Steuerbarkeit einer Abmahnung durch Mitbewerber

Zahlungen, die an einen Unternehmer von dessen Wettbewerbern als Aufwendungsersatz aufgrund von wettbewerbsrechtlichen Abmahnungen geleistet werden, sind umsatzsteuerrechtlich als Entgelt im Rahmen eines umsatzsteuerbaren Leistungsaustauschs zwischen dem Unternehmer und den von ihm abgemahnten Wettbewerbern –und nicht als nicht steuerbare Schadensersatzzahlungen– zu qualifizieren.

BFH v. 21.12.2016 – XI R 27/14, BFH/NV 2017, 866

Sachverhalt:
Die Klägerin des Ausgangsverfahrens ist eine GmbH, die mit Hard- und Software handelt. Außerdem übernahm sie für Kunden die Einrichtung und Wartung von Netzwerken sowie die Beratung, Schulung und Gutachtenerstellung in Fragen der elektronischen Datenverarbeitung. In den Streitjahren 2006 sowie 2007 mahnte sie mehrfach Mitbewerber wegen fehlerhafter Allgemeiner Geschäftsbedingungen ab. Sie beauftragte hierfür einen Rechtsanwalt, der in ihrem Namen die Mitbewerber aufforderte, eine Unterlassungserklärung abzugeben sowie die durch seine Einschaltung nach dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz entstandenen Kosten zu erstatten. Umsatzsteuer war in den geltend gemachten Aufwendungen nicht enthalten.

Begründung:
Die abgemahnten Mitbewerber zahlten den geltend gemachten Aufwendungsersatz auf ein Konto des Rechtsanwalts, der der Klägerin seine Leistungen zuzüglich Umsatzsteuer in Rechnung stellte.
Sein Vergütungsanspruch wurde mit den Zahlungen der abgemahnten Mitbewerber verrechnet, so dass die Klägerin lediglich noch die auf die Leistungen des Rechtsanwalts entfallende Umsatzsteuer zu entrichten hatte, die sie mit ihren Umsatzsteuererklärungen für die Streitjahre als Vorsteuerbeträge abzog.

Im Rahmen einer Umsatzsteuersonderprüfung ging die Finanzverwaltung davon aus, dass die Klägerin durch die Abmahnung ihrer Mitbewerber umsatzsteuerpflichtige Leistung erbracht habe. Sie änderte daher entsprechend die Umsatzsteuerfestsetzungen. .
Unlautere Wettbewerbshandlungen, die geeignet sind, den Wettbewerb zum Nachteil der Mitbewerber, der Verbraucher oder der sonstigen Marktteilnehmer nicht nur unerheblich zu beeinträchtigen, sind unzulässig (§ 3 UWG).

Wer dem § 3 UWG vorsätzlich oder fahrlässig zuwiderhandelt, ist den Mitbewerbern zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet (§ 9 Satz 1 UWG). Wer dem § 3 UWG zuwider- handelt, kann auf Beseitigung und bei Wiederholungsgefahr auf Unterlassung in Anspruch genommen werden (§ 8 Abs.1 Satz 1 UWG). Diese Ansprüche stehen gem. § 8 Abs.3 Nr.1 bis 4 UWG jedem Mitbewerber (Nr.1), bestimmten rechtsfähigen Verbänden zur Förderung gewerblicher oder selbständiger beruflicher Interessen (Nr. 2), bestimmten qualifizierten Einrichtungen
(Nr. 3) sowie den Industrie- und Handelskammern oder den Handwerkskammern r.4) zu.
Die zur Geltendmachung eines Unterlassungsanspruchs Berechtigten sollen den Schuldner vor der Einleitung eines gerichtlichen Verfahrens abmahnen und ihm Gelegenheit geben, den Streit durch Abgabe einer mit einer angemessenen Vertragsstrafe bewehrten Unterlassungsverpflichtung beizulegen (§ 12 Abs.1 Satz 1 UWG). Soweit die Abmahnung berechtigt ist, kann der Ersatz
der erforderlichen Aufwendungen verlangt werden (§ 12 Abs.1 Satz 2 UWG).

