Tiefkühllager keine Betriebsvorrichtung

Ein Tiefkühllager ist nicht deshalb ungeeignet zum Aufenthalt von Menschen und damit eine Betriebsvorrichtung, weil die Lagerarbeiter ihre Tätigkeit mit Hilfe von Gabelstaplern verrichten, deren Kabinen beheizt sind.

BFH Urteil vom 07.04.2011 III R 8/09 BFH NV 2011 S. 1187f

Begründung:

Die Abgrenzung der als bewegliche Wirtschaftsgüter zu behandelnden Betriebsvorrichtungen von Gebäuden, die als unbewegliche Wirtschaftsgüter zu beurteilen sind, richtet sich auch im Investitionszulagenrecht nach bewertungsrechtlichen Gesichtspunkten,

Zu den beweglichen Wirtschaftsgütern zählen nach § 68 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 des Bewertungsgesetzes Maschinen und sonstige Vorrichtungen aller Art, die zu einer Betriebsanlage gehören (Betriebsvorrichtungen), auch wenn sie wesentliche Bestandteile sind. Der Begriff der Betriebsvorrichtung umfasst nicht nur Maschinen und maschinenähnliche Anlagen, sondern alle Teile einer Betriebsanlage, die in einer so engen Beziehung zu dem ausgeübten Gewerbebetrieb stehen, dass dieser unmittelbar mit ihnen betrieben wird.

 Grundvermögen, auch Gebäude, gehören allgemein nicht zu den beweglichen Wirtschaftsgütern. Bei der Abgrenzung der Gebäude von den Betriebsvorrichtungen ist vom Gebäudebegriff auszugehen, weil Gebäude grundsätzlich zum Grundvermögen gehören und demgemäß ein Bauwerk, das als Gebäude zu betrachten ist, nicht Betriebsvorrichtung sein kann.

Für die Einordnung eines Bauwerks als Gebäude ist entscheidend, ob es alle, nicht nur einzelne Begriffsmerkmale aufweist. Ein Bauwerk ist ein Gebäude, wenn es Menschen oder Sachen durch räumliche Umschließung Schutz gegen Witterungseinflüsse gewährt, den Aufenthalt von Menschen gestattet, fest mit dem Grund und Boden verbunden, von einiger Beständigkeit und ausreichend standfest ist. Für das Merkmal "Gestattung des Aufenthalts von Menschen" kommt es nach höchstrichterlicher Rechtsprechung nicht darauf an, dass das Bauwerk zum Aufenthalt von Menschen bestimmt ist.

 Der Gebäudeeigenschaft steht nicht entgegen, wenn sich Menschen nur in Schutzkleidung darin aufhalten können. Bauwerke, in denen wegen extremer Bedingungen während des laufenden Betriebs ein Aufenthalt von Menschen nicht oder nur kurzfristig mit Schutzkleidung möglich ist, sind keine Gebäude. Die Eignung zu einem mehr als nur vorübergehenden Aufenthalt fehlt, wenn in dem Bauwerk kontinuierlich ablaufende Betriebsvorgänge stattfinden, die den Aufenthalt von Menschen überhaupt nicht oder nur während kurzer Betriebspausen zulassen.

Im Streitfall ist ein Aufenthalt von Menschen in dem Tiefkühllager während des laufenden Betriebs nicht nur möglich, sondern sogar erforderlich. Er ist integraler Bestandteil des Betriebsablaufs. Es handelt sich hier nicht um ein automatisches Hochregallager, in dem der Aufenthalt von Menschen während des laufenden Betriebs nicht vorgesehen ist, sondern um einen Lagerraum, in dem die Lagerarbeiten von Menschen verrichtet werden, ohne die der Betrieb des Tiefkühllagers nicht möglich wäre. Deshalb ist nicht entscheidungserheblich, dass das Tiefkühllager während der weit überwiegenden Arbeitszeit von den Mitarbeitern der Klägerin nicht betreten, sondern "befahren" wird.

Sogar wenn die klägerische Behauptung zutreffen sollte, dass außerhalb der Gabelstapler trotz Schutzkleidung nur ein vorübergehender Aufenthalt von Menschen möglich ist, gestatten dennoch die beheizbaren, für den Betrieb des Lagers unabdingbaren Fahrzeuge einen längeren Aufenthalt. Auch nach der Verkehrsanschauung ist das Merkmal "Gestattung des Aufenthalts von Menschen" erfüllt. Obwohl die Fahrer der Gabelstapler ihre Tätigkeit hauptsächlich von den abgeschlossenen Kabinen aus verrichten, ändert dies nichts daran, dass sie sich dabei "im Tiefkühllager" aufhalten.