1 %-Regelung gilt nur für tatsächlich zur privaten Nutzung überlassene Dienstwagen

Die Anwendung der 1 %-Regelung setzt voraus, dass der Arbeitgeber seinem Arbeitnehmer tatsächlich einen Dienstwagen zur privaten Nutzung überlassen hat .

Der Anscheinsbeweis streitet dafür, dass der Arbeitnehmer einen ihm vom Arbeitgeber zur privaten Nutzung überlassenen Dienstwagen auch tatsächlich privat nutzt, nicht aber dafür, dass der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer den Dienstwagen zur privaten Nutzung überlassen hat .

BFH Urteil vom 21.4.2010, VI R 46/08

Begründung:

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat mit Urteil vom 21. April 2010 VI R 46/08 entschieden, dass die 1 %-Regelung nur gilt, wenn der Arbeitgeber seinem Arbeitnehmer tatsächlich einen Dienstwagen zur privaten Nutzung überlässt. Aus der Bereitstellung eines Fahrzeugs zu betrieblichen Zwecken könne nicht aufgrund eines Anscheinsbeweises darauf geschlossen werden, dass das Fahrzeug vom Arbeitnehmer auch privat genutzt werde.

In dem der Entscheidung zu Grunde liegenden Streitfall betrieb der Kläger eine Apotheke mit Arzneimittelherstellung und etwa 80 Mitarbeitern, darunter auch der Sohn des Klägers, der auch das höchste Gehalt aller Mitarbeiter erhielt. Im Betriebsvermögen befanden sich sechs Kraftfahrzeuge, die für betriebliche Fahrten zur Verfügung standen. Fahrtenbücher wurden nicht geführt. Im Anschluss an eine Lohnsteuerprüfung ging das Finanzamt davon aus, dass der Sohn das teuerste der sechs betrieblichen Kraftfahrzeuge, einen Audi A8 Diesel, auch privat nutze, setzte dies als steuerpflichtigen Sachbezug mit der 1 %-Regelung an und erließ gegen den Kläger einen Lohnsteuerhaftungsbescheid.

Der Kläger machte dagegen vor dem Finanzgericht (FG) im Ergebnis erfolglos geltend, dass die Mitarbeiter und auch sein Sohn die betrieblichen Kraftfahrzeuge nicht privat sondern nur betrieblich genutzt hätten und die Privatnutzung arbeitsvertraglich verboten sei. Das Finanzgericht entschied, dass aufgrund der allgemeinen Lebenserfahrung der Beweis des ersten Anscheins für eine auch private Nutzung des Dienstwagens spreche. Unstreitig habe der Sohn das Fahrzeug dienstlich genutzt. Eine Privatnutzung durch ihn sei daher nicht auszuschließen.

Der BFH hob die Vorentscheidung auf und verwies die Sache an das FG zurück. Im Streitfall seien die Anwendungsvoraussetzungen der 1 %-Regelung, nämlich dass der Arbeitgeber eines der für Betriebszwecke vorgehaltenen Fahrzeuge seinem Sohn zur privaten Nutzung überlassen habe, nicht festgestellt. Stehe eine solche Kraftfahrzeugüberlassung zur privaten Nutzung nicht fest, könne diese fehlende Feststellung nicht durch den Anscheinsbeweis ersetzt werden. Es gebe weder einen Anscheinsbeweis dafür, dass dem Arbeitnehmer ein Dienstwagen aus dem arbeitgebereigenen Fuhrpark zur Verfügung stehe, noch dass der Arbeitnehmer ein solches Fahrzeug unbefugt auch privat nutze.

 

Privatnutzung von Dienstfahrzeugen

Begründung

Nach der allgemeinen Lebenserfahrung werden dienstliche Fahrzeuge, die zu privaten Zwecken zur Verfügung stehen, auch tatsächlich privat genutzt. Dafür spricht der Beweis des ersten Anscheins. Etwas anderes gilt, wenn es sich um ein Fahrzeug handelt, das typischerweise zum privaten Gebrauch nicht geeignet ist Soweit keine besonderen Umstände hinzutreten, kann das FG aufgrund der Anscheinsbeweisregel regelmäßig davon ausgehen, dass eine private Nutzung stattgefunden hat.

Der Beweis des ersten Anscheins kann vom Kläger durch den sog. Gegenbeweis entkräftet oder erschüttert werden. Hierzu ist der Vollbeweis des Gegenteils nicht erforderlich. Der Kläger muss also nicht beweisen, dass eine private Nutzung nicht stattgefunden hat. Erforderlich, aber auch ausreichend ist, dass vom Kläger ein Sachverhalt dargelegt (und im Zweifelsfall nachgewiesen) wird, der die ernsthafte Möglichkeit eines anderen als des der allgemeinen Erfahrung entsprechenden Geschehens ergibt. Der Anscheinsbeweis wird im Regelfall noch nicht erschüttert, wenn der Kläger lediglich behauptet, für privat veranlasste Fahrten hätten private Fahrzeuge zur Verfügung gestanden. Auch ein eingeschränktes privates Nutzungsverbot vermag den Anscheinsbeweis regelmäßig nicht zu entkräften.

Das Gericht hat den allgemeinen Erfahrungssatz grundsätzlich zutreffend dahin präzisiert, dass ein Dienstfahrzeug erfahrungsgemäß auch dann privat genutzt wird, wenn ein Privatfahrzeug zwar zur Verfügung steht, dem Dienstfahrzeug aber weder in Status noch Gebrauchswert vergleichbar ist. Allerdings ist unter diesen Umständen der für die Privatnutzung sprechende Anscheinsbeweis umso leichter zu erschüttern, je geringer die Unterschiede zwischen den Fahrzeugen ausfallen. Denn bei Gleichwertigkeit der Fahrzeuge ist keine nachvollziehbare Veranlassung ersichtlich, für Privatfahrten das Dienstfahrzeug zu nutzen.

Anmerkung:

Das Verfahren  wurde zur weiteren Sachaufklärung an das Finanzgericht zurück verwiese.