Tarifbegünstigte Besteuerung von Abschlagszahlungen an einen Handelsvertreter

Zur Aufspaltung einer an einen Handelsvertreter „im Gegenzug” für die Senkung von Provisionssätzen geleisteten Zahlung in einen als „Entschädigung” ermäßigt zu besteuernden und einen dem laufenden Gewinn zuzurechnenden nicht tarifbegünstigten Anteil (Doppelfunktion einer Abschlagszahlung).

Die in § 24 Nr. 1 Buchst. a und c EStG geregelten Entschädigungszwecke schließen sich rechtlich und wirtschaftlich gegenseitig aus. Eine gleichwie geartete „Vermischung” der beiden Begünstigungstatbestände kommt nicht in Betracht.

BFH Urteil vom 27.10.2015 – X R 12/13

Sachverhalt:

Der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) wurde im Streitjahr 2004 zusammen mit seiner Ehefrau zur Einkommensteuer veranlagt. Er erzielte u.a. als Handelsvertreter für … aufgrund einer Vertriebsvereinbarung mit der „…” (X) vom 28. Dezember 1993 Einkünfte aus Gewerbetrieb nach § 15 des Einkommensteuergesetzes (EStG), die er durch Betriebsvermögensvergleich nach § 4 Abs. 1, § 5 EStG ermittelte.

Am 6. April 2004 vereinbarten der Kläger und die „…” (X-AG), die Rechtsnachfolgerin der X, einen Nachtrag zu der Vertriebsvereinbarung. Dieser beruhte ausweislich der Präambel auf einer zwischenzeitlich eingetretenen Verschlechterung der wirtschaftlichen Situation am …markt und einem damit verbundenen erhöhten Preisdruck. Gegenstand dieser Vereinbarung war eine stufenweise Senkung der Provisionssätze des Klägers von Jahr zu Jahr vom 1. Januar 2004 an (rückwirkend) bis zum Jahr 2007. In Ziffer 2 stellten die X-AG und der Kläger fest, dass dies keine Ausgleichsansprüche i.S. von § 89b des Handelsgesetzbuchs (HGB) begründe, andernfalls der Kläger „hiermit ausdrücklich” auf diesen Anspruch verzichte. In den Ziffern 3 und 4 verpflichtete sich die X-AG, dem Kläger 308.076 EUR zu zahlen, und zwar mit folgendem Vertragstext:

Im Gegenzug erklärt X-AG sich bereit, dem Handelsvertreter bereits jetzt einen Abschlag auf die ihm bei Beendigung dieses Handelsvertretervertrages unter den Voraussetzungen des § 9 des Handelsvertretervertrages zustehenden Ausgleichsanspruch zu zahlen. Der Höhe nach beläuft sich dieser Abschlag auf 60 % des maximalen gesetzlichen Ausgleichsanspruchs (errechnet als Jahres-Durchschnitt der Provisionen der Jahre 1999-2003, ohne …), der dem Handelsvertreter zustehen würde, wenn der Vertrag zum Stichtag des 31.12.2003 beendet worden wäre. Den dergestalt berechneten Betrag beziffern die Parteien übereinstimmend mit EUR 308.076,00. Er wird 4 Wochen nach Unterzeichnung dieser Vereinbarung zur Auszahlung fällig.

Begründung:

Die Revision ist mit der Maßgabe begründet, dass die streitgegenständliche Zahlung nicht insgesamt, sondern lediglich im Umfang vom 184.845,60 EUR gemäß § 34 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 2 EStG i.V.m. § 24 Nr. 1 Buchst. a EStG ermäßigt zu besteuern ist. Im Übrigen liegen laufende, nicht tarifbegünstigte Einkünfte vor. Der Nachtragsvertrag zwischen der X-AG und dem Kläger ist in eine nicht begünstigte Vorauszahlung auf einen Ausgleichsanspruch nach § 89b HGB in Höhe von 123.230,40 EUR und eine begünstigte Entschädigung für entgehende Einnahmen in Höhe von 184.845,60 EUR aufzuspalten.