Der BFH hat mit seinem Urteil in BFHE 201, 339, BStBl1i 2003, 732 zu einem sog. Abmahnverein entschieden, dass dieser an den abgemahnten Unternehmer eine Leistung gegen Entgelt i. S. d.§ 1 Abs.1 Nr.1 Satz 1 UStG erbringt, soweit er für diesen als Geschäftsführer ohne Auftrag tätig wird; zwischen der Geschäftsführungsleistung und dem Aufwendungsersatz, der dem Abmahn-
verein zusteht, bestehe ein unmittelbarer Zusammenhang, der Aufwendungsersatz ist der Gegenwert für die Abmahnleistung des Vereins. Auch die Klägerin als Mitbewerberin i. S. d. § 8 Abs.3 Nr.1 UWG hat mit ihren Abmahnungen gegenüber Mitbewerbern steuerbare und steuer-pflichtige Leistungen erbracht.

Mit den Abmahnungen hat die Klägerin ihren Mitbewerbern einen Weg gewiesen, sie als Gläubigerin ohne Inanspruchnahme der Gerichte klaglos zu stellen.

Es liegt daher auch in dem vorliegenden Fall eine steuerbare Leistung der Klägerin an die Abgemahnten Unternehmen vor. Die Rechtslage ist vergleichbar mit einem Abmahnungsverein. Das durch Direktbrechung der Zivilgerichte entwickelte Institut der außergerichtlichen Abmahnung wurde in § 12 Abs.1 UWG nachvollzogen. Nach dieser Rechtsprechung dient die durch eine Verletzungshandlung veranlasste Abmahnung im Regelfall dem wohlverstandenen Interesse beider Parteien, da sie das Streitverhältnis auf einfache, kostengünstige Weise vorprozessual beenden.und einen Rechtsstreit vermeiden soll. Dementsprechend wird die Abmahnung in der Begründung des Gesetzentwurfs ausdrücklich als Mittel zur außergerichtlichen Streitbeilegung . in Wettbewerbssachen bezeichnet, durch das der größte Teil der Wettbewerbsstreitigkeiten erledigt werde.

Zusammenfassung:
Auch zwischen Mitbewerbern kommt diese Regelung zum Tragen. Mit den Abmahnungen hat die Klägerin ihren Mitbewerbern einen Weg gewiesen, sie als Gläubigerin ohne Inanspruchnahme der Gerichte klaglos zu stellen.

Steuerbarkeit einer Prämie für „Whistleblowing” als sonstige Leistung

Die Frage der Steuerbarkeit einer an einen „Whistleblower” gezahlten Prämie ist geklärt und damit nicht von grundsätzlicher Bedeutung.

BFH Beschluss vom 23.03.2016 – IX B 22/16 (NV) BFH/NV 2016, 1013

Begründung:
Die Grundsätze zur steuerlichen Einordnung der Zahlung einer Prämie an einen „Whistleblower” und der damit zusammenhängende Begriff der sonstigen Leistung i.S. des § 22 Nr. 3 des Einkommensteuergesetzes (EStG) sind in der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) geklärt. Danach reicht es für die Steuerbarkeit als sonstige Leistung aus, wenn die Auskehrung der Prämie nach Maßgabe und Durchführung des mit dem „Whistleblower” abgeschlossenen entgeltlichen Vertrags als Gegenleistung für sein (aktives wie auch passives) Verhalten einzuordnen ist. Denn eine sonstige Leistung i.S. des § 22 Nr. 3 EStG stellt jedes Tun, Dulden oder Unterlassen dar, das Gegenstand eines entgeltlichen Vertrags sein kann und das eine Gegenleistung auslöst.