Tätigkeit als Versicherungsvertreter und Versicherungsmakler” ist nach. § 4 Nr. 11 UStG steuerfrei.

Tätigkeit als Versicherungsvertreter und Versicherungsmakler” ist nach. § 4 Nr. 11 UStG steuerfrei.

BFH  Beschluss vom 27.5.2015, V B 31/15

Begründung:

Nach den Feststellungen des FG sollte der Kläger als Entgelt für den Aufbau eines Strukturvertriebes … EUR monatlich erhalten sowie xx.xxx EUR für noch abzuschließende Versicherungsverträge. Das FG-Urteil begründet nicht, aus welchem Grund es sich bei den xx.xxx EUR um Entgelt für steuerpflichtige Leistungen handelt. Das FG führt am Ende des Urteils lediglich aus:

Zu Unrecht führen die Kläger hier als Bezugspunkt die von ihnen abgeschlossenen Rentenversicherungsverträge ein. Diese Verträge waren nicht Gegenstand der von der X AG vergüteten Tätigkeit des Aufbaus eines Strukturvertriebs.

Wenn diese Verträge, wie das FG meint, nicht Teil der vereinbarten Leistungen waren, bleibt unbeantwortet, wofür die xx.xxx EUR gezahlt wurden. Das FG-Urteil sagt dazu nichts und setzt sich auch nicht mit der Frage auseinander, ob im Hinblick auf die xx.xxx EUR die Annahme durchlaufender Posten (§ 10 Abs. 1 Satz 6 des Umsatzsteuergesetzes –UStG–) in Betracht kommt.

Für eine “Tätigkeit als Versicherungsvertreter und Versicherungsmakler” i.S. des § 4 Nr. 11 UStG ist es entscheidend, Kunden zu suchen und diese mit dem Versicherer zusammenzubringen. Die Vermittlung kann in einer Nachweis-, einer Kontaktaufnahme- oder in einer Verhandlungstätigkeit bestehen, wobei sich die Tätigkeit auf ein einzelnes Geschäft, das vermittelt werden soll, beziehen muss. Der Begriff “dazugehörige Dienstleistungen, die von Versicherungsmaklern und -vertretern erbracht werden” in Art. 135 Abs. 1 Buchst. a der Richtlinie 2006/112/EG des Rates über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem vom 28. November 2006 umfasst Dienstleistungen der Berufsausübenden, die zugleich mit dem Versicherer und dem Versicherten in Verbindung stehen. Dabei muss diese Verbindung nicht unmittelbar bestehen. Es genügt, wenn der Versicherungsvermittler zu dem Versicherungsunternehmen eine mittelbare Verbindung über einen anderen Steuerpflichtigen unterhält, der selbst in unmittelbarer Verbindung zu einer dieser Parteien steht.

Allein die Feststellung, dass der Aufbau eines Strukturvertriebs geschuldet wird, sagt nichts darüber aus, ob im konkreten Fall ein Bezug zu einzelnen Geschäften hergestellt werden kann. Das FG-Urteil widerspricht sich im Übrigen selbst, wenn es eine steuerfreie Tätigkeit nach § 4 Nr. 11 UStG im Rahmen eines Strukturvertriebs grundsätzlich für möglich hält, zugleich aber den für die Steuerfreiheit nach § 4 Nr. 11 UStG konstituierenden Bezug zu einzelnen Geschäften beim Aufbau einer Vertriebsorganisation verneint.

Steuerfreie Einnahmen aus der Aufnahme von Pflegepersonen in den eigenen Haushalt

Leistungen, die aus öffentlichen Mitteln der Jugendhilfe für die Aufnahme von Pflegepersonen in einen Haushalt über Tag und Nacht als Vollzeitpflege nach § 33 SGB VIII gewährt werden, sind auch dann eine steuerfreie Beihilfe zur Erziehung i.S. des § 3 Nr. 11 EStG, wenn die Betreuung über privatrechtliche Institutionen durch Verträge mit den Erziehungsstellen abgewickelt wird und im Rahmen dieser Vertragsbeziehungen die öffentlichen Mittel von den Institutionen an die Erzieher –wie im Streitfall für die Aufnahme von ein bis zwei Pflegekindern– ausgezahlt werden.

