Regelmäßige Arbeitsstätte einer Kabinenchefin

Eine Kabinenchefin unterhält am Heimatflughafen ihrer Fluglinie auch dann keine regelmäßige Arbeitsstätte, wenn sie diesen arbeitstäglich anfährt.

BFH Urteil vom 26.02.2014 – VI R 54/13 (BFHNV 2014 S. 1199) (veröffentlicht am 18.06.2014)

Tatbestand

Streitig ist, ob Aufwendungen einer Kabinenchefin (Teampurserette) für die Wege zwischen ihrer Wohnung und dem Heimatflughafen nach Maßgabe der Entfernungspauschale zu berücksichtigen sind.

Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) arbeitet als Kabinenchefin für die Fluggesellschaft C. Sie lebt in B. Ihr Einsatz- bzw. Heimatflughafen ist A.

Entscheidungsgründe

Die Revision ist unbegründet und daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung –FGO–). Zu Recht hat das FG entschieden, dass die Kosten der Klägerin für die Wege zwischen ihrer Wohnung und dem Heimatflughafen A in tatsächlicher Höhe als Werbungskosten abziehbar sind. Über die Revision ist sachlich zu entscheiden, weil das FA die Revision wegen des fehlenden Einverständnisses der Klägerin nicht mehr wirksam zurücknehmen konnte (§ 125 Abs. 1 Satz 2 FGO).

Beruflich veranlasste Fahrtkosten sind Erwerbsaufwendungen und gemäß § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG in Höhe des dafür tatsächlich entstandenen Aufwands als Werbungskosten zu berücksichtigen. Erwerbsaufwendungen in diesem Sinne sind auch die Kosten des Arbeitnehmers für seine Wege zwischen Wohnung und regelmäßiger Arbeitsstätte. Allerdings dürfen diese Kosten gemäß § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 EStG nur nach Maßgabe einer Entfernungspauschale als Werbungskosten in Abzug gebracht werden.

Regelmäßige Arbeitsstätte im Sinne dieser die beruflichen Mobilitätskosten lediglich eingeschränkt berücksichtigenden Regelung ist nur der ortsgebundene Mittelpunkt der dauerhaft angelegten beruflichen Tätigkeit des Arbeitnehmers und damit der Ort, an dem der Arbeitnehmer seine aufgrund des Dienstverhältnisses geschuldete Leistung zu erbringen.Das ist jede ortsfeste dauerhafte betriebliche Einrichtung des Arbeitgebers). Der Arbeitnehmer muss der ortsfesten dauerhaften betrieblichen Einrichtung zugeordnet sein und diese nicht nur gelegentlich, sondern mit einer gewissen Nachhaltigkeit, das heißt fortdauernd und immer wieder.

Eine Arbeitsstätte ist allerdings nicht jeder beliebige Tätigkeitsort, sondern der Ort, an dem der Arbeitnehmer typischerweise seine Arbeitsleistung im Schwerpunkt zu erbringen hat. Insoweit ist entscheidend, wo sich der ortsgebundene Mittelpunkt der beruflichen Tätigkeit eines Arbeitnehmers befindet. Dort liegt die eine regelmäßige Arbeitsstätte, die ein Arbeitnehmer nur haben kann. Dieser Mittelpunkt der dauerhaft angelegten beruflichen Tätigkeit bestimmt sich nach den qualitativen Merkmalen einer wie auch immer gearteten Arbeitsleistung, die der Arbeitnehmer an dieser Arbeitsstätte im Einzelnen wahrnimmt oder wahrzunehmen hat, sowie nach dem konkreten Gewicht dieser dort verrichteten Tätigkeit.

Ist der Arbeitnehmer nicht an einer solchen dauerhaften betrieblichen Einrichtung tätig, liegt regelmäßig eine Auswärtstätigkeit vor, weil der Arbeitnehmer entweder vorübergehend von seiner Wohnung und dem ortsgebundenen Mittelpunkt seiner dauerhaft angelegten beruflichen Tätigkeit entfernt tätig wird, oder weil er schon über keinen dauerhaft angelegten ortsgebundenen Bezugspunkt für seine berufliche Tätigkeit verfügt, sondern nur an ständig wechselnden Tätigkeitsstätten oder auf einem Fahrzeug eingesetzt wird.

Nach diesen Grundsätzen hat das FG zu Recht die Tätigkeit der Klägerin als Auswärtstätigkeit beurteilt. Die der Fluggesellschaft C als Arbeitgeberin möglicherweise zuzuordnende betriebliche Einrichtung auf dem Flughafen erfüllt nicht die Voraussetzungen einer regelmäßigen Arbeitsstätte. Denn die Klägerin war dort nicht in einer Weise tätig, die es rechtfertigt, diesen Tätigkeitsort als regelmäßige Arbeitsstätte zu qualifizieren. Nach den bindenden Feststellungen des FG war die Klägerin schwerpunktmäßig im Flugzeug, das mangels Ortsfestigkeit seinerseits keine regelmäßige Arbeitsstätte ist, tätig. Es genügt nach Auffassung des Senats nicht, dass die Klägerin den Betriebssitz mit einer gewissen Nachhaltigkeit aufgesucht hat. Entscheidend ist, dass sie ihrer eigentlichen Tätigkeit außerhalb des Betriebssitzes nachgegangen ist.

Regelmäßige Arbeitsstätte eines Flugzeugführers

Ein Flugzeugführer ist schwerpunktmäßig in einem Flugzeug und damit auswärts tätig.

Aufwendungen für Fahrten zwischen seiner Wohnung und seinem Heimatflughafen sind daher nicht in der Höhe der Entfernungspauschale, sondern nach Dienstreisegrundsätzen als Werbungskosten abzugsfähig.

BFH Urteil vom 26.02.2014 – VI R 68/12 (BFH NV 2014 S. 1029) (veröffentlicht am 21.05.2014)

Tatbestand

Streitig ist, ob Aufwendungen eines Verkehrsflugzeugführers für die Fahrten zwischen seiner Wohnung und dem Heimatflughafen nach Maßgabe der Entfernungspauschale oder nach Dienstreisegrundsätzen zu berücksichtigen sind.

Der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) ist Berufspilot und als Verkehrsflugzeugführer bei einer Fluggesellschaft beschäftigt.

Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt –FA–) berücksichtigte die Fahrten des Klägers zwischen seiner Wohnung und dem Heimatflughafen in dem Einkommensteuerbescheid für das Streitjahr 2007 erklärungsgemäß nach den Grundsätzen der Entfernungspauschale.

