Anscheinsbeweis für Privatnutzung eines Dienstwagens

Auf die Beantwortung der als rechtsgrundsätzlich bedeutsam herausgestellten Frage, ob bei einem Alleingesellschafter-Geschäftsführer einer GmbH zulässigerweise Anscheinsbeweisgrundsätze für die Feststellung einer Privatnutzung des betrieblichen Pkw herangezogen werden können, kommt es nicht an, wenn sich das FG aufgrund diverser Indizien die Überzeugung von der Privatnutzung verschafft hat.

BFH Beschluss vom 30.09.2015-IB 85/14 BFH NV 2016 S. 423

Die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) ist eine GmbH, die telefonische Rechtsberatungen durchführt. In den Streitjahren war A zunächst alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer der Gesellschaft. Nach der Veräußerung eines Geschäftsanteils in Höhe von 500 EUR (= 1,96 %) an Frau B war diese ebenfalls beteiligt. B wurde zudem zur weiteren Geschäftsführerin bestellt. Zum Betriebsvermögen der Klägerin gehörte ein PKW der Marke Maserati, der von A zumindest für dienstliche Fahrten genutzt wurde. Der Anstellungsvertrag zwischen der Klägerin und A enthielt keinerlei Regelungen über die Benutzung von Fahrzeugen der Gesellschaft.

Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt) ging davon aus, dass A den Maserati auch für private Fahrten genutzt hatte und setzte in den Körperschaftsteuer- und Gewerbesteuermessbetragsbescheiden verdeckte Gewinnausschüttungen (vGA) an.

Begründung:

Die Beschwerde ist unzulässig und durch Beschluss zu verwerfen (§ 116 Abs. 5 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung –FGO–).

Soweit die Klägerin die rechtsgrundsätzliche Bedeutung der Sache i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO geltend macht, wird die Rechtsfrage aufgeworfen, „ob die Voraussetzungen für den Beweis des ersten Anscheins einer privaten Nutzung betrieblicher PKW durch einen beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführer anders als bei einem Arbeitnehmer zu bewerten sind”. Die Klärungsbedürftigkeit dieser Frage wird in der im Stile einer Revisionsbegründung verfassten Beschwerdeschrift allerdings nicht substantiiert herausgearbeitet. So fehlt die gebotene Auseinandersetzung mit den in Rechtsprechung und Literatur zu dieser Frage vertretenen Auffassungen.

Ferner ist die Klärungsfähigkeit der Rechtsfrage nicht dargelegt worden. Auf die Frage der Anwendbarkeit der Anscheinsbeweisgrundsätze käme es in einem künftigen Revisionsverfahren nämlich nur dann an, wenn das FG seine Überzeugung vom Vorliegen einer Privatnutzung allein auf diese Grundsätze gestützt hätte. Dem angegriffenen Urteil lässt sich aber mit hinreichender Deutlichkeit entnehmen, dass das FG nicht allein auf allgemeine Erfahrungssätze –als Grundlage des Anscheinsbeweises, sondern auch auf konkrete Indizien (fehlende Regelung im Anstellungsvertrag, Saisonkennzeichen, Fahrzeug zunächst im Betriebsvermögen des Einzelunternehmens des A) abgestellt hat (Indizienbeweis).

Im Streitfall besteht die Besonderheit, dass A alleiniger bzw. später beherrschender Gesellschafter-Geschäftsführer war. Wegen des fehlenden Interessengegensatzes zwischen der „Arbeitgeber- und Arbeitnehmerseite” –beide „repräsentiert” durch A– liegt es nahe, diese Unterschiede im Sachverhalt aufzugreifen und rechtlich andere, und zwar strengere Maßstäbe anzulegen.

Es fehlt schließlich an der Entscheidungserheblichkeit der geltend gemachten Abweichung Überzeugt sich das FG aufgrund der von ihm festgestellten Indizien von der Privatnutzung des Dienstwagens (s. oben unter 1. der Gründe dieses Beschlusses), dann müssen die Grundsätze des Anscheinsbeweises, die das FG nach dem Vorbringen der Klägerin divergierend zur Rechtsprechung des VI. Senats angewandt haben soll, nicht mehr bemüht werden.