Ingenieurähnliche Tätigkeit eines Autodidakten

Ingenieurähnliche Tätigkeit eines Autodidakten als selbständige Tätigkeit.

BFH Urteil vom 16.9.2014, VIII R 8/12

Begründung:

Ein Diplom-Informatiker übt einen ingenieurähnlichen Beruf gemäß § 18 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 des Einkommensteuergesetzes aus. Seine Tätigkeit wird durch Wahrnehmung von für den Ingenieurberuf typischen Aufgaben geprägt. Voraussetzung für diese Zuordnung als ähnlicher Beruf ist insbesondere bei Autodidakten wie dem Kläger, dass sie Erfahrungen und Kenntnisse in allen Kernbereichen des Katalogberufs nachweisen. Dazu gehören nach der BFH-Rechtsprechung auch Nachweise über ausreichende Kenntnisse im Fach Mathematik “als Kernfach” zu den unverzichtbaren Voraussetzungen für die Annahme eines dem Ingenieurberuf ähnlichen Berufs.

Auf dieser Grundlage hat das FG in Würdigung des eingeholten Sachverständigengutachtens und der dazu gegebenen Erläuterungen zu Recht anders als der Gutachter angenommen, dass der Kläger zwar zum Teil wie ein Diplom-Informatiker beruflich tätig ist, aber nicht in der Breite und Tiefe über das Wissen verfügt, das dem eines Diplom-Informatikers vergleichbar ist.

Auf der Grundlage der tatsächlichen Feststellungen des FG fehlt es dem Kläger nämlich an Kenntnissen, die in ihrer Gesamtheit mit den Kenntnissen eines Diplom-Informatikers vergleichbar sind. Dies folgt insbesondere aus dem Fehlen als wesentlich dargestellten hinreichenden Kenntnisse im Fach Mathematik, aber auch aus den nach Beweisaufnahme festgestellten Defiziten in den Bereichen Englisch, Statistik, Operation Research, Grundlagen der BWL und VWL, Buchführung und Bilanzierung, Kosten- und Leistungsrechnung, Produktionswirtschaft, Finanz- und Investitionswirtschaft, Marketing, Controlling, Produktion und Logistik, DV-Recht und Datenschutz sowie Wirtschaftsprivatrecht.

Dass das FG dem Gutachter in seiner Einstufung der Fächer Mathematik, Statistik und Operation Research (mit den dort festgestellten Kenntnisdefiziten) als “Nebenfächer” nicht folgt, ist nach Maßgabe der unter II.1. dargestellten Rechtsprechung ersichtlich rechtsfehlerfrei.

Steht –wie im Streitfall nach den tatsächlichen Feststellungen des FG insbesondere hinsichtlich der Defizite im Kernfach Mathematik– fest, dass die Voraussetzungen für einen ingenieurähnlichen Beruf nicht gegeben sind, kann eine Wissensprüfung nicht begehrt werden.

IT-Berater als Freiberufler

Die Rechtsgrundsätze, nach denen zu beurteilen ist, ob ein Steuerpflichtiger, der selbständig in der IT-Branche tätig ist, einen dem Ingenieur oder dem Diplom-Informatiker ähnlichen Beruf ausübt, sind hinreichend geklärt. Die damit verbundenen verfassungsrechtlichen Fragestellungen sind ebenfalls geklärt.

Zur Feststellung, ob der Steuerpflichtige über in Breite und Tiefe vergleichbare Kenntnisse wie der Träger eines Katalogberufs verfügt, müssen die Finanzgerichte ggf. Beweis durch Einholung eines Sachverständigengutachtens erheben. Dies ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden.

BFH Beschluss vom 9.03.2012 III B 244/11 BFH NV 2012 Seite 1119

Begründung:

Der Kläger, dessen selbständige berufliche Tätigkeit im IT-Bereich von der Vorinstanz nicht als freiberufliche i.S. des § 18 Abs. 1 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) beurteilt wurde, hält die Frage für klärungsbedürftig, inwieweit bei der Einstufung eines Selbständigen aus dem IT-Bereich, der über keinen akademischen Abschluss verfügt, verfassungsrechtliche Aspekte und Argumente für die Gewerbesteuerbefreiung der freien Berufe zu berücksichtigen sind. Vor dem Hintergrund des Gleichheitsgrundsatzes nach Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) müsse außerdem geklärt werden, inwieweit die Einholung eines Sachverständigengutachtens verfassungswidrig sei, mit dem nachgewiesen werden solle, ob ein IT-Berater ohne akademischen Abschluss über ein vergleichbares theoretisches Wissen in Breite und Tiefe wie ein IT-Berater mit akademischem Abschluss verfüge.