Nach der Konzeption des Nachtragsvertrags sollte der in dessen Ziffer 3 vereinbarte klägerische Anspruch teilweise die Senkung der Provisionsansprüche einschließlich der damit einhergehenden Schmälerung des künftigen Ausgleichsanspruchs nach § 89b HGB kompensieren, teilweise –wenn auch ebenfalls zu Kompensationszwecken– eine Vorauszahlung auf den tatsächlichen Ausgleichsanspruch nach § 89b HGB darstellen.

Nachdem die Parteien zunächst in Ziffer 1 die Senkung der Provisionssätze vereinbart und in Ziffer 2 ihre übereinstimmende Auffassung festgestellt hatten, dass dies für sich genommen keinen Anspruch aus § 89b HGB begründe, kann eine in Ziffer 3 mit den Worten „Im Gegenzug” eingeleitete und begründete Zahlungsverpflichtung gegenüber dem Kläger in einem ersten Schritt nur eine Kompensation für etwaige mit den Ziffern 1 und 2 akzeptierte Einbußen sein. Da die mit Ziffer 1 vereinbarte Senkung der Provisionen zum einen die laufenden Provisionsansprüche kürzt, zum anderen aber auch den künftigen Ausgleichsanspruch des Klägers aus § 89b HGB mindert, weil dieser seinerseits von der Höhe der in den Jahren zuvor bezogenen Provisionen abhängig ist, sollte die Zahlung beiderlei Nachteile ausgleichen.

In einem zweiten Schritt aber widmet die Anrechnungsklausel in Ziffer 4 des Nachtragsvertrags, soweit sie reicht, die Zahlung zu einer Vorauszahlung auf den künftigen Ausgleichsanspruch nach § 89b HGB um. Dies betrifft einen Teilbetrag von 123.230,40 EUR.

Unerheblich ist, ob diese Klausel entgegen § 89b Abs. 4 Satz 1 HGB den künftigen Ausgleichsanspruch des Klägers teilweise ausgeschlossen haben könnte. Zivilrechtllich lässt sich dies wohl erst dann beurteilen, wenn die Höhe des künftigen Ausgleichsanspruchs feststeht. Steuerrechtlich kommt es darauf nach § 41 Abs. 1 Satz 1 der Abgabenordnung (AO) weder jetzt noch künftig an. Nach den Sachverhaltsfeststellungen des FG ist davon auszugehen, dass die Beteiligten das entsprechende wirtschaftliche Ergebnis gleichwohl eintreten und bestehen lassen wollen (vgl. zum diesbzgl. Maßstab Klein/Ratschow, AO, 12. Aufl., § 41 Rz 20 ff.). Hierfür spricht nicht nur die langjährige Geschäftsbeziehung des Klägers zur X-AG, sondern vor allem die am Ende der salvatorischen Klausel in Ziffer 5 des Nachtragsvertrags abgegebene Erklärung, wonach der gemeinsame Wille der Parteien „In jedem Fall (…) dahin (gehe), daß die auf Grundlage dieser Vereinbarung (…) geleistete Abschlagszahlung bei der Berechnung eines dem Handelsvertreter bei Beendigung dieses Handelsvertretervertrages zustehenden Ausgleichsanspruches angemessen zu berücksichtigen ist.”

Indes erfasst diese Umwidmung nicht die gesamte streitige Zahlung. Da einerseits der künftige Ausgleichsanspruch nicht feststeht, andererseits der Zahlungsanspruch steuerrechtlich zu dem Zeitpunkt zu qualifizieren ist, zu dem er entsteht, ist eine Prognose hinsichtlich der Höhe des künftigen Ausgleichsanspruchs vorzunehmen, die sich nach der inneren Struktur des Nachtragsvertrags und den darin zum Ausdruck kommenden Vorstellungen der Parteien über die Wertigkeit der jeweiligen Vertragsbestandteile richtet.

