Umfang der gesonderten und einheitlichen Feststellung der von den Gesellschaftern einer Personengesellschaft erzielten Einkünfte

Ob Betriebsausgaben und Betriebsvermögensminderungen mit den den ausländischen Einkünften zugrunde liegenden Einnahmen i.S. des § 34c Abs. 1 Satz 4 EStG in wirtschaftlichem Zusammenhang stehen, bestimmt sich nach dem Veranlassungsprinzip (§ 4 Abs. 4 EStG).

Weisen die Aufwendungen sowohl mit ausländischen Einkünften i.S. des § 34d EStG als auch mit inländischen Einkünften oder mit mehreren Arten von ausländischen Einkünften einen Veranlassungszusammenhang auf, so sind sie aufzuteilen oder den Einkünften zuzurechnen, zu denen sie vorwiegend gehören.

BUNDESFINANZHOF Urteil vom 6.4.2016, I R 61/14

Sachverhalt:

Im Jahr 2005 erzielte die Klägerin laufende Erträge aus Kapitalbeteiligungen in Höhe von 325.502.773 EUR. Davon entfielen 8.058.683 EUR auf ausländische Kapitalanlagen, die der Klägerin aufgrund der von ihr gehaltenen Anteile an inländischen, dem Investmentsteuergesetz (InvStG) unterliegenden Investmentvermögen zugerechnet wurden. Die von den Erträgen aus ausländischen Kapitalanlagen einbehaltenen und abgeführten ausländischen Quellensteuern in Höhe von 1.040.145 EUR behandelte die Klägerin in ihrer Körperschaftsteuererklärung 2005 in vollem Umfang als abzugsfähig.

Nach einer Betriebsprüfung änderte der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt –FA–) den Bescheid über Körperschaftsteuer und Solidaritätszuschlag 2005 dahingehend, dass er lediglich von ausländischen Einkünften in Höhe von 1.966.932 EUR und anzurechnenden ausländischen Steuern in Höhe von 489.817 EUR ausging.

Begründung:

Die Revision ist teilweise begründet. Sie führt gemäß § 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 FGO zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und insoweit zu einer Änderung der Körperschaftsteuerfestsetzung für das Streitjahr, als Teile der auf rechnungsmäßige und außerrechnungsmäßige Zinsen entfallenden Zuführungen zu den Deckungsrückstellungen und zu den Rückstellungen für Beitragsrückerstattungen im Rahmen des § 34c Abs. 1 Satz 4 EStG von den ausländischen Einkünften zur Ermittlung des Anrechnungshöchstbetrags abgezogen wurden. Im Übrigen bleibt die Revision ohne Erfolg.

Über die Höhe der nach § 34c Abs. 1 EStG anzurechnenden ausländischen Steuer ist im anhängigen Verfahren (Körperschaftsteuerfestsetzung 2005) unabhängig davon zu entscheiden, ob –wozu die Vorinstanz sich nicht geäußert hat– die ausländischen Einkünfte über Anteile an einem inländischen Spezial-Sondervermögen i.S. des § 2 Abs. 3 Satz 1 des Investmentgesetzes in der im Streitjahr geltenden Fassung bezogen wurden und diese demnach gemäß § 15 Abs. 1 Satz 3 Halbsatz 1 InvStG i.V.m. § 180 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a der Abgabenordnung in der im Streitjahr geltenden Fassung (AO) gesondert und einheitlich festzustellen sind.

Ist eine gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen in einem sog. Grundlagenbescheid vorgesehen, so können aufgrund der in § 182 Abs. 1 Satz 1 AO (im Streitfall i.V.m. § 15 Abs. 1 Satz 3 Halbsatz 2 InvStG) angeordneten Bindungswirkung die hiervon betroffenen Besteuerungsgrundlagen nur im Rahmen des Feststellungsverfahrens geprüft werden. Eine eigenständige Ermittlung dieser Besteuerungsgrundlagen innerhalb des dem Feststellungsverfahren nachgeordneten (Folge-)Verfahrens ist ausgeschlossen.

Zu beachten ist hierbei allerdings, dass sich nach ständiger Rechtsprechung zur Feststellung der von den Gesellschaftern einer Personengesellschaft erzielten Einkünfte die hiervon erfassten Besteuerungsgrundlagen auf den Bereich der gemeinschaftlich erzielten Tatbestandsmerkmale beschränken. Abzugrenzen sind demnach solche Besteuerungsmerkmale, die im Bereich der persönlichen Tatbestandsverwirklichung liegen; sie gehen nicht in die bindenden Regelungen des Grundlagenbescheids (Feststellungsbescheids) ein und sind demzufolge im Folgebescheid eigenständig zu prüfen.