Auf diese Fragen hat die höchstrichterliche Rechtsprechung bereits Antworten gegeben. Dass ein neuerlicher Klärungsbedarf entstanden wäre, ist in der Beschwerdeschrift weder dargelegt noch sonst ersichtlich. Der BFH hat in einer Vielzahl von Entscheidungen Rechtsgrundsätze entwickelt, anhand derer zu beurteilen ist, wann ein Steuerpflichtiger einen der in § 18 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG aufgeführten "Katalogberufe" oder einen "ähnlichen Beruf". Viele dieser Entscheidungen betreffen speziell die Abgrenzungsfrage, ob Steuerpflichtige, die  in der IT-Branche tätig sind, einen dem Ingenieur oder dem Diplom-Informatiker ähnlichen Beruf ausüben oder nicht.

Der Kläger geht fehl in der Annahme, dass hierbei die verfassungsrechtlichen Aspekte nicht berücksichtigt worden seien. Das Gegenteil ist der Fall. Der BFH hat bereits mehrfach die verfassungsrechtliche Problematik ausdrücklich erörtert. Er zieht die Merkmale der Ausbildung, etwa der für viele Katalogberufe typische Abschluss eines Studiums und der Kenntnisse zur Bestimmung des "ähnlichen Berufs" heran und sieht darin zulässige und einleuchtende Unterscheidungskriterien Den Belangen solcher Steuerpflichtiger, die eine Ausbildung in einem förmlichen Ausbildungsgang nicht vorweisen können (z.B. Autodidakten ohne akademischen Abschluss), hat der BFH gerade aus Gründen der steuerlichen Belastungsgleichheit (Art. 3 Abs. 1 GG) dadurch Rechnung getragen, dass diese den Erwerb vergleichbarer Kenntnisse auch auf andere Weise (z.B. durch erfolgreiche Teilnahme an Fortbildungsveranstaltungen) nachweisen können.

Um allerdings den gegenteiligen Effekt, nämlich die sachlich nicht zu rechtfertigende Besserstellung der Autodidakten gegenüber den Trägern der Katalogberufe, die sich einer oft langwierigen und anspruchsvollen Ausbildung unterziehen müssen, zu vermeiden, hat es der BFH auch für erforderlich angesehen, dass von jenen das Wissen des Kernbereichs des jeweiligen Fachstudiums in der Tiefe und der Breite nachgewiesen wird.

Die vom Kläger als verfassungswidrig bewertete Einholung eines Sachverständigengutachtens betrifft keine in einem Revisionsverfahren klärbare Rechtsfrage, sondern dient allein der Beantwortung der Tatfrage, ob der Steuerpflichtige, der keine förmliche Ausbildung absolviert hat, das zur rechtlichen Gleichstellung mit einem Träger eines Katalogberufs erforderliche Wissensniveau im Einzelfall erreicht oder nicht. Da die materiell-rechtlichen Voraussetzungen für die Annahme eines ähnlichen Berufs den Anforderungen aus Art. 3 Abs. 1 GG gerecht werden, müssen die betroffenen Steuerpflichtigen grundsätzlich auch die hieraus resultierenden verfahrensrechtlichen Folgen hinnehmen. Daher haben die Gerichte zur Feststellung, ob der Steuerpflichtige über ein vergleichbares Wissen tatsächlich verfügt, im Rahmen ihrer Sachaufklärungspflicht (§ 76 Abs. 1 FGO) gegebenenfalls Beweis durch Einholung eines Sachverständigengutachtens zu erheben. Das Sachverständigengutachten ist nur eines von mehreren denkbaren Beweismitteln. Der "Wissensnachweis" kann auch durch die Vorlage von praktischen Arbeiten, eine sog. Wissensprüfung oder durch Urkunden, die den erfolgreichen Besuch von Fortbildungsveranstaltungen belegen, geführt werden.  

