Aufwendungen für das Anfrageverfahren nach § 7a SGB IV sind Werbungskosten

Aufwendungen im Zusammenhang mit dem Anfrageverfahren nach § 7a SGB IV (sog. Statusfeststellungsverfahren) sind durch das Arbeitsverhältnis veranlasst und deshalb als Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit zu berücksichtigen .

BFH vom 6.5.2010, VI R 25/09

Begründung:

Auch Kosten der Rechtsverfolgung (Beratungs-, Vertretungs- und Prozesskosten) können danach Werbungskosten sein, wenn der Gegenstand des Prozesses mit der Einkunftsart zusammenhängt, in deren Rahmen die Aufwendungen geltend gemacht werden. Der Zusammenhang mit der Einkunftsart ist nach objektiven Gesichtspunkten, nicht nach den Vorstellungen des Steuerpflichtigen, zu entscheiden. Mit der Einkunftsart der nichtselbständigen Arbeit hängen die das Arbeitsverhältnis betreffenden bürgerlich-rechtlichen oder arbeitsrechtlichen Streitigkeiten zusammen.

Aber auch die mit einer Beschäftigung (§ 7 des Vierten Buches Sozialgesetzbuch –SGB IV–) einhergehenden öffentlich-rechtlichen Streitigkeiten weisen den erforderlichen Veranlassungszusammenhang mit den Einkünften aus § 19 EStG auf. Denn die Beschäftigung ist gemäß § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB IV regelmäßig Ausfluss eines Arbeitsverhältnisses (Beschluss des Bundesarbeitsgerichts vom 19. August 2008  5 AZB 75/08, Urteilssammlung für die gesetzliche Krankenversicherung –USK– 2008, 50). Deshalb zählen insbesondere Aufwendungen des Steuerpflichtigen im Zusammenhang mit dem Anfrageverfahren nach § 7a SGB IV (sog. Statusfeststellungsverfahren), das die Feststellung der Sozialversicherungspflicht einer Beschäftigung zum Gegenstand hat (Urteile des Bundessozialgerichts vom 11. März 2009 B 12 R 11/07 R, BSGE 103, 17, und vom 4. Juni 2009 B 12 R 6/08 R, USK 2009, 72), zu den Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit.

 

Entscheidungen der Sozialversicherungsträger entfalten im Besteuerungsverfahren Bindungswirkung

Entscheidungen des zuständigen Sozialversicherungsträgers über die Sozialversicherungspflicht eines Arbeitnehmers sind im Besteuerungsverfahren zu beachten, soweit sie nicht offensichtlich rechtswidrig sind.

 BFH Urteil vom 21.1.2010, VI R 52/08

 Begründung:

Zum Arbeitslohn gehören grundsätzlich auch Beiträge, die ein Arbeitgeber für die Zukunftssicherung eines Arbeitnehmers an einen Dritten leistet. Denn die Zukunftssicherung fällt typischerweise in den Verantwortungsbereich des Arbeitnehmers; finanziert sie der Arbeitgeber, wendet er Arbeitslohn zu. Etwas anderes gilt für die gesetzlich geschuldeten Arbeitgeberanteile zur Sozialversicherung, weil die Entrichtung des Arbeitgeberanteils nicht als Gegenleistung für die Arbeitsleistung zu beurteilen ist. § 3 Nr. 62 EStG, der die Steuerfreiheit gesetzlicher Zukunftssicherungsleistungen vorsieht, hat insoweit lediglich deklaratorische Bedeutung.

 Die Frage, ob der Arbeitgeber gesetzlich zur Zahlung von Arbeitgeberanteilen zur Sozialversicherung verpflichtet ist, entscheidet sich nach sozialversicherungsrechtlichen Vorschriften. Personen, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind, unterliegen in der gesetzlichen Krankenversicherung der Versicherungs- und Beitragspflicht (§ 5 Abs. 1 Nr. 1 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch). Beurteilungsmaßstab für das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung ist § 7 Abs. 1 Satz 1 des Vierten Buches Sozialgesetzbuch (SGB 4). Danach ist Beschäftigung die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis.

 Die Entscheidung, ob ein GmbH-Gesellschafter-Geschäftsführer in einem Beschäftigungsverhältnis steht, obliegt den Krankenkassen als Einzugsstellen der Sozialversicherungsträger nach § 28h Abs. 2 SGB 4. Nach der Rechtsprechung des Senats sind die Feststellungen der Sozialversicherungsträger in der Regel für das Besteuerungsverfahren beachtlich. Selbst bei einer Änderung der Rechtsansicht des Versicherungsträgers hin zum Wegfall der Versicherungspflicht entfällt die Steuerfreiheit nachfolgender Zahlungen erst ab dem Zeitpunkt der Entscheidung.

 Nach Auffassung des Senats entfalten die Entscheidungen der Sozialversicherungsträger jedenfalls insofern eine Bindungswirkung, als sie ein eigenes Prüfungsrecht der Finanzverwaltung und -gerichtsbarkeit –im Rahmen des § 3 Nr. 62 EStG–, abgesehen von Fällen offensichtlicher Rechtswidrigkeit, ausschließen. Die Tatbestandswirkung von Verwaltungsakten ist in der obergerichtlichen Rechtsprechung anerkannt. Der Bundesgerichtshof (BGH), das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG), das Bundesarbeitsgericht (BAG) sowie das Bundessozialgericht (BSG) gehen überwiegend davon aus, dass Verwaltungsakte, derentwegen sie nicht angerufen werden, mit der für einen bestimmten Rechtsbereich getroffenen Regelung als gegeben hingenommen werden müssen.

 

Eigenständige Beurteilung der Sozialversicherungspflicht durch die Finanzverwaltung

Der Finanzbehörde obliegt im Rahmen des Gesetzes die eigenständige Beurteilung der Sozialversicherungspflicht eines Arbeitnehmers

Finanzgericht des Landes Sachsen-Anhalt, Urteil vom 30 Juli 2008 2 K 1957/03 Revision eingelegt. EFG 2009 S. 231 ff.

Begründung:

Die Finanzverwaltung hat im Rahmen der Lohnsteuerprüfung festzustellen ob Beiträge des Arbeitgebers zur Krankenversicherung nach § 3 Nr. 62 EStG steuerfrei sind oder nicht.

Arbeitgeberhaftung bei Befreiung des Arbeitnehmers von der Sozialversicherungspflicht

Wir ein Arbeitnehmer durch Entscheidung des zuständigen Sozialversicherungträgers rückwirkend aus der Sozialversicherungspflicht entlassen, dann sind die geleisteten Zuschüsse zur Krankenversicherung als Arbeitlohn zu erfassen und der Lohnsteuer zu unterwerfen.

Der Arbeitgeber haftet für die Lohnsteuer, wenn er nicht von der Möglichkeit des § 41 c EStG gebrauch macht.

Finanzgericht Köln Urteil vom 20.08.2008 12 K 1173/04 -rechtskräftig EFG 2009 S. 117 ff.