Keine Pflicht des FG zur Einholung einer unverbindlichen Zolltarifauskunft für Umsatzsteuerzwecke

Zur Beurteilung der Anwendung eines ermäßigten Umsatzsteuersatzes nach § 12 Abs. 2 Nr. 1 UStG kann das FG eine Einreihung der Ware in eine Position oder Unterposition des Zolltarifs selbst vornehmen, ohne in jedem Fall zur Einholung einer unverbindlichen Zolltarifauskunft verpflichtet zu sein. Dies gilt selbst dann, wenn das FG von bestehenden Verwaltungsanweisungen abzuweichen gedenkt.

Hat das Gericht mangels eigener Sachkunde ein Sachverständigengutachten eingeholt, ist es zur Einholung weiterer Gutachten nur dann verpflichtet, wenn das bisherige Gutachten nicht dem Stand der Wissenschaft entspricht oder willkürlich ist oder von unsachlichen Erwägungen getragen wird.

BFH Beschluss vom 11.02.2010 – VII B 234/09 BFHNV 2010 S. 1139

Begründung:

Entgegen der Auffassung des FA lässt sich eine Verpflichtung zur Einholung einer unverbindlichen Zolltarifauskunft für Umsatzsteuerzwecke auch nicht aus der o.g. Verwaltungsanweisung des Bundesministers der Finanzen vom 27. Dezember 1983 ableiten, nach der Zweifelsfragen über die zolltarifliche Einordnung einer Ware im Benehmen mit den Zolldienststellen zu klären sind. Es liegt auf der Hand, dass derartige verwaltungsinterne Verfahrensanweisungen die Gerichte nicht binden und den Umfang der ihnen obliegenden Sachaufklärungspflicht auch nicht vorprägen können. Dies gilt selbst dann, wenn das Gericht bei der Einreihung einer Ware in die KN von bestehenden Verwaltungsanweisungen abzuweichen gedenkt.