Die Vertragsparteien müssen zunächst davon ausgegangen sein, dass der Nachtragsvertrag die Ertragsaussichten aus dem mit der Vertriebsvereinbarung begründeten Handelsvertreterverhältnis um 60 % gemindert hat. Nur auf dieser Grundlage ist es verständlich, eine Zahlung gerade in Höhe von 60 % desjenigen Ausgleichsanspruchs nach § 89b HGB vorzusehen, der entstanden wäre, wäre das Vertragsverhältnis vollständig beendet worden. Allerdings wäre damit allein die Anrechnungsklausel in Ziffer 4 nicht zu erklären. Ihre innere Rechtfertigung ist darin zu sehen, dass der Nachtragsvertrag nach der wohl zutreffenden Annahme der Parteien von Rechts wegen überhaupt keinen Ausgleichsanspruch begründete. Insofern entsprach es deren Interessenlage, den durch den Nachtragsvertrag ausgelösten fiktiven anteiligen Ausgleichsanspruch nicht vollständig zu bedienen, sondern durch eine (teilweise) Anrechnung auf den künftigen Ausgleichsanspruch zu reduzieren. Ziffer 4 des Nachtragsvertrags kann angesichts des Kontexts nicht so verstanden werden, dass die Zahlung unabhängig von den geänderten Provisionssätzen in vollem Umfang als Vorauszahlung auf 60 % des künftigen Ausgleichsanspruchs aus § 89b HGB zu werten sein sollte. Der tatsächliche künftige Ausgleichsanspruch errechnet sich anders als der Zahlbetrag auf der Grundlage der durch den Nachtragsvertrag erheblich geminderten Provisionen. Dies war den Parteien angesichts der in Ziffer 4 enthaltenen Formulierung „ungeachtet der Tatsache, daß ihr die unverminderten Provisionssätze zugrunde liegen, (…)” auch bewusst.

Wenn der streitige Betrag von 308.076 EUR (60 % des noch auf Grundlage der bisherigen höheren Provisionssätze errechneten fiktiven Ausgleichsanspruchs) den Anrechnungsbetrag nach Ziffer 4 (60 % des auf Grundlage der künftigen geminderten Provisionssätze errechneten künftigen Ausgleichsanspruchs) nicht überschreiten soll, müssten die Parteien davon ausgegangen sein, dass nach Abschluss des Nachtragsvertrags die durch den Kläger vermittelten Umsätze in einem solchen Maße steigen würden, dass sie die durch die Minderung der Provisionssätze bewirkten Einbußen wenigstens ausglichen. Nur dann erreichte der künftige Ausgleichsanspruch betragsmäßig den fiktiven Ausgleichsanspruch zum Zeitpunkt des Nachtragsvertrags und es verbliebe kein Differenzbetrag zwischen dem Umfang der Anrechnung und dem Zahlbetrag. Zwar benennt die Präambel des Nachtragsvertrags lediglich allgemein die Verschlechterung der wirtschaftlichen Bedingungen am …markt, ohne zwischen Gewinnspannen und Umsätzen zu differenzieren, es bestehen aber keine Anhaltspunkte dafür, dass die Parteien ausgerechnet einen derartigen Anstieg der Umsatzzahlen bei der X-AG prognostiziert hätten.

Sind die Parteien nach alledem davon ausgegangen, dass die Ertragsaussichten der Handelsvertretung um 60 % sinken würden, so gilt dies für die laufenden Provisionen sowie den künftigen tatsächlichen Ausgleichsanspruch gleichermaßen. Den künftigen Ausgleichsanspruch müssen sie also mit 40 % des ohne Provisionskürzung errechneten Ausgleichsanspruchs kalkuliert haben. Die Anrechnungsklausel der Ziffer 4 umfasst danach 60 % von diesen 40 %. Wenn der volle Ausgleichsanspruch bei bisherigen Provisionen –unter sonst gleichbleibenden Verhältnissen– maximal 513.460 EUR beträgt (die Zahlung in Höhe von 308.076 EUR entspricht 60 % von 513.460 EUR), so beläuft sich der volle Ausgleichsanspruch auf Grundlage geminderter Provisionen –unter sonst gleichbleibenden Verhältnissen– auf maximal 205.384 EUR (40 % von 513.460 EUR). Davon wiederum werden also 123.230,40 EUR (60 % von 205.384 EUR) durch die streitgegenständliche Zahlung abgegolten.

