- und Unterbringungskosten entspricht und vom BFH mit 7.680 € angesetzt wurde, zu kürzen.