Sog. Stillhalterprämien aus Optionsgeschäften im Zusammenhang mit Anteilsankäufen und Anteilsverkäufen körperschaftsteuerpflichtig

Gemäß § 8b Abs. 2 KStG 2002 bleiben Gewinne aus der Veräußerung eines Anteils an einer Körperschaft oder Personenvereinigung, deren Leistungen beim Empfänger zu Einnahmen i.S. des § 20 Abs. 1 Nrn. 1, 2, 9 und 10 Buchst. a EStG 2002 führen, außer Ansatz. Prämien, welche der Veräußerer als sog. Stillhalter für Optionsgeschäfte im Zusammenhang mit dem Erwerb und der Veräußerung solcher Anteile vereinnahmt, gehören dazu nicht.

BFH Urteil vom 6.3.2013, I R 18/12

Begründung

Nach § 8b Abs. 2 KStG 2002 bleiben bei der Ermittlung des Einkommens Gewinne aus der Veräußerung u.a. eines Anteils an einer Körperschaft oder Personenvereinigung, deren Leistungen beim Empfänger zu Einnahmen i.S. des § 20 Abs. 1 Nrn. 1, 2, 9 und 10 Buchst. a des Einkommensteuergesetzes (EStG 2002) führen, außer Ansatz.

Erfasst werden hiernach von der Steuerfreistellung (nur) Anteile an einer Körperschaft, Rechte zum Bezug entsprechender Anteile hingegen nicht. Das hat der Senat in Übereinstimmung mit der Verwaltungspraxis (BMF-Schreiben in BStBl I 2003, 292, Tz. 24)– entschieden und daran hält er uneingeschränkt fest. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird deshalb auf dieses Urteil verwiesen; es ist auch für die hier interessierende Frage einschlägig, ob die als Entgelt für die Optionsbegebung vereinnahmten Stillhalterprämien in die Steuerfreistellung nach § 8b Abs. 2 KStG 2002 einzubeziehen sind.

Ausschlaggebend für jene Entscheidung war vor allem, dass Bezugsrechte bereits dem Regelungswortlaut nach nicht Gegenstand der Freistellung i.S. von § 8b Abs. 2 KStG 2002 sind. Für die im Streitfall in Rede stehenden Optionsrechte gilt dasselbe: Optionen sind weder in Gestalt von Ankaufs- noch von Verkaufsausübungsrechten "Anteile" im vorgenannten Sinne. Sie können damit auch nicht Gegenstand der erfassten Veräußerungsgewinne sein. Hätte der Gesetzgeber solche Rechte in den Regelungsbereich des § 8b KStG 2002 einbeziehen wollen, dann wäre es ein Leichtes gewesen, das zum Ausdruck zu bringen, nicht anders als in § 17 Abs. 1 Satz 3 EStG 2002, wonach Anwartschaften auf einschlägige Beteiligungen ausdrücklich in den steuerbaren Bereich aufgenommen werden. Eine solche Anwartschaft soll auch eine schuldrechtliche Option auf den Erwerb einer Beteiligung (Call-Option) sein können, wenn und soweit sie die wirtschaftliche Verwertung des bei der Kapitalgesellschaft eingetretenen Zuwachses an Vermögenssubstanz ermöglicht.

Es mag dahinstehen, ob dem uneingeschränkt beizupflichten ist. Jedenfalls fehlt für § 8b KStG 2002 die erforderliche tatbestandliche Anknüpfung.

Wie schon bei den Bezugsrechten gebietet der Regelungssinn des § 8b Abs. 2 KStG 2002 auch für Optionsrechte nichts anderes. Denn die Rechtfertigung für die (uneingeschränkte und typisierende) Freistellung des Veräußerungsgewinns im sog. Halbeinkünftesystem liegt darin, dass der Gewinn im wirtschaftlichen Ergebnis gewissermaßen aufgesummt an die Stelle der anderweitig verdienten oder zukünftig "verdienbaren" Dividenden tritt (vgl. dazu Gosch, KStG, 2. Aufl., § 8b Rz 1, m.w.N.).

Bei davon zu unterscheidenden Bezugs- ebenso wie bei Optionsrechten fehlt es daran aber, weil diese jedenfalls unmittelbar keine entsprechenden Einnahmen gemäß § 20 Abs. 1 Nrn. 1, 2, 9 und 10 Buchst. a EStG 2002 beim Anteilseigner auszulösen vermögen (s. dazu jetzt auch § 20 Abs. 1 Nr. 11 EStG 2008). Nur für entsprechend qualifizierte Anteilsrechte und deren Veräußerung hat der Gesetzgeber vermittels des § 8b KStG 2002 die andernfalls drohende wirtschaftliche Doppelerfassung jedoch beseitigt, für weitere Rechtspositionen, bei denen "abstrakt" und allenfalls mittelbar eine derartige Belastung droht ,aber keineswegs zwingend ist, beispielsweise dann, wenn das Optionsrecht nicht ausgeübt wird und deswegen verfällt, hingegen nicht.

In Anbetracht dessen kommt es für die Frage der Steuerfreistellung auf die handels- wie steuerbilanzielle Behandlung von Optionsrechten (vgl. dazu auch Senatsurteil in BFHE 201, 234, BStBl II 2004, 126), insbesondere ihre Qualifizierung als Anschaffungskosten, nicht an, ebenso wenig wie auf die Besteuerung sog. Stillhaltergeschäfte nach Maßgabe von § 22 Nr. 3 und § 23 Abs. 1 Nr. 4 EStG 2002.

Es ist gleichermaßen unbeachtlich, dass Veräußerungsgewinne i.S. von § 8b Abs. 2 KStG 2002 nicht anders als beispielsweise bei § 17 EStG 2002 nach allgemeinen Grundsätzen ermittelt werden und dass sich im Rahmen jener Ermittlung auch die Stillhalterprämien auswirken mögen. Ausschlaggebend ist allein, dass die Einräumung von Optionsrechten keinen entsprechenden Veräußerungsvorgang darstellt und dass Stillhalterprämien in die deshalb insoweit maßgebende Gewinnermittlung nicht einzubeziehen sind.