Ermäßigter Steuersatz für Druck eines Praxisratgebers

Ermäßigter Steuersatz für Druck eines auch Eigenwerbung enthaltenden Praxisratgebers

FG Berlin Brandenburg 21.03.2013, 5 K 5106/12

Begründung:

Gemäß § 12 Abs. 2 Nr. 1 in Verbindung mit Nr. 49 der Anlage 2 zum UStG ermäßigt sich die Steuer für die Lieferung von Büchern, Zeitungen und anderen Erzeugnissen des grafischen Gewerbes, u. a. Broschüren und ähnliche Drucke, auf 7 %, sofern die Veröffentlichungen nicht überwiegend Werbezwecken dienen. Überwiegend Werbezwecken dient eine Veröffentlichung, wenn sie in erster Linie wegen der darin enthaltenen Werbung herausgegeben wird. Für die Abgrenzung ist nicht entscheidend auf das Raumverhältnis zwischen werbendem und anderem Text, sondern auf die Art der Aufmachung, den Inhalt und den Herausgabezweck des Druckerzeugnisses abzustellen, sofern diese Kriterien in dem Druckerzeugnis ihren Niederschlag gefunden haben.

Unter Werbung ist im Allgemeinen wie im wirtschaftswissenschaftlichen Sprachgebrauch zu verstehen eine "zwangfreie und absichtliche Form der Beeinflussung, welche die Menschen zur Erfüllung des Werbeziels veranlassen soll". Es kommt nicht darauf an, auf welche Weise die Einflussnahme im Einzelnen verwirklicht werden soll, sondern nur darauf, dass sie (erkennbar) beabsichtigt ist. Werbezwecken dient deshalb auch eine in die Form einer Sachinformation gekleidete positive Darstellung eines Objekts, die dem Adressaten eine bestimmte Entscheidung im Sinne des jeweiligen Werbeziels nahelegen soll.

Nach diesen Rechtsgrundsätzen dient die in Rede stehende Broschüre nicht überwiegend Werbezwecken. Wie der Senat bereits in seinem Beschluss betreffend die Aussetzung der Vollziehung vom 16.8.2012 (5 V 5134/12) ausgeführt hat, verfolgt der Ratgeber zwar auch den Zweck der Werbung für die Implantationstechnik und den behandelnden Zahnarzt, da er die funktionale und insbesondere auch ästhetische Bedeutung von Zahnersatz hervorhebt, die Implantationstechnik als moderne und optimale Behandlungsmethode darstellt und den Zahnarzt als Spezialisten derselben empfiehlt. Diese Werbung ist jedoch nicht überwiegender Zweck des Ratgebers. Im Vordergrund stehen vielmehr Information und Aufklärung zum Thema Implantologie. Denn nach Inhalt und Aufmachung geht es primär darum, dem Patienten zu erläutern, was Implantologie ist, für wen sie sich eignet, welche Risiken und Alternativen bestehen und wie das operative Verfahren ist. Insbesondere aus der Darstellung der Risiken lässt sich ersehen, dass die Broschüre auch nicht den Hauptzweck hat, für Implantationsverfahren zu werben. Die Ratgeber werden auch nicht, wie die Klägerin unter Vorlage eidesstattlicher Versicherungen seitens verschiedener Zahnärzte glaubhaft vorgetragen hat, in den Arztpraxen zur kostenlosen Mitnahme ausgelegt, sondern erst nach einem Beratungsgespräch mit dem Zahnarzt von diesem persönlich an den Patienten ausgehändigt, damit dieser sich zu Hause in Ruhe informieren kann. Der sehr detaillierte Sachteil prägt die Broschüre als Informationsbroschüre, bei der der Werbecharakter für den Zahnarzt sowohl quantitativ als auch qualitativ von untergeordneter Bedeutung erscheint. Der Werbezweck ist im Übrigen schon deshalb zu vernachlässigen, weil der Ratgeber von dem Zahnarzt an bereits vorhandene Patienten ausgehändigt wird und somit nicht der Werbung von neuen Patienten dient. Schließlich ist die Broschüre geeignetes Mittel zur Erfüllung der seitens der Zahnärzte bestehenden gesetzlichen Aufklärungs- und Informationspflichten und wird nach dem unbestrittenen Vorbringen der Klägerin auch als solches eingesetzt.

Dieser Beurteilung widersprechen nicht von dem Beklagten eingereichten Protokolle über die Vernehmung eines Zahnarztes und der Betreiber eines Labors. Dass die Broschüren überwiegend Werbezwecken dienen, lässt sich den protokollierten Aussagen gerade nicht entnehmen, dass sie auch der Werbung dienen, ist unstreitig, steht aber – wie ausgeführt – der begünstigten Besteuerung nicht entgegen. Dem beantragten Zeugenbeweis des Beklagten musste aus diesem Grunde nicht entsprochen werden.