Gleiches muss auch im Falle einer Beteiligung an einem Spezial-Sondervermögen gelten. Auch hier sind die Fragen, ob der Anleger i.S. von § 34c Abs. 1 Satz 4 EStG einen inländischen Betrieb unterhält, zu dem die ausländischen Einkünfte der in § 34d Nr. 3, 4, 6, 7 und 8 Buchst. c genannten Art gehören, und welche Aufwendungen im wirtschaftlichen Zusammenhang mit den diesen Einkünften zugrunde liegenden Einnahmen stehen, der Ebene des Anlegers zugeordnet. Demgemäß ist über diese Merkmale –im Gegensatz zur Höhe der gezahlten ausländischen Steuer  nicht im Feststellungsverfahren, sondern im Folgeverfahren (Körperschaftsteuer 2005) zu entscheiden.

Sind in den auf Investmentanteile ausgeschütteten sowie den ausschüttungsgleichen Erträgen aus einem ausländischen Staat stammende Einkünfte enthalten, die in diesem Staat zu einer nach § 26 Abs. 1 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG) oder nach einem Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung (DBA) auf die Körperschaftsteuer anrechenbaren Steuer herangezogen werden, so ist nach § 4 Abs. 2 Satz 1 InvStG bei unbeschränkt steuerpflichtigen Anlegern die ausländische Steuer auf den Teil der Körperschaftsteuer anzurechnen, der auf diese ausländischen um die anteilige ausländische Steuer erhöhten Einkünfte entfällt. Dieser Teil ist in der Weise zu ermitteln, dass die sich bei der Veranlagung des zu versteuernden Einkommens –einschließlich der ausländischen Einkünfte– nach § 23 KStG ergebende Körperschaftsteuer im Verhältnis dieser ausländischen Einkünfte zur Summe der Einkünfte aufgeteilt wird. Der Höchstbetrag der anrechenbaren ausländischen Steuern ist für die ausgeschütteten sowie ausschüttungsgleichen Erträge aus jedem einzelnen Investmentfonds zusammengefasst zu berechnen. Nach dem –im Streitfall über § 4 Abs. 2 Satz 4 InvStG sinngemäß anzuwendenden– § 34c Abs. 1 Satz 4 EStG sind, wenn es sich u.a. –wie bei der Klägerin– um ausländische Einkünfte aus Kapitalvermögen i.S. des § 34d Nr. 6 EStG handelt, die zum Gewinn eines inländischen Betriebs gehören, dabei Betriebsausgaben und Betriebsvermögensminderungen abzuziehen, die mit den diesen Einkünften zugrunde liegenden Einnahmen in wirtschaftlichem Zusammenhang stehen.

Unerheblich ist in diesem Zusammenhang, ob im Verhältnis zu den Quellenstaaten der ausländischen Einkünfte –zu denen das FG keine Feststellungen getroffen hat– DBA bestehen, die eine Anrechnung der Steuer auf Kapitaleinkünfte vorsehen, und insoweit über § 4 Abs. 2 Satz 4 InvStG die Regelung des § 34c Abs. 6 Satz 2 EStG Anwendung findet, oder ob sich die Anrechenbarkeit unmittelbar aus § 26 KStG ergibt. Auch im Falle einer aufgrund abkommensrechtlicher Vorschriften angeordneten Anrechnung ausländischer Steuern ist es allein Sache des innerstaatlichen deutschen Steuerrechts zu beurteilen, welche Aufwendungen den ausländischen Einkünften zuzuordnen sind; der abkommensrechtliche Einkünftebegriff ist insoweit ohne Bedeutung.

Der Begriff des wirtschaftlichen Zusammenhangs ist in § 34c Abs. 1 Satz 4 EStG nicht definiert. Er bestimmt sich nach dem allgemeinen Veranlassungsprinzip. Dafür spricht zunächst die Bedeutung des Begriffs des wirtschaftlichen Zusammenhangs in anderen Rechtsnormen. Soweit im Rahmen der beschränkten Steuerpflicht nach § 50 Abs. 1 Satz 1 EStG für die Berücksichtigung von Betriebsausgaben und Werbungskosten ein wirtschaftlicher Zusammenhang zu inländischen Einkünften erforderlich ist, müssen die Aufwendungen durch die inländischen Einkünfte veranlasst sein. Auf einen betriebsnotwendigen oder betriebswirtschaftlich notwendigen Veranlassungszusammenhang kommt es insoweit nicht an.

Ebenfalls i.S. eines Veranlassungszusammenhangs ist der nach § 3c Abs. 2 Satz 1 EStG erforderliche wirtschaftliche Zusammenhang mit den dem § 3 Nr. 40 EStG zugrunde liegenden teilweise steuerbefreiten Betriebsvermögensmehrungen oder Einnahmen auszulegen. Auch für die Abgrenzung zu voll steuerpflichtigen Einnahmen ist im Rahmen einer wertenden Betrachtung maßgebend, aus welchen Gründen der Steuerpflichtige die Aufwendungen tätigt. Wurde der angefallene Aufwand nicht vorrangig durch eine der beiden Einnahmearten ausgelöst, ist er anteilig und entsprechend dem rechtlichen und wirtschaftlichen Gehalt des Gesamtvorgangs aufzuteilen.

