Strafverteidigungskosten als Werbungskosten oder außergewöhnliche Belastungen

Strafverteidigungskosten sind nur dann als Werbungskosten abziehbar, wenn der strafrechtliche Vorwurf, gegen den sich der Steuerpflichtige zur Wehr setzt, durch sein berufliches Verhalten veranlasst war. Die berufliche Veranlassung wird nicht dadurch begründet, dass der Steuerpflichtige eine steuerpflichtige Entschädigung nach dem Gesetz über die Entschädigung für Strafverfolgungsmaßnahmen (StrEG) erhält.

Strafverteidigungskosten erwachsen einem Steuerpflichtigen auch im Falle eines Freispruchs nicht zwangsläufig i.S. von § 33 Abs. 1 EStG, wenn er mit seinem Verteidiger ein Honorar vereinbart, das über den durch die Staatskasse erstattungsfähigen Kosten liegt.

BFH Beschluss vom 10.06.2015 – VI B 133/14 (NV)

Begründung:

Die Beschwerde ist unbegründet und deshalb zurückzuweisen. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung.

Den im Streitfall aufgeworfenen Rechtsfragen kommt nach diesen Maßstäben keine grundsätzliche Bedeutung zu.

Die Rechtsfrage, „ob entstandene Rechtsanwaltskosten für die Verteidigung im Rahmen eines Strafverfahrens zumindest dann als Werbungskosten abzugsfähig sind, wenn eine steuerpflichtige Haftentschädigung gezahlt wird”, ist bereits hinreichend geklärt. Sie bedarf keiner Entscheidung in einem Revisionsverfahren.

Strafverteidigungskosten sind nur dann als Werbungskosten abziehbar, wenn der strafrechtliche Vorwurf, gegen den sich der Steuerpflichtige zur Wehr setzt, durch sein berufliches Verhalten veranlasst gewesen ist. Dies ist der Fall, wenn die dem Steuerpflichtigen zur Last gelegte Tat in Ausübung der beruflichen Tätigkeit begangen worden ist. Die dem Steuerpflichtigen vorgeworfene Tat muss ausschließlich und unmittelbar aus seiner beruflichen Tätigkeit heraus erklärbar sein. Auf die Frage, ob der strafrechtliche Vorwurf zu Recht erhoben wurde, kommt es hierbei nicht an. Mithin kommt ein Werbungskostenabzug nur bei einer eindeutig der steuerbaren beruflichen Sphäre zuzuordnenden Tat in Betracht.

Ist der strafrechtliche Vorwurf –wie im Streitfall– nicht durch das berufliche Verhalten des Steuerpflichtigen veranlasst, scheidet somit ein Werbungskostenabzug für die Strafverteidigungskosten aus. Da es für die berufliche Veranlassung der Strafverteidigungskosten nach der Rechtsprechung des BFH auch nicht darauf ankommt, ob dem Steuerpflichtigen der strafrechtliche Vorwurf zu Recht oder –wie im Streitfall– im Ergebnis zu Unrecht gemacht wurde, wird die berufliche Veranlassung der Strafverteidigungskosten auch nicht dadurch begründet, dass der Steuerpflichtige für erlittene Strafverfolgungsmaßnahmen eine (steuerpflichtige) Entschädigung nach dem Gesetz über die Entschädigung für Strafverfolgungsmaßnahmen (StrEG) erhält. Denn der Steuerpflichtige wendet die Strafverteidigungskosten nicht auf, um i.S. von § 9 Abs. 1 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) mit der Entschädigung nach dem StrEG steuerpflichtige Einkünfte zu erwerben, sondern um sich von dem gegen ihn erhobenen strafrechtlichen Vorwurf zu entlasten. Beruht dieser strafrechtliche Vorwurf nicht seinerseits auf einem beruflichen Verhalten des Steuerpflichtigen, überlagern die privaten, nicht beruflichen Gründe für die Aufwendung der Strafverteidigungskosten den Zusammenhang zwischen diesen Kosten und der Entschädigung nach dem StrEG.

Die Rechtsfrage, „ob Rechtsanwaltskosten zumindest dann als außergewöhnliche Belastung abzugsfähig sind, sofern die Rechtsverteidigung zu einem Freispruch führt”, ist ebenfalls nicht grundsätzlich bedeutsam i.S. von § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO.

