Ungleichbehandlung zwischen Beamten und Rentenversicherungspflichtigen bei der “Riester-Rente” teilweise korrigiert

10a Abs. 1a Satz 2 EStG in der in den Jahren 2002 bis 2004 geltenden Fassung ist dahingehend auszulegen, dass das Einverständnis mit der Übermittlung von Besoldungsdaten an die zentrale Stelle bis zur Bestandskraft der Entscheidung über die Festsetzung der Altersvorsorgezulage erteilt werden konnte.

Die gesetzliche Differenzierung zwischen Beamten und Rentenversicherungspflichtigen dahingehend, dass nur bei Beamten der Anspruch auf Altersvorsorgezulage zusätzlich von einer gegenüber dem Dienstherrn schriftlich zu erteilenden Einwilligung in die Übermittlung von Besoldungsdaten abhängig ist, ist verfassungsgemäß. Das betrifft auch die ab 2005 geltende Obliegenheit, die Einwilligung innerhalb von zwei Jahren nach Ablauf des Beitragsjahres zu erteilen.

Das dreistufige gesetzliche Verfahren zur Ermittlung, Überprüfung und Festsetzung der Altersvorsorgezulage verletzt auch im Hinblick darauf, dass es für einen mehrjährigen Zeitraum nicht zum Eintritt der materiellen Bestandskraft kommt, nicht die Grundsätze des Vertrauensschutzes und des Anspruchs auf effektiven Rechtsschutz.

BFH Urteil vom 22.10.2014, X R 18/14

Begründung (BFH):

Der X. Senat des Bundesfinanzhofs (BFH) hat sich mit Urteil vom 22. Oktober 2014 X R 18/14 zu der Frage geäußert, ob Beamte im Hinblick auf eine zeitlich befristete Einwilligung zur Datenübermittlung eine Schlechterstellung bei der Altersvorsorgezulage (“Riester-Rente”) im Vergleich zu Rentenversicherungspflichtigen hinzunehmen haben.

Sowohl rentenversicherungspflichtige Arbeitnehmer als auch Beamte können die Altersvorsorgezulage erhalten. Bei Rentenversicherungspflichtigen genügt dafür der Abschluss eines zertifizierten Vertrags mit einem entsprechenden Anbieter sowie die Leistung bestimmter Mindestbeiträge. Beamte müssen zusätzlich gegenüber ihrem Dienstherrn ausdrücklich darin einwilligen, dass dieser ihre Gehaltsdaten an die Deutsche Rentenversicherung Bund (DRV) übermittelt. Wird diese Einwilligung nicht innerhalb einer bestimmten Frist erteilt, verfällt der Anspruch auf Altersvorsorgezulage endgültig. Da in den Anfangsjahren der “Riester-Rente” im Allgemeinen weder die Anbieter noch die DRV über das Erfordernis der Einwilligung aufgeklärt haben, haben zahlreiche Beamte die Frist versäumt und trotz Leistung entsprechender Beiträge keine Zulage erhalten. Es dürften ca. 90.000 Beamte betroffen sein; mehrere hundert Klageverfahren sind noch vor den Finanzgerichten anhängig.

Seit 2005 sieht das Einkommensteuergesetz eine Zwei-Jahres-Frist für die Erteilung der Einwilligung vor. Für die Zeit von 2002 bis 2004 enthielt das Gesetz hingegen keine ausdrückliche Frist. Die DRV vertrat seinerzeit aber die Auffassung, die Einwilligung müsse noch im Jahr der Beitragszahlung erteilt werden.

Dem ist der BFH für die Zeit bis 2004 nicht gefolgt. Da das Gesetz keine Frist vorsah, kann die Einwilligung bis zum Eintritt der sog. “Bestandskraft” nachgeholt werden. Für die betroffenen Beamten gilt damit dieselbe (mehrjährige) Frist, wie sie auch der DRV für die Überprüfung der Richtigkeit der Zulagefestsetzung zur Verfügung steht.

Für die Zeit ab 2005 hat der BFH hingegen die gesetzliche Zwei-Jahres-Frist als verfassungsgemäß angesehen. Entscheidend hierfür ist, dass Beamte seit 2005 deutlich besser über das Erfordernis der Einwilligung informiert werden als zuvor. So sind seither die Anbieter verpflichtet, über dieses Erfordernis aufzuklären. Auch sind die amtlichen Antragsformulare erheblich verbessert worden.

 

Ungleichbehandlung von Landesbediensteten und anderen Arbeitnehmern für Fahrtkostenpauschale bei Reisekosten

In einigen Bundesländern erhalten Landesbedienstete bei Fahrten mit dem eigenen Pkw 0,35 € je km steuerfrei erstattet. Bei anderen Steuerzahlern akzeptiert das Finanzamt hingegen ohne Einzelnachweis nur einen pauschalen Kilometersatz von 0,30 €. Dies Ungleichbehandlung führt nach Auffassung des FG Baden Württemberg nicht zu einem verfassungswidrigen Sachverhalt (Eigene Ausführungen).

FG Baden Württemberg Urteil vom 22.10.2010, 10 K 1768/10

Das Gericht führt in seiner Entscheidung dazu aus:

Ein Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG ist gegeben, wenn wesentlich Gleiches ungleich oder wesentlich Ungleiches gleich behandelt wird, ohne dass dafür ein vernünftiger, sachlich einleuchtender Grund erkennbar ist. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts -BVerfG- darf eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu anderen Normadressaten nicht anders behandelt werden, wenn zwischen den beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen können.