Die Auffassung, bei einer Betreuung von bis zu sechs Kindern sei die Pflege regelmäßig nicht als erwerbsmäßig anzusehen und diene deshalb unmittelbar der Förderung der Erziehung i.S. des § 3 Nr. 11 EStG (BMF-Schreiben vom 20. November 2007 IV C 3-S 2342/07/0001, BStBl I 2007, 824 zur Vollzeitpflege nach § 33 SGB VIII), ist nicht zu beanstanden.

Privathaushalte der Erzieher sind keine Einrichtungen i.S. des § 34 SGB VIII, für die keine steuerfreien Beihilfen i.S. des § 3 Nr. 11 EStG in Betracht kommen.

Sonstige betreute Wohnformen i.S. des § 34 SGB VIII sind nur gegeben, wenn sie als Einrichtung einen institutionalisierten Rahmen für die Betreuung bieten; dazu gehören nicht lediglich angemietete Wohnungen oder die bloße Überlassung von Wohnraum wie z.B. eines Zimmers im Haushalt der betreuenden Person.

BFH  Urteil vom 5.11.2014, VIII R 29/11

Begründung (BFH):

Mit Urteil vom 5. November 2014 VIII R 29/11 hat der VIII. Senat des Bundesfinanzhofs (BFH) entschieden, dass Leistungen, die von einer privatrechtlichen Institution für die Aufnahme von Pflegepersonen in einen Haushalt über Tag und Nacht gewährt werden, als Beihilfe zur Erziehung nach § 3 Nr. 11 des Einkommensteuergesetzes (EStG) steuerfrei sind. Voraussetzung ist, dass die Zahlungen zumindest mittelbar aus öffentlichen Mitteln der Jugendhilfe für die unmittelbare Förderung der Erziehung der Pflegepersonen geleistet werden.

Im Streitfall hatte die als Erzieherin tätige Klägerin in ihren Haushalt bis zu zwei fremde Pflegekinder aufgenommen und dafür ein Tageshonorar zuzüglich einer Sachkostenpauschale aufgrund einer Honorarvereinbarung mit einer Firma erhalten, die im Bereich der öffentlichen Kinder- und Jugendhilfe für die zuständige Stadtverwaltung die Unterbringung von Jugendlichen in Heimen, Einrichtungen sowie in Familienhaushalten organisiert und für jeden zu betreuenden Jugendlichen bestimmte Beträge aus öffentlichen Haushaltsmitteln erhält.

Das Finanzamt berücksichtigte die Honorarzahlungen als steuerbare Einnahmen und rechnete sie der freiberuflichen Tätigkeit der Klägerin als Erzieherin zu. Die Klägerin war dagegen der Auffassung, die Einnahmen seien als Beihilfe zur Erziehung nach § 3 Nr. 11 EStG steuerfrei. Die Klage vor dem Finanzgericht blieb erfolglos.

Der BFH ist der Auffassung der Klägerin gefolgt und hat die Steuerfreiheit der bezogenen Leistungen für die Aufnahme der Pflegekinder bejaht. Die Zahlungen sind als Beihilfen i.S. des § 3 Nr. 11 Satz 1 EStG, die zur unmittelbaren Förderung der Erziehung (von Jugendlichen) bewilligt wurden, anzusehen.

Nach der Rechtsprechung des BFH sind an Pflegeeltern geleistete Erziehungsgelder –in Abgrenzung zur (erwerbsmäßigen) Betreuung sog. Kostkinder– regelmäßig dazu bestimmt, zu Gunsten der in den Haushalt der Pflegeeltern dauerhaft aufgenommenen und wie leibliche Kinder betreuten Kinder und Jugendlichen “die Erziehung unmittelbar zu fördern”. Die im Streitfall gewährten Leistungen waren auch i.S. des § 3 Nr. 11 EStG uneigennützig. Denn mit der Zahlung der Pflegegelder war keine vollständige Ersetzung des sachlichen und zeitlichen Aufwands der Pflegeeltern beabsichtigt. Die Zahlungen ähneln damit Zahlungen, die leiblichen Eltern für die Erziehung ihrer Kinder ebenfalls steuerfrei erhalten.

Auch wenn die Leistungen im Streitfall über Dritte gezahlt werden, handelt es sich um öffentliche Mittel, d.h. aus einem öffentlichen Haushalt stammende und danach verausgabte Mittel, da über die Mittel nur nach Maßgabe haushaltsrechtlicher Vorschriften verfügt werden kann und ihre Verwendung im Einzelnen einer gesetzlich geregelten Kontrolle unterliegt.

