Schätzungsbefugnis bei unvollständigen Buchführungsunterlagen

Liegen keine vollständigen Buchführungsunterlagen vor, sind die Besteuerungsgrundlagen nach § 162 Abs. 2 Satz 2 AO zu schätzen, unabhängig davon, aus welchen Gründen die erforderlichen Unterlagen und Aufzeichnungen nicht vorgelegt werden können. Es kommt dabei nicht auf ein Verschulden des Steuerpflichtigen an.

Der Steuerpflichtige hat alles in seinen Kräften Stehende und nach der Lage der Dinge Erforderliche zu tun, um sich rechtliches Gehör zu verschaffen. Daran fehlt es, wenn er trotz rechtzeitiger und ordnungsgemäßer Ladung nicht zur mündlichen Verhandlung erscheint.

BFH Beschluss vom 19.07.2010 – X S 10/10 (PKH) BFH NV 2010 S. 2017 ff

Begründung:

Die Antragsteller erheben Einwände gegen die Schätzung, die sich vor allem auf die Befugnis zur Schätzung beziehen. Soweit sie behaupten, das FA und auch das FG seien zur Schätzung nicht befugt gewesen, weil die Schätzungsbefugnis aus der von Amts wegen vereitelten Möglichkeit der Antragsteller, die notwendigen Unterlagen vorzulegen, abgeleitet werde, übersehen sie, dass nach den Feststellungen des FG bei dem Antragsteller unstreitig keine vollständigen Buchführungsunterlagen vorgelegen haben. Die Besteuerungsgrundlagen waren infolgedessen nach § 162 Abs. 2 Satz 2 AO im Schätzungswege festzustellen, unabhängig davon, aus welchen Gründen die erforderlichen Unterlagen und Aufzeichnungen für Zwecke der Besteuerung nicht vorgelegt werden können; es kommt dabei nicht auf ein Verschulden des Steuerpflichtigen an.