Aus öffentlichen Kassen gezahlte Reisekostenvergütungen sind gemäß § 3 Nr. 13 EStG steuerfrei. In welcher Höhe sie gezahlt werden, ergibt sich für Bedienstete der Bundesländer Rheinland-Pfalz -RP- und Baden-Württemberg -BW- aus den entsprechenden Landesreisekostengesetzen -LRKG-. Seit dem 1. Januar 2009 beträgt der erstattete Kilometersatz für Fahrzeuge über 600 ccm gemäß § 6 LRKG-BW und § 1 Landesverordnung -LVO- zu § 6 LRKG-RP 0,35 Euro, wenn der Dienstherr die Benutzung dieses Fahrzeugs vor der Dienstreise genehmigt hat, weil zum einen ein triftiger Grund vorlag, überhaupt ein privates Kraftfahrzeug zu benutzen, und zum anderen dieses Fahrzeug als im überwiegenden dienstlichen Interesse gehalten anerkannt ist. Liegen diese Voraussetzungen nicht vor, erhält der Bedienstete höchstens 0,25 Euro je Kilometer erstattet.

Die Vorschrift des § 3 Nr. 13 EStG ist allerdings nach der Rechtsprechung des BFH einschränkend dahin auszulegen, dass die Steuerfreiheit der Erstattungen nur im Fall der Abgeltung eines Aufwands eintritt, der, wenn ihn der Arbeitnehmer selbst getragen hätte, als Werbungskosten abziehbar wäre. Dies erfordert das verfassungsrechtliche Gebot, wesentlich gleiche Tatbestände auch gleich zu behandeln, soweit nicht ein einleuchtender Grund für eine Differenzierung gegeben ist. Ein sachlicher Grund, der es rechtfertigen könnte, Reisekostenvergütungen aus öffentlichen Kassen auch insoweit von der Besteuerung freizustellen, als sie den Aufwand im Sinne des Werbungskostenbegriffs übersteigen, liegt nicht vor.

Fahrtkostenerstattungen für Arbeitnehmer außerhalb des öffentlichen Dienstes sind nach § 3 Nr. 16 EStG steuerfrei, soweit sie die beruflich veranlassten Mehraufwendungen nicht übersteigen, das heißt soweit sie Aufwendungen ersetzen, die der Arbeitnehmer andernfalls als Werbungskosten geltend machen könnte. Anerkannt und steuerfrei erstattet werden können Fahrtkosten in nachgewiesener tatsächlicher Höhe, nach individuell ermittelten Kilometersätzen oder ohne Nachweise nach pauschalen Kilometersätzen.

Solche zulässigen pauschalierenden Regelungen hat der Gesetzgeber in § 3 Nr. 13 und 16 EStG getroffen. Die Prüfung, in welcher Höhe Fahrtkosten erstattet werden, die Werbungskosten darstellen, ist jeweils auf den Arbeitgeber oder öffentlichen Dienstherrn verlagert. Die vom Arbeitgeber oder Dienstherrn als Werbungskosten anerkannten Kosten können steuerfrei erstattet werden. Mit der Kilometerpauschale hat der Gesetzgeber den Arbeitnehmer in bestimmter Höhe einerseits von seiner Nachweis- und den Arbeitgeber andererseits von seiner Prüfungspflicht befreit. Es liegt im Spielraum des Gesetzgebers, in welcher Höhe er eine solche Ausnahme zulassen will.

Der öffentliche Dienstherr prüft bereits im Vorfeld der Dienstreise, ob ein dienstlicher Anlass vorliegt und ob ausreichende Gründe bestehen, die die Nutzung eines Pkw anstelle öffentlicher Verkehrsmittel rechtfertigen. Der vom Kläger als gleichheitswidrig angesehene Kilometersatz von 0,35 Euro kommt überhaupt nur zur Anwendung, wenn schon das Halten eines Fahrzeugs im dienstlichen Interesse liegt, d.h. wenn an sich aus der bestehenden Fürsorgepflicht des Staates gegenüber seinen Bediensteten ein Dienstfahrzeug zur Verfügung gestellt werden müsste. Hinzu kommt die Pflicht zum wirtschaftlichen Umgang mit öffentlichen Geldern, die zu einer ausführlichen Prüfung der anzuerkennenden Fahrtkosten führt, um sicherzustellen, dass die für den Dienstherrn kostengünstigste Möglichkeit zur Anwendung kommt. Keinesfalls sind daher Landesbedienstete von einer Nachweispflicht generell befreit, wie der Kläger jedoch geltend macht.

Ein Fahrzeug wird nur dann als im dienstlichen Interesse gehalten anerkannt, so dass Fahrtkosten von 0,35 Euro je Kilometer erstattet werden, wenn es durch den Bediensteten häufig zur ordnungsgemäßen Wahrnehmung der Dienstaufgaben unabweisbar notwendig eingesetzt werden muss und dies insgesamt für den Dienstherrn wirtschaftlicher ist.

Der Bundesfinanzhof hat mit Beschluss vom 15.03.2011 – VI B 145/10 die Beschwerde abgelehnt. Nunmehr ist unter Aktenzeichen BVerfG: 2 BvR 1008/11 Eine Klage beim Bundesverfassungsgericht anhängig.

 

Die Finanzverwaltung ist nunmehr verpflichtet einem Antrag auf Ruhen des Verfahrens zuzustimmen.