Das bedeutet, dass diese Zahlung (nur) mit einem Teilbetrag von 123.230,40 EUR eine Vorauszahlung auf den künftigen Ausgleichsanspruch aus § 89b HGB ist. Mit einem Teilbetrag von 184.845,60 EUR ist sie hingegen Ersatz für die Minderung von Provisionsansprüchen sowie des korrespondierenden höheren Ausgleichsanspruchs. Dieser Teil der Zahlung kann keine Vorauszahlung auf einen Ausgleichsanspruch darstellen, auch wenn dessen mittelbar bewirkte Verringerung kompensiert wird, da der höhere Ausgleichsanspruch niemals mehr entstehen kann.

Soweit die Zahlung Ersatz für die Einbußen aus der Minderung der Provisionsansprüche darstellt, ist sie nach § 34 Abs. 1 EStG begünstigt. Soweit sie als Vorauszahlung auf den Ausgleichsanspruch aus § 89b HGB wirkt, ist sie es nicht.

Gemäß § 34 Abs. 1 EStG ist die Einkommensteuer für außerordentliche Einkünfte nach einem ermäßigten Steuersatz zu berechnen. Zu den außerordentlichen Einkünften gehören u.a. gemäß § 34 Abs. 2 Nr. 2 EStG Entschädigungen i.S. des § 24 Nr. 1 EStG, die gewährt werden für entgangene oder entgehende Einnahmen (§ 24 Nr. 1 Buchst. a EStG), für die Aufgabe oder Nichtausübung einer Tätigkeit, für die Aufgabe einer Gewinnbeteiligung oder einer Anwartschaft auf eine solche (§ 24 Nr. 1 Buchst. b EStG) sowie als Ausgleichszahlungen an Handelsvertreter nach § 89b HGB (§ 24 Nr. 1 Buchst. c EStG). Der Begriff „Entschädigung” wird im Gesetz nicht näher definiert. Er setzt seinem Wortlaut nach –insoweit allgemein für die Nr. 1 Buchst. a bis c des § 24 EStG– voraus, dass der Steuerpflichtige infolge einer Beeinträchtigung einen Schaden erlitten hat und die Zahlung unmittelbar dazu bestimmt ist, diesen Schaden.

Die Ausgleichsansprüche aus § 89b HGB sind von der Spezialvorschrift des § 24 Nr. 1 Buchst. c EStG erfasst. Soweit ein Handelsvertreter veranlagungszeitraumübergreifend Vorauszahlungen als Teilzahlungen auf einen Ausgleichsanspruch nach § 89b HGB erhält, sind diese nicht nach § 34 Abs. 2 Nr. 2 EStG i.V.m. § 24 Nr. 1 Buchst. c EStG begünstigt. Der Ausgleichsbetrag muss, dem Grundsatz der Zusammenballung entsprechend, in einer Summe gezahlt werden eine Verteilung auf zwei Jahre nicht beanstandet. Dem lagen indes Billigkeitserwägungen zugrunde. Die Vorauszahlung ihrerseits diente der Behebung existentieller Not der Nachkriegsjahre. Im Übrigen ist die Verteilung auf zwei verschiedene Veranlagungszeiträume schädlich. Das gilt auch dann, wenn die Tatsache, dass überhaupt eine Zahlung im Voraus geleistet wird, ihrerseits Entschädigungscharakter hat, da andernfalls das Merkmal der Zusammenballung für den Tatbestand des § 24 Nr. 1 Buchst. c EStG leer liefe.