Leistungen von Berufsbetreuern steuerfrei

Wird ein Berufsbetreuer gemäß § 1896 BGB gerichtlich zur Erbringung von Betreuungsleistungen bestellt, handelt er als anerkannte Einrichtung i.S. von Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. g der Richtlinie 77/388/EWG und Art. 132 Abs. 1 Buchst. g MwStSystRL und kann sich für die Steuerfreiheit der aufgrund dieser Bestellung erbrachten Betreuungsleistungen auf das Unionsrecht berufen.

BFH Urteil vom 25.4.2013, V R 7/11

Begründung (BFH):

Gerichtlich bestellte Berufsbetreuer unterliegen mit ihren Leistungen nicht der Umsatzsteuer. Dies hat der Bundesfinanzhof (BFH) entschieden (Urteil vom 25 April 2013 V R 7/11).

Die Klägerin war vom Vormundschaftsgericht zur Betreuerin bestellt worden. Grundsätzlich wird die Betreuung ehrenamtlich erbracht; nur ausnahmsweise wird sie entgeltlich ausgeführt, wenn das Gericht bei der Bestellung ausspricht, dass sie berufsmäßig geführt wird. Das war hier der Fall. Nach nationalem Recht unterliegen die von sog. Berufsbetreuern erbrachten Leistungen der Umsatzsteuer. Die Klägerin hatte dagegen geltend gemacht, ihre Leistungen seien nach dem vorrangig zu beachtenden Recht der EU umsatzsteuerfrei.

Der BFH hat die Auffassung der Klägerin bestätigt und die anders lautende Entscheidung des Finanzgerichts aufgehoben. Er bejaht eine sich aus dem Unionsrecht ergebende Steuerfreiheit, da die Klägerin zum einen durch ihre Betreuungstätigkeit Leistungen erbringt, die eng mit der Sozialfürsorge und der sozialen Sicherheit verbunden sind. Für solche Leistungen sieht das EU-Recht die Steuerfreiheit vor. Zum anderen bejaht der BFH auch die für die Steuerfreiheit zusätzlich erforderliche Anerkennung als steuerfreier Leistungserbringer (sog "anerkannte Einrichtung"). Sie ergibt sich aus der gerichtlichen Bestellung für die Tätigkeit, aus dem an der Leistung bestehenden Gemeinwohlinteresse sowie daraus, dass gleichartige Leistungen, die durch Betreuungsvereine und sog. Vereinsbetreuer erbracht werden, gleichfalls steuerfrei sind.

Nicht umsatzsteuerfrei sind allerdings Leistungen, die zum Gewerbe oder zum Beruf des Betreuers gehören. Der BFH hat die Sache deshalb zur weiteren Sachaufklärung an das FG zurückverwiesen. Sollte die Klägerin z.B. als Rechtsanwältin Beratungsleistungen für die von ihr betreuten Personen erbracht haben, hätte sie dafür Umsatzsteuer zu entrichten.

Hinweis: Seit dem 1. Juli 2013 sind Leistungen der Betreuer auch nach nationalen Recht umsatzsteuerfrei (vgl. § 4 Nr. 16 Buchst. k UStG i.d. Fassung durch das AmtshilfeRLUmsG). Die Neuregelung gilt aber nur für Leistungen, die ab Juli 2013 erbracht werden (Art. 31 Abs. 4 AmtshilfsRLUmsG). Für davor erbrachte Leistungen können sich die Berufsbetreuer auf das Unionsrecht berufen.

 

Steuerfreie Veräußerung gebrauchter Geldspielautomaten mit Gewinnmöglichkeit

Die Veräußerung gebrauchter Geldspielautomaten mit Gewinnmöglichkeit, die der Unternehmer ausschließlich zur Ausführung –nach unmittelbarer Berufung auf Art. 13 Teil B Buchst. f der Richtlinie 77/388/EWG– steuerfreier Umsätze verwendet hat, ist gemäß § 4 Nr. 28 UStG (1999) steuerfrei.