Der BFH hat bereits entschieden, unter welchen Voraussetzungen Strafverteidigungskosten als außergewöhnliche Belastung i.S. des § 33 EStG anzuerkennen sind. Soweit der Angeschuldigte freigesprochen wird, fallen gemäß § 467 Abs. 1 der Strafprozessordnung (StPO), von hier nicht einschlägigen Ausnahmefällen abgesehen (§ 467 Abs. 2 und 3 StPO), die notwendigen Auslagen des Angeschuldigten der Staatskasse zur Last. Gemäß § 464a Abs. 2 Nr. 2 StPO gehören zu den notwendigen Auslagen eines Beteiligten auch die Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts, soweit sie nach § 91 Abs. 2 der Zivilprozessordnung zu erstatten sind. Dazu zählen u.a. die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei. Soweit dem Steuerpflichtigen aufgrund dieser Vorschriften ein Anspruch auf Erstattung der Kosten der Strafverteidigung zusteht, scheidet schon mangels Belastung des Steuerpflichtigen ein Abzug nach § 33 EStG aus.

Soweit nach den genannten Vorschriften kein Anspruch gegen die Staatskasse besteht, sind Anwaltskosten für die Strafverteidigung einem Steuerpflichtigen nur zwangsläufig erwachsen (§ 33 Abs. 1 EStG), wenn er sich ihnen aus rechtlichen, tatsächlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann und soweit diese Aufwendungen den Umständen nach notwendig sind und einen angemessenen Betrag nicht übersteigen (§ 33 Abs. 2 Satz 1 EStG). Nicht zwangsläufig sind Aufwendungen insbesondere dann, wenn der Steuerpflichtige –wie hier– mit seinem Verteidiger ein Honorar vereinbart hat, das über den durch die Staatskasse erstattungsfähigen Kosten liegt; ein Abzug dieser Mehraufwendungen ist mangels Zwangsläufigkeit nicht möglich. Da der Abzug der über die gesetzlichen Gebühren und Auslagen hinausgehenden, auf einer Honorarvereinbarung beruhenden Strafverteidigungskosten als außergewöhnliche Belastung nach der Rechtsprechung des BFH an der fehlenden Zwangsläufigkeit scheitert, ist es insoweit auch unerheblich, dass der Steuerpflichtige freigesprochen wird. Bei einer Verurteilung scheidet der Abzug der Strafverteidigungskosten als außergewöhnliche Belastung ohnehin aus.

Strafverteidigungskosten als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung

Strafverteidigungskosten können bei entsprechendem Veranlassungszusammenhang mit der Erwerbssphäre Werbungskosten sein.

Ein solcher Erwerbsbezug ist gegeben, wenn die dem Steuerpflichtigen vorgeworfene Tat – im Streitfall: Steuerhinterziehung durch Vorspiegeln eines Mietverhältnisses mit dem Ziel, an sich privat veranlasste Erhaltungsaufwendungen steuerlich zur Abzugsfähigkeit zu bringen – ausschließlich und unmittelbar nur aus der Erwerbstätigkeit heraus erklärbar ist.

Ein Erwerbsbezug fehlt, wenn die Erwerbstätigkeit nur die Gelegenheit zur Straftat schafft.

Niedersächsisches Finanzgericht 9. Senat, Urteil vom 14.05.2014, 9 K 99/13

 

Kein Abzug von Strafverteidigungskosten

Die einem wegen einer vorsätzlichen Tat verurteilten Steuerpflichtigen entstandenen Kosten seiner Strafverteidigung sind nicht als außergewöhnliche Belastungen abziehbar.

BFH Urteil vom 16.4.2013, IX R 5/12

Begründung:

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat mit Urteil vom 16. April 2013 IX R 5/12 die Kosten, die einem wegen einer vorsätzlichen Tat Verurteilten für seine Strafverteidigung entstanden sind, nicht zum Abzug als außergewöhnliche Belastungen zugelassen.

Der Kläger war rechtskräftig wegen Beihilfe zur Untreue zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und neun Monaten verurteilt worden. Er machte seine Rechtsanwaltskosten (ca. 50.000 Euro für 2007 und 160.000 Euro für 2008) steuermindernd geltend. Sie wurden weder vom Finanzamt noch vom Finanzgericht anerkannt, insbesondere auch nicht als außergewöhnliche Belastungen.