 

Beteiligungen als notwendiges Betriebsvermögen bei Einkünften aus selbständiger Arbeit

Beteiligt sich ein Rechtsanwalt an einer Kapitalgesellschaft, kann diese Beteiligung u.a. dann dem notwendigen Betriebsvermögen zuzurechnen sein, wenn der Rechtsanwalt durch den Erwerb der Beteiligung seinen Einfluss auf die Gesellschaft behalten will, um weiterhin mit Mandaten betraut zu werden

BFH Urteil vom 26.01.2011 VIII R 19/08 BFHNV 2011 1311

Begründung:

Betriebsausgaben sind gemäß § 4 Abs. 4 EStG diejenigen Aufwendungen, die durch den Betrieb veranlasst sind. Dazu zählen auch Schuldzinsen für die Finanzierung der Beteiligung an einer Gesellschaft. Voraussetzung ist, dass die Beteiligung selbst zum Betriebsvermögen gehört.

Wirtschaftsgüter gehören zum sog. notwendigen Betriebsvermögen, wenn sie dem Betrieb dergestalt dienen, dass sie objektiv erkennbar zum unmittelbaren Einsatz im Betrieb bestimmt sind. Keine Voraussetzung ist, dass das Wirtschaftsgut für den Betrieb notwendig, wesentlich oder gar unentbehrlich ist.

Anerkannt ist, dass zum notwendigen Betriebsvermögen auch die Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft gehören kann, wenn sie dazu bestimmt ist, die betriebliche Betätigung entscheidend zu fördern oder dazu dient, den Absatz von Produkten zu gewährleisten.

Bei der Ausübung eines freien Berufs stehen der Einsatz von Intellekt und der durch qualifizierte Ausbildung erworbenen Kenntnisse oder eine schöpferische Begabung im Vordergrund. Der Umfang des Betriebsvermögens wird durch die Erfordernisse des Berufs begrenzt.

Abgrenzung des selbständigen von der nichtselbständigen Tätigkeit bei GmbH-Gesellschafter-Geschäftsführer

Die Frage, ob ein Steuerpflichtiger eine Tätigkeit selbständig oder nichtselbständig ausübt, ist anhand einer Vielzahl in Betracht kommender Merkmale nach dem Gesamtbild der Verhältnisse zu beurteilen.

Die Frage der Selbständigkeit natürlicher Personen ist für die Einkommen-, die Gewerbe- und die Umsatzsteuer grundsätzlich nach denselben Grundsätzen zu beurteilen; dabei kommt der jeweiligen sozial- und arbeits- oder steuerrechtlichen Beurteilung zwar indizielle Bedeutung zu; eine rechtliche Bindung besteht aber nicht.

Bei Vertretern juristischer Personen ist zu unterscheiden zwischen der Organstellung und dem ihr zugrunde liegenden Anstellungsverhältnis. Auch bei der Beurteilung der Tätigkeit des GmbH-Geschäftsführers ist vornehmlich auf die Umstände des Einzelfalles und nicht auf dessen organschaftliche Stellung abzustellen.

GmbH-Gesellschafter sind regelmäßig Selbständige, wenn sie zugleich Geschäftsführer der Gesellschaft sind und mindestens 50 v.H. des Stammkapitals innehaben.

BFH Urteil vom 20.10.2010 – VIII R 34/08

Begründung:

Die Frage, ob ein Steuerpflichtiger eine Tätigkeit selbständig oder nichtselbständig ausübt, ist anhand einer Vielzahl in Betracht kommender Merkmale nach dem Gesamtbild der Verhältnisse zu beurteilen.

Für eine nichtselbständige Tätigkeit können insbesondere persönliche Abhängigkeit, Weisungsgebundenheit, feste Arbeitszeiten und Bezüge, Anspruch auf Urlaub und auf sonstige Sozialleistungen, Überstundenvergütung sowie Fortzahlung der Bezüge im Krankheitsfall und Eingliederung in den Betrieb sprechen. Für persönliche Selbständigkeit hingegen sprechen Selbständigkeit in der Organisation und der Durchführung der Tätigkeit, Unternehmerinitiative, Bindung nur für bestimmte Tage an den Betrieb, geschäftliche Beziehungen zu mehreren Vertragspartnern sowie Handeln auf eigene Rechnung und Eigenverantwortung.