BFH Urteil vom 16.5.2012, XI R 24/10

Begründung:

Der Kläger hatte in den Streitjahren 2002 bis 2004 wegen der Absicht, die Eingangsleistungen für –nach nationalem Recht– steuerpflichtige Ausgangsumsätze zu verwenden, den Vorsteuerabzug aus den Anschaffungskosten der in den Streitjahren gebraucht veräußerten Geldspielautomaten mit Gewinnmöglichkeit nach § 15 Abs. 1 und 2 UStG im Anschaffungszeitpunkt zunächst zu Recht in Anspruch genommen. Die Umsätze aus dem Betrieb von Geldspielautomaten mit Gewinnmöglichkeit waren nach § 4 Nr. 9 Buchst. b UStG in der bis zum 5. Mai 2006 geltenden Fassung steuerpflichtig.

Die Berufung des Klägers auf die unionsrechtliche Steuerbefreiung im Jahr 2006 für die Besteuerungszeiträume ab 1999 im Nachgang zu der Entscheidung des EuGH  und der hierzu ergangenen Nachfolgeentscheidung des BFH führte zur Berichtigung des Vorsteuerabzugs in den nach § 164 Abs. 2 Satz 1 AO noch offenen Streitjahren 2002 bis 2004. Die Vorsteuerbeträge aus der Anschaffung der Geldspielgeräte konnte der Kläger  nicht mehr zum Abzug bringen, da aus Aufwendungen für Eingangsleistungen, die in direktem und unmittelbarem Zusammenhang mit steuerfreien Ausgangsumsätzen stehen, ein Vorsteuerabzug nach § 15 Abs. 1 und 2 UStG und Art. 17 der Richtlinie 77/388/EWG nicht in Betracht kommt.

An der Verwendung für nunmehr steuerfreie Ausgangsumsätze hat – die Veräußerung der Geldspielautomaten mit Gewinnmöglichkeit nichts geändert. Auch der Verkauf der gebrauchten Geräte ist umsatzsteuerfrei.

 

Steuerfreie Mahlzeiteneinnahme bei Betreuern eines Kinderheims

In der unentgeltlichen Gestellung von Mahlzeiten des Betreibers eines Kinderheims an die bei ihm angestellten Betreuer der Kinder liegt dann lediglich eine notwendige Begleiterscheinung betriebsfunktionaler Zielsetzungen und kein lohnsteuerpflichtiger Arbeitslohn vor, wenn eine arbeitsvertraglich verpflichtende Weisung zur Teilnahme an den gemeinsam mit den Kindern einzunehmenden Mahlzeiten besteht und diese Maßnahme einerseits der Überwachung der Kinder während der Mahlzeiten dient, zum anderen mit der gemeinsamen Essensaufnahme das Ziel verfolgt wird, eine familienähnliche Alltagstrukturierung zu erreichen.

Schleswig-Holsteinisches Finanzgericht Urteil von 23.01.2012, 5 K 64/11

Begründung:

Steuerpflichtiger Arbeitslohn ist dadurch gekennzeichnet, dass dem Arbeitnehmer Einnahmen (Bezüge oder geldwerte Vorteile) zufließen, die „für seine Arbeitsleistung gewährt werden (§ 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG). Diesem Tatbestandsmerkmal ist nach ständiger Rechtsprechung zu entnehmen, dass ein dem Arbeitnehmer vom Arbeitgeber zugewendeter Vorteil Entlohnungscharakter für die zur Verfügung stellende Arbeitskraft haben muss, um als Arbeitslohn angesehen zu werden. Demgegenüber sind solche Vorteile kein Arbeitslohn, die sich bei objektiver Würdigung aller Umstände nicht als Entlohnung sondern lediglich als notwendige Begleiterscheinung betriebsfunktionaler Zielsetzung erweisen . Der Arbeitslohncharakter kann dann verneint werden, wenn der Vorteil in ganz überwiegend eigenbetrieblichem Interesse gewährt wird. Da eine betriebliche Veranlassung jeder Art von Lohnzahlung zu Grunde liegt, muss sich aus den Begleitumständen wie Anlass, Art und insbesondere Höhe des Vorteils, Auswahl der Begünstigten, freie oder nur gebundene Verfügbarkeit, Freiwilligkeit oder Zwang zur Annahme des Vorteils und seiner besonderen Geeignetheit für den jeweils verfolgten betrieblichen Zweck ergeben, dass diese Zielsetzung ganz im Vordergrund steht und ein damit einhergehendes eigenes Interesses des Arbeitnehmers, den betreffenden Vorteil zu erlangen, deshalb vernachlässigt werden kann. Dabei besteht eine Wechselwirkung zwischen der Intensität des eigenbetrieblichen Interesses des Arbeitgebers und dem Ausmaß der Bereicherung des Arbeitnehmers. Je höher aus Sicht des Arbeitnehmers die Bereicherung anzusetzen ist, desto geringer zählt das aus der Sicht des Arbeitgebers vorhandene eigenbetriebliche Interesse.

