Umsatzsteuer und Glücksspiel

Eine Besteuerungspraxis, bei der als Bemessungsgrundlage für Umsätze mit Spielgeräten die monatlichen Kasseneinnahmen zugrunde gelegt werden, die ihrerseits von der Höhe der Gewinne und Verluste der jeweiligen Spieler abhängen, verstößt nicht deshalb gegen das Unionsrecht, weil keine Proportionalität zwischen der geschuldeten Mehrwertsteuer und den isoliert betrachteten Einsätzen der einzelnen Spieler besteht.

BFH Beschluss vom 30.09.2015 – VB 105/14 BFHNV 2016 S. 84

Begründung:

Die Beschwerde der Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) ist unbegründet. Die Klägerin macht geltend, dass es von grundsätzlicher Bedeutung sei, ob „Art. 1 Abs. 2 Satz 2 i.V.m. Art. 73 der Richtlinie 2006/112/EG (MwStSystRL) der Anwendung der Bemessungsgrundlage Kasseneinnahme bei Geldspielgeräten mit Gewinnmöglichkeit” entgegensteht.

Dieser Frage kommt keine grundsätzliche Bedeutung zu, da der Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) in seinem Urteil Metropol vom 24. Oktober 2013 C-440/12 (EU:C:2013:687, Rz 39) allgemein entschieden hat, dass eine „Besteuerungspraxis wie die im Ausgangsverfahren in Rede stehende, bei der als Bemessungsgrundlage für Umsätze mit Spielgeräten die monatlichen Kasseneinnahmen zugrunde gelegt werden, die ihrerseits von der Höhe der Gewinne und Verluste der jeweiligen Spieler abhängen, … nicht schon deshalb gegen das Unionsrecht [verstößt], weil keine Proportionalität zwischen der geschuldeten Mehrwertsteuer und den isoliert betrachteten Einsätzen der einzelnen Spieler besteht”. Zwar hat sich der EuGH dabei auf Art. 73 der Richtlinie 2006/112/EG des Rates über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem vom 28. November 2006 (MwStSyStRL) im Zusammenhang mit Art. 1 Abs. 2 Satz 1 MwStSystRL bezogen. Es sind jedoch keine Gründe erkennbar, aus denen sich unter zusätzlicher Berücksichtigung von Art. 1 Abs. 1 Satz 1 MwStSystRL Abweichendes ergeben sollte.

Die Klägerin sieht es darüber hinaus als klärungsbedürftig an, ob „die sich aus § 14 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Satz 2 UStG ergebende Pflicht des Unternehmers zur Rechnungserteilung der Anwendung der Bemessungsgrundlage Kasseneinnahme” entgegensteht.

Dem kommt für den Streitfall keine Bedeutung zu, da das Finanzgericht (FG) nur über die Steuerpflicht der durch die Klägerin erbrachten Leistungen zu entscheiden hatte, während die Frage der Rechnungserteilung das zivilrechtliche Verhältnis zwischen dem Leistenden und dem Leistungsempfänger betrifft. Die Pflichten über die Erteilung von Rechnungen beeinflussen nicht die Bestimmung des Anwendungsbereichs der materiell-rechtlichen Befreiungstatbestände.

Aus diesem Grund ist es für den Streitfall auch nicht von grundsätzlicher Bedeutung,

– ob „§ 14 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Satz 1 UStG in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG einer Verwaltungspraxis entgegen[steht], wonach beim Betrieb von Spielgeräten mit Gewinnmöglichkeit der Kasseninhalt des Geräts nach Ablauf eines bestimmten Zeitraums als Bemessungsgrundlage zugrunde gelegt wird” und

– ob „Art. 135 Abs. 1 Buchst. i der Richtlinie 2006/112/EG i.V.m. § 14 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Satz 1 UStG dahin auszulegen [ist], dass ein Mitgliedstaat die Umsätze aus Geldspielgeräten mit Gewinnmöglichkeit von der Mehrwertsteuer zu befreien hat, wenn nationale Vorschriften des betreffenden Mitgliedstaats einer Verwaltungspraxis entgegenstehen, wonach beim Betrieb von Spielgeräten mit Gewinnmöglichkeit der Kasseninhalt des Geräts nach Ablauf eines bestimmten Zeitraums als Bemessungsgrundlage zugrunde gelegt wird”.

Als grundsätzlich bedeutsam sieht die Klägerin auch an, ob „Art. 1 Abs. 2 Satz 1 und 2 und Art. 73 der Mehrwertsteuersystemrichtlinie dahin auszulegen [sind], dass sie einer nationalen Vorschrift oder Praxis entgegenstehen, wonach beim Betrieb von Spielgeräten mit Gewinnmöglichkeit, deren Einnahmen nicht durch zwingende gesetzliche Vorschriften begrenzt sind, der Kasseninhalt des Geräts nach Ablauf eines bestimmten Zeitraums als Bemessungsgrundlage zugrunde gelegt wird”.

Wie die Klägerin selbst ausführt, hat der EuGH diese Frage in Bezug auf die im Streitfall gegebene Fallgestaltung, dass Einnahmen durch zwingende gesetzliche Vorschriften begrenzt sind, beantwortet (EuGH-Urteil Metropol, EU:C:2013:687, Rz 42). Nicht im Streitfall klärungsfähig ist demgegenüber die bei der Klägerin nicht verwirklichte Fallgestaltung, dass derart zwingende gesetzliche Vorschriften fehlen. Auch wenn entsprechend dem Vortrag der Klägerin diese Fallgestaltung von Spielbanken verwirklicht wird, ergibt sich hieraus für den Streitfall keine Klärungsfähigkeit. Dies gilt auch unter Beachtung des Grundsatzes der Neutralität, der es nicht ermöglicht, über die steuerlichen Verhältnisse bei nicht beteiligten Personen zu entscheiden.