Die Frage der Selbständigkeit natürlicher Personen ist für die Einkommen-, die Gewerbe- und die Umsatzsteuer grundsätzlich nach denselben Grundsätzen zu beurteilen (vgl. § 1 Abs. 3 der Lohnsteuer-Durchführungsverordnung; Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen vom 21. September 2005 IV A 5 -S 7104- 19/05, BStBl I 2005, 936, m.w.N.). Dabei kommt der jeweiligen sozial- und arbeits- oder steuerrechtlichen Beurteilung zwar indizielle Bedeutung zu; eine rechtliche Bindung besteht aber nicht.

Zwar nimmt das FG zutreffend an, dass die für und gegen die Selbständigkeit sprechenden Merkmale, die im Einzelfall unterschiedlich gewichtet werden können, nach dem Gesamtbild der Verhältnisse gegeneinander abzuwägen sind. Für die hier zu beurteilende Tätigkeit des Gesellschafter-Geschäftsführers einer Kapitalgesellschaft geht das FG indes davon aus, dass der Geschäftsführer einer Kapitalgesellschaft, der als Organ in den Organismus der Gesellschaft eingegliedert ist und den Weisungen der Gesellschaft zu folgen hat, die sich aus der Bestellung zum Geschäftsführer ergeben, stets unselbständig tätig ist und dass außerhalb des Geschäftsführungsbereichs aufgrund gesonderter Abmachung nur dann selbständige Leistungen vereinbart werden können, wenn sich diese inhaltlich und formal von der eigentlichen Geschäftsführungsaufgabe unterscheiden.

Bei der von ihm vorzunehmenden Würdigung der Gesamtumstände des Streitfalls wird das FG im zweiten Rechtsgang zu berücksichtigen haben, dass der zwischen dem Kläger und der W geschlossene Vertrag vom 5. Juli 1992 bereits seinem Wortlaut nach nicht als Arbeits- oder Anstellungsvertrag zu werten ist. Der Regelung sind weder Aussagen zu festen Arbeitszeiten, zu persönlicher Abhängigkeit und Weisungsgebundenheit des Klägers zu entnehmen, noch enthält der Vertrag Bestimmungen hinsichtlich etwaiger Urlaubsansprüche des Klägers, etwaiger Ansprüche auf sonstige Sozialleistungen und Fortzahlung der Bezüge noch zur Vergütung von Überstunden oder anderweitiger Ansprüche oder Pflichten, die auf eine Eingliederung in den Betrieb hindeuten.

Insolvenzverwaltertätigkeit als sonstige selbständige Arbeit auch bei Beschäftigung qualifizierter Mitarbeiter

Einkünfte aus einer Tätigkeit als Insolvenzverwalter oder aus der Zwangsverwaltung von Liegenschaften sind, auch wenn sie von Rechtsanwälten erzielt werden, grundsätzlich den Einkünften aus sonstiger selbständiger Arbeit i.S. des § 18 Abs. 1 Nr. 3 EStG zuzurechnen.

Dies gilt auch dann, wenn der Insolvenzverwalter oder Zwangsverwalter die Tätigkeit unter Einsatz vorgebildeter Mitarbeiter ausübt, sofern er dabei selbst leitend und eigenverantwortlich tätig bleibt; insoweit ist § 18 Abs. 1 Nr. 1 Sätze 3 und 4 EStG entsprechend anzuwenden (Aufgabe der Rechtsprechung zur sog. Vervielfältigungstheorie).

BFH Urteil vom 15.12.2010, VIII R 50/09

Begründung:

Insolvenzverwalter werden nicht automatisch gewerbesteuerpflichtig, wenn sie mehrere qualifizierte Mitarbeiter beschäftigen. Das hat der Bundesfinanzhof (BFH) mit Urteil vom 15. Dezember 2010 VIII R 50/09 entschieden und damit seine bisher anders lautende Rechtsprechung geändert.

Zwei zu einer Gesellschaft zusammengeschlossene Rechtsanwälte waren als Insolvenzverwalter tätig. Sie hatten dafür verschiedene qualifizierte Mitarbeiter eingesetzt. Sie rechneten ihre Tätigkeit zur Berufstätigkeit eines Rechtsanwalts und damit zur freiberuflichen Tätigkeit i. S. von § 18 Abs. 1 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG).

