Grundsätzlich keine flächenbezogene Vorsteueraufteilung in Spielhallen

Der Betreiber einer Spielhalle kann Vorsteuerbeträge, die weder seinen steuerfreien Umsätzen mit Geldspielgeräten noch seinen steuerpflichtigen Umsätzen mit Unterhaltungsspielgeräten direkt und unmittelbar zuzuordnen sind, grundsätzlich nicht nach den Flächen aufteilen, auf denen einerseits die Geldspielgeräte und andererseits die Unterhaltungsspielgeräte aufgestellt sind (sog. Flächenschlüssel).

BFH Urteil vom 5.9.2013, XI R 4/10

Begründung:

Verwendet der Unternehmer einen für sein Unternehmen gelieferten, eingeführten oder innergemeinschaftlich erworbenen Gegenstand oder eine von ihm in Anspruch genommene Leistung nur zum Teil zur Ausführung von Umsätzen, die den Vorsteuerabzug ausschließen, ist gemäß § 15 Abs. 4 Satz 1 UStG der Teil der jeweiligen Vorsteuerbeträge nicht abziehbar, der den zum Ausschluss vom Vorsteuerabzug führenden Umsätzen wirtschaftlich zuzurechnen ist. Der Unternehmer kann gemäß § 15 Abs. 4 Satz 2 UStG die nicht abziehbaren Teilbeträge im Wege einer sachgerechten Schätzung ermitteln.

Bei der Ermittlung der nicht abziehbaren Teilbeträge im Wege einer sachgerechten Schätzung nach § 15 Abs. 4 Satz 2 UStG ist es zwar grundsätzlich Sache des Unternehmers zu entscheiden, welche Schätzungsmethode er wählt. Das FA und auch das FG können aber nachprüfen, ob die Schätzung sachgerecht ist.

Nach der Rechtsprechung des V. Senats des BFH, der sich der erkennende Senat anschließt, ist eine Vorsteueraufteilung nach einem Flächenschlüssel nicht sachgerecht, wenn der Unternehmer einzelne Standflächen einer Spielhalle teilweise für den Betrieb umsatzsteuerpflichtiger und teilweise für den Betrieb umsatzsteuerfreier Spielgeräte verwendet.

Wie das FG unter Bezugnahme auf den Sonderprüfungsbericht vom 30. November 2005 im angefochtenen Urteil festgestellt hat, waren die ca. 20 qm großen Lokalteile mit den dort aufgestellten Geldspielgeräten (lediglich) durch Stellwände oder größere Pflanzen von dem übrigen Ladenlokal der jeweiligen Spielhalle abgetrennt. Deshalb ist die vom Kläger begehrte Vorsteueraufteilung nach dem Flächenschlüssel nicht hinreichend objektiv nachprüfbar und daher nicht sachgerecht. Die Flächenaufteilung innerhalb seiner Spielhallen erfolgte nicht nach –aufgrund von z.B. Bauanträgen, Baugenehmigungen oder Bauanzeigen– feststehenden baulichen Gesichtspunkten, sondern nach den durch Stellwänden oder größeren Pflanzen abgegrenzten Teilbereichen, was, wie bei der Aufteilung nach Gerätestandflächen, den Anforderungen an ein objektiv nachprüfbares Aufteilungsverfahren auch dann nicht genügt, wenn sie nicht jederzeit leicht verändert werden konnte. Denn es reicht nicht aus, dass die baulich nicht eigenständigen Flächen der betreffenden Spielhallen in Bereiche mit Geldspiel- und Unterhaltungsspielgeräte teilbar sind.

Da im Streitfall außer dem Umsatzschlüssel eine andere wirtschaftliche Zurechnung aufgrund sachgerechter Schätzung weder ersichtlich noch vorgebracht ist, ist der Kläger nur zu einer umsatzbezogenen Vorsteueraufteilung berechtigt.

 

Vorsteueraufteilung ist auch ab 2004 nach einem Umsatzschlüssel möglich. Die Regelung in § 15 Abs. 4 UStG ist europarechtswidrig !

Die ab 2004 geltende Regelung des § 15 Abs. 4 Satz 3 UStG, die eine Vorsteueraufteilung nach einem Umsatzschlüssel faktisch ausschließt, ist europarechtswidrig. Der Steuerpflichtige kann sich unmittelbar auf die für ihn günstigere Regelung im europäischen Gemeinschaftsrecht berufen.

Niedersächsische Finanzgericht (FG) hat mit Urteil vom 23.04.2009  ( 16 K 271/06) Revision zugelassen.

Erläuterung:

Wird ein Gebäude teilweise steuerfrei, teilweise steuerpflichtig vermietet, so kann der Steuerpflichtige die bei Herstellung des Gebäudes angefallenen Vorsteuern nur insoweit abziehen, als sie auf die steuerpflichtigen Umsätze entfallen. In der Vergangenheit war lange streitig, ob die Aufteilung der Vorsteuern nur im Verhältnis der steuerfrei/steuerpflichtig genutzten Gebäudeflächen oder auch nach dem Verhältnis der mit den einzelnen Gebäudeeinheiten erzielten Umsätze zulässig ist.

Nach dem zum 01.01.2004 in Kraft getretenen § 15 Abs. 4 Satz 3 UStG ist in der Regel für den Steuerpflichtigen günstigere Aufteilung nach dem Verhältnis der Umsätze nur möglich, wenn keine andere wirtschaftliche Zurechnung möglich ist. Da der Flächenschlüssel aber immer einen sachgerechten Aufteilungsmaßstab darstellt, bewirkt § 15 Abs. 4 Satz 3 UStG de facto einen Ausschluss des Umsatzschlüssels.

Nunmehr hat das Niedersächsische FG entschieden, dass die Regelung in § 15 Abs. 4 Satz 3 UStG nicht mit Art. 17 Abs. 5 der 6. EG-Richtlinie vereinbar ist. Dieses sieht nämlich den Umsatzschlüssel als Regelaufteilungsmaßstab vor. Das beklagte Finanzamt hatte sich darauf berufen, dass das Gemeinschaftsrecht die EU-Mitgliedstaaten ermächtigt, abweichende Bestimmungen über die Aufteilung der Vorsteuern zu treffen. Nach Auffassung des Niedersächsischen FG ist davon aber nicht eine Regelung gedeckt, die faktisch zum gänzlichen Ausschluss des Umsatzschlüssels führt. Der Steuerpflichtige ist deshalb auch nach dem Jahre 2003 weiterhin berechtigt, unter Berufung auf Art. 17 Abs. 5 der 6. EG-Richtlinie seine Vorsteuern nach einem Umsatzschlüssel aufzuteilen.