Nach diesen Maßgaben hat das FG teilweise zu Unrecht, teilweise im Ergebnis zutreffend Betriebsausgaben und Betriebsvermögensminderungen von den ausländischen Einkünften der Klägerin zur Ermittlung des Anrechnungshöchstbetrags abgezogen. Die Verpflichtung der Klägerin zur Bildung einer Deckungsrückstellung und damit auch die darauf entfallenden Zuführungen von rechnungsmäßigen und außerrechnungsmäßigen Zinsen sind nach ihrem wirtschaftlichen Gehalt vorrangig dem Bereich des inländischen Versicherungsgeschäfts zugewiesen. Dies gilt auch, soweit sich die Höhe der außerrechnungsmäßigen Zinsen gemäß § 12a Abs. 1 Satz 2 VAG a.F. prozentual nach den über die rechnungsmäßige Verzinsung hinausgehenden Kapitalerträgen bestimmt. Der Umstand, dass bereits aus dem Geschäftsgegenstand der Klägerin, dem substitutiven Krankenversicherungsgeschäft, nach § 12 Abs. 1 Nr. 2 VAG a.F. die Verpflichtung zur Bildung einer Deckungsrückstellung als Alterungsrückstellung i.S. des § 341f Abs. 3 Satz 1 Halbsatz 1 HGB folgt, bildet gegenüber der rechnungsmäßigen Verknüpfung mit der Höhe der Kapitalerträge den vorrangigen Veranlassungszusammenhang.

Gleiches gilt für die Zuführungen der Klägerin zu den Rückstellungen wegen Beitragsrückerstattung. Die Verpflichtung der Klägerin, versicherungstechnische Rückstellungen, zu denen nach § 341e Abs. 2 Nr. 2 HGB auch die Rückstellung für Beitragsrückerstattung zählt, zu bilden, ergibt sich bereits aus ihrer Eigenschaft als Versicherungsunternehmen. Zudem bezieht sich nach dem für die Klägerin maßgeblichen § 28 der Verordnung über die Rechnungslegung von Versicherungsunternehmen (Versicherungsunternehmens-Rechnungslegungsverordnung) der Anspruch des Versicherungsnehmers auf erfolgsunabhängige Beitragsrückerstattung auf den Schadensverlauf des einzelnen Versicherungsvertrags und somit auf das inländische Versicherungsgeschäft. Demgegenüber tritt der allein im Rahmen der erfolgsabhängigen Beitragsrückerstattung, die sich auf einen Teil des vom Versicherer insgesamt erzielten Ergebnisses bezieht, bestehende Zusammenhang zu den ausländischen Kapitalerträgen als untergeordneter Teil des insgesamt erzielten Ergebnisses zurück.

Dies gilt auch vor dem Hintergrund des § 66 VAG a.F. Zwar besteht danach die Verpflichtung, Beträge in solcher Höhe dem Sicherungsvermögen zuzuführen und vorschriftsmäßig anzulegen, wie es dem voraussichtlichen Anwachsen des Mindestumfangs entspricht, zu dem nach § 66 Abs. 1a Satz 1 Nr. 2, Nr. 3 Buchst. b, Nr. 4 VAG a.F. auch die Bilanzwerte der Deckungsrückstellung und der Rückstellung für Beitragsrückerstattungen zählen. Allein aus dem Umstand aber, dass die Bestände des Sicherungsvermögens –zu deren Umfang und Zusammensetzung das FG im Streitfall keine Feststellungen getroffen hat– nach § 54 Abs. 2 VAG a.F. als gebundenes Vermögen nur in bestimmten Anlageformen angelegt werden dürfen, kann kein vorrangiger Zusammenhang der den Rückstellungen zugeführten rechnungsmäßigen und außerrechnungsmäßigen Zinsen zu den ausländischen Kapitalanlagen hergestellt werden. Die kalkulatorischen Zinsen bestimmen im Rahmen einer Rechenoperation lediglich die Mindesthöhe des Sicherungsvermögens, das der bevorrechtigten Befriedigung der Versicherten im Insolvenzfall dient (§ 77a Abs. 1 Satz 1 VAG a.F.).

Die vom FA bei der Ermittlung des Anrechnungshöchstbetrags berücksichtigten Verwaltungsaufwendungen wurden hingegen nach den nicht angegriffenen und bindenden Feststellungen des FG (§ 118 Abs. 2 FGO) für die Verwaltung sämtlicher Kapitalanlagen der Klägerin aufgewandt. Auslösendes Moment sind sowohl die inländischen als auch die ausländischen Kapitalerträge; ein vorrangiger Zusammenhang besteht nicht.