Ob sich eine unentgeltliche oder verbilligt überlassene Sachzuwendung als geldwerter Vorteil oder als notwendige Begleiterscheinung betriebsfunktionaler Zielsetzung des Arbeitgebers erweist, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab. Ergibt die Würdigung aller Umstände des Einzelfalls, dass die Zuwendung ausschließlich oder ganz überwiegend der Entlohnung des Arbeitnehmers dient, ist der geldwerte Vorteil in voller Höhe Arbeitslohn. Ergibt die Würdigung demgegenüber, dass sich die Zuwendung nahezu ausschließlich als notwendige Begleiterscheinung betriebsfunktionaler Zielsetzung erweist, liegt insgesamt kein steuerpflichtiger Arbeitslohn vor. Dies gilt auch, wenn die Zuwendung für den Arbeitnehmer mit angenehmen Begleitumständen verbunden ist (vgl. BFH, Urteil vom 11. März 2010 VI R 7/08, BFHE 228, 505, BStBl II 2010 763). In diesem Zusammenhang ist bspw. die ehrenamtlichen Helfern von Wohlfahrtsverbänden, die Kinder und Jugendliche auf Ferienreisen betreuen, unentgeltlich gewährte Unterkunft und Verpflegung nicht als steuerpflichtiger Sachbezug angesehen worden, wenn eine der wesentlichen Aufgaben der Helfer in der Überwachung der Teilnehmer während des Essens und Schlafens besteht und diese Tätigkeit während der gesamten Dauer des Aufenthalts ausgeübt werden muss (vgl. BFH, Urteil vom 28. Februar 1975 VI R 28/73, BFHE 115, 342, BStBl II 1976, 134). Demgegenüber wird in der Gewährung von Verpflegungsleistungen an Haus-, Hotel- oder Krankenhausangestellte in der Regel steuerpflichtiger Arbeitslohn gesehen.

Hiervon ausgehend hat der Beklagte zu Unrecht in der unentgeltlichen Gewährung der Mahlzeiten an die Betreuer einen lohnsteuerpflichtigen geldwerten Vorteil erblickt. Nach Würdigung der Gesamtumstände ist vielmehr anzunehmen, dass im Streitfall der in der unentgeltlichen Essensabgabe liegende Vorteil für die Betreuer nahezu ausschließlich eine notwendige Begleiterscheinung betriebsfunktionaler Zielsetzung ist.

Steuerfreiheit für Private Equity-Engagement in England

Gewerblichkeit eines (englischen, gewerblich geprägten) Private Equity Fonds – Freistellung von der Besteuerung nach DBA-Großbritannien 1964/1970 für Betriebsstätteneinkünfte – (negativer) Qualifikationskonflikt als Voraussetzung für die Anwendung des § 50d Abs. 9 Satz 1 Nr. 1 EStG 2002 i.d.F. des JStG 2007 – Ankauf und Verkauf von Wertpapieren als gewerbliche Tätigkeit – Abgrenzung zur Vermögensverwaltung – Geschäftsmodell von Private Equity Fonds – Treaty Override.

BFH Urteil vom 24.8.2011, I R 46/10

Erläuterung (BFH):

Mit Urteil vom 24. August 2011 I R 46/10 hat der Bundesfinanzhof (BFH) sich grundlegend zur Besteuerung von – zumeist institutionellen – Anlegern geäußert, die sich im Ausland – hier konkret in England – an einem Private Equity (PE)-Fonds beteiligen.

