Kirchensteuererstattung als rückwirkendes Ereignis

Führt eine Kirchensteuererstattung zu einem Erstattungsüberhang, dann ist die ursprüngliche Steuerfestsetzung nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO zu korrigieren. Dies gilt auch dann, wenn der Erstattungsüberhang auf einem Kirchensteuererlass beruht, den das FA ausgesprochen hat, ohne darauf hinzuweisen, dass dieser Erlass von der Kirchenbehörde ausgelöst worden ist.

BFH Beschluss vom 21.02.2013-X B 110/11 BFHNV 2013 S. 1060

Begründung:

Die von den Klägern aufgeworfene Rechtsfrage, ob ein vom Beklagten und Beschwerdegegner (Finanzamt –FA–) nach Bestandskraft eines Steuerbescheids ausgesprochener Erlass von Kirchensteuer im Fall des Entstehens eines Erstattungsüberhangs auch dann zur rückwirkenden Änderung dieses Steuerbescheids nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 der Abgabenordnung (AO) führt, wenn der den Erlass betreffende Verwaltungsakt keinen Hinweis darauf enthält, dass hierdurch lediglich eine Erlassentscheidung der Kirchenbehörde umgesetzt wird, somit ein durch die Finanzbehörde ausgesprochener Erlass ist, bedarf nicht der grundsätzlichen Klärung.

Es entspricht der gefestigten Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH), dass erstattete Kirchensteuer, in dem Umfang, in dem sie nicht mit gezahlter Kirchensteuer im Jahr der Erstattung verrechnet werden kann (sog. Erstattungsüberhang), zur nachträglichen Kürzung der im Zahlungsjahr als Sonderausgabe berücksichtigten Kirchensteuer führt. Rechtsgrundlage für die Änderung des ursprünglichen (bestandskräftigen) Bescheids ist nach den genannten Entscheidungen § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO).

Dies gilt unabhängig davon, aus welchem Grund es zu einem solchem Erstattungsüberhang kommt. Insbesondere kann auch ein durch einen Kirchensteuererlass ausgelöster Erstattungsüberhang eine Korrektur der ursprünglichen Steuerfestsetzung zur Folge haben. Wer den Erlass ausgesprochen hat, ist unerheblich. Die Behandlung erstatteter Kirchensteuer ist mithin in der Rechtsprechung des BFH in grundsätzlicher Hinsicht geklärt. Demgemäß machen die Kläger mit ihrem Vorbringen keine grundsätzliche Bedeutung, sondern lediglich geltend, angesichts der Besonderheiten ihres Streitfalls habe das Finanzgericht (FG) diesen unzutreffend entschieden. Eine unzutreffende Entscheidung ist aber nur bei Vorliegen eines qualifizierten Rechtsanwendungsfehlers.

 

Änderung des Betriebsvermögens am Schluss des Wirtschaftsjahrs als rückwirkendes Ereignis

Die zur Grundlage einer Steuerfestsetzung oder gesonderten Gewinnfeststellung gewordene Korrektur des Wertansatzes für ein Wirtschaftsgut, das Teil des Betriebsvermögens am Schluss des Wirtschaftsjahres ist, stellt ein rückwirkendes Ereignis für die Steuerfestsetzung oder Gewinnfeststellung eines Folgejahres dar, bei der sich der Wertansatz gewinnerhöhend oder -mindernd auswirkt (Bestätigung der Rechtsprechung).

Es kommt nicht darauf an, ob sich das Vorjahresendvermögen aufgrund einer Bilanzberichtigung, einer Bilanzänderung oder aufgrund anderer, nicht mit einer förmlichen Bilanzkorrektur verbundener Umstände ändert; auch die Änderung eines abgabenrechtlichen Verwaltungsaktes als solche ist nicht maßgeblich.

