Umsatzbesteuerung einer Operninszenierung

Die Inszenierung einer Oper durch einen selbständig tätigen Regisseur gegen Honorar ist weder nach dem UStG noch nach Unionsrecht steuerbefreit und unterliegt dem Regelsteuersatz.

BFH Urteil vom 4.5.2011, XI R 44/08

Erläuterung (BFH):

Mit Urteil vom 4. Mai 2011 XI R 44/08 hat der Bundesfinanzhof (BFH) entschieden, dass die Inszenierung einer Oper durch einen selbständig tätigen Regisseur gegen Honorar weder nach dem Umsatzsteuergesetz (UStG) noch nach Unionsrecht steuerbefreit ist und dem Regelsteuersatz unterliegt.

Gemäß § 4 Nr. 20 Buchst. a Satz 1 UStG sind Umsätze der Theater, Orchester und weiterer Einrichtungen des Bundes, der Länder, der Gemeinden oder der Gemeindeverbände steuerfrei. Das Gleiche gilt nach § 4 Nr. 20 Buchst. a Satz 2 UStG für die Umsätze gleichartiger Einrichtungen anderer Unternehmer, wenn die zuständige Landesbehörde bescheinigt, dass sie die gleichen kulturellen Aufgaben erfüllen.

Im Streitfall erhielt ein selbständig tätiger Regisseur für die Inszenierung einer Oper ein Honorar von einer kommunalen Bühne. Abweichend von der Umsatzsteuerjahreserklärung des Klägers behandelte das Finanzamt die Inszenierung der Oper nicht als steuerfrei, sondern unterwarf das Honorar dem allgemeinen Umsatzsteuersatz. Die zuständige Landesbehörde hatte bescheinigt, dass der Kläger die gleichen kulturellen Aufgaben wie die in § 4 Nr. 20 Buchst. a Satz 1 UStG genannten Einrichtungen erfülle.

Der BFH entschied, dass § 4 Nr. 20 Buchst. a UStG im Einklang mit dem Unionsrecht stehe. Allein die Bescheinigung über die Erfüllung gleicher kultureller Aufgaben bewirke die Steuerbefreiung nicht. Die Beurteilung, ob der Unternehmer eine Einrichtung betreibe, die einer Einrichtung i.S. des § 4 Nr. 20 Buchst. a Satz 1 UStG gleichartig sei, obliege den Finanzbehörden und Finanzgerichten. Das Wirken der Akteure auf der Bühne sei einem Regisseur nicht derart als eigene Leistung zuzurechnen, dass er hierdurch als eine dem Theater einer Gebietskörperschaft gleichartige Einrichtung angesehen werden könne.

Die Inszenierung einer Oper unterliege dem allgemeinen Steuersatz. Eine unmittelbare Berufung auf das Unionsrecht, nach dem die Mitgliedstaaten der EU u.a. für Darbietungen von ausübenden Künstlern einen ermäßigten Steuersatz anwenden können, komme im Streitfall nicht in Betracht, weil die Anwendung eines ermäßigten Steuersatzes unionsrechtlich nicht zwingend sei.

Zweifelsfragen zur Umsatzbesteuerung der öffentlichen Hand

Dem Begriff der "Vermögensverwaltung" kommt umsatzsteuerrechtlich für die Unternehmerstellung einer juristischen Person des öffentlichen Rechts durch einen "Betrieb gewerblicher Art" keine Bedeutung zu .

Gestattet eine Universität als juristische Person des öffentlichen Rechts durch privatrechtlichen Vertrag das Aufstellen von Automaten gegen Entgelt, erbringt sie als Unternehmer steuerbare und steuerpflichtige Leistungen (richtlinienkonforme Auslegung von § 2 Abs. 3 Satz 1 UStG i.V.m. § 4 Abs. 1 KStG entsprechend Art. 4 der Richtlinie 77/388/EWG) .

Überlässt die Universität auf öffentlich-rechtlicher Rechtsgrundlage Personal und Sachmittel gegen Entgelt, ist sie Unternehmer, wenn eine Behandlung als Nichtunternehmer zu größeren Wettbewerbsverzerrungen führen würde (richtlinienkonforme Auslegung von § 2 Abs. 3 Satz 1 UStG i.V.m. § 4 Abs. 5 KStG entsprechend Art. 4 Abs. 5 der Richtlinie 77/388/EWG) .

BFH Urteil vom 15.4.2010, V R 10/09

Erläuterung:

Mit Urteil vom 15. April 2010 V R 10/09 hat der Bundesfinanzhof (BFH) das bei der Umsatzsteuer für die öffentliche Hand bestehende Besteuerungsprivileg eingeschränkt. Die öffentliche Hand unterliegt der Umsatzsteuer, soweit sie zivilrechtlich tätig wird.

Juristische Personen des öffentlichen Rechts sind im Gegensatz zu anderen Steuerpflichtigen nur im Rahmen der Betriebe gewerblicher Art (BgA) unternehmerisch tätig. Bislang wurde zu diesem Besteuerungsprivileg allgemein die Auffassung vertreten, dass eine sog. Vermögensverwaltung durch die öffentliche Hand keinen BgA begründet und daher steuerrechtlich unbeachtlich sei. Dies hat der BFH nun verworfen und klargestellt, dass dem Begriff der Vermögensverwaltung für Zwecke der Umsatzsteuer keine Bedeutung zukommt. Nach dem Urteil des BFH ist für die Umsatzsteuerbesteuerung der öffentlichen Hand vielmehr entscheidend, ob sie in den Handlungsformen des Zivilrechts oder des öffentlichen Rechts tätig ist.

Der entschiedene Streitfall betraf eine Universität, die zum einen einem Unternehmer gestattete, auf dem Universitätsgelände Automaten aufzustellen. Zum anderen erlaubte sie ihren Bedienstenten, Personal und Sachmittel der Universität für Nebentätigkeiten zu verwenden. In beiden Bereichen erhielt die Universität Vergütungen.

Hinsichtlich der auf privatrechtlicher Grundlage erfolgten Gestattung zum Aufstellen von Automaten ging der BFH von der Umsatzsteuerpflicht der Universität aus. Ist eine juristische Person des öffentlichen Rechts auf privatrechtlicher Grundlage tätig und erzielt sie dabei im Rahmen einer nachhaltigen Tätigkeit Vergütungen, handelt sie nach dem Urteil des BFH ebenso wie andere Unternehmer auch umsatzsteuerpflichtig.

Nicht abschließend beurteilen konnte der BFH den Bereich der Überlassung von Personal und Sachmitteln an die Bediensteten der Universität für deren Nebentätigkeiten. Da die Universität hier auf öffentlich-rechtlicher Grundlage tätig war, liegt eine umsatzsteuerpflichtige Leistung nur vor, wenn es durch eine Nichtbesteuerung der juristischen Person des öffentlichen Rechts zu größeren Wettbewerbsverzerrungen kommt. Hierzu sind durch das Finanzgericht im zweiten Rechtsgang nähere Feststellungen zu treffen.