Ein derartiges Engagement ist, so der BFH, regelmäßig gewerblicher und nicht lediglich vermögensverwaltender Natur. Weil das Besteuerungsrecht für gewerbliche Einkünfte aber nach Maßgabe von Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung (DBA) regelmäßig demjenigen Staat gebührt, in dem der Fonds mit einer Betriebsstätte tätig ist, bleiben die Gewinne in Deutschland steuerfrei. Das gilt selbst dann, wenn der Fonds im Ausland über kein eigenes Büro und kein eigenes Personal verfügt und seine Geschäfte über eine Managementgesellschaft ausüben lässt. Und auch der Umstand, dass die Fondseinkünfte im anderen Vertragsstaat nicht besteuert werden, ändert an der Steuerbefreiung nichts. Zwar hat der deutsche Gesetzgeber für einen derartigen Fall Vorsorge getroffen: Er hat mit § 50d Abs. 9 des Einkommensteuergesetzes eine Norm geschaffen, die das Besteuerungsrecht an Deutschland zurückfallen lässt, wenn andernfalls die Einkünfte überhaupt nicht besteuert werden. Dass völkerrechtlich im DBA das Gegenteil vereinbart worden ist, stört ihn insofern nicht; man setzt sich in einem sog. Treaty override darüber hinweg. Dieser Besteuerungsrückfall gelingt aber nur, wenn er auf eine unterschiedliche steuerliche Auslegung des DBA durch beide Vertragsstaaten – einen sog. negativen Qualifikationskonflikt – zurückzuführen ist. Er scheitert indes, wenn Grund für die Nichtbesteuerung im anderen Staat dessen nationales Steuerrecht ist, beispielsweise, weil dieser Staat PE-Engagements steuerlich subventioniert.

Konkret ging es um die Beteiligung u.a. deutscher Versicherungsunternehmen an einem PE-Fonds in England, der dort operativ über eine Managementgesellschaft agierte. Er blieb in England steuerfrei, weil England PE-Fonds steuerlich fördert, um ausländisches Kapital anzulocken. Trotzdem musste, wie der BFH entschieden hat, nun auch das deutsche Finanzamt auf eine Besteuerung der Fondseinkünfte verzichten.

Das Ganze kehrt sich allerdings um, wenn sich Ausländer an einem deutschen PE-Fonds beteiligen, oder auch, wenn es sich um einen rein innerdeutschen Fonds geht: Bisher konnte der Fonds in Deutschland darauf hoffen, nicht als gewerblich angesehen zu werden, was insbesondere für die Gewinne aus Beteiligungsveräußerungen vorteilhaft war. Den Steuervorteil sicherte ihm eine sehr groß-zügige Praxis der deutschen Finanzverwaltung. Diese Praxis wird jetzt vom BFH aber grundlegend in Frage gestellt.

 

. Keine Steuerbefreiung für Umsätze eines gewerblichen Betreibers von Geldspielautomaten

Die Umsätze eines gewerblichen Betreibers von Geldspielautomaten sind aufgrund der am 6. Mai 2006 in Kraft getretenen Neuregelung des § 4 Nr. 9 Buchst. b UStG steuerpflichtig .

Die in dieser Vorschrift getroffene Regelung, nach der nur bestimmte (Renn-)Wetten und Lotterien von der Steuer befreit und sämtliche "sonstige Glücksspiele mit Geldeinsatz" von der Steuerbefreiung ausgenommen sind, verstößt weder gegen Unionsrecht noch gegen das Grundgesetz .

BFH Urteil vom 10.11.2010, XI R 79/07

Erläuterungen:

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat durch Urteil vom 10. November 2010 XI R 79/07 entschieden, dass die Umsätze eines gewerblichen Betreibers von Geldspielautomaten nicht nach § 4 Nr. 9 Buchst. b des Umsatzsteuergesetzes (UStG) steuerfrei sind und dass diese Vorschrift weder gegen Unionsrecht noch gegen das Grundgesetz verstößt.

Nach § 4 Nr. 9 Buchst. b UStG in der ab dem 6. Mai 2006 geltenden Neufassung sind steuerfrei "die Umsätze, die unter das Rennwett- und Lotteriegesetz fallen. Nicht befreit sind die unter das Rennwett- und Lotteriegesetz fallenden Umsätze, die von der Rennwett- und Lotteriesteuer befreit sind oder von denen diese Steuer allgemein nicht erhoben wird."