BFH Beschluss vom 14.12.2011 – IV B 83/10 BFHNV 2012 Seite 702

Wie das Finanzgericht (FG) zutreffend entschieden hat, folgt nach der Rechtsprechung des BFH aus § 4 Abs. 1 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes, dass die zur Grundlage einer Steuerfestsetzung oder gesonderten Gewinnfeststellung gewordene Korrektur des Wertansatzes für ein Wirtschaftsgut, das Teil des Betriebsvermögens am Schluss des Wirtschaftsjahres ist, ein rückwirkendes Ereignis i.S. von § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO für die Steuerfestsetzung oder Gewinnfeststellung eines Folgejahres darstellt, bei der sich der Wertansatz gewinnerhöhend oder -mindernd auswirkt.

Darüber hinaus ist höchstrichterlich geklärt, dass es nicht darauf ankommt, ob sich das Vorjahresendvermögen aufgrund einer Bilanzberichtigung, einer Bilanzänderung oder aufgrund anderer, nicht mit einer förmlichen Bilanzkorrektur verbundener Umstände ändert; maßgeblich ist vielmehr, dass die Änderung Auswirkungen auf die Gewinnermittlung eines Folgejahres hat, für das eine bestandskräftige Steuerfestsetzung oder Gewinnfeststellung vorliegt.

Maßgeblich für die Anwendung des § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO sind vorliegend nach der oben unter 1.c aa angegebenen Rechtsprechung des BFH nicht die Bilanzberichtigung oder die Änderung eines abgabenrechtlichen

Es hat vielmehr zutreffend und in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des BFH entschieden, dass rückwirkendes Ereignis i.S. des § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO die aufgrund des Einspruchs der Klägerin erfolgte Änderung des Wertansatzes für den Sonderposten mit Rücklagenanteil für das Vorjahresendvermögen ist, die sich für das Streitjahr als Folgejahr gewinnerhöhend ausgewirkt hat. Entgegen der Auffassung der Klägerin handelte es sich dabei nicht um eine bloße Änderung der rechtlichen Beurteilung durch den Beklagten und Beschwerdegegner (Finanzamt).

 

Rückabwicklung eines Anteilsverkaufs wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage als rückwirkendes Ereignis

Wird der Verkauf eines Anteils an einer Kapitalgesellschaft durch die Parteien des Kaufvertrages wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage tatsächlich und vollständig rückgängig gemacht, kann dieses Ereignis steuerlich auf den Zeitpunkt der Veräußerung zurückwirken.

BFH Urteil vom 28. Oktober 2009 IX R 17/09

Begründung:

Nach § 17 Abs. 1 EStG gehört zu den Einkünften aus Gewerbebetrieb auch der Gewinn aus der Veräußerung von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft, wenn der Veräußerer innerhalb der letzten fünf Jahre am Kapital der Gesellschaft wesentlich beteiligt war. Eine wesentliche Beteiligung ist gegeben, wenn der Veräußerer an der Gesellschaft zu mehr als einem Viertel unmittelbar oder mittelbar beteiligt war.

Ein Ereignis wirkt auf den bereits entstandenen materiellen Steueranspruch des § 17 Abs. 1 EStG ein und mithin zurück, wenn es sich materiell-rechtlich auf den Zeitpunkt der Veräußerung bezieht. So verhält es sich bei späteren Veränderungen des Veräußerungspreises. Ist der Kaufpreis schon beglichen, wirkt auf den Veräußerungstatbestand ein, wenn der Kaufpreis aus Gründen zurückgewährt wird, die im Kaufvertrag selbst angelegt sind (BFH-Urteil vom 19. August 2003 VIII R 67/02, BFHE 203, 309, BStBl II 2004, 107, m.w.N.)

Ob dies aufgrund einer auflösenden Bedingung oder infolge Fehlens oder Wegfalls der Geschäftsgrundlage geschieht, ist unerheblich. Denn der erforderliche Anknüpfungspunkt liegt stets im Kaufvertrag und bezieht sich damit auf das Tatbestandsmerkmal der "Veräußerung von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft". Dem entspricht es, wenn die Rechtsprechung in der Rückabwicklung eines Anschaffungsgeschäfts wegen Vertragsstörungen kein steuerbares Veräußerungsgeschäft sieht.