Der aus anderen Gründen eingelegte Einspruch hatte keinen Erfolg. Der Kläger begehrte erstmals mit der daraufhin erhobenen Klage, die arbeitstäglich unternommenen Fahrten mit den tatsächlichen Wegekosten anzusetzen. Aufgrund einer Änderung der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs zur Auslegung des Begriffs der regelmäßigen Arbeitsstätte sei der Heimatflughafen nicht mehr als regelmäßige Arbeitsstätte anzusehen. Soweit es hier von Bedeutung ist, gab das Finanzgericht (FG) der Klage mit den in Entscheidungen der Finanzgerichte 2013, 113 veröffentlichten Gründen statt.

Entscheidungsgründe

Die Revision ist unbegründet und daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 FGO). Das FG hat zu Recht entschieden, dass die Kosten des Klägers für Fahrten zwischen seiner Wohnung und dem Heimatflughafen in tatsächlicher Höhe als Werbungskosten abziehbar sind.

Beruflich veranlasste Fahrtkosten sind Erwerbsaufwendungen und gemäß § 9 Abs. 1 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) in Höhe des dafür tatsächlich entstandenen Aufwands als Werbungskosten zu berücksichtigen. Erwerbsaufwendungen sind grundsätzlich auch die Aufwendungen des Arbeitnehmers für Wege zwischen Wohnung und regelmäßiger Arbeitsstätte. Allerdings sind die Aufwendungen dafür nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 EStG in der in den Streitjahren geltenden Fassung nur begrenzt nach Maßgabe einer Entfernungspauschale als Werbungskosten zu berücksichtigen.

Regelmäßige Arbeitsstätte im Sinne dieser die beruflichen Mobilitätskosten nur eingeschränkt berücksichtigenden Regelung ist nach der neueren Rechtsprechung des erkennenden Senats nur der ortsgebundene Mittelpunkt der dauerhaft angelegten beruflichen Tätigkeit des Arbeitnehmers und damit der Ort, an dem der Arbeitnehmer seine aufgrund des Dienstverhältnisses geschuldete Leistung zu erbringen hat. Dies ist im Regelfall der Betrieb, Zweigbetrieb oder eine Betriebsstätte des Arbeitgebers, denen der Arbeitnehmer zugeordnet ist und die er nicht nur gelegentlich, sondern mit einer gewissen Nachhaltigkeit, also fortdauernd und immer wieder aufsucht.

Eine Arbeitsstätte ist allerdings nicht jeder beliebige Tätigkeitsort, sondern der Ort, an dem der Arbeitnehmer typischerweise seine Arbeitsleistung im Schwerpunkt zu erbringen hat. Insoweit ist entscheidend, wo sich der ortsgebundene Mittelpunkt der beruflichen Tätigkeit eines Arbeitnehmers befindet. Dort liegt die eine regelmäßige Arbeitsstätte, die ein Arbeitnehmer nur haben kann. Dieser Mittelpunkt der dauerhaft angelegten beruflichen Tätigkeit bestimmt sich nach den qualitativen Merkmalen einer wie auch immer gearteten Arbeitsleistung, die der Arbeitnehmer an dieser Arbeitsstätte im Einzelnen wahrnimmt oder wahrzunehmen hat, sowie nach dem konkreten Gewicht dieser dort verrichteten Tätigkeit.

Ist der Arbeitnehmer nicht an einer solchen dauerhaften betrieblichen Einrichtung tätig, liegt regelmäßig eine Auswärtstätigkeit vor, weil der Arbeitnehmer entweder vorübergehend von seiner Wohnung und auch dem ortsgebundenen Mittelpunkt seiner dauerhaft angelegten beruflichen Tätigkeit (Tätigkeitsmittelpunkt) entfernt tätig wird oder weil er schon über keinen dauerhaft angelegten ortsgebundenen Bezugspunkt für seine berufliche Tätigkeit verfügt, sondern nur an ständig wechselnden Tätigkeitsstätten oder auf einem Fahrzeug eingesetzt wird .

Nach diesen Grundsätzen hat das FG zu Recht die Tätigkeit des Klägers als Auswärtstätigkeit beurteilt. Dabei kann dahinstehen, ob der Fluggesellschaft als Arbeitgeberin möglicherweise zuzuordnende betriebliche Einrichtungen auf dem Flughafengelände des Flughafens die Voraussetzungen einer regelmäßigen Arbeitsstätte i.S. des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 EStG erfüllen. Denn der Kläger war dort jedenfalls nicht in einer Weise tätig, die es rechtfertigt, diesen Tätigkeitsort als seine regelmäßige Arbeitsstätte zu beurteilen. Nach den bindenden Feststellungen des FG war er als Verkehrsflugzeugführer und damit schwerpunktmäßig in einem Flugzeug, das mangels Ortsfestigkeit seinerseits keine regelmäßige Arbeitsstätte ist, und damit auswärts tätig. Selbst wenn die Einrichtungen der Fluggesellschaft auf dem Flughafengelände als betriebliche Einrichtung der Arbeitgeberin des Klägers anzusehen wären, genügt es –entgegen der Auffassung des FA– nicht, dass der Kläger diese nachhaltig (gegebenenfalls arbeitstäglich) aufgesucht hat. Entscheidend ist vielmehr, dass er seiner eigentlichen Tätigkeit, dem Führen eines Verkehrsflugzeugs, außerhalb der Einrichtungen der Fluggesellschaft nachgegangen ist.

Regelmäßige Arbeitsstätte des Fahrers eines Müllfahrzeugs

Der Fahrer eines Müllfahrzeugs ist schwerpunktmäßig auf einem Fahrzeug und damit auswärts tätig.

Aufwendungen für Fahrten zwischen Wohnung und dem Ort, an dem er das Fahrzeug übernimmt, sind daher nicht in Höhe der Entfernungspauschale, sondern nach Dienstreisegrundsätzen als Werbungskosten abzugsfähig.

BFH Urteil vom 06.02.2014 – VI R 34/13 BFHNV 2014 S. 691 ff.

Begründung:

Beruflich veranlasste Fahrtkosten sind Erwerbsaufwendungen und gemäß § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG in Höhe des dafür tatsächlich entstandenen Aufwands als Werbungskosten zu berücksichtigen. Erwerbsaufwendungen sind grundsätzlich auch die Aufwendungen des Arbeitnehmers für Wege zwischen Wohnung und regelmäßiger Arbeitsstätte. Allerdings sind die Aufwendungen dafür nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 EStG in der in den Streitjahren geltenden Fassung nur begrenzt nach Maßgabe einer Entfernungspauschale als Werbungskosten zu berücksichtigen.