Der BFH hatte im vorliegenden Revisionsverfahren, das Umsätze einer GmbH aus dem Betrieb von Geldspielautomaten in einer Spielhalle betrifft, Zweifel, ob diese Regelung mit der Mehrwertsteuersystemrichtlinie im Einklang steht. Er hatte deshalb das Revisionsverfahren ausgesetzt und den Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) angefragt, ob Art. 135 Abs. 1 Buchst. i der Richtlinie 2006/112/EG dahin auszulegen ist, dass den Mitgliedstaaten eine Regelung gestattet ist, nach der nur bestimmte (Renn-)Wetten und Lotterien von der Steuer befreit und sämtliche "sonstige Glücksspiele mit Geldeinsatz" von der Steuerbefreiung ausgenommen sind?“ (vgl. Beschluss vom 17. Dezember 2008 XI R 79/07 und die dazu ergangene Pressemitteilung Nr. 16/2009 vom 18. Februar 2009). Der EuGH hat diese Frage mit Urteil vom 10. Juni 2010 C 58/09 bejaht.

Die Revisionsklägerin war der Auffassung, unabhängig von der vom EuGH beantworteten Vorlagefrage verstoße eine Festsetzung von Steuer auf Umsätze aus dem Betrieb von Geldspielautomaten in Spielhallen sowohl gegen europäisches Recht als auch gegen deutsches Verfassungsrecht. Der BFH folgte dem nicht. Er trat insbesondere der Ansicht der Revisionsklägerin entgegen, die Umsatzsteuerfestsetzung sei rechtswidrig, weil gewerbliche Betreiber von Geldspielautomaten die Umsatzsteuer nicht auf die Endverbraucher (Spieler) abwälzen könnten. Er verneinte auch einen Verstoß gegen den mehrwertsteuerrechtlichen Neutralitätsgrundsatz sowie gegen den allgemeinen Gleichheitsgrundsatz (Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes), den die Revisionsklägerin wegen der Behandlung der Umsätze von öffentlichen Spielbanken aus dem Betrieb von Geldspielautomaten geltend gemacht hatte.

 

 

Steuerneutrale Sacheinbringung von Namensrechten als wesentliche Betriebsgrundlage

Ein Recht an einem Namen oder an einem Zeichen kann auch dann wesentliche Betriebsgrundlage sein, wenn es nicht bilanzierungsfähig und nicht warenzeichenrechtlich bzw. markenrechtlich besonders geschützt ist. Maßgeblich ist insoweit bei der Beurteilung einer Einbringung nach § 20 UmwStG 1995, ob das Recht nach seiner Funktion im Betrieb für diesen wesentlich ist (sog. funktionale Betrachtungsweise).

Ist die Übertragung aller Mitunternehmeranteile an einer KG auf eine AG gegen den Erwerb von Beteiligungsrechten an dieser nicht als Sacheinlage i.S. von § 20, § 21 UmwStG 1995 zu beurteilen, dann ist der Gewinn aus einer späteren Veräußerung der Aktien auch dann nicht gemäß § 21 UmwStG 1995 zu versteuern, wenn die AG das übertragene Vermögen mit einem den Teilwert unterschreitenden Wert bilanziert hat und die darauf basierenden Körperschaftsteuerbescheide in Bestandskraft erwachsen sind.

BFH Urteil vom 16. Dezember 2009 I R 97/08

Erläuterungen:

Der Bundesfinanzhof (BFH) hatte in seinem Urteil vom 16. Dezember 2009 I R 97/08 über die immer wieder streitige Frage nach einer „liquiditätsschonenden“ Buchwertfortführung im Zusammenhang mit einer Sacheinbringung zu entscheiden:

Eine Sacheinlage im Sinne des § 20 des Umwandlungssteuergesetzes (UmwStG), bei der ein Mitunternehmeranteil steuerneutral in eine Kapitalgesellschaft eingebracht werden kann und bei der der Einbringende im Gegenzug neue Anteile an der Gesellschaft erhält, setzt den Übergang sämtlicher wesentlicher Betriebsgrundlagen des Mitunternehmeranteils voraus. Nach Auffassung des BFH können zu den wesentlichen Betriebsgrundlagen auch immaterielle Wirtschaftsgüter gehören, wie beispielsweise das dem Einbringenden zustehende Recht an einem Namen oder einer Bezeichnung, deren Verwendung der Mitunternehmerschaft gestattet ist. Darauf, dass das Recht seinerseits bilanzierungsfähig und markenrechtlich besonders geschützt ist, kommt es nicht an. Entscheidend ist allein, ob das Recht nach seiner Funktion im Betrieb für diesen wesentlich ist (sog. funktionale Betrachtungsweise).