Der BFH hat den Abzug der Strafverteidigungskosten als Betriebsausgaben oder Werbungskosten (§ 4 Abs. 4, § 9 Abs. 1 EStG) versagt, weil die Tat nicht eindeutig der beruflichen oder sonstigen steuerbaren Sphäre zuzuordnen war. Auch den Abzug als außergewöhnliche Belastungen hat er mit der allgemeinen Meinung verneint. Dem steht nach Ansicht des erkennenden IX. Senats die neuere Rechtsprechung des VI. Senats (Urteil vom 12. Mai 2011 VI R 42/10 BFHE 234, 30, BStBl II 2011, 1015) nicht entgegen, wonach sich die Unausweichlichkeit von Prozesskosten daraus ergibt, dass der Steuerpflichtige zur Durchsetzung seines Rechts den Rechtsweg beschreiten muss. Im Streitfall fehlt es aber schon an der Unausweichlichkeit der Aufwendungen. Die Strafverteidigungskosten hat der Kläger gerade wegen seiner rechtskräftigen Verurteilung zu tragen. Die Straftat ist aber nicht unausweichlich.

 

Anwaltskosten im Zusammenhang mit einem Strafverfahren als Werbungskosten

Strafverteidigungskosten sind dann als Werbungskosten abziehbar, wenn der strafrechtliche Vorwurf, gegen den sich der Steuerpflichtige zur Wehr setzt, durch sein berufliches Verhalten veranlasst ist.

Eine erwerbsbezogene Veranlassung wird aufgehoben, wenn der Arbeitnehmer seinen Arbeitgeber bewusst schädigen wollte oder sich oder einen Dritten durch die schädigende Handlung bereichert hat.

Die Einstellung des Strafverfahrens gemäß § 153a StPO rechtfertigt nicht die Schlussfolgerung, dass der Steuerpflichtige die ihm zur Last gelegte Tat verübt hat.

BFH Beschluss vom 17.08.2011 – VI R 75/10 BFHNV 2011 S. 2040f

Begründung:

Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) sind Werbungskosten über den Wortlaut des § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG hinaus alle Aufwendungen, die durch die Erzielung von steuerpflichtigen Einnahmen veranlasst sind. Eine solche Veranlassung liegt vor, wenn objektiv ein Zusammenhang mit der auf die Einnahmeerzielung gerichteten Tätigkeit besteht und subjektiv die Aufwendungen zur Förderung dieser steuerlich relevanten Tätigkeit gemacht werden. Danach können auch strafbare Handlungen, die im Zusammenhang mit einer beruflichen Tätigkeit stehen, Erwerbsaufwendungen begründen und die sich aus ihnen ergebenden Schadensersatzverpflichtungen zu Werbungskosten führen. Aufwendungen, die durch strafbare Handlungen ausgelöst werden, sind nicht ohne Weiteres der privaten Lebensführung zuzuordnen. Dieses Ergebnis folgt nicht nur aus dem objektiven Nettoprinzip, sondern ergibt sich auch aus § 40 AO. Danach ist es für die Besteuerung unerheblich, ob ein Verhalten, das den Tatbestand eines Steuergesetzes ganz oder zum Teil erfüllt, gegen ein gesetzliches Gebot oder Verbot oder gegen die guten Sitten verstößt.

In gleicher Weise ist in der Rechtsprechung des BFH anerkannt, dass Strafverteidigungskosten dann als Werbungskosten abziehbar sind, wenn der strafrechtliche Vorwurf, gegen den sich der Steuerpflichtige zur Wehr setzt, durch sein berufliches Verhalten veranlasst gewesen ist. Das ist der Fall, wenn die dem Steuerpflichtigen zur Last gelegte Tat in Ausübung der beruflichen Tätigkeit begangen worden ist. Dem Abzug dieser Verfahrenskosten steht § 12 Nr. 4 EStG nicht entgegen. 

Allerdings setzt nach bisheriger Rechtsprechung die Annahme von Erwerbsaufwendungen auch in diesen Fällen voraus, dass die –die Aufwendungen auslösenden– schuldhaften Handlungen noch im Rahmen der beruflichen Aufgabenerfüllung liegen und nicht auf privaten, den beruflichen Zusammenhang aufhebenden Umständen beruhen. So greifen nach der Rechtsprechung private Gründe dann durch, wenn die strafbaren Handlungen mit der Erwerbstätigkeit des Steuerpflichtigen nur insoweit im Zusammenhang stehen, als diese eine Gelegenheit zu einer Straftat verschafft. Eine erwerbsbezogene Veranlassung wird auch aufgehoben, wenn der Arbeitnehmer seinen Arbeitgeber bewusst, also vorsätzlich schädigen wollte oder sich oder einen Dritten durch die schädigende Handlung bereichert hat, wenn also das Verhalten des Arbeitnehmers von privaten Gründen getragen wurde. Wie das FG zu Recht ausgeführt hat, genügt allerdings insoweit zum Ausschluss des Werbungskostenabzugs der Tatvorwurf allein zumindest dann nicht, wenn dem Steuerpflichtigen Untreue bzw. Beihilfe zur Untreue vorgeworfen wird.