Regelmäßige Arbeitsstätte im Sinne dieser die beruflichen Mobilitätskosten nur eingeschränkt berücksichtigenden Regelung ist nach der neueren Rechtsprechung des erkennenden Senats nur der ortsgebundene Mittelpunkt der dauerhaft angelegten beruflichen Tätigkeit des Arbeitnehmers und damit der Ort, an dem der Arbeitnehmer seine aufgrund des Dienstverhältnisses geschuldete Leistung zu erbringen hat. Dies ist im Regelfall der Betrieb, Zweigbetrieb oder eine Betriebsstätte des Arbeitgebers, denen der Arbeitnehmer zugeordnet ist und die er nicht nur gelegentlich, sondern mit einer gewissen Nachhaltigkeit, also fortdauernd und immer wieder aufsucht.

Eine Arbeitsstätte ist allerdings nicht jeder beliebige Tätigkeitsort, sondern der Ort, an dem der Arbeitnehmer typischerweise seine Arbeitsleistung im Schwerpunkt zu erbringen hat. Insoweit ist entscheidend, wo sich der ortsgebundene Mittelpunkt der beruflichen Tätigkeit eines Arbeitnehmers befindet. Dort liegt die eine regelmäßige Arbeitsstätte, die ein Arbeitnehmer nur haben kann. Dieser Mittelpunkt der dauerhaft angelegten beruflichen Tätigkeit bestimmt sich nach den qualitativen Merkmalen einer wie auch immer gearteten Arbeitsleistung, die der Arbeitnehmer an dieser Arbeitsstätte im Einzelnen wahrnimmt oder wahrzunehmen hat, sowie nach dem konkreten Gewicht dieser dort verrichteten Tätigkeit.

Ist der Arbeitnehmer nicht an einer solchen dauerhaften betrieblichen Einrichtung tätig, liegt regelmäßig eine Auswärtstätigkeit vor, weil der Arbeitnehmer entweder vorübergehend von seiner Wohnung und auch dem ortsgebundenen Mittelpunkt seiner dauerhaft angelegten beruflichen Tätigkeit (Tätigkeitsmittelpunkt) entfernt tätig wird oder weil er schon über keinen dauerhaft angelegten ortsgebundenen Bezugspunkt für seine berufliche Tätigkeit verfügt, sondern nur an ständig wechselnden Tätigkeitsstätten oder auf einem Fahrzeug eingesetzt wird.

Nach diesen Grundsätzen hatte der Kläger keine regelmäßige Arbeitsstätte i.S. des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 EStG.

Der Betriebshof des S erfüllt nicht die Voraussetzungen einer solchen. Zum einen unterhält der Arbeitgeber des Klägers dort keine eigene betriebliche Einrichtung. Allein die Befugnis, auf dem Betriebshof eines Dritten ein Fahrzeug abzustellen, die dortige Tankstelle gegen Selbstkostenersatz und die vorhandenen Werkstatteinrichtungen gegen Kostenersatz sowie die auf dem Betriebshof befindlichen Sozialeinrichtungen zu benutzen, erlaubt entgegen der Auffassung des FG noch nicht den Schluss, dort den Betrieb, Zweigbetrieb oder eine Betriebsstätte des Arbeitgebers zu verorten. Ferner ist der Kläger dort nicht in einer Weise tätig geworden, die es rechtfertigt, diesen Tätigkeitsort als regelmäßige Arbeitsstätte zu beurteilen. Nach den bindenden Feststellungen des FG war der Kläger als Fahrer des Müllfahrzeugs und damit schwerpunktmäßig auf einem Fahrzeug eingesetzt, das mangels Ortsfestigkeit seinerseits keine regelmäßige Arbeitsstätte ist; er war damit auswärts tätig. Selbst wenn der Betriebshof des S als betriebliche Einrichtung des Arbeitsgebers des Klägers anzusehen wäre, genügt es –entgegen der Auffassung des FG und des FA– nicht, dass der Kläger diese nachhaltig (arbeitstäglich) aufgesucht hat. Entscheidend ist vielmehr, dass er seiner eigentlichen Tätigkeit, das Führen des Müllfahrzeugs, außerhalb des Betriebshofes des S nachgegangen ist.

Fahrtaufwendungen im Rahmen eines Ausbildungsdienstverhältnisses

Ist ein Auszubildender im Rahmen eines Ausbildungsdienstverhältnisses, aus dem er Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit erzielt, dem Ausbildungsbetrieb zugeordnet und sucht er diesen fortdauernd auf, um dort seine für den Ausbildungszweck zentralen Tätigkeiten zu erbringen, so ist der Ausbildungsbetrieb regelmäßige Arbeitsstätte i.S. des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 Satz 1 EStG in der bis Ende 2013 geltenden Fassung.

Allein der Umstand, dass ein Ausbildungsdienstverhältnis regelmäßig zeitlich befristet ist, reicht nicht aus, um dem Ausbildungsbetrieb die Qualifikation als regelmäßige Arbeitsstätte zu versagen.

Fahrtkosten von Auszubildenden zu einem derartigen Ausbildungsbetrieb sind daher nur mit der Entfernungspauschale des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 Satz 2 EStG in der bis Ende 2013 geltenden Fassung als Werbungskosten zu berücksichtigen.

BFH Urteil vom 27.2.2014, III R 60/13

Begründung:

Für ein Kind, das das 18., aber noch nicht das 25. Lebensjahr vollendet hat und sich in Ausbildung befindet, besteht nach § 62 Abs. 1, § 63 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG ein Anspruch auf Kindergeld nur, wenn das Kind Einkünfte und Bezüge, die zur Bestreitung des Unterhalts oder der Berufsausbildung bestimmt oder geeignet sind, von nicht mehr als 8.004 EUR im Kalenderjahr hat. Der Begriff der Einkünfte entspricht dem in § 2 Abs. 2 EStG gesetzlich definierten Begriff und ist je nach Einkunftsart als Gewinn oder als Überschuss der Einnahmen über die Werbungskosten zu verstehen. Erzielt das Kind Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit, sind daher von den Bruttoeinnahmen die Werbungskosten abzuziehen

Werbungskosten i.S. des § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG sind Aufwendungen, die objektiv durch die berufliche Tätigkeit veranlasst sind und die subjektiv zur Förderung des Berufs getätigt werden. Diese Voraussetzungen können auch bei berufsbezogenen Bildungsmaßnahmen erfüllt sein. Zu den Werbungskosten können auch Fahrtkosten gehören. Sie sind grundsätzlich in tatsächlicher Höhe zu berücksichtigen, soweit der Arbeitnehmer nicht von der in H 9.5 des Amtlichen Lohnsteuerhandbuchs 2011 vorgesehenen Pauschale (0,30 EUR je Fahrtkilometer) Gebrauch macht.