Während es sich bei einer als „Ersatz für entgangene oder entgehende Einnahmen” gewährten Entschädigung (§ 24 Nr. 1 Buchst. a EStG) um eine echte Kompensations- bzw. Sekundärleistung handelt, statuiert § 89b HGB (bzw. im Streitfall die inhaltsgleiche Regelung in § 9 der Vertriebsvereinbarung) einen zusätzlichen Vergütungsanspruch für die vor dem Vertragsende geleisteten und nach Vertragsende fortwirkenden Dienste, dessen Entstehung dem Grunde nach dem laufenden Gewinn zuzurechnen ist Dies war der Grund, mit dem Steueränderungsgesetz die Sonderregelung des § 24 Nr. 1 Buchst. c EStG einzuführen. Zahlungen auf solche Ausgleichsansprüche sind daher autonom zu beurteilen.

. In jenem Fall lagen den einzelnen Schadensersatzleistungen drei gesonderte Vergleiche mit jeweils eigener Abfindungserklärung zugrunde, von denen jeder einen klar abgegrenzten und vom Gegenstand der anderen Vergleiche ausdrücklich ausgenommenen Zeitraum des Verdienstausfalls des nach einem Unfall querschnittsgelähmten Klägers zum Gegenstand hatte. Im Streitfall geht es hingegen um die Frage, ob ein einheitlicher Ausgleichsanspruch unschädlich in zwei verschiedenen Veranlagungszeiträumen bedient werden kann. Im Übrigen hat der Senat, indem er die streitige Zahlung aufgrund ihrer Doppelfunktion in eine Ausgleichszahlung nach § 89b HGB und eine Ersatzleistung für die Provisionsminderung aufgespalten hat, eine der ähnliche Aufteilung vorgenommen.

Anders verhält es sich mit dem die Einbußen aus der Provisionskürzung abgeltenden Teil der Zahlung in Höhe von 184.845,60 EUR. Insoweit liegt eine Entschädigung nach § 34 Abs. 2 Nr. 2 EStG i.V.m. § 24 Nr. 1 Buchst. a EStG vor.

Bei der Prüfung, ob Ersatz für entgangene oder entgehende Einnahmen i.S. des § 24 Nr. 1 Buchst. a EStG vorliegt, ist zwischen echten Entschädigungen und Erfüllungsleistungen zu differenzieren. Zahlungen, die nicht an die Stelle weggefallener Einnahmen treten, sondern bürgerlich-rechtliche Erfüllungsleistungen eines Rechtsverhältnisses darstellen, gehören nicht zu den Entschädigungen.

Die an die Stelle der bisherigen Einnahmen tretende Ersatzleistung muss auf einer neuen Rechts- oder Billigkeitsgrundlage gründen. Allerdings stellt nicht jede Leistung des Vertragspartners, die auf einem neu geschlossenen Vertrag beruht, allein deshalb bereits eine Entschädigung dar. Vielmehr kann es sich in solchen Fällen auch um schlichte Anpassungs- bzw. Anschlussverträge oder um einen Vertrag handeln, der an die Stelle eines schuldrechtlich gestörten, unwirksamen oder in seiner Rechtswirksamkeit zweifelhaften Vertrags tritt. Derartige Verträge, die Erfüllungspflichten, nicht aber Ersatzverpflichtungen begründen, unterscheiden sich von den nach § 24 Nr. 1 Buchst. a EStG erfassten Abfindungsverträgen insbesondere dadurch, dass sie den Vertragsparteien für die Zukunft modifizierte bzw. neu begründete Leistungspflichten auferlegen und die Zahlung des einen Vertragspartners eine Gegenleistung für die Leistung des anderen bildet.