Das Finanzamt ordnete die Einkünfte hingegen als Einkünfte aus Gewerbebetrieb ein und setzte Gewerbesteuermessbeträge fest: Die Tätigkeit als Insolvenzverwalter führe grundsätzlich zu Einkünften aus sonstiger selbständiger Arbeit i. S. von § 18 Abs. 1 Nr. 3 EStG. Würden dabei aber qualifizierte Mitarbeiter eingesetzt, handele es sich um gewerbliche Einkünfte, die die Gewerbesteuerpflicht auslösten.

Der BFH gab der klagenden Gesellschaft im Ergebnis Recht.

Allerdings hielt er an seiner bisherigen Beurteilung fest, dass die Tätigkeit eines Insolvenz-, Zwangs- und Vergleichsverwalters eine vermögensverwaltende Tätigkeit i. S. des § 18 Abs. 1 Nr. 3 EStG und keine freiberufliche Tätigkeit i. S. des § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG ist.

Der BFH gab jedoch die vom Reichsfinanzhof entwickelte sogenannte Vervielfältigungstheorie auf, nach der der Einsatz qualifizierter Mitarbeiter dem "Wesen des freien Berufs" widersprach und deshalb zur Annahme einer gewerblichen Tätigkeit und zur Gewerbesteuerpflicht führte. Der Gesetzgeber hatte sich davon bereits 1960 gelöst und in § 18 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 EStG geregelt, dass eine freiberufliche Tätigkeit auch dann gegeben ist, wenn ein Freiberufler fachlich vorgebildete Arbeitskräfte einsetzt, sofern er aufgrund eigener Fachkenntnisse leitend und eigenverantwortlich tätig bleibt. Für Einkünfte aus sonstiger selbständiger Arbeit i. S. von § 18 Abs. 1 Nr. 3 EStG hatte die bisherige Rechtsprechung hingegen an der Vervielfältigungstheorie festgehalten, so dass derartige Tätigkeiten – wie die Insolvenzverwaltung – grundsätzlich ohne die Mithilfe fachlich vorgebildeter Hilfskräfte ausgeübt werden mussten, um die Gewerbesteuerpflicht zu vermeiden. In diesem Punkt hat der BFH nunmehr seine Rechtsprechung geändert: Die Regelung für freie Berufe in § 18 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 EStG, nach der der Einsatz qualifizierten Personals grundsätzlich zulässig sei, gelte für die sonstige selbständige Arbeit i. S. von § 18 Abs. 1 Nr. 3 EStG entsprechend. Es bestünden keine Anhaltspunkte dafür, dass der Gesetzgeber die Zulässigkeit des Einsatzes fachlich vorgebildeter Mitarbeiter für die verschiedenen Arten von selbständiger Arbeit habe unterschiedlich beurteilt sehen wollen. Für eine solche Ungleichbehandlung sei auch kein nach dem Maßstab des Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes sachlich begründetes Unterscheidungsmerkmal ersichtlich.

Danach erzielt ein Insolvenz- oder Zwangsverwalter, der qualifiziertes Personal einsetzt, Einkünfte aus sonstiger selbständiger Arbeit i. S. von § 18 Abs. 1 Nr. 3 EStG (und ist folglich nicht gewerbesteuerpflichtig), wenn er über das "Ob" der im Insolvenzverfahren erforderlichen Einzelakte (z. B. Entlassung von Arbeitnehmern, Verwertung der Masse) persönlich entschieden hat. Auch zentrale Aufgaben des Insolvenzverfahrens hat er im Wesentlichen selbst wahrzunehmen, wie z.B. die Erstellung der gesetzlich vorgeschriebenen Berichte, des Insolvenzplans und der Schlussrechnung. Die kaufmännisch-technische Umsetzung seiner Entscheidungen kann er indes auf Dritte übertragen.

IT-Projektleiter als freier Beruf

Ein Autodidakt, der über Kenntnisse und Fähigkeiten verfügt, die in Breite und Tiefe denen eines Diplom-Informatikers entsprechen, kann als Leiter von IT-Projekten einen ingenieurähnlichen und damit freien Beruf ausüben.