Fahrtkosten sind jedoch nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 EStG nur nach den Regeln über die Entfernungspauschale zu berücksichtigen, soweit es sich um Fahrten zwischen Wohnung und regelmäßiger Arbeitsstätte handelt. In diesem Fall sind pro Entfernungskilometer zwischen Wohnung und regelmäßiger Arbeitsstätte grundsätzlich 0,30 EUR anzusetzen.

Regelmäßige Arbeitsstätte im Sinne dieser Vorschrift ist (nur) der (ortsgebundene) Mittelpunkt der dauerhaft angelegten beruflichen Tätigkeit des Arbeitnehmers und damit der Ort, an dem der Arbeitnehmer seine aufgrund des Dienstverhältnisses geschuldete Leistung zu erbringen hat. Dies ist im Regelfall der Betrieb oder eine Betriebsstätte des Arbeitgebers, der der Arbeitnehmer zugeordnet ist und die er nicht nur gelegentlich, sondern mit einer gewissen Nachhaltigkeit, also fortdauernd und immer wieder aufsucht.

Eine vom Arbeitnehmer besuchte arbeitgeberfremde Bildungseinrichtung stellt keine regelmäßige Arbeitsstätte in diesem Sinne dar. Entsprechend kann auch eine Ausbildungsstätte im Rahmen eines Dienstverhältnisses bei beruflichen Lehrgängen, Ausbildungsverhältnissen, Abordnungen oder Fortbildungsmaßnahmen den Charakter einer regelmäßigen Arbeitsstätte haben, wenn es sich um eine betriebliche Einrichtung des Arbeitgebers handelt und der Arbeitnehmer diese dauerhaft, d.h. über einen längeren Zeitraum, aufsucht. Eine andere Beurteilung kommt nur in Betracht, wenn eine beruflich veranlasste Bildungsmaßnahme außerhalb eines Dienstverhältnisses durchgeführt wird.

Regelmäßige Arbeitsstätte des Fahrers eines Müllfahrzeugs

Die regelmäßige Arbeitsstätte eines Fahrers eines Müllfahrzeugs kann nicht am Betriebshof eines Subunternehmers sein (vor 2014).

BFH Urteil vom 6.2.2014, VI R 34/13

Begründung:

Regelmäßige Arbeitsstätte im Sinne dieser die beruflichen Mobilitätskosten nur eingeschränkt berücksichtigenden Regelung ist nach der neueren Rechtsprechung des erkennenden Senats nur der ortsgebundene Mittelpunkt der dauerhaft angelegten beruflichen Tätigkeit des Arbeitnehmers und damit der Ort, an dem der Arbeitnehmer seine aufgrund des Dienstverhältnisses geschuldete Leistung zu erbringen hat. Dies ist im Regelfall der Betrieb, Zweigbetrieb oder eine Betriebsstätte des Arbeitgebers, denen der Arbeitnehmer zugeordnet ist und die er nicht nur gelegentlich, sondern mit einer gewissen Nachhaltigkeit, also fortdauernd und immer wieder aufsucht.

Eine Arbeitsstätte ist allerdings nicht jeder beliebige Tätigkeitsort, sondern der Ort, an dem der Arbeitnehmer typischerweise seine Arbeitsleistung im Schwerpunkt zu erbringen hat. Insoweit ist entscheidend, wo sich der ortsgebundene Mittelpunkt der beruflichen Tätigkeit eines Arbeitnehmers befindet. Dort liegt die eine regelmäßige Arbeitsstätte, die ein Arbeitnehmer nur haben kann. Dieser Mittelpunkt der dauerhaft angelegten beruflichen Tätigkeit bestimmt sich nach den qualitativen Merkmalen einer wie auch immer gearteten Arbeitsleistung, die der Arbeitnehmer an dieser Arbeitsstätte im Einzelnen wahrnimmt oder wahrzunehmen hat, sowie nach dem konkreten Gewicht dieser dort verrichteten Tätigkeit.

Ist der Arbeitnehmer nicht an einer solchen dauerhaften betrieblichen Einrichtung tätig, liegt regelmäßig eine Auswärtstätigkeit vor, weil der Arbeitnehmer entweder vorübergehend von seiner Wohnung und auch dem ortsgebundenen Mittelpunkt seiner dauerhaft angelegten beruflichen Tätigkeit (Tätigkeitsmittelpunkt) entfernt tätig wird oder weil er schon über keinen dauerhaft angelegten ortsgebundenen Bezugspunkt für seine berufliche Tätigkeit verfügt, sondern nur an ständig wechselnden Tätigkeitsstätten oder auf einem Fahrzeug eingesetzt wird.

Nach diesen Grundsätzen hatte der Kläger keine regelmäßige Arbeitsstätte i.S. des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 EStG. Der Betriebshof des S erfüllt nicht die Voraussetzungen einer solchen. Zum einen unterhält der Arbeitgeber des Klägers dort keine eigene betriebliche Einrichtung. Allein die Befugnis, auf dem Betriebshof eines Dritten ein Fahrzeug abzustellen, die dortige Tankstelle gegen Selbstkostenersatz und die vorhandenen Werkstatteinrichtungen gegen Kostenersatz sowie die auf dem Betriebshof befindlichen Sozialeinrichtungen zu (be)nutzen, erlaubt entgegen der Auffassung des FG noch nicht den Schluss, dort den Betrieb, Zweigbetrieb oder eine Betriebsstätte des Arbeitgebers zu verorten. Ferner ist der Kläger dort nicht in einer Weise tätig geworden, die es rechtfertigt, diesen Tätigkeitsort als regelmäßige Arbeitsstätte zu beurteilen. Nach den bindenden Feststellungen des FG war der Kläger als Fahrer des Müllfahrzeugs und damit schwerpunktmäßig auf einem Fahrzeug eingesetzt, das mangels Ortsfestigkeit seinerseits keine regelmäßige Arbeitsstätte ist (Senatsurteil in BFHE 237, 82, BStBl II 2012, 926); er war damit auswärts tätig. Selbst wenn der Betriebshof des S als betriebliche Einrichtung des Arbeitsgebers des Klägers anzusehen wäre, genügt es  nicht, dass der Kläger diese nachhaltig (arbeitstäglich) aufgesucht hat. Entscheidend ist vielmehr, dass er seiner eigentlichen Tätigkeit, das Führen des Müllfahrzeugs, außerhalb des Betriebshofes des S nachgegangen ist.

