Kosten der Rekultivierung sind nicht Bestandteil gewerbesteuerlich hinzuzurechnender Pachtzinsen

Kosten der Rekultivierung sind nicht Bestandteil gewerbesteuerlich hinzuzurechnender Pachtzinsen

Leitsatz

Ist mit der behördlichen Genehmigung zum Abbau eines Bodenschatzes durch den Grundstückspächter eine Verpflichtung zur Rekultivierung verbunden, sind die Zuführungen zur Rekultivierungsrückstellung nicht wirtschaftlicher Bestandteil der an den Grundstückseigentümer zu leistenden Pachtzinsen. Sie erhöhen deshalb nicht den nach § 8 Nr. 7 GewStG a.F. hinzuzurechnenden Betrag für geleistete Pachtzinsen.

BFH Urteil vom 21.6.2012, IV R 54/09

Begründung:

Nach § 8 Nr. 7 Satz 1 GewStG wird dem Gewinn die Hälfte der Miet- und Pachtzinsen für die Benutzung der nicht in Grundbesitz bestehenden Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens, die im Eigentum eines Anderen stehen, hinzugerechnet, soweit die Miet- und Pachtzinsen bei der Ermittlung des Gewinns abgesetzt worden sind. Die Hinzurechnung verfolgt den Zweck, Unternehmen ungeachtet der Nutzung eigenen oder fremden Vermögens derselben gewerbesteuerlichen Belastung zu unterwerfen. Während der Reinertrag aus der Nutzung eigenen Anlagevermögens unmittelbar in den Gewerbeertrag eingeht, soll der Reinertrag aus der Nutzung von gepachtetem oder gemietetem Anlagevermögen typisiert durch die Hinzurechnung der Hälfte der gewinnmindernd behandelten Miet- und Pachtzinsen mit Gewerbesteuer belastet werden.

Den Begriff der Miet- und Pachtzinsen i.S. des § 8 Nr. 7 GewStG hat die Rechtsprechung von jeher wirtschaftlich verstanden. Dementsprechend hat der BFH auch die vom Mieter oder Pächter übernommenen Kosten für Instandhaltung und Versicherung als Bestandteil der Miet- und Pachtzinsen angesehen, soweit diese Kosten nach den für den in Frage stehenden Vertragstyp gültigen gesetzlichen zivilrechtlichen Vorschriften nicht ohnehin der Mieter oder Pächter zu tragen hätte. Bei einem wirtschaftlichen Verständnis des Begriffs der Miet- und Pachtzinsen können nicht nur bereits entstandene Kosten, sondern auch Zuführungen zur Rückstellung für künftig entstehende Kosten als Bestandteil der Miet- und Pachtzinsen angesehen werden. Nach ständiger Rechtsprechung wird die zeitlich begrenzte Überlassung von Grundstücken zur Hebung der darin ruhenden Bodenschätze grundsätzlich sowohl zivil- als auch steuerrechtlich als Pachtverhältnis beurteilt. Das für den Abbau des Bodenschatzes gezahlte Entgelt ist dementsprechend als Pachtzins i.S. des § 8 Nr. 7 GewStG anzusehen.

Vom Abbauberechtigten darüber hinaus übernommene Lasten sind nach den vorstehenden Grundsätzen Bestandteil des Pachtzinses, wenn sie nach der für das Rechtsverhältnis typischen Lastenverteilung an sich vom Verpächter zu tragen wären. Bei der danach vorzunehmenden Beurteilung des Rechtsverhältnisses sind nicht nur zivilrechtliche, sondern auch alle anderen rechtlichen Aspekte zu berücksichtigen. Im Zusammenhang mit dem Abbau von Bodenschätzen müssen deshalb auch öffentlich-rechtliche Verpflichtungen bei der Bestimmung der typischen Lastenverteilung berücksichtigt werden. Treffen danach sowohl den Grundstückseigentümer als auch den Abbauberechtigten Rekultivierungsverpflichtungen entweder unmittelbar aufgrund öffentlich-rechtlicher Normen oder aufgrund von Verwaltungsakten, kann die Verpflichtung typischerweise keinem der Beteiligten des Pachtverhältnisses allein zugerechnet werden. Der Abbauberechtigte erfüllt mit der Übernahme der Rekultivierung nicht nur eine Pflicht des Grundstückseigentümers, sondern zugleich eine eigene Verpflichtung. Die Kosten der Rekultivierung sind in einem solchen Fall folglich nicht als Bestandteil der Miet- und Pachtzinsen i.S. des § 8 Nr. 7 GewStG zu behandeln. Gleiches muss für die Zuführungen zu einer Rückstellung für die Rekultivierungsverpflichtung gelten.

Im Streitfall kann die Zuführung zur Rekultivierungsrückstellung durch die Klägerin danach nicht als Bestandteil der hinzuzurechnenden Miet- und Pachtzinsen behandelt werden. Denn unstreitig war die Klägerin nach dem Bayerischen Abgrabungsgesetz bzw. den Naturschutzgesetzen sowie der Genehmigung durch das Landratsamt selbst zur Rekultivierung verpflichtet. Im Übrigen ordnet –worauf das FG zu Recht hingewiesen hat– auch der Vertrag über das Substanzgewinnungsrecht dem Eigentümer des "dienenden" Grundstücks keine (auch nicht teilweise) Rekultivierungsverpflichtung zu, ohne dass erkennbar wäre, dass dies der typischen Lastenverteilung bei derartigen Rechtsgeschäften nicht entspricht. Die angefochtenen Gewerbesteuermessbescheide sind insoweit rechtswidrig, als sie auf einer Hinzurechnung der Zuführungen zu den Rückstellungen in den Streitjahren beruhen.