Abzinsung von Gesellschafterdarlehen und Rückstellungen

Unverzinsliche Gesellschafterdarlehen sind nach Maßgabe des § 6 Abs. 1 Nr. 3 Satz 1 EStG  abzuzinsen, wenn sie zwar keine feste Laufzeit haben, die Darlehensnehmerin aber am Bilanzstichtag mit einer Fortdauer der Kapitalüberlassung für mindestens weitere zwölf Monate rechnen kann.

Die bloße Zweckbindung eines Darlehens begründet keine "Verzinslichkeit" i.S. des § 6 Abs. 1 Nr. 3 Satz 2 EStG.

Eine Verbindlichkeitsrückstellung ist nach Maßgabe des § 6 Abs. 1 Nr. 3a Buchst. e EStG  abzuzinsen, wenn sie aus der Sicht des Bilanzstichtags voraussichtlich mindestens zwölf Monate Bestand haben wird. Welche Risiken sich nach den Verhältnissen des Bilanzstichtags zeitlich über mindestens zwölf Monate erstrecken, ist im gerichtlichen Verfahren in erster Linie vom FG zu beurteilen, das insoweit ggf. eine Schätzung vornehmen muss.

BFH Urteil vom 27. Januar 2010 I R 35/09

 

Berechnung von Rückstellungen für ausstehende Urlaubstage

Die Rückstellung für Urlaubsansprüche werden ermittelt durch die Anzahl der regulären Arbeitstage mit den Urlaubstagen.

BUNDESFINANZHOF Beschluß vom 29.1.2008, I B 100/07

Streitpunkt ist die Berechnung von Rückstellungen für ausstehende Urlaubstage und Überstunden von Arbeitnehmern. Die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin), eine GmbH, passivierte in ihrer Bilanz zum 31. Dezember des Streitjahrs 2002 u.a. Rückstellungen für ausstehende Urlaubstage und Überstunden ihrer Belegschaft. Sie errechnete die Rückstellungsbeträge nach der Formel:

Jahresgehalt
Rückstellung = ———– x ausstehende Urlaubstage
220 Gesamtarbeitstage

Nach dem Bundesfinanzhof lautet die Formel:

Jahresgehalt
Rückstellung = ———– x ausstehende Urlaubstage
250 Gesamtarbeitstage (incl. Urlaub)

Die unterschiedliche Zahl der jeweils im Nenner veranschlagten jährlichen Arbeitstage resultiert daraus, dass die Klägerin nur die von den Arbeitnehmern im Folgejahr tatsächlich zu leistenden Arbeitstage –also 250 Arbeitstage abzüglich durchschnittlich 30 Urlaubstage = 220 Arbeitstage– angesetzt hat, während das FA, der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) folgend, die gesamten 250 jährlichen regulären Arbeitstage berücksichtigt hat.

Nach gefestigter Rechtsprechung des BFH sind rückständige Urlaubsverpflichtungen als sog. Erfüllungsrückstand zurückzustellen und bestimmt sich die Höhe der Rückstellung nach dem Urlaubsentgelt, das der Arbeitgeber hätte aufwenden müssen, wenn er seine Zahlungsverpflichtung bereits am Bilanzstichtag erfüllt hätte. Danach ist es ausgeschlossen, Kostenüberlegungen je geleisteter Arbeitszeiteinheit im Folgejahr bereits am Bilanzstichtag zu berücksichtigen. Für die Ermittlung der Höhe der Urlaubsrückstellung ist deshalb das Jahresgehalt durch die Zahl der regulären Arbeitstage –ohne Berücksichtigung von Urlaubstagen des Folgejahres– zu dividieren

Passivierung von Rückstellungen für Anliegerbeiträge

Für die Annahme nachträglicher Anschaffungskosten ist ein bloßer kausaler oder zeitlicher Zusammenhang mit der Anschaffung nicht ausreichend.

Vielmehr kommt es auf die Zweckbestimmung der Aufwendungen (hier: Anliegerbeiträge für ein erschlossenes Betriebsgrundstück) an.
BFH Urteil vom 3. August 2005 I R 36/04

Im Streitfall fehlt es an der erforderlichen Zweckbestimmung der Beitragsleistung im Hinblick auf das erworbene Grundstück.

Die Beitragsschuld ist für den jeweiligen Grundstückseigentümer entstanden, sobald das Grundstück an die Einrichtung angeschlossen werden konnte, aber auch wenn es –wie vorliegend– bereits an die öffentlichen Wasserversorgungs- und Abwasseranlagen angeschlossen war.
Daraus schließt das FG, dass die Beitragserhebung nicht an die erstmalige Erschließung eines Grundstücks geknüpft gewesen sei und mit einer solchen auch nicht im Zusammenhang gestanden habe.

Rückstellung für drohende Verluste aus schwebenden Geschäften

Rückstellungen für drohende Verluste aus schwebenden Geschäften sind nach § 5 Abs. 4 EStG steuerlich nicht mehr zulässig.

Im vorliegenden Fall hatte ein Kraftfahrzeughändler, der an einen Leasingunternehmer Neuwagen verkauft hat, die Rückkaufverpflichtung der Neuwagen, nach Ablauf der Leasingvertragsdauer bewertet und als Rückstellung erfasst. Bei der Rückstellung handelt es sich um drohende Verluste aus schwebenden Geschäften im Sinne des § 5 Abs. 4 a EStG, die in der Steuerbilanz nicht mehr erfasst werden können.

Die Regelung des § 5 Abs. 4 a EStG ist verfassungsrechtlich unbedenklich.

Insbesondere liegt in der unterschiedlichen Behandlung von Verlustrückstellung einerseits und hiervon abzugrenzenden Verbindlichkeitsrückstellung andererseits kein Verstoß gegen Art. 3 GG vor.
Nach § 5 Abs. 4 a EStG ist nur die Passivierung der drohenden Verluste steuerlich untersagt.

Der eingetretene Verlust ist im Falle der Realisierung aber als Aufwand zu erfassen und steuermindernd zu berücksichtigen, Finanzgericht Bremen, Urteil vom 14.01.2004, 2 K 2190/02, EFG 2004 Seite 638, Nichtzulassungsbeschwerde wurde aber eingelegt.

Ergänzung:
BFH hat in 2008 die Rückstellung durch Entscheidung steuerlich anerkannt und diese nicht als Rückstellungen aus drohenden Verlusten bewertet, so daß ein Abzug möglich ist.

Rückstellung für Wiederaufbereitung von Bauschutt

Ein Unternehmen, dessen Zweck das Recycling von Bauschutt ist, kann eine Rückstellung für die nach dem jeweiligen Bilanzstichtag anfallenden Aufbereitungskosten bilden, sofern die zeitnahe Verarbeitung behördlich überprüft wird.

(BFH Urteil vom 25.03.2004, IV R 35/02 BFH-NV 2004 Seite 1157)

Nachholungsverbot bei zu niedrigen Pensionsrückstellungen

Das sog. Nachholverbot gemäß § 6a Abs. 4 Satz 1 EStG für Zuführungen zu einer Pensionsrückstellung, die in einem vorherigen Wirtschaftsjahr unterblieben sind, gilt auch bei einer Rückstellung, die in einem vorangegangenen Wirtschaftsjahr aufgrund einer zulässigen Berechnungsmethode niedriger als möglich berechnet worden ist.
(BFH Urteil vom 10. Juli 2002 I R 88/01)