 

Keine regelmäßige Arbeitsstätte bei befristeter Versetzung des Arbeitnehmers an eine andere betriebliche Einrichtung des Arbeitgebers

Ein Arbeitnehmer, der von seinem Arbeitgeber für zwei Jahre befristet an einer anderen betrieblichen Einrichtung als seinem bisherigen Tätigkeitsort eingesetzt wird, begründet dort keine regelmäßige Arbeitsstätte i.S. des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 EStG und keinen Tätigkeitsmittelpunkt i.S. von § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 5 Satz 2 EStG.

BFH Urteil vom 08.08.2013 – VI R 27/12 BFHNV 2014 S. 308

Begründung:

Als Werbungskosten i.S. von § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG sind sämtliche Aufwendungen abziehbar, die beruflich veranlasst sind. Hierzu gehören auch Fahrt- bzw. Mobilitätskosten. Sie sind grundsätzlich in tatsächlicher Höhe zu berücksichtigen. Allerdings sind Aufwendungen des Arbeitnehmers für die Wege zwischen Wohnung und regelmäßiger Arbeitsstätte nach Maßgabe der in § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 EStG genannten Entfernungspauschalen nur eingeschränkt als Werbungskosten abziehbar.

Regelmäßige Arbeitsstätte im Sinne dieser Vorschrift ist nach der neueren Rechtsprechung des erkennenden Senats jede ortsfeste dauerhafte betriebliche Einrichtung des Arbeitgebers, der der Arbeitnehmer zugeordnet ist und die er nicht nur gelegentlich, sondern mit einer gewissen Nachhaltigkeit, das heißt fortdauernd und immer wieder aufsucht; dies ist regelmäßig der Betrieb des Arbeitgebers oder ein Zweigbetrieb.

Liegt eine auf Dauer und Nachhaltigkeit angelegte (regelmäßige) Arbeitsstätte vor, so kann sich der Arbeitnehmer in unterschiedlicher Weise auf die immer gleichen Wege einstellen und so auf eine Minderung der Wegekosten hinwirken. Dies kann etwa durch Bildung von Fahrgemeinschaften und Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel und ggf. durch eine entsprechende Wohnsitznahme geschehen. Für diesen Grundfall erweist sich die Regelung des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 EStG als sachgerechte und folgerichtige Ausnahme vom objektiven Nettoprinzip.

Liegt dagegen keine auf Dauer und Nachhaltigkeit angelegte (regelmäßige) Arbeitsstätte vor, auf die sich der Arbeitnehmer in der aufgezeigten Weise einstellen kann, ist eine Durchbrechung der Abziehbarkeit beruflich veranlasster Mobilitätskosten gemäß § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG sachlich nicht gerechtfertigt. Dies ist insbesondere bei Auswärtstätigkeiten der Fall. Ein auswärts tätiger Arbeitnehmer hat typischerweise nicht die vorbezeichneten Möglichkeiten, seine Wegekosten gering zu halten, insbesondere scheidet ein Familienumzug an die Tätigkeitsstätte aus.

Eine Auswärtstätigkeit liegt u.a. vor, wenn der Arbeitnehmer vorübergehend außerhalb seiner Wohnung und seiner regelmäßigen Arbeitsstätte (§ 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 EStG) beruflich tätig wird; dies gilt auch dann, wenn der Arbeitnehmer seiner Berufstätigkeit vorübergehend längerfristig an einer anderen betrieblichen Einrichtung des Arbeitgebers nachgeht. Denn eine vorübergehende Tätigkeitsstätte wird nicht durch bloßen Zeitablauf zum Tätigkeitsmittelpunkt bzw. zur regelmäßigen Arbeitsstätte des Arbeitnehmers. Vielmehr wird eine betriebliche Einrichtung des Arbeitgebers nur dann zur regelmäßigen Arbeitsstätte i.S. des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 EStG, wenn der Arbeitgeber seinen Arbeitnehmer dieser Tätigkeitsstätte dauerhaft zugeordnet hat.

Ob der Arbeitnehmer lediglich  "vorübergehend" in einer anderen betrieblichen Einrichtung seines Arbeitgebers tätig wird oder von Anbeginn dauerhaft an den neuen Beschäftigungsort entsandt wurde und dort eine (neue) regelmäßige Arbeitsstätte begründet hat, ist nach den Gesamtumständen des Einzelfalls zu beurteilen. Hierfür hat das FG insbesondere die der Auswärtstätigkeit zugrunde liegenden Vereinbarungen zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer in den Blick zu nehmen und anhand dieser ex ante zu beurteilen, ob der Arbeitnehmer voraussichtlich an seine regelmäßige Arbeitsstätte zurückkehren und dort seine berufliche Tätigkeit fortsetzen wird. Denn das Gesetz gibt derzeit noch (anders als künftig § 9 Abs. 4 EStG i.d.F. des Gesetzes zur Änderung und Vereinfachung der Unternehmensbesteuerung und des steuerlichen Reisekostenrechts vom 20. Februar 2013, BGBl I 2013, 285) keine zeitliche Obergrenze für die Annahme einer vorübergehenden Auswärtstätigkeit vor.

. Gemessen daran war der Kläger in X auswärts tätig. Die Kosten für die Wege zwischen seiner Wohnung und der Tätigkeitsstätte in X sind daher, wie vom FG angenommen, in tatsächlicher Höhe gemäß § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG zu berücksichtigen. Die Voraussetzungen des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 EStG liegen nicht vor.