BFH Urteil vom 22. September 2009 VIII R 79/06

Erläuterungen:

In dem Revisionsverfahren hat der BFH weitere technische Dienstleistungen, die ausgewiesene Computerfachleute erbracht hatten, als ingenieurähnlich eingestuft.

In der bisherigen Rechtsprechung des BFH war geklärt, dass die Entwicklung von anspruchsvoller Software durch Diplom-Informatiker oder vergleichbar qualifizierte Autodidakten eine ingenieurähnliche und damit freie Berufstätigkeit darstellt. Für den technischen Bereich der elektronischen Datenverarbeitung hat der BFH nunmehr den Kreis der ingenieurähnlichen Tätigkeiten erweitert. Danach kann neben dem sogenannten software-engineering auch die Administratorentätigkeit, die Betreuung, individuelle Anpassung und Überwachung von Betriebssystemen oder die Tätigkeit als leitender Manager von großen IT-Projekten als freiberuflich zu qualifizieren sein.

EDV-Consulting/Software Engineering als freier Beruf

Ein Autodidakt, der über Kenntnisse und Fähigkeiten verfügt, die in Breite und Tiefe denen eines Diplom-Informatikers entsprechen, kann einen ingenieurähnlichen und damit freien Beruf ausüben, wenn er Betriebs- und Datenübertragungssysteme einrichtet und betreut.

BFH Urteil vom 22. September 2009 VIII R 63/06

Erläuterungen:

In dem Revisionsverfahren hat der BFH weitere technische Dienstleistungen, die ausgewiesene Computerfachleute erbracht hatten, als ingenieurähnlich eingestuft.

In der bisherigen Rechtsprechung des BFH war geklärt, dass die Entwicklung von anspruchsvoller Software durch Diplom-Informatiker oder vergleichbar qualifizierte Autodidakten eine ingenieurähnliche und damit freie Berufstätigkeit darstellt. Für den technischen Bereich der elektronischen Datenverarbeitung hat der BFH nunmehr den Kreis der ingenieurähnlichen Tätigkeiten erweitert. Danach kann neben dem sogenannten software-engineering auch die Administratorentätigkeit, die Betreuung, individuelle Anpassung und Überwachung von Betriebssystemen oder die Tätigkeit als leitender Manager von großen IT-Projekten als freiberuflich zu qualifizieren sein.

Freiberufliche Tätigkeit eines IT-Ingenieurs

Ein als Systemadministrator tätiger Diplom-Ingenieur für technische Informatik kann einen freien Beruf ausüben.

BFH Urteil vom 22. September 2009 VIII R 31/07

Erläuterung

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat mit Urteil vom 22. September 2009 VIII R 31/07 entschieden, dass ein Diplom-Ingenieur (Studienrichtung technische Informatik), der als Netz- oder Systemadministrator eine Vielzahl von Servern betreut, den Beruf des Ingenieurs ausübt und mithin freiberufliche, nicht der Gewerbesteuer unterliegende Einkünfte erzielt.

Marketingberater kann Selbständiger sein

Eine Beratungstätigkeit, die sich auf alle Fragen des Marketing und damit auf einen Hauptbereich der Betriebswirtschaft erstreckt, kann mit der Tätigkeit eines beratenden Betriebswirts i.S. des § 18 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG vergleichbar sein. Beinhaltet die Gesamttätigkeit des Steuerpflichtigen aber nicht nur diese Beratung, sondern auch Tätigkeiten, die isoliert betrachtet als gewerblich anzusehen wären, muss die Beratung den Schwerpunkt der gesamten Tätigkeiten bilden, um insgesamt als freiberufliche Tätigkeit zu gelten.
Ein Autodidakt hat dabei außerdem Kenntnisse nachzuweisen, die dem Niveau eines “Staatlich geprüften Betriebswirts” an einer Fachschule entsprechen.

Genügen diese Kenntnisse in nur einem Hauptbereich der Betriebswirtschaftslehre nicht den Anforderungen, die in einer entsprechenden Abschlussprüfung verlangt werden, so ist dies unschädlich, wenn der Steuerpflichtige mit seinen Kenntnissen in den anderen Hauptbereichen der Betriebswirtschaftslehre insgesamt eine entsprechende Abschlussprüfung bestehen würde.
(BFH Urteil vom 19. September 2002 IV R 74/00)