 

Anwaltskosten im Zusammenhang mit einem Strafverfahren als Werbungskosten

Anwaltskosten im Zusammenhang mit einem Strafverfahren als Werbungskosten

BFH Beschluss vom 17.8.2011, VI R 75/10

Begründung:

Die Revision ist unbegründet. Das FG hat zu Recht die im Zusammenhang mit dem Ermittlungsverfahren angefallenen Anwaltskosten zum Abzug als Werbungskosten gemäß § 9 Abs. 1 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) zugelassen.

Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) sind Werbungskosten über den Wortlaut des § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG hinaus alle Aufwendungen, die durch die Erzielung von steuerpflichtigen Einnahmen veranlasst sind. Eine solche Veranlassung liegt vor, wenn objektiv ein Zusammenhang mit der auf die Einnahmeerzielung gerichteten Tätigkeit besteht und subjektiv die Aufwendungen zur Förderung dieser steuerlich relevanten Tätigkeit gemacht werden. Danach können auch strafbare Handlungen, die im Zusammenhang mit einer beruflichen Tätigkeit stehen, Erwerbsaufwendungen begründen und die sich aus ihnen ergebenden Schadensersatzverpflichtungen zu Werbungskosten führen. Aufwendungen, die durch strafbare Handlungen ausgelöst werden, sind nicht ohne Weiteres der privaten Lebensführung zuzuordnen. Dieses Ergebnis folgt nicht nur aus dem objektiven Nettoprinzip, sondern ergibt sich auch aus § 40 AO. Danach ist es für die Besteuerung unerheblich, ob ein Verhalten, das den Tatbestand eines Steuergesetzes ganz oder zum Teil erfüllt, gegen ein gesetzliches Gebot oder Verbot oder gegen die guten Sitten verstößt.

n gleicher Weise ist in der Rechtsprechung des BFH anerkannt, dass Strafverteidigungskosten dann als Werbungskosten abziehbar sind, wenn der strafrechtliche Vorwurf, gegen den sich der Steuerpflichtige zur Wehr setzt, durch sein berufliches Verhalten veranlasst gewesen ist. Das ist der Fall, wenn die dem Steuerpflichtigen zur Last gelegte Tat in Ausübung der beruflichen Tätigkeit begangen worden ist

Allerdings setzt nach bisheriger Rechtsprechung die Annahme von Erwerbsaufwendungen auch in diesen Fällen voraus, dass die –die Aufwendungen auslösenden– schuldhaften Handlungen noch im Rahmen der beruflichen Aufgabenerfüllung liegen und nicht auf privaten, den beruflichen Zusammenhang aufhebenden Umständen beruhen. So greifen nach der Rechtsprechung private Gründe dann durch, wenn die strafbaren Handlungen mit der Erwerbstätigkeit des Steuerpflichtigen nur insoweit im Zusammenhang stehen, als diese eine Gelegenheit zu einer Straftat verschafft. Eine erwerbsbezogene Veranlassung wird auch aufgehoben, wenn der Arbeitnehmer seinen Arbeitgeber bewusst, also vorsätzlich schädigen wollte oder sich oder einen Dritten durch die schädigende Handlung bereichert hat, wenn also das Verhalten des Arbeitnehmers von privaten Gründen getragen wurde. Wie das FG zu Recht ausgeführt hat, genügt allerdings insoweit zum Ausschluss des Werbungskostenabzugs der Tatvorwurf allein zumindest dann nicht, wenn dem Steuerpflichtigen Untreue bzw. Beihilfe zur Untreue vorgeworfen wird.

Strafverteidigungskosten als Erwerbsaufwendungen

Strafverteidigungskosten sind Erwerbsaufwendungen, wenn der strafrechtliche Vorwurf, gegen den sich der Steuerpflichtige zur Wehr setzt, durch sein berufliches Verhalten veranlasst war.

BFH Urteil vom 18. Oktober 2007 VI R 42/04
In der Regel werden strafverteidigungskosten der persönlichen Lebenssphäre zugerechnet.