Nach den Feststellungen des FG war die Tätigkeit des Klägers in X lt. Versetzungsverfügung auf längstens zwei Jahre ausgerichtet und damit befristet. Der Kläger musste sogar im Zuge der Bundeswehrstrukturreform mit einer Versetzung vor Ablauf der Zweijahresfrist rechnen, was die Nichtzusage einer Umzugskostenvergütung erklärt. Die Tätigkeit des Klägers in X war demnach trotz Versetzung nur vorübergehend. Nach der Rechtsprechung des Senats ist, wie erwähnt, ein Arbeitnehmer auch dann auswärts tätig, wenn er einer längerfristigen vorübergehenden Tätigkeit an derselben Tätigkeitsstätte nachgeht. Denn der Begriff der "regelmäßigen Arbeitsstätte" i.S. des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 EStG entspricht dem Begriff des "Tätigkeitsmittelpunkts" i.S. des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 5 Satz 2. Ein Arbeitnehmer ist nicht am Tätigkeitsmittelpunkt (regelmäßige Arbeitsstätte), sondern auch dann auswärts beschäftigt, wenn er –wie hier– einer "längerfristigen vorübergehenden Tätigkeit an derselben Tätigkeitsstätte" nachgeht.

Die Urteile stehen, anders als das FA offensichtlich meint, diesem Ergebnis nicht entgegen. Denn diese Entscheidungen betreffen zum einen besondere Fallgestaltungen. Zum anderen hat der Senat auch hier darauf abgestellt, dass regelmäßige Arbeitsstätte (nur) der Mittelpunkt der dauerhaft angelegten beruflichen Tätigkeit des Arbeitnehmers sein kann. Eine, wie im Streitfall, schon aus ex ante-Sicht nur vorübergehende bzw. befristete Tätigkeit von allenfalls zwei Jahren erfüllt diese Voraussetzung nicht.

Die Vorentscheidung erweist sich auch hinsichtlich der rechtlichen Beurteilung der Mehraufwendungen für die Verpflegung als zutreffend. Nach § 9 Abs. 5 Satz 1 EStG i.V.m. § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 5 Sätze 1 und 2 EStG kann ein Arbeitnehmer Mehraufwendungen für seine Verpflegung dann als Werbungskosten abziehen, wenn er vorübergehend von seiner Wohnung und dem Tätigkeitsmittelpunkt entfernt, also auswärts, beruflich tätig ist. Davon ist hier auszugehen, weil aus den genannten Gründen die Tätigkeitsstätte des Klägers in X nicht der Tätigkeitsmittelpunkt i.S. von § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 5 Satz 2 EStG war.

Da sich nach der Sonderregelung des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 5 Satz 5 EStG i.V.m. § 9 Abs. 5 EStG der Abzug der Pauschbeträge nach Satz 2 der erstgenannten Vorschrift auf "die ersten drei Monate" der Auswärtstätigkeit beschränkt, kam die Berücksichtigung von Mehraufwendungen für die Verpflegung aus den vom FG genannten Gründen nur für die Monate Januar und Februar des Streitjahres in

 

Einkünftemindernde Berücksichtigung von Fahrtkosten beim Kindergeld bei fehlender regelmäßigen Arbeitsstätte

Bauausführungen oder Montagen sind keine regelmäßige Arbeitsstätte i.S. des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 EStG.

BFH Urteil vom 11.07.2013 – VI R 62/12 BFH/NV 2014, 147

 

Begründung:

Das FG hat das Feriendorf zu Unrecht als regelmäßige Arbeitsstätte des A angesehen. Für ein Kind, das das 18., aber noch nicht das 27. Lebensjahr vollendet hat und sich in Ausbildung befindet, besteht nach § 62 Abs. 1, § 63 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG ein Anspruch auf Kindergeld nur, wenn das Kind Einkünfte und Bezüge, die zur Bestreitung des Unterhalts oder der Berufsausbildung bestimmt oder geeignet sind, von nicht mehr als 13.020 DM im Kalenderjahr hat. Der Begriff der Einkünfte entspricht dem in § 2 Abs. 2 EStG gesetzlich definierten Begriff und ist je nach Einkunftsart als Gewinn oder als Überschuss der Einnahmen über die Werbungskosten zu verstehen. Erzielt das Kind Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit, sind daher von den Bruttoeinnahmen die Werbungskosten abzuziehen

Darüber hinaus sind nach dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts im Wege verfassungskonformer Auslegung des § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG Einkünfte, ebenso wie die Bezüge, nur zu berücksichtigen, soweit sie zur Bestreitung des Unterhalts und der Berufsausbildung bestimmt oder geeignet sind. Es ist jeweils im Einzelfall zu prüfen, welche Teile der Einkünfte i.S. des § 2 Abs. 2 EStG wegen eines sonst vorliegenden Grundrechtsverstoßes im Wege verfassungskonformer Einschränkung nicht angesetzt werden dürfen.

Werbungskosten i.S. des § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG sind Aufwendungen, die objektiv durch die berufliche Tätigkeit veranlasst sind und die subjektiv zur Förderung des Berufs getätigt werden. Hierzu können auch Fahrtkosten gehören. Sie sind grundsätzlich in tatsächlicher Höhe zu berücksichtigen. Kosten für Fahrten mit einem eigenen oder zur Nutzung überlassenen Kraftfahrzeug sind jedoch nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 EStG nur pauschal mit 0,70 DM für jeden Kilometer zu berücksichtigen, soweit es sich um Fahrten zwischen Wohnung und regelmäßiger Arbeitsstätte handelt.

Eine regelmäßige Arbeitsstätte kann nur eine ortsfeste, dauerhafte betriebliche Einrichtung des Arbeitgebers sein, der der Arbeitnehmer zugeordnet ist und die er nicht nur gelegentlich, sondern mit einer gewissen Nachhaltigkeit, d.h. fortdauernd und immer wieder aufsucht. Regelmäßig handelt es sich dabei um den Betrieb des Arbeitgebers oder einen Zweigbetrieb, nicht aber um die Tätigkeitsstätte in einer betrieblichen Einrichtung des Kunden des Arbeitgebers.

Ist der Arbeitnehmer nicht an einer solchen dauerhaften betrieblichen Einrichtung des Arbeitgebers tätig, liegt regelmäßig eine Auswärtstätigkeit vor mit der Folge, dass die Kosten für beruflich veranlasste Fahrten gemäß § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG uneingeschränkt zum Abzug zuzulassen sind.