Nach diesen Maßstäben begründete der Nachtragsvertrag einen Entschädigungsanspruch i.S. des § 24 Nr. 1 Buchst. a EStG. Neue oder modifizierte Erfüllungsansprüche in diesem Sinne lagen in der streitigen Zahlung nicht. Der Erfüllungsanspruch auf künftige Provisionszahlungen war mit Ausnahme seines rückwirkenden Teils, den die Parteien im Ergebnis noch nicht einmal umgesetzt haben, vor Abschluss des Nachtragsvertrags noch nicht entstanden. Allein die vertragliche Änderung von Provisionssätzen realisiert noch keine Provisionsansprüche. Die künftig entstehenden Provisionsansprüche hatten vielmehr von vornherein einen geringeren Umfang. Hinsichtlich des abgeschmolzenen Teils der Provisionsansprüche hatte der Kläger keinerlei Erfüllungspflichten mehr. Seine diesbezügliche Leistung bestand ausschließlich darin, die Kürzung künftiger Ansprüche hinzunehmen. Dies ist geradezu prototypisch für Entschädigungsleistungen.

Danach liegt eine im Rahmen eines Gewerbebetriebs anfallende tarifbegünstigte Entschädigung i.S. des § 24 Nr. 1 Buchst. a EStG nicht vor, wenn der zur Entschädigung führende Sachverhalt zur Begründung und Abwicklung normaler und üblicher Geschäftsvorfälle, ggf. auch zur Beendigung bisheriger ertragbringender Geschäftsbeziehungen gehört und nicht unmittelbar auf einem vom Willen des Steuerpflichtigen unabhängigen Ereignis beruht.

Die vorliegende substantielle Kürzung der Provisionsansprüche bewegte sich aber nicht mehr im Rahmen des Normalen und Üblichen. Während die „normale” Beendigung einer Geschäftsbeziehung in diesem Sinne sich auf eine von mehreren Geschäftsbeziehungen des Gewerbetreibenden bezieht, sei sie auch besonders ertragreich, stellten im Streitfall die Vertragsbeziehungen mit der X-AG die Grundlage der gewerblichen Tätigkeit des Klägers überhaupt dar. Dies ist ein wesentlicher qualitativer Unterschied.

Der Senat hatte in dieser Entscheidung darauf abgestellt, dass eine Entschädigung nicht vorliegt, wenn und soweit die Ersatzleistung der Erfüllung oder dem Ausgleich des Interesses an der Erfüllung solcher Verträge dient, die im laufenden Geschäftsverkehr geschlossen worden sind und sich unmittelbar auf den Geschäftsgegenstand des Unternehmens beziehen, und zwar selbst dann, wenn im Falle von Vertragsstörungen das Erfüllungsinteresse geleistet wird. Es müsse sich um einen außergewöhnlichen Vorgang handeln, der über einkunftsarttypische Geschäfte hinausgeht.

Letzteres war hier aber der Fall. Die streitgegenständliche Provisionsabrede war kein Geschäft des laufenden Geschäftsverkehrs, sondern Grundlage des Geschäfts selbst. Der Senat hatte zur Illustration seiner Auffassung sinngemäß weiter erläutert, es komme darauf an, ob die Zahlung ihre Rechtsgrundlage in der Erfüllung des Vertrags habe oder  der Vertragspartner zur Beendigung des Vertrags bewogen werden solle, mit der Folge, dass beiderseitige Erfüllungsansprüche gar nicht mehr entstünden. Es besteht aber kein maßgebender Unterschied, ob Erfüllungsansprüche überhaupt nicht mehr entstehen sollen oder, wie im Streitfall, nicht mehr entstehen sollen, soweit sie einen gewissen Umfang überschreiten. In beiden Fällen verliert der Vertragspartner ursprüngliche Erfüllungsansprüche.

Unschädlich ist es schließlich, dass der Kläger am Abschluss des Nachtragsvertrags mitgewirkt hat. Eine Entschädigung kann auch dann vorliegen, wenn der Steuerpflichtige durch Abschluss einer Vereinbarung an der Entstehung des Schadens mitwirkt, sofern er unter einem nicht unerheblichen rechtlichen, wirtschaftlichen oder tatsächlichen Druck oder zumindest in einer Konfliktlage zur Vermeidung von Streitigkeiten gehandelt hat). Das FG hat in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise eine solche Drucksituation des Klägers bejaht, das FA die diesbezüglichen Feststellungen nicht angegriffen.