In dem vom BFH entschiedenen Fall ging es um die Einbringung eines Anteils an einer KG der IT-Branche in eine AG. Der einbringende Kommanditist hatte es der KG gestattet, eine bestimmte Bezeichnung firmen- und warenzeichenrechtlich zu nutzen, an der ihm das Namensrecht zustand. Er hatte es aber nicht in die AG eingebracht, was der erstrebten steuerneutralen Behandlung der Sacheinbringung entgegenstehen kann.

Funktionstraining in Rheumagruppen als steuerfreie Heilbehandlung nach § 4 Nr. 14 UStG

Funktionstraining, das von den Krankenkassen nach § 43 SGB V in Verbindung mit der "Gesamtvereinbarung über den Rehabilitationssport und das Funktionstraining" vergütet wird, kann nach § 4 Nr. 14 Satz 1 UStG steuerfrei sein.

BFH Urteil vom 30. April 2009 V R 6/07

Begründung:

Bei richtlinienkonformer Auslegung setzt die Steuerfreiheit nach § 4 Nr. 14 UStG voraus, dass der Unternehmer eine Heilbehandlung im Bereich der Humanmedizin durch ärztliche oder arztähnliche Leistungen erbringt und dass der Unternehmer die dafür erforderliche Qualifikation besitzt.

Heilbehandlungen im Bereich der Humanmedizin dienen der Diagnose, Behandlung und, soweit möglich, der Heilung von Krankheiten oder Gesundheitsstörungen. Sie müssen einen therapeutischen Zweck haben. Zu den Heilbehandlungen im Bereich der Humanmedizin gehören auch Leistungen, die zum Zweck der Vorbeugung erbracht werden, wie vorbeugende Untersuchungen und ärztliche Maßnahmen an Personen, die an keiner Krankheit oder Gesundheitsstörung leiden, sowie Leistungen, die zum Schutz einschließlich der Aufrechterhaltung oder Wiederherstellung der menschlichen Gesundheit erbracht werden.

Entgegen der Auffassung des FG haben Leistungen zur Prävention und Selbsthilfe i.S. des § 20 SGB V keinen unmittelbaren Krankheitsbezug, weil sie lediglich den allgemeinen Gesundheitszustand verbessern und insbesondere einen Beitrag zur Verminderung sozial bedingter Ungleichheit von Gesundheitschancen erbringen sollen; sie sind daher keine Heilbehandlungsleistungen i.S. von § 4 Nr. 14 UStG.

Eine Heilbehandlungsleistung in diesem Sinne ergibt sich entgegen der Auffassung des FG auch nicht daraus, dass die Leistungen der Klägerin weder der Befriedigung allgemeiner Lebensbedürfnisse dienten und sie auch nicht als Fitnesstrainingskurse anzusehen waren. Der erforderliche Heilbehandlungscharakter kann entgegen dem FG-Urteil auch nicht allein daraus abgeleitet werden, dass die Leistungen der Klägerin nicht in den Heilmittelrichtlinien über nicht verordnungsfähige Heilmittel aufgeführt waren.

Der für die Steuerfreiheit nach § 4 Nr. 14 UStG weiter erforderliche Qualifikationsnachweis kann entgegen dem FG-Urteil nicht auf jede erdenkliche Art und Weise erbracht werden. Es reicht für den erforderlichen Befähigungsnachweis entgegen der Auffassung der Klägerin auch nicht aus, dass sie Diplom-Sportlehrerin ist.

Krankenkassen konnten nach § 43 SGB V Nr. 1 in seiner in den Streitjahren geltenden Fassung als ergänzende Leistung "den Rehabilitationssport fördern, der Versicherten ärztlich verordnet und in Gruppen unter ärztlicher Betreuung ausgeübt wird". Das gilt ab 2000 auch für Funktionstraining.

Wenn und soweit die von der Klägerin geleiteten Kurse auf der Gesamtvereinbarung beruhten und deren Notwendigkeit von einem Arzt bescheinigt war, kommt das Vorliegen einer Heilbehandlung im Bereich der Humanmedizin in Betracht. Dies gilt insbesondere für das von der Klägerin aufgrund einer Vereinbarung mit der Deutschen Rheumaliga durchgeführte Funktionstraining, an dem an Rheuma erkrankte Personen aufgrund ärztlicher Verordnung teilnahmen. Hierzu sind weitere Feststellungen zu treffen. Dabei kann sich der erforderliche Qualifikationsnachweis aus der Kostentragung nach § 43 SGB V in Verbindung mit der Gesamtvereinbarung ergeben.