Entgegen der Auffassung des FG sind Bauausführungen oder Montagen (§ 12 Satz 2 AO) keine regelmäßigen Arbeitsstätten i.S. von § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 EStG. Zwar kann auch eine Betriebsstätte des Arbeitgebers die Voraussetzungen dieser Vorschrift erfüllen. Es muss sich dabei jedoch um eine dauerhafte betriebliche Einrichtung handeln, die die Voraussetzungen des § 12 Satz 1 AO erfüllt. Das setzt u.a. eine nicht nur vorübergehende Verfügungsbefugnis

Das FG wird im zweiten Rechtsgang zunächst zu prüfen haben, ob das Feriendorf nach den genannten Grundsätzen eine betriebliche Einrichtung des A war. Ist das zu verneinen, sind die Kosten für die Fahrten des S von seiner Wohnung dorthin in tatsächlicher Höhe zu berücksichtigen. Das FG hat allerdings keine Feststellungen zur Höhe dieser Aufwendungen getroffen. Die diesbezüglichen Feststellungen wird es im zweiten Rechtsgang ebenso nachzuholen haben wie Feststellungen zur Höhe der übrigen geltend gemachten Werbungskosten einschließlich ggf. angefallener Verpflegungsmehraufwendungen, soweit die gesetzlichen Voraussetzungen insoweit vorliegen (§ 9 Abs. 5 EStG i.V.m. § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 5 Satz 5 EStG).

Das FG geht offensichtlich davon aus, dass sich S im fraglichen Zeitraum in Ausbildung befand. Zwar hat die Vorinstanz dieses Ergebnis nicht näher begründet. Sie hat allerdings festgestellt, dass S "innerhalb" der Arbeitsbeschaffungsmaßnahme seine Ausbildung abgeschlossen hat. Der Senat schließt sich dieser auch von den Beteiligten getragenen Auffassung an.

 

Keine regelmäßige Arbeitsstätte bei wiederholter befristeter Zuweisung des Arbeitnehmers an einen anderen Betriebsteil des Arbeitgebers

Ein Arbeitnehmer, der von seinem Arbeitgeber wiederholt für ein Jahr befristet an einem anderen Betriebsteil des Arbeitgebers als seinem bisherigen Tätigkeitsort eingesetzt wird, begründet dort keine regelmäßige Arbeitsstätte i.S. des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 EStG.

BFH Urteil vom 24.9.2013, VI R 51/12

Begründung:

Fahrtkosten eines Arbeitnehmers im Rahmen einer beruflich veranlassten Auswärtstätigkeit sind Erwerbsaufwendungen und gemäß § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG in Höhe des dafür tatsächlich entstandenen Aufwands als Werbungskosten zu berücksichtigen. § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 EStG kommt insoweit nicht zur Anwendung  Denn ein Arbeitnehmer, der außerhalb einer dem Arbeitgeber zuzuordnenden Betriebsstätte oder an einer solchen nur vorübergehend und damit auswärts tätig ist, hat typischerweise nicht die Möglichkeit, seine Wegekosten gering zu halten.

Eine Auswärtstätigkeit liegt u.a. vor, wenn der Arbeitnehmer vorübergehend außerhalb seiner Wohnung und seiner regelmäßigen Arbeitsstätte beruflich tätig wird, dies gilt auch dann, wenn der Arbeitnehmer seiner Berufstätigkeit vorübergehend längerfristig an einer anderen betrieblichen Einrichtung des Arbeitgebers nachgeht. Denn eine vorübergehende Tätigkeitsstätte wird nicht durch bloßen Zeitablauf zum Tätigkeitsmittelpunkt bzw. zur regelmäßigen Arbeitsstätte des Arbeitnehmers. Vielmehr wird eine betriebliche Einrichtung des Arbeitgebers nur dann zur regelmäßigen Arbeitsstätte i.S. des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 EStG, wenn der Arbeitgeber seinen Arbeitnehmer dieser Tätigkeitsstätte dauerhaft zugeordnet hat.

Ob der Arbeitnehmer lediglich –unter Beibehaltung seiner bisherigen regelmäßigen Arbeitsstätte– "vorübergehend" in einer anderen betrieblichen Einrichtung seines Arbeitgebers tätig wird oder von Anbeginn dauerhaft an den neuen Beschäftigungsort entsandt wurde und dort eine (neue) regelmäßige Arbeitsstätte begründet hat, ist nach den Gesamtumständen des Einzelfalls zu beurteilen. Hierfür ist insbesondere anhand der der Auswärtstätigkeit zugrundeliegenden Vereinbarung –ex ante– zu beurteilen, ob der Arbeitnehmer voraussichtlich an seine regelmäßige Arbeitsstätte zurückkehren und dort seine berufliche Tätigkeit fortsetzen wird. Denn das Gesetz gibt derzeit noch (anders als künftig § 9 Abs. 4 EStG i.d.F. des Gesetzes zur Änderung und Vereinfachung der Unternehmensbesteuerung und des steuerlichen Reisekostenrechts vom 20. Februar 2013, BGBl I 2013, 285) keine zeitliche Obergrenze für die Annahme einer vorübergehenden Auswärtstätigkeit vor.

Nach den gemäß § 118 Abs. 2 FGO bindenden Feststellungen des FG beruhte die Tätigkeit des Klägers am Betriebssitz in B auf betriebsinternen Vereinbarungen, nach denen der Einsatz wiederholt auf ein Jahr befristet wurde. Nach der für die Beurteilung des Vorliegens einer regelmäßigen Arbeitsstätte maßgebenden ex ante Beurteilung war die Tätigkeit des Klägers in B danach vorübergehend, der Kläger damit auswärts tätig. Die Aufwendungen des Klägers für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte sind daher nicht lediglich mit der Entfernungspauschale, sondern gemäß § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG in tatsächlicher Höhe als Werbungskosten zu berücksichtigen.

Der Abziehbarkeit der tatsächlichen Fahrtkosten steht auch nicht entgegen, dass der Kläger einen Zweitwohnsitz in B begründet hat. Der Bezug einer Unterkunft an einem Beschäftigungsort, der –wie im Streitfall– nicht den Begriff der regelmäßigen Arbeitsstätte erfüllt, begründet keine doppelte Haushaltsführung i.S. des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 EStG.

 

Regelmäßige Arbeitsstätte nach unbefristeter Versetzung

Bei einer absehbaren Verweildauer von vier Jahren an einer betrieblichen Einrichtung des Arbeitgebers nach einer unbefristeten Versetzung ist eine auf Dauer und Nachhaltigkeit angelegte regelmäßige Arbeitsstätte anzunehmen.

BFH Urteil vom 8.8.2013, VI R 59/12

Begründung:

Regelmäßige Arbeitsstätte im Sinne dieser Vorschrift ist nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats jede ortsfeste dauerhafte betriebliche Einrichtung des Arbeitgebers, der der Arbeitnehmer zugeordnet ist und die er nicht nur gelegentlich, sondern mit einer gewissen Nachhaltigkeit, das heißt fortdauernd und immer wieder aufsucht; dies ist regelmäßig der Betrieb des Arbeitgebers oder ein Zweigbetrieb.

Liegt eine auf Dauer und Nachhaltigkeit angelegte (regelmäßige) Arbeitsstätte vor, so kann sich der Arbeitnehmer in unterschiedlicher Weise auf die immer gleichen Wege einstellen und so auf eine Minderung der Wegekosten hinwirken. Dies kann etwa durch Bildung von Fahrgemeinschaften und Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel und ggf. durch entsprechende Wohnsitznahme geschehen. Für diesen Grundfall erweist sich die Regelung des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 EStG als sachgerechte und folgerichtige Ausnahme vom objektiven Nettoprinzip.

Liegt dagegen keine auf Dauer und Nachhaltigkeit angelegte (regelmäßige) Arbeitsstätte vor, auf die sich der Arbeitnehmer in der aufgezeigten Weise einstellen kann, ist eine Durchbrechung der Abziehbarkeit beruflich veranlasster Mobilitätskosten gemäß § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG sachlich nicht gerechtfertigt. Dies ist insbesondere bei Auswärtstätigkeiten der Fall. Ein auswärts tätiger Arbeitnehmer hat typischerweise nicht die vorbezeichneten Möglichkeiten, seine Wegekosten gering zu halten, insbesondere scheidet ein Familienumzug an die Tätigkeitsstätte aus.

Ob der Arbeitnehmer lediglich, unter Beibehaltung seiner bisherigen regelmäßigen Arbeitsstätte– "vorübergehend,in einer anderen betrieblichen Einrichtung seines Arbeitgebers tätig wird oder von Anbeginn dauerhaft an den neuen Beschäftigungsort entsandt wurde und dort eine (neue) regelmäßige Arbeitsstätte begründet hat, ist nach den Gesamtumständen des Einzelfalls zu beurteilen. Hierfür hat das FG insbesondere die der Auswärtstätigkeit zugrunde liegenden Vereinbarungen zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer in den Blick zu nehmen und anhand dieser zu beurteilen, ob der Arbeitnehmer voraussichtlich an seine regelmäßige Arbeitsstätte zurückkehren und dort seine berufliche Tätigkeit fortsetzen wird. Denn das Gesetz gibt derzeit noch (anders als künftig § 9 Abs. 4 EStG i.d.F. des Gesetzes zur Änderung und Vereinfachung der Unternehmensbesteuerung und des steuerlichen Reisekostenrechts vom 20. Februar 2013, BGBl I 2013, 285) keine zeitliche Obergrenze für die Annahme einer vorübergehenden Auswärtstätigkeit vor.

Nach den Feststellungen des FG ist der Kläger im Jahr 2000 unbefristet an das Polizeiausbildungsinstitut versetzt worden. Der Kläger musste demnach zu Beginn seiner Tätigkeit davon ausgehen, an seiner neuen Dienststelle nicht nur vorübergehend, sondern dauerhaft tätig zu sein. Es kann dahinstehen, ob im Fall einer unbefristeten Versetzung an eine andere betriebliche Einrichtung des Arbeitgebers diese stets zur regelmäßigen Arbeitsstätte wird. Denn im Streitfall ist dies selbst unter Beachtung der Tatsache, dass der Verwendungszeitraum als Dozent im Polizeiausbildungsinstitut nach den ministeriellen Vorgaben regelmäßig auf vier Jahre begrenzt ist, zu bejahen. Bei einer absehbaren Verweildauer an einer betrieblichen Einrichtung des Arbeitgebers nach einer Versetzung von mindestens vier Jahren liegt eine auf Dauer und Nachhaltigkeit angelegte (regelmäßige) Arbeitsstätte vor, auf die sich der Arbeitnehmer zur Minderung der Wegekosten entsprechend einstellen kann.

 

Regelmäßige Arbeitsstätte einer Großbetriebsprüferin

Regelmäßige Arbeitsstätte einer Großbetriebsprüferin.

BFH Beschluss vom 15.1.2013, VI B 123/12

Begründung:

Regelmäßige Arbeitsstätte i.S. des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 des Einkommensteuergesetzes ist der Mittelpunkt der dauerhaft angelegten beruflichen Tätigkeit des Arbeitnehmers und damit der Ort, an dem der Arbeitnehmer seine aufgrund des Dienstverhältnisses geschuldete Leistung zu erbringen hat. Das ist jede ortsfeste dauerhafte betriebliche Einrichtung des Arbeitgebers, der der Arbeitnehmer zugeordnet ist und die er nicht nur gelegentlich, sondern mit einer gewissen Nachhaltigkeit, das heißt fortdauernd und immer wieder aufsucht. Arbeitsstätte in diesem Sinne ist allerdings nicht jeder beliebige Tätigkeitsort, sondern der Ort, an dem der Arbeitnehmer typischerweise seine Arbeitsleistung im Schwerpunkt zu erbringen hat.

Für die regelmäßige Arbeitsstätte ist vielmehr entscheidend, wo sich der ortsgebundene Mittelpunkt der beruflichen Tätigkeit eines Arbeitnehmers befindet. Dort liegt die eine regelmäßige Arbeitsstätte, die ein Arbeitnehmer nur haben kann. Dieser Mittelpunkt der dauerhaft angelegten beruflichen Tätigkeit bestimmt sich nach den qualitativen Merkmalen einer wie auch immer gearteten Arbeitsleistung, die der Arbeitnehmer an dieser Arbeitsstätte im Einzelnen wahrnimmt oder wahrzunehmen hat, sowie nach dem konkreten Gewicht dieser dort verrichteten Tätigkeit.

Von diesen Grundsätzen ist das Finanzgericht (FG) in seiner der Tatsacheninstanz obliegenden Beurteilung, ob eine Betriebsprüferin ihren beim Finanzamt für Großbetriebsprüfung vollständig eingerichteten Arbeitsplatz mit einer hinreichenden Nachhaltigkeit aufsucht und deshalb dort ihre (einzige) regelmäßige Arbeitsstätte begründet, obwohl sie an diesem Arbeitsplatz nicht schwerpunktmäßig beruflich tätig wird, ausgegangen und zu dem Schluss gelangt, dass die Klägerin und Beschwerdegegnerin eine Auswärtstätigkeit ohne regelmäßige Arbeitsstätte ausübt.